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Alt 13.06.2021, 18:41   #18
IG Phoenix
Heerführer

 
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Hier möchte ich mal zwei Orte vorstellen, an denen die Existenz eines unterirdischen Ganges nachgewiesen ist.

In den Sagen führen diese Gänge von Burg zu Burg, in die Berge hinein auf denen eine Burg steht, von Kloster zu Kloster und auch mal unter Flüssen sollen diese Gänge darunter durchfuhren.

Gerne lassen sich die Gänge auffinden, wenn man gerade eine Schlüsselblume gepflückt hat. Die Gänge führen dann regelmäßig zu großen Schatzkammern. Dort trifft der Besucher meist auf Feen, weiße sowie oder weise Frauen, alte Ritter oder Männer mit langen Bärten die an Tischen sitzen. Immer dürfen die Eintretenden ihre Taschen oder Körbe mit Gold oder Silber füllen. Vor dem verlassen der Kammer werden sie immer ermahnt: "Vergiss das Beste nicht". Diese Mahnung verfehlt jedoch in allen Sagen ihre Wirkung, da die Personen entweder die Schlüsselblume liegen lassen oder ihr Kind in der Schatzkammer vergessen. Sofort nach dem Verlassen des Ganges verschließt sich der Gang und lässt sich nicht wiederfinden.
Die in der Schatzkammer zurück gelassenen Kinder können jeweils in 7 Jahren vor dem Gang abgeholt werden. In diesen 7 Jahren werden die Kinder nicht älter.

Sagen sollen ja bekanntlich einen wahren Kern besitzen. Nehmen wir an, die Geschichte mit den unterirdischen Gängen ist der wahre Kern. Das eine Problem ist, dass es sich in allen Fällen um Geheimgänge handelt. Somit waren die Erbauer bemüht, die Ein- und Ausgänge entsprechend zu tarnen.
Die andere Frage ist die Wahrscheinlichkeit, ob es die beschriebenen Gänge überhaupt gegeben haben könnte.

Gänge zwischen Höhenburgen. Hier können wir davon ausgehen, dass es solche Gänge nicht gegeben hat. Beide Eingänge hätten auf Höhen gelegen, die Gangsohle tief unterhalb der Eingänge. Eine Bewetterung des Ganges hätte nicht erfolgen können. Die Folge wäre gewesen, dass sich auf der Gangsohle der Sauerstoffgehalt der Luft erheblich reduziert hätte, ja eventuell hätten sich dort auch giftige Gase angesammelt.

Gänge unter Flüssen hindurch. Auch hier können wir davon ausgehen, dass es solche Gänge nicht gegeben hat. Mit den damals technischen Möglichkeiten hätte man das eindringende Grundwasser nicht ableiten können.

Die eine oder andere Höhenburg könnte einen Flucht oder Versorgungsgang gehabt haben. Eine relativ einfache Möglichkeit ist es diesen Gang vom Brunnenschacht abzuführen. Der Brunnenschacht musste ohnehin gegraben werden. In entsprechender Tiefe könnte man dann einen Quergang gegraben haben, der am Fuß des Berges ins Freie führte.
Die Burgen verfügten üblicherweise über genügend Vorräte um eine lange Belagerung zu überstehen. Oft ging den Belagerern nach kurzer Zeit das Geld aus um die Söldner zu bezahlen und die Belagerung wurde abgebrochen. Oft waren die Belagerer auch gar nicht daran interessiert die Burg zu erobern. Eine Zahlung des Belagerten und die Unterschrift unter einem Vertrag künftig dies oder jenes nicht mehr zu tun genügte meistens um die Belagerung zu beenden.

Burgen hatten es also vielfach nicht nötig geheime Flucht- oder Versorgungsgänge anzulegen.

Die Burgen der kleinen Leute waren die Wehrkirchen. Eine Wehrkirche hatte die Funktion die Gemeinde in Notzeiten aufzunehmen und vor Angriffen von Räuberbanden zu schützen. Wehrkirchen verfügten über eine hohe Kirchenmauer. Die Kirchenfenster waren besonders klein und lagen ebenfalls sehr hoch. Die Türen waren klein und aus dicken Bohlen. Der Turm verfügte über Schießscharten.

