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Alt 13.10.2023, 14:02   #13
U.R.
Heerführer

 
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Detektor: der gesiebte Sinn ;-)
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Tja, .....was ging in den Köpfen der Väter und Opas vor nach Kriegsende?

Ehrlich, ... ich wollte da keine Gehirnzelle von sein...

Ich habe ja noch die "Rückkehrer" aus Russland erlebt, da war ich ca. fünf Jahre alt(1958), wenn sie zu Hunderten bei uns am kleinen Bahnhof ankamen.
Ausgedörrt, man sah ihnen an das sie in Russland nicht gut behandelt wurden. Tiefe Falten im Gesicht, hohle Augenhöhlen, eingefallene Wangen, ungesunde Haut.
Schlimm sah es aus wenn einer blaue Augen hatte, da strahlten Augen aus einem Gesicht, das nicht mehr dazu passte. Gesenkte Häupter, und schleichender Gang, so habe ich sie erlebt.
Einen Soldaten in der Nachbarschaft, (Rückkehrer), haben sie irgendwie psychisch (Folter) so verändert, der tanze immer in der Nacht auf eine Blechplatte auf dem Balkon, und sang dazu ein russisches Lied, (Mehrfamilienhaus), nicht jede Nacht, aber doch häufig und über Monate.

Ein anderer Nachbar war Pilot, wenn man bei dem an der Tür klopfte, lief der auf dem Balkon und schrie was vom Bombenalarm, dafür kam dann ab und an auch die Feuerwehr und die Polizei.
Logisch gab es damals ja viel, viel mehr ehemalige Soldaten als heute, aber eins hatten sie alle gemeinsam, fragte man sie nach dem Krieg, wurden sie stumm, drehten sich weg, oder gingen weg.
Manche hatten Tränen in den Augen, und ich als kleiner Bub wusste auch nicht, was ich nun getan hatte. Man wusste schon als Kind intuitiv, wenn man nach Adolf oder Krieg fragte, das durfte man nicht, es veränderte sofort die Situation vor Ort.
Mein Vater, wenn der dann mal einen über den Zinken getrunken hatte, ja dann wurde er redselig. Aber er war nicht im Krieg, bei drei Jungen, mussten zwei dem Staat „dienen“, der Dritte durfte zu Hause bleiben als Erbnachfolger, ... und das war mein Vater.
Seine Brüder sind gefallen in Russland. Ich war ja immer ein aufmerksamer Zuhörer bei seinen Geschichten, und im Geiste waren sie gegenwärtig, sodass es bis zum Einschlafen dann doch länger dauerte.
Hatte man am nächsten Tag noch Nachfragen, war da wieder diese undurchdringliche Mauer.
Es war eine unschöne Zeit, „Männer“ waren nicht mehr Männer. Viele Frauen nutzten das aus und gingen fremd, was den Männern nochmals einen Tiefschlag versetzte. In den Anfang der 60er Jahre, waren die Italienischen Männer auf Ihrer "Speisekarte" sehr stark vertreten, wenn sie dann aus Italien zurück waren , gab es hier und da schon mal einen Neugeborenen Mario.. Das ist auch so ein Thema, wenn man die Frauen fragte, was das denn da für ein neuer Onkel ist, bekam man meist nur die Antwort "frag nicht so viel"!
Das dauerte bis Männer wieder selbstsicher wurden, aber aus den Knochen bekamen sie es dann doch nie wieder raus.
Ein ehemaliger Arbeitskollege war bei der SS, seine Nummer unter dem Arm war weg, dafür war da jetzt eine Narbe. Dieser Mann, eigentlich freundlich und umgänglich, ein netter älterer Herr, mochte es, wenn er allein auf einer Baustelle eingeteilt wurde. Irgendwann kamen wir hinter sein Geheimnis. Zufällig kamen wir auf seine Baustelle, da spielte Musik aus seinem Radio mit Kassettenrekorder. Beim näher kommen verstanden wir das Gesungene, es waren alte SS-Lieder. Ja, das gab es auch.....

Uwe
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Der sicherste Weg Geld zu verbrennen ist,......Kohle davon zu kaufen!

Geändert von U.R. (13.10.2023 um 14:13 Uhr).
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