Schatzsucher.de  


Zurück   Schatzsucher.de > Schatzsuche > Sondengehen

 
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 22.01.2006, 12:08   #1
niemandsland
N/A
 
Benutzerbild von niemandsland
 
Registriert seit: Aug 2003
Beiträge: 1,679

Entscheidung vor dem OVG Lüneburg: Suche mit Metallsuchgerät

-- Hinweis

Bei dem folgenden Text handelt es sich um einen größeren Textauszug; keine vollständige Wiedergabe des Gesamturteils. Das Gesamturteik ist (bei Bedarf) über den unten angegebenen Link ("Quelle") über das OVG Lüneburg abrufbar.

D O K U M E N T A T I O N

-- Entscheidung

Aktenzeichen: 1 L 4549/92
Gericht: OVG Lüneburg
Entscheidung vom: 2. Juli 1994

-- Vorinstanz

Aktenzeichen: 2 A 2064/92
Gericht: VG Braunschweig
Entscheidung vom: ?

-- Rechtsquellen

Rechtsquellen

GG 5 III
NDSchG 12 I
NDSchG 13
NDSchG 16
NDSchG 3 IV
NDSchG 6
NDSchG 7 II

Feststellung historischer Wegeverbindungen mit einem Metallsuchgerät:
Ausgrabungsgenehmigung erforderlich


Leitsatz/Leitsätze

1. Wer zur Feststellung historischer Wegeverbindungen mit einem Metallsuchgerät nach Hufeisen und Hufnägeln sucht und sie ausgräbt, benötigt eine Ausgrabungsgenehmigung nach § 12 1 NDSchG.

2. Die durch den Einsatz eines Metallsuchgeräts bedingte einseitige Nachforschung nach einem bestimmten Material birgt die Gefahr, daß einzelne Bestandteile eines Bodendenkmals aus dem Befundzusammenhang entfernt werden. Dies rechtfertigt die Versagung der Genehmigung.

Aus dem Entscheidungstext

Zum Sachverhalt:

Der Kläger untersucht im Rahmen hobbymäßig betriebener Heimatforschung u.a. Lage und Führung historischer, heute nicht mehr sichtbarer Wege im Harz und Harzvorland. Dabei sucht er mit einem Metallsuchgerät nach geschichtlich bedeutsamen Metallgegenständen im Boden, insbesondere nach Hufeisen und Hufnägeln. Seinen Antrag, das Aufsuchen, Ausgraben und Archivieren von Hufeisen und Hufnägeln zu gestatten, hat die Beklagte unter Hinweis auf die drohende Zerstörung von Bodendenkmalen und Befundzusammenhängen abgelehnt. Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.

Aus den Gründen:

1. a) Die Feststellungsklage ist nach § 43 VwGO zulässig. Das Verwaltungsgericht hat das Feststellungsinteresse zu Recht mit der Begründung bejaht, die Beklagte bestreite das vom Kläger beanspruchte Recht zum Sammeln von Hufeisen und Hufnägeln ohne eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung und drohe für den Fall der Fortsetzung des Sammelns rechtliche Maßnahmen an.

b) Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet, da die zur Prüfung gestellte Tätigkeit des Klägers einer Ausgrabungsgenehmigung nach § 12 Abs. 1 NDSchG bedarf. Nach dieser Bestimmung bedarf derjenige einer Genehmigung der Denkmalschutzbehörde, der nach Kulturdenkmalen graben will. Dies trifft für die Tätigkeit des Klägers zu.

aa) Bei den Gegenständen, auf die sich die Suche und die Ausgrabungen des Klägers erstrecken, handelt es sich - jedenfalls auch - um Kulturdenkmale im Sinne des § 12 Abs. 1 NDSchG, nämlich Bodendenkmale.

