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Alt 22.03.2003, 10:03   #1
HarryG († 2009)
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Thüringer Wald

Überblick vom Langenberg
Etwas abseits von den viel begangenen Touristenpfaden erhebt sich der eintönige Rücken des Langen Berges bei Amt Gehren.
Er scheidet das malerische Schwarzatal von den herrlichen Waldgebieten bei Ilmenau, und mancher Wanderer zieht an seinem Fuße vorüber, ohne zu ahnen, dass die Rundsicht von dieser Höhe nicht nur an Schönheit mit manchem berühmten Aussichtspunkt wetteifert, sondern geradezu den Schlüssel bietet für den geologischen Aufbau unserer Heimat.

Auf steinigem Grenzpfad wandern wir, von der Herschdorfer Straße abbiegend, durch kümmerlichen Fichtenwald nach Süden. Alpines Knieholz gedeiht auf der Höhe und endlich erreichen wir das Gasthaus, von dem aus alle Gegensätze im Thüringer Landschaftsbild leicht überschaut werden können.

Wir blicken zuerst nach Süden, lassen unser Auge. längs der Kammlinie des Thüringer Waldes von rechts nach links bis zum fernen Frankenwalde schweifen und sehen im Geiste den uralten Rennstieg als Wasser? und Völkerscheide dahinziehen. Dann suchen wir die Form der Berge und Kuppen, die uns nach allen Seiten umgeben, vergleichend zu studieren und erkennen bald, dass wir uns auf einer wichtigen Grenzlinie befinden.
Im SO und O streichen lange Züge flacher Bergkuppen vorbei; kleine Waldpartien unterbrechen den grauen Ackerboden und schiefergedeckte Ortschaften blitzen überall im Sonnenlichte auf. Obwohl wir wissen, dass zu unseren Füßen, das Schwarzatal dahinzieht, können wir doch nirgends seine Spur entdecken, und wenn wir unseren Standpunkt 30 km nach Osten verlegen würden so ständen wir hart am Rande des tief eingeschnittenen oberen Saaltales, ohne auch hier zu ahnen, welch tiefer Abgrund nahe zu unseren Füßen gähnt. Denn alle in den Frankenwald und das vogtländische Bergland eingeschnittenen Flusstäler erscheinen wie ein fremdes Element im Landschaftsbild.

Die großen Züge der sanftwelligen Hochebene mit ihren langgezogenen kahlen Kuppen gewinnen eine tiefere Bedeutung, wenn wir unseren Blick über den Wurzelberg bei Katzhütte hinweg nach dem Rennsteig lenken, wo eine Scholle von Zechstein und Buntsandstein inselartig auf kambrischen Schiefern aufgelagert ist. Zechstein und Buntsandstein, vielleicht auch Muschelkalk und Keuper wurden später bis auf kleine Reste wieder entfernt, so dass ein Landschaftsbild zum zweitenmal das Tageslicht erblickt, das schon das Klima der Oberkarbon- und Permperiode gesehen hat.

Vor uns liegt ein Stück der mitteldeutschen Alpen und wenn wir hinüberblicken nach der Kursdorfer Kuppe, wo dieselben oberkambrischen Schichten, die zu unseren Füßen nach NW fallen, in SO-Richtung hinabsinken, dann überspannen wir im Geiste
das Gewölbe des Schwarzbürger Sattels.

Wenn wir in dem Schiefergebirge, das sich vom, Langen Berg nach O bis zum Erzgebirge erstreckt, das Abtragungsgebiet der älteren Permzeit erblicken, so brauchen wir jetzt unser Auge nur nach W zu lenken, um in dem bewaldeten Porphyrgebirge einen Teil des Gebietes zu sehen, auf dem während der rotliegenden Zeit Ablagerungsprozesse tätig waren. Gleich hinter den Häusern von Amt Gehren beginnt das porphyritische Vulkangebiet der Gehrener Schichten, das durch die Porphyrergüsse des Kikelhahns abgeschlossen wird; und bkönnten wir von den Häusern Ilmenaus das obere Ilmtal verfolgen, so würden wir in das Gebiet der Manebacher und Goldlauterer Schichten gelangen; dahinter aber erhebt sich der breite Rücken des zentralen Thüringer Waldes, überragt vom Schneekopfturm und fast in seiner ganzen Höhe aufgebaut aus den vulkanischen Gesteinen der Oberhöfer Periode. Sogar die Konglomerate der Tambacher Schichten sehen wir an der Sturmheide und dein Spiegelberg hinter dem Ehrenberg in steiler Flexur nach Norden hinabtauchen.

