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Alt 10.10.2019, 23:18   #23
2augen1nase
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Ich weiß nicht ob ich da einen anderen Blick habe - ich meine vielmehr, dass das eine mit dem anderen so gar nichts zu tun hat.

Ich sehe das eher aus der konstruktiven Brille. Klar, der Wandaufbau funktioniert noch so wie er ist - allerdings geht der Wunsch (aus Wärmeschutzgründen) dahin, diesen Aufbau zu verändern - und zwar in einer solchen Form, dass es eventuell nicht mehr funktioniert - und dieses "eventuell" reicht mir völlg aus, denn im schlimmsten Falle rottet mir sonst die gesamte Konstruktion dahin.

Eindringendes Wasser? Auch bei Holz sicher kein Problem - wenn die Konstruktion stimmt.

Wie vorher schon erwähnt, möchte ich die alte Schalung nicht komplett ersetzen. Erfahrungsgemäß geht aber das ein oder andere Brett beim Ausbau kaputt und für diesen Fall habe ich nach neuer Schalung gleicher Art geschaut - und die gibt es ja offensichtlich (entgegen der Vermutung einiger) doch noch in der gleichen Dimension.

Über Sinn und Unsinn kann man jetzt gerne streiten, das wird aber meine Einstellung dahingehend nicht verändern. Ich habe die letzten 10 Jahre in einer Werkstatt zugebracht, in der ich 3-5 Schubkarren Holz / Tag verfeuert habe um am Nachmittag mal halbwegs 10 -15 Grad in der Werkstatt zu haben - und das war nicht nur vom Holzverbrauch her extrem, sondern ging auch zu Lasten des Ofens. Ich habe keine Lust mehr so viel Feuerholz ranzukarren und aufzubereiten und erst Recht kein Platz mehr dafür, da ich mich ja Flächenmäßig von über 1000m2 auf 250m2 reduzieren musste.

Hinzu kommt, dass die Bude keineswegs einfach so gelassen werden kann wie sie jetzt ist - sanieren muss ich dort so oder so. Die Bretter sind neu zu streichen, die Wetterschenkel komplett zu erneuern und auch Innen habe ich die alte Beplankung nicht ganz ohne Grund weggenommen - wieso also nicht noch ein klein wenig mehr Aufwand treiben und ein klein wenig mehr Geld in die Hand nehmen und es ordentlich machen? Alleine nur das Abschleifen der alten Farbe wird erheblich besser von der Hand gehen, wenn man die Bretter vereinzelt vor sich liegen hat.

Übrigens:

Ähnliche Diskussionen habe ich beruflich sehr häufig. Da wird dann irgend ein Quatsch gebaut, damit es "erstmal" hält - und man verschiebt die Probleme auf einen späteren Zeitpunkt wo dann Mieter drin wohnen und neue Fenster eingebaut sind usw. und die Arbeiten dann erheblich aufwendiger / kostenintensiver werden.
Zuletzt habe ich die Diskussion mit meinem Auftraggeber und verschiedenen Planern betreffend der Fensterstürze aus Stahl in dem Fabrikgebäude was ich saniere geführt: jeder sagte, dass die Korrossion bei Nutzung des Gebäudes schlimmer werden könnte - aber keiner sagte definitiv: tauscht die Dinger aus, es macht Sinn. Weil jeder wusste, was das für einen Aufwand bedeutet, hat man sich da schön zurückgehalten - und das ist ja eigentlich Blödsinn, denn die Fakten liegen klar auf der Hand:
1. unbehandelter Stahl rostet und wenn er nicht gut genug belüftet ist, rostet der auch durch
2. Stahl verhält sich hinsichtlich der Dehnungen usw. völlig anders als Ziegelmauerwerk
3. Im Mauerwerk gibt es immer an irgend einer Stelle den berühmt berüchtigten Taupunkt - der Punkt an dem Wasser seinen Aggregatzustand von gasförmig zu flüssig wechselt - und jedes Kind weiß, dass an kalten Stellen (z.B. den berühmten Wärmebrücken) Wasserdampf gerne kondensiert - ich verweise an dieser Stelle auf Punkt 1.

Trotz dieser Fakten, war kein Planer in der Lage genau zu sagen: das MUSS so gemacht werden, damit es funktioniert - auch wenn es 100 Jahre funktioniert hat, mit den neuen Bedingungen geht das halt nicht mehr (dichtere Fenster, andere Beheizung, usw)

Zum Thema "Blick für den Verschleiß von Baustoffen" sei noch gesagt: Wir haben alle Träger aus Rückbaumassnahmen aufgehoben und mit der Tragwerksplanerin zusammen die besten Träger ausgesucht, diese sandstrahlen und verzinken lassen und diese alten Träger wieder an die sichtbare Vorderseite der Stürze gebracht - um wenigstens da wo es möglich war, die authentischen Träger zu bewahren.

Hierzu im Anhang ein paar Bilder der alten Träger mit den historischen Prägungen sowie ein Bild des Vorzustandes und eines wieder eingebauten Sturzes.

Für den Spaß noch zwei Bilder eines Pfeilers während der Sanierung - da waren richtig viele Steine kaputt. An der Fassade hab ich fast das ganze Jahr gearbeitet - und wir werden damit leider auch nicht fertig, es ist noch zu viel zu tun... Trotzdem weiß ich: die nächsten 50 Jahre muss da mindestens keiner mehr ran, da bin ich sicher. Es kommen allenfalls noch ein paar wenige Ausblühungen nach - das hat aber andere Ursachen. Übrigens: Die Träger werden farblich wieder nach dem dokumentieren Altbestand gefasst und "knallen" dann auch nicht mehr so raus.
Angehängte Grafiken
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