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Schneewolf 14.10.2016 01:43

So...

Nach längerem Begutachten bin ich immer noch nicht weiter...
Ich werde es mal bei offiziellen Stellen probieren. Mein Archäologe konnte mir auch nur Ratschläge zur weiteren Recherche geben. Letzten Endes ist uns kein Adelsgeschlecht in der Umgebung eingefallen und auch aus den vorhandenen Unterlagen lässt sich nichts ableiten oder herausfinden.

Also ein interessantes Rätsel.

@Zardoz: Hab vielen Dank, ich schaue dort Morgen mal hinein.

DerExperte 17.01.2017 17:45

Die Siegelumschrift ist zu lesen als: S' HENRICI . DE . NESSTERHVZE (oder NESSCERHVZE). Evtl. befindet sich über dem letzen E noch eine Kürzung, so dass (Nessterhvzen) gelesen werden müsste. Es handelt sich also um die mir unbekannte Familie "von Nessterhvzen (Nessterhausen ??) Von der Art her gehört das Siegel dem 13. Jhdt. an.

Schneewolf 18.01.2017 05:11

Danke dir für deine Einschätzung.

Ich darf leider noch nichts genaues schreiben, aber scheinbar hat das Siegel - man glaubt es kaum - eine Art unbekannter Verballhornung eines Ortnamens.
Es befindet sich zur Zeit zur Untersuchung und zwecks Recherche bei einem fachlich sehr kompetenten Menschen.
Eigentlich solle es wohl "Esscerhuze" heißen.

Aber jeder von uns der sich mit mittelalterlichen Wüstungen und deren Namen beschäftigt weiß wohl, das es für Orte teilweise viele verschiedene Schreibvarianten gibt.

Jedenfalls würde der Fundort und der erwähnte Ort gut zusammen passen. Ca. 9km entfernt und einen Heinrich gab es dort scheinbar auch zu dem Zeitpunkt.
Auch ist dort eine Adelsfamilie bekannt.

Ich werde sobald es geht hier die Auflösung bekannt geben.
Auch kann ich schonmal sagen, das das gute Stück wohl auch publiziert wird.

dcag99 18.01.2017 07:39

ja so ein mist, das seh ich ja jetzt erst weil ich damals in den flitterwochen auf cuba war.


das ist ja mal ein endsgeiles ding!

da du ja sicherlich mitbekommen hast wie sehr ich wappen, petschaften etc mag halt uns auf dem laufenden! wenn es nicht für alle bestimmt ist, gerne auch mich via PM!

Zum Petschaft: Die Schreibweise Esscerhuze und Esscerhuse ist ja nicht weit weg und könnte insoweit stimmig sein.

was auffällt:

gehen wir mal davon aus, dass das erste "S" (vor dem Henrici) wirklich für "Sigullum" steht, ist dies insofern etwas anders, weil man gern das S mit einem "+" abgetrennt -> "S+HENRICI"

zusätzlich fällt auch das N vor dem Esscerhuse auf. eigentlich würde ich (wie mein vorgänger) auch zu dem ortsnamen nesscerhuse tendieren, da das "n" sonst nicht passt.

13.jhd könnte passen, 14. wäre m.e. nach aber genauso drin, analog zu dem "sitzenden bären" petschaft den wir schon mal hatten.

Schneewolf 11.08.2017 11:43

Auflösung des Rätsels :)
 
Hallo,

wie versprochen kommt hiermit nun die Auflösung des Rätsels.


Umschrift: S(igullum) Henrici den Esscerhvze

Übersetzt: Siegel des Heinrich von Eschershausen



Dieses Siegel wurde ja auf dem Areal einer MA - Wüstung gefunden, auf der ich so einiges an älteren Funden machen konnte. Jüngst die heute eingestellte (eventuelle) Scheibenfibel und einen mittelalterlichen Pfennig.
Aber es waren auch viele andere Dinge darunter. Mehrere Fürspane und Grapenfüße. Für eine Wüstung aus dem Mittelalter finde ich die Funde echt super, zumal ich bisher die Erfahrung gemacht habe, das auf den meisten Wüstungen wenig bis gar nichts zu finden ist (hier bei mir).