Aber so hoch auch die rotliegenden Gesteine des Thüringer Horstes sich über das Thüringer Tiefland erheben so fordern doch auch sie uns auf, vergangener Perioden zu gedenken, als zur Tertiärzeit noch jüngere Schichten über ihnen aufgebaut waren. Die verstreuten Blöcke verkieselten Zechsteins bei Oberhof beweisen mit Sicherheit, dass auch der Thüringer Horst einmal von Zechstein überlagert war, und andere Betrachtungen führen zu dem Schluss, dass die gesamte Trias und die Liasformation darüber ausgebreitet waren.

Alle diese Schichten sind während des Aufsteigens des Horstes bis auf kleine Reste entfernt worden, und. während die Härteunterschiede in den Gesteinen des Schiefergebirges nur geringen Einfluss auf die Landschaftsformen gewannen, haben die harten Porphyrite und Porphyre zwischen weichen vulkanischen Aschen und Tonsteinen oftmals dem rinnenden Wasser die Wege, gewiesen und bilden jetzt hoch aufragende Felsgrupenen zwischen vielgestaltigen Senken. Auch die Formen der Berge des Porphyrgebirges werden durch deren geologische Struktur bis in alle Einzelheiten beeinflusst und bewirken jenen landschaftlichen
Gegensatz, den wir vom Langen Berg so leicht überschauen können.

Aber unser geologisches Bild wird noch reicher, wenn wir nach Norden blicken; denn da drunten liegen die Triasgesteine in weiten Schichtentafeln ausgebreitet, die vielleicht einst auch den Langen Berg überlagerten.
Bei Amt Gehren und Königsee beginnt der Buntsandstein und bildet das weite Waldgebiet, das die Ilm von S nach N, die Rinne von W nach 0 durchläuft. Nördlich von der stimmungsvollen Klosterruine Paulinzella hebt sieh das Muschelkalkplateau von Stadtilm heraus. Der charakteristische Singerberg erscheint wie ein Vorposten davor aufgestellt; der von N hinter dem Steilrand der Reinsberge aufsteigende Rauch von Arnstadt und die ferne Wachsenburg bezeichnen den Anfang des Keupergebietes, von welchem kleine Schollen selbst am Südfuß des Singerberges und bei Großliebringen erhalten blieben. Wenn wir uns erinnern, dass alle diese Schichten dereinst das Porphyrgebiet des Thüringer Horstes überlagert haben, und dass das geologische Niveau, auf dem wir am Langen Berge stehen, etwa 1500 m höher liegt, als das gleiche Niveau unter dem Lias von Günthersleben, dann sehen wir im Geiste den großen Senkungs- und Hebungsvorgang sich vollziehen, der das Thüringer Tiefland gegen die Thüringer Berge vorschob, und in den seither abgetragenen Schichtentafeln sehen wir den Betrag der langandauernden Abwaschung und Abtragung durch die
atmosphärischen Kräfte.

Harry
__________________
Glück Auf!
Harry

Nur die Harten kommen in den Garten!
Und ich bin der Gärtner

Harry hat uns am 4.2.2009
nach schwerer Krankheit für immer verlassen.
In stillem Gedenken,
das SDE-Team
HarryG († 2009) ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.03.2003, 20:24   #2
Conny3
Bürger

 
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Ort: Jena-Thüringen
Beiträge: 187

Hallo Harry,
das mit dem Langen Berg ist sehr interessant.
(S. auch J. Walther:Geol. Heimatkunde von Thüringen S. 133-136 oder Franke, H. Geol. Wanderbuch für den Th. Wald)

Herzliche Grüße
Conrad
Conny3 ist offline   Mit Zitat antworten
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