Bodendenkmale sind mit dem Boden verbundene oder im Boden verborgene Sachen, Sachgesamtheiten und Spuren von Sachen, die von Menschen geschaffen oder bearbeitet wurden oder Aufschluß über menschliches Leben in vergangener Zeit geben und an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht (§ 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 NDSchG). Die Hufeisen und Hufnägel, die der Kläger mit seinem Metallsuchgerät in dem Bereich zwischen Bad Harzburg und der Ecker aufspüren und ausgraben will, können, anders als das Verwaltungsgericht es gesehen hat, wegen ihrer geschichtlichen Bedeutung in diesem Sinne erhaltenswert sein. Dies kann etwa deshalb sein, weil sie bestimmte historische, z.B. im Mittelalter verwendete handwerkliche Techniken anschaulich machen (vgl. hierzu Grosse-Suchsdorf/Schmaltz/Wiechert, Kommentar zur NBauO und zum NDSchG, 5. Aufl. 1992, § 3 Rdnr. 9). Geschichtliche Bedeutung können sie aber auch deshalb haben, weil aus ihrer Lage, wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid zutreffend ausführt, aufschlußreiche Rückschlüsse über historische Wege, Umspannstationen und ähnliche Einrichtungen gezogen werden können. Zwar werden nicht alle Hufeisen und Hufnägel, die der Kläger mit seinem Metallsuchgerät aufspürt, eine derartige Bedeutung haben; nach den bisherigen Funden, die schon halfen, eine alte Wegeverbindung durch den Schimmerwald nach Stapelburg festzustellen (vgl. hierzu den Zeitungsbericht über die Tätigkeit des Klägers Bl. 161 der Beiakten A), ist jedoch anzunehmen, daß zumindest ein Teil der aufgespürten Gegenstände die Anforderungen an ein Bodendenkmal erfüllen wird. Dies wird auch für weitere Gegenstände gelten müssen, die der Kläger auf seiner Suche mit seinem Metallsuchgerät, das nicht zwischen Hufeisen, Hufnägeln und anderen metallischen Gegenständen unterscheidet, aufspüren wird. So hat der Kläger in der Vergangenheit z.B. mit Hilfe seines Suchgerätes ein mittelalterliches Schwert entdeckt und ausgegraben.

bb) Der Kläger "will" im Sinne des § 12 Abs. 1 NDSchG nach Kulturdenkmalen graben.

Der Ausgrabungstatbestand dieser Bestimmung verlangt auf der subjektiven Seite, daß jemand nach Kulturdenkmalen graben "will". Diese Voraussetzung ist entgegen der Auffassung des Klägers hier erfüllt. Das gilt auch dann, wenn man eine derartige Suche nach Bodendenkmalen nur bejaht, wenn der Kläger die "Absicht" hat, Bodendenkmale zu finden, d.h., wenn es dem Kläger auf diesen Erfolg ankommt (vgl. hierzu Dreher/Tröndle, StGB, 46. Aufl. 1993, § 15 Rdnr. 6 m.w.N.). Da es dem Kläger darauf ankommt, in dem Bereich, auf den sich seine Untersuchung erstrecken soll, Hufeisen und Hufnägel ohne Rücksicht darauf aufzuspüren und auszugraben, ob es sich im Einzelfall um Gegenstände von historischer Bedeutung handelt oder nicht, erstreckt sich seine Absicht auch auf das Entdecken und Ausgraben von Bodendenkmalen.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des subjektiven Tatbestandes des § 12 Abs. 1 NDSchG aber auch dann, wenn man anders als der Senat zu dem Ergebnis kommt, daß die geschilderte "Absicht" bei ihm nicht vorliegt. Im Rahmen des § 12 Abs. 1 NDSchG reicht "bedingter Vorsatz". Dieser ist dann gegeben, wenn der Kläger es für möglich hält, bei seiner Suche mit dem Metallsuchgerät auf erhaltenswürdige Hufeisen und Hufnägel (oder andere Metallgegenstände von historischer Bedeutung) zu stoßen und wenn er diese Folge billigend in Kauf nimmt oder sich damit abfindet (vgl. zu diesen Voraussetzungen des Vorsatzbegriffes BGH, Urt. v. 4.11.1988 -1 StR 262/89 -, BGHSt 36, 1, 9 ff.). Es entspricht dem allgemeinen und auch dem juristischen Sprachgebrauch, auch dann schon von einem Ausgrabungs"willen" zu sprechen, und diese weite Auslegung des § 12 Abs. 1 NDSchG ist im Interesse eines effektiven Schutzes der Bodendenkmale auch sachgerecht. Daß die hier streitige Tätigkeit des Klägers in subjektiver Hinsicht jedenfalls diese - geringen - Anforderungen erfüllt, bedarf angesichts der verschiedenen, vom Kläger in der Vergangenheit aufgespürten, erhaltenswürdigen Gegenstände keiner näheren Erläuterung.

