Thema: DDR Kratzputz
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Alt 30.11.2017, 21:59   #29
Sorgnix
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gut, jetzt gehen wir mal richtig vom Kratzputz weg ...

vorab:
@Luci,
ich bin so sattelfest, ich kann auch öffentlich zu meinen Veranlagungen stehen ...
... vor allem zu meinen Gewaltphantasien - da darfst Du nächstes Mal von kosten ...



Frost und Mörtel:
Früher, also als ich lernte, es begab sich so im Jahre 1982/83 ...
Winter, der dann binnen zwei Tagen wirklich einbrach.
Temperatur fiel an einem Tag von Vormittags ca. + 5° C in Richtung - 8° C am Nachmittag - MIT starkem Wind dabei.
Werd ich nie vergessen ... - KALT. Gefühlt noch viel kälter ...

Lehrlinge und Poliere waren Angestellte in der Firma, konnten also nicht in Schlechtwetter geschickt werden, mußten beschäftigt und bezahlt werden ...

Polier hatte noch 2 m3 Fertigmörtel geordert, die vermauert werden wollten. Poroton-Steine, 10 DF, Außenwände Mehrfamilienhaus.
Natürlich kann man den Mörtel nicht weghauen - hätte ja Geld gekostet ...
Somit 4 Lehrlinge, zwei Gesellen und zwei Poliere auf die Baustelle, Restmörtel verarbeiten ...
Poliere in Bude im Warmen - Stifte und Gesellen draußen auf dem Gerüst ...

Der Wind wurde eisiger und eisiger, der Mörtel fror irgendwann auf dem Weg vom Kübel auf die Wand an der Kelle fest!!!
Der Mörtel im Kübel wurde auch immer fester und fester - vom Frost.
Abhilfe?? HEISSES Wasser drauf, aufrühren, weiter mauern ...
(natürlich auf Anweisung des Fachpersonals ... - war nicht unsere Idee, denn wir wären lieber abgehauen ...)

Irgendwann ging NIX mehr. Wände waren bis Deckenhöhe gemauert, Restmörtel ging dann doch auf den Haufen.
Eine Etage hatten wir aber fast hoch. Große Steine, gerade Wände halt ...

Und??
es wurde noch mal etwas lauer, knapp über 0° - die Decke wurde geschalt und auch noch betoniert. Fenster abgehangen, Ofen in die Etage ...
Dann war Winter. Der Bau ruhte. Damals gab´s sowas noch ...


Das Frühjahr kam ...

Und die Wände der Etage tauten auf ...
Es begann mit so leichten weißen Fahnen auf der Außenwand. Der freie Kalk, der chemisch im abbindenden bzw. totfrierenden Kalk-Zement-Mörtel nicht gebunden wurde - weil eben das Wasser dem Zement wegfror, dieser nicht mehr gemeinsam mit dem Kalk abbinden konnte - lief mit dem Schmelzwasser aus den Fugen.
Das Ganze wurde etwas weich ...
Die Etagenhöhe schrumpfte ein wenig ...

Die Wandflächen wurden flugs gereinigt, teilw. mit leichter Gewalt, etliche Fugen mal kurz nachgefugt - und der Mantel des Schweigens in Form einer Kllinker-Verblendung drüber ausgebreitet ...

Halten tut es noch heute. Was ich von außen sehe.
Aber die WÄnde haben mit Sicherheit nicht die Tragkraft, die sie hätten haben sollen ...
Und wie das mit Rissen auf dem Innenputz aussieht, kann ich nicht sagen, weil nie wieder drinnen gewesen.


Auf jeden Fall haben mir auch die Poliere nach Jahren noch gesagt, daß sie danach in der Firma nie wieder im Winter gemauert haben ...
Es war wohl doch etwas teuer geworden, da "sparen" zu wollen ...


Gruß
Jörg
__________________
Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hat
zu tun mit der Blödheit ihrer Bewunderer ...

(Heiner Geißler)
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