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Alt 03.08.2020, 23:11   #458
2augen1nase
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Update

Die Zeit verfliegt so schnell - und ich komme vor lauter Arbeiterei nicht mal dazu, meine "Fangemeinde" hier zu versorgen - wobei das doch gerade jetzt im Sommerloch angebracht wäre...

Nun denn, anbei ein paar aktuelle Bilder. Mittlerweile habe ich den Putz komplett abgenommen, die Fassade einmal durchgereinigt und mir nen Plan ausgeheckt wie ich bei der Sanierung vorgehe.

Gegen die 1728 Eisenklammern in den Fugen bzw. in den Steinen (ich hab sie alle gezählt! ) hilft nicht viel. Manche ließen sich zwar rausziehen, andere brachen direkt ab und zumindest in den Fugen konnte ich fiesen Dinger mit der Flex gut rausschneiden - was aber nicht ganz ungefährlich war. Mit den Klammern war einst ein Drahtgeflecht befestigt, an welchem der Putz anhaftete.

Gegen die direkt in den Stein getriebenen Klammern hilft nur ausbohren, um die Schäden möglichst klein zu halten, habe ich mir spezielle 3mm Schlagbohrer besorgt - und auch 4mm mit SDS Aufnahme für die größeren Teile.

Einige Steinoberflächen sind so stark geschädigt, dass die Steine ausgehauen und mit passendem Ersatzmaterial neu vorgblendet werden, andere Oberflächen kann man mittels kurzem Überschleifen und überscharrieren (mit etwas deftigerem Hieb) ganz gut retten. Duie Farbunterschiede sollten nach der zweiten Reinigung nicht mehr allzu deutlich auffallen.

Da das Haus ja unter Denkmalschutz steht, waren neulich auch zwei Frauen vom Amt vor Ort um die Fortschritte der Freilegungen zu begutachten. Im Gespräche versuchten wir zu eruieren, warum ausgerechnet auf der Rückseite des Hauses eine natursteinsichtige Fassade ist - der Rest des Hauses war zwar einst auch nett verziert, aber eben verputzt.

Meine These: Der Eigentümer war ja auch Steinmetzmeister und Steinbruchbesitzer und zwei Merkmale der Fassade stechen ganz besonders heraus:

1. Gänzlich untypisch für die Bauzeit ist die "bunte Mischung" aus den verschiedenen Varietäten. Bei Sichtfassaden wurden meist zwei Varietäten "geordnet" gemischt
2. die verbauten Steine sind oftmals ganz und gar nicht typisch für das Material. Bänderungen gibt es eher selten, meist ist das Material gefleckt. Manche Varietäten sehe ich an meinem Haus zum ersten Mal und generell erweckt die Fassade den Eindruck, dass man hier die speziellen Varietäten zeigen wollte. Leider ist das auf den Bildern nicht sehr gut zu sehen.

Meine These: Der Erbauer wollte einerseits seinem höher gestellten Mitbewerber (direkter Nachbar) keine Konkurrenz machen und andererseits auch baulich nach außen hin nicht unnötig Aufsehen erregen. Weiterhin hatte er sicher seinen Spaß an der Vielfalt und vor allem den besonderen Steinen und ich meine, dass er sich seinen privaten Hinterhof auf diese Weise einfach schön gemacht hat. Gegen eine Resteverwertung spricht auch bei meiner Fassade die gezielte Auswahl gewisser Varietäten für gewisse Bereiche. Besonders sticht das bei den gebänderten Fenstergewänden oder den Stürzen hervor.

Da ich glücklicherweise nur einzelne Quaderoberflächen ersetzen muss, kann ich auf Basis dieser These seinen (vermuteten) Gestaltungswillen fortsetzen, in dem ich einfach meine Lieblingsvarietäten an der Stelle einbaue - sofern das mein Lager zulässt, denn das Material wird ja schon lange nicht mehr abgebaut.

Der Termin mit den Denkmalpflegern lief übrigens super - die beiden waren völlig aus dem Häusschen über die Befunde und generell ist zumindest hier in der Stadt die Zusammenarbeit mit dem Amt wirklich ein Gewinn. Ich hoffe, dass das in Zukunft so bleibt.

Nun noch ein paar Bilder - in der Hoffnung, dass ihr ein wenig mein Geschreibsel nachvollziehen könnt.

Übrigens: Sofern Interesse besteht, können wir gerne mal diesen Sommer ein kleines Treffen veranstalten, für die, die sich das mal live ansehen wollen.

Viel Spaß und bis bald!
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