Aus der Systematik des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes lassen sich keine strengeren Anforderungen für den subjektiven Tatbestand des § 12 Abs. 1 NDSchG ableiten. Die hier vertretene Auslegung läßt noch hinreichend Raum für die Anwendung des § 13 NDSchG. Nach dieser Bestimmung bedarf einer Genehmigung der Denkmalschutzbehörde, wer Erdarbeiten an einer Stelle vornehmen will, von der er weiß oder vermutet oder den Umständen nach annehmen muß, daß sich dort Kulturdenkmale befinden. Für diese Bestimmung verbleibt auch bei der oben ausgeführten Anwendung des § 12 Abs. 1 NDSchG noch ein weiter Anwendungsbereich, und zwar schon deshalb, weil sie mit dem Hinweis auf "Erdarbeiten" zahlreiche Tätigkeiten erfaßt, die schon vom objektiven Tatbestand her (z.B. Tiefpflügen, Ausschachtungen für Fundamente usw.) nicht als ein "Graben nach" Kulturdenkmalen anzusehen sind.

Ebensowenig spricht die Regelung des § 16 NDSchG dagegen, bei Anwendung des § 12 Abs. 1 NDSchG bedingten Vorsatz ausreichen zu lassen. Nach dieser Bestimmung sind Arbeiten in Grabungsschutzgebieten, die Kulturdenkmale zu Tage fördern oder gefährden können, genehmigungspflichtig. Die selbständige Bedeutung dieses Genehmigungsvorbehalts ergibt sich schon daraus, daß er anders als die Genehmigungspflicht nach § 12 Abs. 1 NDSchG nicht vom Vorhandensein bestimmter subjektiver Voraussetzungen beim jeweiligen Antragsteller (Vorsatz bezogen auf das Auffinden von Kulturdenkmalen usw.) abhängt. Der Kreis der Tätigkeiten, die in Grabungsschutzgebieten genehmigungspflichtig sein können (z.B. außer Erdarbeiten auch das Befahren mit schweren Fahrzeugen, Sprengungen usw., vgl. Grosse-Suchsdorf/Schmaltz/Wiechert, a.a.O., § 16 NDSchG, Rdnrn. 1, 4), reicht außerdem weit über die von § 12 NDSchG erfaßten Ausgrabungen hinaus.

2. Die Beklagte hat die hiernach erforderliche Ausgrabungsgenehmigung zu Recht abgelehnt. Denn die geplante Tätigkeit würde gegen das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz verstoßen, weil sie Bodendenkmale gefährden würde (§ 12 Abs. 2 NDSchG i.V.m. § 6 Abs. 1 NDSchG).

Eine solche Gefahr ist anzunehmen, wenn hinreichend wahrscheinlich ist, daß infolge der Tätigkeit des Klägers Bodendenkmale ganz oder teilweise beschädigt oder zerstört werden. Dies ist hier der Fall.

Bei Bodendenkmalen besteht naturgemäß im besonderen Maße die Gefahr, daß der Denkmalwert im Zusammenhang mit ihrer Bergung beeinträchtigt wird. Dies ergibt sich insbesondere aus ihrer häufig unauffälligen Lage und den mit der Entfernung aus der vorgefundenen Lage verbundenen Veränderungen (vgl. Oebbecke, Das Recht der Bodendenkmalpflege in der Bundesrepublik Deutschland, DVBl. 1983, 384, 385). Diese sich aus der Natur der Sache ergebende Gefahrensituation wird im vorliegenden Fall durch das vom Kläger praktizierte Verfahren wesentlich erhöht. Die durch den Einsatz eines Metallsuchgerätes bedingte einseitige, materialspezifische Nachforschung ist nicht geeignet sicherzustellen, daß der mögliche Zusammenhang des aufgefundenen Metallgegenstandes mit weiteren, aus anderen Materialien bestehenden Bestandteilen eines zusammenhängenden Bodendenkmales erhalten bleibt.

