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Alt 22.02.2013, 18:37   #3
Sorgnix
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Heiko, wart´s doch ab!!


So.
Da war ich nun auch.

... ich mochte es vorher auch kaum glauben - aber ägyptische Monumentalbauwerke werden mit der Zeit absolut langweilig ...

Immer dasselbe: Gigantische Säulen, große Statuen, Tempelanlagen, in denen man sich einen Wolf läuft ...
Selbst die Grabanlagen werden irgendwann eintönig ...

=> mal aus Sicht eines weniger bauhistorisch und konstruktiv interessierten Touris gesehen ...


Und was macht man, wenn man mal was "Neues" sehen will??
... rechts ran und REIN in den Dreck!



... es gibt da ein aus Funk und Fernsehen bekanntes "Raubgräberdorf", das auf ner riesen Grabansammlung steht (eher: stand ...). Man hat binnen der letzten Jahre über 6.000(!!) Leute einfach umgesiedelt. Teilw. mit haarsträubenden Methoden.
Al Qurna.
( => http://www.kemet.de/Ausgaben/4-2001/Qurna.htm )


Bild 1 - zur Zeit, als schon einiges abgerissen war ...
(Quelle ist mir grad abhanden gekommen ...)

Bild 2 u 3 - Stand Jan 2012

Eigentlich fuhr man da einfach nur dran vorbei. Weil die Landschaft dort absolut abweisend wirkt. Sand, Steine, Dreck, Müll, Armut. Auf der anderen Straßenseite dafür das Ramesseum. Eine irre schöne Anlage - und KEINE Touristen ...
(2012 - was heute mit Sicherheit noch "ruhiger" ist ...)


Wenn man dann doch da kurz am Straßenrand hält, da hinklettert um ein Foto zu machen, steht irgendwann auch ein freundlicher Ägypter vor einem, der einem mal kurz was ganz Tolles zeigen möchte. Gegen Bakschisch natürlich ...
(Bild 4)
Nachdem wir dann in Gräbern landeten die z.B. in Tal der Könige unter Glas sitzen und "bewacht" sind, konnte man dort machen was man wollte. Sogar fotografieren ... (im Tal aber auch )

Die Landschaft war der reine Staub.
Durch die Abbruchreste stapfend konnte man teilw. auch in den Resten der Häuser wühlen. Das allein wäre interessant für Stunden gewesen ... - aber im Normalfall traut man sich da nicht, sich zu bücken und etwas aufzuheben ...



Und wie es der Zufall wollte, fiel in gebrochenem Englisch nebenbei der Name "Abd´er Rassul". Bei dem Namen klingelte es ein wenig bei mir. Mitglied wohl DER Raubgräberdynastie, die sich seit Generationen von den Sachen unter dem Haus ernährt ...
... also sagen wir mal, bekannt aus unserem Abenteuerfernsehen.
Natürlich landeten wir dann vor seinem Haus (mehr Ruine ...). Einer der letzten, der es auch weiterhin schafft, sich standhaft gegen die Umsiedlung zu wehren. Ohne Strom (hat da eh kaum einer) und ohne Wasser (wird mit dem Esel geholt).

Der hatte ne irre Aussicht auf die Tempelanlage. Wäre mit ein wenig mehr grün und hiesigen Verhältnissen ein unbezahlbarer Wohnort ...


Bild 4 u 5
- man vergleiche mal insbesondere Bild 5 mit dem aus dem Bericht in Beitrag 1
Das Grab lag direkt oberhalb seines Hauses.
Und wer die alten Berichte gelesen hat, wie von den Häusern früher die Tunnel im Backofen oder hinter dem Schrank begannen .... ( )



Bild 6 u 7
Nun, freundlich wie die Jungs sind, wir man auf einen Tee eingeladen. schmeckt auch gut. Auf meinen Wunsch saßen wir draußen auf dem Vorplatz, nicht unter dem "Vorbau". Ägypter meiden die Sonne eher, und die Aussicht kannte er halt schon länger ...



Bild 8
Und irgendwann kramte Kollege Rassul ne Keksdose vor.
Da lagen schöne Sachen drin.
Schöne kleine Scarabäen, Statuen, alles ein wenig "vermackt" und im Zustand als ob grad aus dem Boden gezogen ...
Und da ich die nicht wollte, mich nicht ködern ließ, stattdessen von Problemen mit der Behörde und dem Zoll erzählte, fuhr er immer größeres Geschütz auf ( )


Bild 9
Er zog aus diversen Taschen seines Kimonos ( ) immer wieder noch beeindruckendere Sachen raus.
Mit tollen Geschichten, daß der Kram nicht antik sei, sein Großvater die Sachen zum größten Teil handgearbeitet hätte ...
Erst nen total bunten Kopf, dann einen schwarzen, ziemlich "ramponiert". Der sollte Ramses zeigen - die Nr. war mir leider entfallen ...
(Das nunmehr gefundene Grab des Beamten fällt in die Zeit des Ramses II.)


Tolle Geschichten dazu.
Aber ich muß ehrlich sagen: Die Sachen sahen wirklich absolut antik und echt aus. Während man an jeder Ecke mit tonnenweise Tourimüll (der trotzdem teilw. sehr schön aussieht) gewaltsam konfrontiert wird, waren diese Sachen absolut sehenswert. Auch die Art und Weise der Präsentation.
Denn hier trieb sich weit und breit kein Touri rum ...


Bild 10
Irgendwann konnte ich nicht mehr, da war ich "weich" - ich wollte den Kopf von Ramses haben. Den Rest fand ich eh nicht interessant für die Vitrine.

Natürlich war der nicht echt.
... hoffte ich bis zur Kontrolle am Flughafen.
(Sicherheitskontrollen in Ägypten sind allein ein dreistündiges Thema ...)
Ich geb es zu, ich war ein wenig Nervös. Aber mit der Fotodokumentation und einigen anderen Dingen im Koffer fühlte ich mich "sicher" ...

Nun, er liegt jetzt halt bei mir zu Hause.
Das mit Abstand am antiksten aussehende Stück, das ich binnen der Woche gesehen habe. (incl. der Museumsbesuche ...)
... und einige, die ihn begutachten durften, neigten auch dazu, mir ein klein wenig den Vogel zu zeigen - ob der Idee, den durch den Zoll zu schleppen

Ja.
Und ich kenne ich nun einen von den Rassuls.
Mal sehen, ob man da nochmal Urlaub macht ...


Gruß
Jörg


P.S.:
Ich überlege die ganze Zeit, so etwas wie einen Reisebericht zu schreiben. Aber allein diese kurze Begebenheit von vielleicht 1 1/2 Stunden wird schon zum Langzeitschrieb. Und es gibt da noch Sachen zu berichten, die kosten dann Stunden ...
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Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hat
zu tun mit der Blödheit ihrer Bewunderer ...

(Heiner Geißler)
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