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Alt 09.02.2008, 10:20   #31
htim
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Quelle= http://www.sz-online.de/nachrichten/...asp?id=1739960

Zitat:
Buddeln am Weißen Berg
Von Thomas Schade

Der Deutschneudorfer Bürgermeister sucht erneut Schätze, pünktlich in den schneefreien Winterferien ist sein Dorf wieder interessant.


Am Nachmittag wird es Heinz-Peter Haustein zu gefährlich. „Wir müssen abbrechen und den Ort sichern“, entscheidet der Unternehmer und Bürgermeister von Deutschneudorf. Am ehemaligen Bahnhof des Ortsteils Deutschkatharinaberg liegen zwei riesige Erdhaufen. Dazwischen klafft ein Graben–stellenweise fünf Meter tief. Von weiter oben am Hang sind es fast zehn Meter bis zur Sohle, in der schon das Grundwasser steht. Dutzende Schaulustige stehen am Freitag drumherum und hoffen auf die Sensation. Sie werden vertröstet–wie oft schon bei der Schatzsuche im Tal der Schweinitz, an der sächsisch-böhmischen Grenze auf dem Kamm des Erzgebirges.

Zu klein fürs Bernsteinzimmer

Wieder einmal ist sich Haustein „ganz sicher, dass hier etwas in der Erde liegt“. Der Mann, der für die FDP im Bundestag sitzt, bezeichnet sich selbst als „leidenschaftlichen Sucher des Bernsteinzimmers“. Seit zehn Jahren glaubt er, dass das legendäre Kunstwerk zu Kriegsende im Erzgebirge versteckt wurde. Dabei baute er ganz nebenbei den alten Fortunastollen zu einem Schaubergwerk aus und verhalf dem Ort zu touristischer Attraktion. Doch diesmal geht es nicht um das verschwundene achte Weltwunder.

Dafür sei dort unten einfach kein Platz, sagt Christian Hanisch. Der 49-Jährige steht zusammen mit Haustein in dem ausgehobenen Graben und bewegt ein schwarzes Rohr wie einen Zeigestock langsam von einer Wand zur anderen. Nach einigen Augenblicken bauen sich auf dem Monitor eines Laptops Bilder in den bekannten Spektralfarben auf. Grün wechselt in Gelb und wieder in Grün. Dann tauchen auf dem gelben Streifen geometrische grüne Flächen auf mit geraden Kanten und rechtwinkligen Ecken. „Das sind keine natürlichen Gebilde, das sind Kisten“, sagt Hanisch und interpretiert seine elektromagnetische Messung. Er habe das Erdreich gescannt. Dabei würden „eindeutige Anomalien“ sichtbar. Ein unterirdischer Stollen sei das, ist sich Hanisch sicher–aber nur 147Zentimeter breit: „Zu schmal für das Bernsteinzimmer“.

Hanisch–ein Schatzsucher aus Schleswig-Holstein und eigenen Angaben zufolge beruflich in der Verwaltung eines Rettungsdienstes tätig–sei vor vier Monaten erstmals bei ihm aufgetaucht, sagt Bürgermeister Haustein. Der Mann von der Nordseeküste ist vor allem dem Vermächtnis seines Vaters Paul auf der Spur. Der sei im Zweiten Weltkrieg Navigator bei der Luftwaffe gewesen und habe ihm eines seiner alten Flugbücher hinterlassen. Die Kladde trage die Bezeichnung „Orfe“. Welche Bedeutung der Fisch namens Orfe hat, weiß Hanisch bis heute nicht. Doch der letzte Auftrag seines Vaters habe mit der Evakuierung von Carinhall zu tun gehabt, dem Wohnsitz des NS-Kriegsverbrechers Hermann Göring. Carinhall war vor allem ein Sammelbecken für Kunstgegenstände, die Göring in ganz Europa hatte rauben lassen.

Streit nur um ein paar Meter

Wie Christian Hanisch sagt, habe sein Vater den Auftrag gehabt, nach Deutschneudorf zu fliegen. Die Flugkoordinaten in der Kladde habe er in ein GPS-Navigationsgerät eingegeben, und dabei sei er auf den Punkt am Bahnhof von Deutschkatharinaberg gestoßen. Der liegt am Fuße des Weißen Berges. „Da oben war vor 1945 ein Landeplatz“, bestätigt Haustein.

400 mal will Hanisch schon inkognito in Deutschneudorf auf Suche gewesen sein. Erst nach dem Tod seines Vaters habe er Kontakt mit Heinz-Peter Haustein aufgenommen. „Sein und mein Wissen ergänzen sich. Im Grunde streiten wir um ein paar Meter“, sagt der Mann aus dem Norden. Er habe „Schmetterlinge im Bauch“, glaubt: „Wir sind nicht mehr weit weg.“

Doch für einige Tage müssen die Arbeiten erst einmal unterbrochen werden. Offiziell sucht Bürgermeister Haustein nach einer alten Grube. Aber mittlerweile hat seine Grube Ausmaße, dass er mit dem Bergrecht in Konflikt geraten könnte. Die Bergsicherung soll ab sofort die Grabung fachlich begleiten. Spezialisten werden die Bilder noch einmal auswerten. Die Polizei will verstärkt Streife fahren am alten Bahnhof. Heinz-Peter Haustein will notfalls Wachen aufstellen, sollten Raubgräber kommen.

Dass er in Sachsen kaum Hoffnung auf Finderlohn hat, schreckt Hanisch wenig. Zweierlei treibt ihn an: Er will wissen, ob sein Vater geflunkert hat. Und er will, „dass Deutschneudorf touristisch im Gespräch ist“. Das hat er schon erreicht. Haustein erwartet in den nächsten Tagen mehr Besucher als sonst im Ort–jetzt, da Ferien sind und kein Schnee liegt.
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