Die örtliche Situation im Schimmerwald, auf den sich der Kläger bei seiner Nachforschung beschränken will, schließt eine solche Gefährdung nicht aus. Der Senat hat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß dieses Gebiet durch Munitionsräumungen und andere Arbeiten schon derart umfassend verändert worden ist, daß Bodendenkmale, die ganz oder teilweise noch unversehrt sind, nicht mehr aufgefunden werden können. Dies hat der Kläger auch nicht substantiiert dargelegt. Da es sich um ein verhältnismäßig ausgedehntes und bewaldetes Gelände handelt, kann nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, daß auch in diesem Gebiet noch unbekannte Bodendenkmale vorhanden sind.

Der Kläger kann die Rechtmäßigkeit der geplanten Tätigkeit auch nicht damit begründen, sie liege im Interesse des Denkmalschutzes, da die staatliche Denkmalpflege sich angesichts des knappen Personalbestandes seinem Forschungsgebiet nicht widmen könne. Die durch seine Tätigkeit bedingte Gefährdung von Bodendenkmalen liegt nicht aus wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 NDSchG). Auch wenn man unterstellt, daß sich die staatliche Denkmalpflege auf absehbare Zeit nicht dem Interessengebiet des Klägers, der Erkundung alter Wegeverbindungen im Bereich des Schimmerwaldes, widmen kann, liegt die vom Kläger geplante Tätigkeit angesichts der damit verbundenen Gefahren für Bodendenkmale nicht im öffentlichen Interesse. Dieses ist dann vielmehr darauf gerichtet, eventuell vorhandene Bodendenkmale möglichst ungestört zu erhalten, damit sie der künftigen Forschung mit ihren der Gegenwart voraussichtlich überlegenen Methoden zur Verfügung stehen (vgl. Oebbecke, a.a.O., S. 385).

Die Ablehnung des Genehmigungsantrages verletzt nicht die durch Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit. Dabei kann der Senat hier offenlassen, ob die Arbeiten des Klägers den Anforderungen an eine "wissenschaftliche" Tätigkeit genügen, ob es sich also um einen nach Inhalt und Form ernsthaften und planmäßigen Versuch zur Erforschung der Wahrheit handelt (vgl. hierzu Fechner, Grenzen der Forschungsfreiheit am Beispiel der Bodendenkmalpflege, JZ 1992, 777, 778 m.w.N.). Denn die Wissenschaftsfreiheit wird begrenzt durch das ebenfalls in der Verfassung enthaltene, letztlich in der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verankerte Kulturstaatsprinzip, das u.a. die Pflicht des Staates zur Kulturgutsicherung und zum Kulturgutschutz umfaßt (Fechner, a.a.O., S. 783). Im Lichte dieser verfassungsrechtlichen Pflicht ist es nicht zu beanstanden, daß die Beklagte, gestützt auf § 12 Abs. 2 NDSchG, eine Genehmigung für die - mit einer erheblichen Gefahr für Bodendenkmale verbundene - Tätigkeit des Klägers abgelehnt hat. Angesichts des schwerwiegenden öffentlichen Interesses an der Vermeidung derartiger Gefahren kann auch keine Rede davon sein, daß die ablehnende Entscheidung dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht.

Quelle: Oberveraltungsgericht Lüneburg
Link: http://www.dbovg.niedersachsen.de/En...9920045491%20L

Geändert von niemandsland (22.01.2006 um 12:21 Uhr).
niemandsland ist offline   Mit Zitat antworten
 

Themen-Optionen
Ansicht

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 02:10 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.7.0 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Template-Modifikationen durch TMS
http://www.schatzsucher.de/Foren/cron.php