Aber ich schweife ab.

Ich habe dieses Siegel nach mehreren eigenen Versuchen in fachmännische Hände abgegeben. Mein eigener Archäologe konnte mir nicht direkt weiterhelfen, zumal er mit einer Grabung mehr als ausgelastet war bzw. ist.

Nun dauerte es seine Zeit bis die ersten Ergebnisse kamen, welche aber auch unter Vorbehalt bestanden.

Das Endergebnis der Recherchen und Bemühungen war nun, das dieses Siegel einem Heinrich von Escherhausen gehörte. Es datiert in das letzte viertel des 13. bis zum ersten Drittel des 14. Jahrhunderts.
Die Umschrift habe ich oben übersetzt und das Zeichen in der Mitte ist - wie auch hier im Forum völlig richtig erwähnt - eine Hausmarke.

Zu jener Zeit gab es allerdings 2 Herren die diesen Namen trugen und beiden könnte das Siegel gehört haben. Der eine war Ratsherr in einer Stadt die circa 20km Luftlinie vom Fundort liegt und der andere war ein im Homburger Lehnsregister aufgeführten Bürger eine 10km entfernten Stadt der ebenfalls ein solches Siegel besessen haben kann.
Sicher feststellen lässt sich dies wohl nicht mehr.

Jedenfalls ein sehr schönes Stück Lokalgeschichte und einer meiner bisher interessantesten und schönsten Funde.


Nachzulesen ist der gesamte Bericht in: Archäologie in Niedersachsen Band 20 - Suchen und Finden: Methoden der modernen Archäologie

:yeap:yeap:yeap


Vielen Dank nochmals für all eure Hilfe und eure Bemühungen!!! :Proscht

1_highlander 11.08.2017 14:39

Danke, dass du es noch einmal aufgegriffen hast. Vieles geht leider einfach unter...
Jedenfalls ein Toppfund (finde ich) :clap

Die unterschiedliche quantitative Fundquote auf Wüstungen kann vielleicht auch damit erklärt werden, ob diese Orte freiwillig und "geordnet" verlassen worden sind oder durch Krieg und andere Katastrophen aufgegeben werden mussten.

Büffel 11.08.2017 16:56

Nach meinen Erfahrungen hängt die Fundmenge auch stark davon ab wie lange das Dorf bestanden hat.
War es eine klassische Fehlgründung und wurde nach einigen Jahrzehnten wieder aufgegeben weil nicht überlebensfähig, dann sind die Funde sehr spärlich.
Auf Dörfern die 200 Jahre und länger bestanden sieht das ganz anders aus, da war einfach mehr Zeit was zu verlieren.

Weißt du denn wie lange es das Dorf gab auf dem du unterwegs bist?

Achso, Petschaft ist natürlich immernoch geil.

Schneewolf 11.08.2017 22:32

Danke ihr beiden!

Ersterwähnung 1384 (also nach der Zeit des dort gefundenen Siegels).
Gilt als typische Hägersiedlung und war vor 1580 wüst. Sicher sogar schon um einiges früher, nur gab es in dem Zwischenraum von letzter und vorletzter Erwähnung lange zeit nichts (1438 und 1542).
Ich gehe von einem wüst fallen um 1480 aus.
Es gibt mehrere Indizien die diesen Schluss zulassen.

Man weiß ja von unendlich vielen anderen Fällen, das Ortschaften aufgegeben wurden und deren Bewohner in den Schutz einer befestigten Stadt zogen (wie hier).
Gleiches geschah wohl auch mit einigen anderen Wüstungen in diesem Gebiet. Diese sind jedoch bereits im 14.Jahrhundert wüst gefallen. Zu jener Zeit herrschte dort noch ein Adelsgeschlecht auf der Burg oberhalb der Stadt.

dcag99 14.08.2017 10:25

danke für die nachgereichte info schneewolf :)

immer wieder schön, solche sachen zu lesen.


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