Die Weiße Fahne - Historische Dokumentation Mittwoch, 02.02.2005
Beginn: 23.30 Uhr Ende: 00.15 Uhr Länge: 45 Min.
Die Weiße Fahne
"Nazis, Christen und das Kriegsende"
Mit dem Kriegsende im Jahr 1945 ist die Gefahr für Leib und Leben vieler Katholiken und Protestanten in Deutschland noch nicht vorüber. Besonders friedliebende und engagierte Bürger, die das Ende des Dritten Reiches ohne Blutvergießen herbeiführen wollen, bezahlen dafür mit ihrem Leben. Eine bisher nicht publizierte Informationsquelle über diese Zeit sind die Einmarschberichte, die von vielen Pfarrern verfasst wurden. Gut dokumentiert sind zum Beispiel folgende Fälle: In Götting bei Bad Aibling wird Pfarrer Grimm erschossen, als er zusammen mit dem Lehrer des Dorfes die weiße Fahne hissen und eine friedliche Übergabe erreichen will. In Bad Wiessee kehren die beiden katholischen Laien Quecke und Dohrn von der Freiheitsaktion Bayern aus München zurück, wo sie sich für eine friedliche Beendigung der Kriegshandlungen eingesetzt haben. Unmittelbar darauf werden sie von Einheimischen denunziert und von der SS im Perlacher Forst erschossen. Die Ehefrauen der Betroffenen sowie die Denunzianten leben heute noch. In Regensburg wird Domprediger Johann Maier vor ein Standgericht gestellt, weil er Verhandlungen mit den heranrückenden Alliierten aufgenommen hatte. Er wird hingerichtet, Regensburg aber vor der Zerstörung bewahrt. In Altötting starten katholische Männer im April 1945 eine Freiheitsaktion. Sie werden kurz vor Kriegsende liquidiert.
Bereits im Oktober 1944 war Aachen als erste deutsche Stadt von amerikanischen Truppen eingenommen worden. Rechtsanwalt Franz Oppenhoff, der dem Aachener Domkapitel und dem Päpstlichen Werk der Glaubensverbreitung in der NS-Zeit immer wieder juristischen Beistand geleistet hatte, wurde auf Vorschlag des Bischofs von der Besatzungsmacht mit der Bildung einer neuen Stadtregierung beauftragt und zum Oberbürgermeister ernannt. Im Januar 1945 ordnete Himmler seine "Beseitigung" an. Ein Mordkommando, das sich im März 1945 mit Fallschirmen absetzte und als auf der Flucht befindliche deutsche Soldatengruppe ausgab, schlich sich im Hause Oppenhoffs ein und wurde von ihm noch mit Nahrung versorgt. Dann wurde er durch einen Schuss in die Schläfe getötet. In Oberwittstadt (Neckar-Odenwaldkreis, Erzdiözese Freiburg) zogen sich am Karsamstag des Jahres 1945 die deutschen Soldaten vor den heranrückenden Amerikanern zurück. Zwei Männer hissten, ohne den Pfarrer gefragt zu haben, auf dem Kirchturm die weiße Fahne. Einige der deutschen Soldaten kamen zurück und hängten die weiße Fahne ab. Pfarrer Alois Beichert sagte in seiner Predigt beim Osterhochamt, dass die Zeit der Knechtschaft bald zu Ende sei. Am Abend drangen ein SS-Offizier und ein Soldat in das Pfarrhaus ein und schossen zwei Mal auf den Pfarrer, der am Ostermontag 1945 starb.
In den Einmarschberichten ist auch von Plünderungen, von Konflikten mit ehemaligen Zwangsarbeitern, von Denunziationen, vom Vergraben der Messweinvorräte, vom Verstecken des Kirchenschatzes, von Messen für die amerikanischen Soldaten, sowie von der Zusammenarbeit zwischen deutschen Seelsorgern und Geistlichen der Besatzungsmächte die Rede. Eine historisch bisher wenig bearbeitete Phase der deutschen Geschichte soll durch den Film und durch die erstmals publizierten Quellen aufgehellt werden.


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