Thema: Bier-Münzen?
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Alt 28.11.2007, 17:29   #9
corsa
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Zitat von MvR Beitrag anzeigen
die dinger gabs noch während meiner kindheit und jugend in den bierzelten. ab 5 maß bekamste eine gratis in form dieser marken.
Das ist ja auch ne interessante Nachnutzung, von der ich noch nichts wusste, eine Art Rabattmarke auf Notgeldbasis ;-)

Zitat:
Zitat von ghostmember
trotzdem ein schöner fund wusste gar nicht das es sowas gab
Urspruenglich waren die Marken bei der Bierbranche fuer die Bezahlung des sog. Haustrunkes gedacht (fuer diejenigen, die mit dem Begriff jetzt nix anfangen koennen: die Angestellten der Brauereien erhielten/erhalten einen Teil ihres Lohnes in Naturalien, also in Bier). Heute nehmen die Leute halt gegen Unterschrift am Ende des Monats x Kaesten Bier mit nach Hause und stellen sich das Zeug in den Keller. Aber frueher hatte das Bier noch nicht die Haltbarkeit, also musste eine Loesung her, wie man das anders machen konnte. Also erhielt der Bierarbeiter am Zahltag eine Tuete mit Biermarken, die er dann ueber den Monat verteilt einloesen konnte. So entstanden diese Marken.

Als dann die Inflation begann und das normale Geld immer wertloser wurde, entsann man sich dieses Prinzips und es verbreitete sich auch ausserhalb der Brauereien. Es machte ja z.B. fuer eine Stadt keinen Sinn, den Angestellten der Stadtreinigung x Reichsmark auszuzahlen, wenn die dann schon drei Tage spaeter nicht reichten, davon auch nur ein Stueck Brot zu kaufen. Also machte die Stadt einen Deal mit der Brauerei und kaufte dort die Marken, die dann an die Angestellten ausgegeben wurden. So behielt das Geld seinen Wert, die Brauerei hatte einen schoenen Gewinn durch den Kredit, immerhin wurde bei ihr ja das ganze Bier im Voraus bezahlt (sie musste jetzt allerdings schnell ihre Lieferanten auszahlen, sonst konnte sie Verlust machen).
Es gab inzwischen nun auch Kaese, Wasser, und sonstige Marken, also mit anderen Worten ein buntes Geklimper an Wertmarken sammelte sich in den Taschen der Buerger, ergaenzt durch geldscheinaehnliche Noten, die es fuer hoehere Werte auch bald gab.
Zusaetzlich entstand dann auch noch kommunales Notgeld, also von der Stadt herausgegebenes Geld, das wiederum universell bei Brauereien, Baeckereien etc. dieser Stadt einzusetzen war.

Erst mit dem Ende der Inflation wurde diese Markenwirtschaft dann wieder zurueckgedraengt. Allerdings blieben die Marken dann an vielen Stellen weiter in Betrieb, zum einen, weil man sich dran gewoehnt hatte, zum anderen weil ja eine Art Kredit fuer das ausgebende Unternehmen damit verbunden ist.

Und an vielen Stellen wurden die Marken dann - teilweise zweckentfremdet - noch jahrzehntelang verwendet. Z.B. hier im Osten wurden die Marken ueberpraegt und zum Bezahlen von Strom verwendet.

Geändert von corsa (28.11.2007 um 17:30 Uhr).
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