Die Wehrkirchen hatten aber gegenüber von Burgen wesentliche Nachteile. So hatten sie keinen Brunnen und an Vorräten war nur das da, was die Bewohner bei ihrer Flucht in die Wehrkirche mitbrachten. Hier können wir am ehesten annehmen, dass Wehrkirchen Flucht- oder Versorgungsgänge besaßen.

Einen Nachweis über vorhandene Gänge unter einer Kirche konnte der Verein Mythos e. V. im Jahre 2000 erbringen. Jörg hatte sich ein EMFAD Bodenradargerät ausgeliehen, das Gerät Harald Fäth zur Verfügung gestellt und dieser hat mit dem Verein den Untergrund der Kirche in Hochheim-Massenheim untersucht.

Im Ort erzählten sich die älteren Einwohner, dass es unter der Kirche unterirdische Gänge geben soll oder gegeben hat. Im Jahre 2000 wurde in diese Kirche eine neue Heizung eingebaut. Zu diesem Zweck wurde die komplette Bestuhlung ausgebaut und der Plattenbelag des Fußbodens entfernt.

Dabei wurden mehrere Knochen von früheren Begräbnissen gefunden und die Grabplatte einer Gruft freigelegt.

Mit Genehmigung des Kirchenvorstandes durften wir eine Bodenuntersuchung mit dem EMFAD Bodenradar durchführen. Bei der Auswertung des Ergebnisses staunten wir nicht schlecht. Es zeigte sich, dass der gesamte Turm einmal ein Kellergeschoss hatte, welches jetzt verfüllt war. Ein unterirdischer Gang führte von außen in das Turmkellergeschoss und von dort längs durch das Kirchenschiff und teilte sich kurz vor dem Portal in zwei Gänge auf.

In der Mitte des Ganges, dort wo sich heute die Gruft befindet, war der Gang an zwei Stellen zugemauert. Zwischen diesen Vermauerungen ist heute die Gruft der Gräfin.

Als die Gräfin beigesetzt wurde, hatte der ehemalige Gang unter der Kirche seine Funktion als Fluchtgang langst verloren, aber seine Existenz war noch wohl bekannt. Die Gruft wurde praktischerweise im Gang eingerichtet und der Gang oberhalb und unterhalb der Gruft zugemauert. Dadurch hatte man sich viel Arbeit erspart.

Nach der heutigen Gruft teilte sich der Gang. Ein Zweig führte unter dem heutigen Friedhof, der zweite führte in Richtung eines früheren öffentlichen Brunnens. Dort könnte einmal ein Ausgang gelegen haben.

Auch über die Burg Hohenzollern geistert eine Sage über unterirdische Gänge, durch die alten Gemächer der Burg. Eine weiß gekleidete Jungfrau – was sonst – versorgte durch diese Gänge die von den Truppen der Henriette von Württemberg belagerten Burg.

Obwohl die Burg Hohenzollern zu einer der best besuchten Burgen Deutschlands zählt, wollte man den Besuchern noch mehr bieten und ging der Sage auf den Grund. Bei der Remise, genannt“ alter Silberkeller“, gab es einen verschütteten Zugang. Dort vermutete man tatsächlich noch einen bisher unbekannten Gang und ließ durch einen Steinmetzbetrieb den Zugang frei räumen.

Der Zugang führte zu verschütteten Kasematten und zu zwei weiteren Zugängen, die von den Kasematten nach oben führten. Kasematten und Zugänge stammte aus dem 11. und dem 15. Jahrhundert. Doch man stieß auch auf eine Treppe, die von einer der Kasematten nach unten führte. Diese Treppe führte am Burgberg unterhalb der Mauer tatsächlich ins freie. Heraus kam man an einer Stelle im Wald, wo eine verschüttete Öffnung seit langem bekannt war. Jetzt wusste man auch, wohin diese Öffnung einst führte.

Durch diesen Gang konnte man sehr wohl die Burg von außen versorgen, zumal die freigelegten Kasematten dienten nicht nur als schusssichere Unterkünfte, sondern auch als Vorratslager.
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