Thema: Ahlem/Limmer
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Alt 12.03.2010, 11:14   #26
niemandsland
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Stollen in Ahlem

Ich beschäftige mich jetzt schon eine Weile (wie auch an den Beiträgen hier im Forum zu entnehmen ist) mit den ehem. Naturasphaltgruben/Stollen in Ahlem. Stichwort: "Döbel I/II/III". Und in letzter Zeit gibt es hier und da auch mal neue Informationen.

Am vergangenen Sonntag den 7. März 2010 besuchte ich zusammen mit Vereinskollegen und Freunden das Heimatmuseum Ahlem. Dort hängt an einer Wand ein altes Foto, das den Stollen etwa um 1900/1910 zeigt. Okay, das hat erstmal nicht viel mit den 1940er Jahren zutun. Und irgendwo doch..

Über die Geschichte des Asphaltabbaus (Unter-/Übertage) in Hannover Ahlem möchte ich nicht näher eingehen, da es auch das Arbeitsgebiet des Heimatmuseums Ahlem ist.

In einer schriftlichen Arbeit des Heimatmuseums Ahlem heisst es u.a.: "(...) wurde die Förderung im Tiefbau nach Errichtung einer Kraftanlage im Jahre 1900 begonnen, d.h. Stollen (...) wurden vorangetrieben und der für das Asphaltbergwerk typische Pfeilerbruchbau eingeführt."
In diesem Text ist auch davon die Rede, das bereits damals das Grundwasser ständig abgepummt werden musste. Etwa während des ersten Weltkriegs wurde dann der Untertagebau eingestellt. Mit dem Hinweis, das wenn man die Pumpen abstellte, die Stollen bis zum Mundloch voll Wasser liefen. Übertage wurde an verschiedenen Stellen in Ahlem noch bis ca. 1926 Naturasphalt abgebaut. Zwischen 1926 bis in den zweiten Weltkrieg rein passierte in Ahlem nichts mehr.
Etwa ab 1943 nachdem die Alliierten fast ungestört nach Deutschland einflogen, und ihre tödliche Fracht über den Deutschen Industriestandorten (bzw. Städten) abwarfen, kam die Idee auf, die Produktionsstätten Untertage zu verlegen. Im Gau Südhannover-Braunschweig, Raum Hannover wurden auch die Naturasphaltgruben/-stollen geprüft, und in die Liste des Reichsministers R.u.K. aufgenommen.

Im Decknamenverzeichnis von Hans-Walter Wickert finden sich folgende Einträge:

Seite 81 - Objekt 49

Objekt: Asphaltstollen Ahlem I (bei Hannover Limmer)
Fläche: 9000 qm
Firma: Continental Gummiwerke AG, Hannover
Produkt: Gummireifen
Bemerkung: Gesperrt 13.07. (1944?)

Stand: 16.10.1944

Seite 81 - Objekt 50

Objekt: Asphaltstollen Ahlem II (-> Hannoversche Baugesellschaft)
Fläche: 8000 qm
Firma: Maschinenfabrik Niedersachsen (Wülfel), Hannover (MNH)
Produkt: Seitenverlegepanzer
Bemerkung: Gesperrt: 31.08. (1944?) / Sichergestellt: 26.10. (1944?)

Stand: 16.10.1944

Seite 81 - Objekt 51

Objekt: 1 Höhle Hannover Ahlem (Ahlem III)
Fläche: 3000 qm
Firma: Conti angeboten, WIFO angeboten.

Stand: 16.10.1944

Seite 8 + 119

Quelle: Alphabetisches Decknamenverzeichnis unterirdischer Bauten
nach dem Stand vom 15.01.1945 ausgefertigt vom
Reichsminister R.u.K., Amt Bau-OT, AG Technik.

Deckname Döbel / Objekt "Asphaltgrube Ahlem/n?" / Nr. 199

Seite 129

Deckname Kugelfisch / Objekt "Limmer" / Nr. 1109

-> Eintrag vom 08.01.1945

Hauptquelle
Hans-Walter Wickert (Herausgeber)
Titel: "Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten, Ubootbunker, Ölanlagen, chemische Anlagen, WIFO Anlagen", Verlag Druckerei J. Schulte, ISBN 3-9803271-4-0

In einem Aufsatz über die Asphaltstollen wird die Gesamtfläche der Stollen wie folgt angegeben: für den Stollen Ahlem I 9250 qm bzw. für den Stollen Ahlem II 6000 qm. Diese Zahlen sind abweichend von der offiziellen Liste, die im Buch ("Hauptquelle") genannt werden.

Und auch in diesem Beitrag fällt auf, das die Angaben für die Tiefe der Stollen stark schwankt. In dem Aufsatz ist die Rede von 30-40 m.

Soweit die Texte.. ich war es Leid und hatte jetzt die Idee ein vorhandenes Foto mal zu nutzen, und die Tiefe der Stollen mit dessen Hilfe zu bestimmen. Zumindestmal als Anhaltspunkt.

Zu diesem Zweck hatte ich Deistergeist mal folgende Frage gestellt:
Frage: Wie hoch (von der Schiene bis zur Oberkante) ist so wohl so ein Muldenwagen bzw. Lore? (Gehen wir von 600 mm Spurbreite aus.)

Antwort: "1 Meter 20, da ziehen wir dann höchstens 10 cm für Gestänge und Schwellen ab...sag ich mal 1 Meter 10 bis 1 Meter 30 im Durchschnitt. Rechne doch mit nem Meter 20."

Wie schon am Anfang dieses Beitrags geschrieben, war ich am 7. März 2010 im Heimatmuseum. Dort habe ich ein Foto (sorry für die Qualität, mit Handy ohne Filter aufgenommen) von einem alten Foto gemacht. Es zeigt etwa einen Bereich zwischen Petit-Couronne-Straße und Heisterbergallee.



Ich habe das Foto mal ein wenig "bearbeitet" und möchte zum Rechnen eben den besagten "Muldenwagen" (Lore) verwenden.

Da wäre erstmal das abgebildete Objekt (+1) schnipp, dann sind etwa 5-6 Kopien davon nötig, um die Oberfläche zu erreichen. Ich entscheide mich für 5! Dazu kommt dann noch 14x eine Kopie des Bildausschnitts die es noch in die Tiefe geht. Macht 5(6)+1+14 = 20(21).

20 x 1,20 = ~ 24,00 m (bzw. +1 = ~ 25,20 m)

Sicher.. das ganze ist sehr ungebau. Aber immerhin mal ein Anhaltspunkt der die Tiefenangabe etwas genauer bestimmt, als es bisher der Fall war.
Aber das kann halt nur als ANHALTSPUNKT dienen.

Achja... und wohl aus den Tagen der Pilzzucht stammen noch folgende Werte: ca. 85% Luftfeuchtigkeit ("ständig sickerte von den Stollenwänden Wasser, das sich in den Vertiefungen sammelte."), die Hauptgänge waren ca. 4,50 m breit und 3,50 m hoch. Die Nebengänge deutlich schmaler.

Soweit.. also das neuste zum Thema Naturasphaltabbau in Hannover Ahlem. Eine schier endlose Geschichte an der ich dran bleibe.

Gruß
Wolf
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