Praktisches Bestimmen
Nehmen wir als Beispiel einen Ammoniten, der bestimmt, dessen Stellung im System ermittelt werden soll. Insgesamt sind ca. 1940 Ammonitengattungen bekannt, wovon aber aufgrund der stratigraphischen Herkunft ("Alter") des Fundes der größte Teil ausscheidet. Nehmen wir einmal an, in der stratigraphischen Zone unseres Ammoniten treten 30 Gattungen auf. Sie zeigen teilweise erhebliche Unterschiede im Gehäusebau, womit 26 Gattungen ausscheiden. Es bleiben 4 Gattungen, zu denen der Ammonit gehören könnte. Welcher er nun wirklich angehört, entscheiden morphologische Merkmale wie Gehäusebau, Skulptur sowie - eventuell - Lobenlinie. - Voraussetzung für eine derartige Auslese ist natürlich die Kenntnis aller in Frage kommenden Gattungen - und damit der "Treatise".
Zur Artermittlung benötigen wir nun freilich die oben erwähnte Spezialliteratur, als da sind Monographien oder Abhandlungen über die verschiedenen, in der Herkunftsschicht auftretenden Arten. Verständlicherweise ist dieser Teil der Bestimmung wesentlich schwieriger als die Gattungsermittlung, da wir neben guter Beobachtungsgabe auch viel mehr Literatur benötigen; und außerdem existieren wesentlich mehr Arten als Gattungen.
Wichtig bei dieser Bestimmungsarbeit ist, dass wir uns unsere Beobachtungen stichwortartig notieren. Nur dann lassen sich Bestimmungen später nachvollziehen und Fehler aufspüren. Wir halten also unsere Beobachtungen über die Gehäuseform usw. fest, ermitteln unter Umständen bestimmte Verhältniszahlen, zeichnen Skulptur oder Oberflächenzeichnung auf, auch den Verlauf der Lobenlinie usw. Alle diese Angaben kommen auf die Rückseite der Karteikarte zum Fossil, und sind damit immer, auch lange später noch greifbar und einer Überprüfung zugänglich.
Die meisten Sammler blättern beim Bestimmen alle Bücher mit "passenden" Abbildungen durch, bis sie eine entdecken, die mit dem Fund übereinstimmen könnte. Damit erwirbt man zwar ein gewisses Formempfinden (und nach jahrelanger Übung vielleicht auch eine ganz gute Übersicht über die zahlreichen Formen), braucht aber verständlicherweise jedes mal aufs neue sehr viel Zeit, um sich auch nur in die Nähe der gesuchten Formen vorzuarbeiten. Bewegen Sie sich lieber von "oben nach unten", verschaffen sich also zuerst einen Überblick über die höheren taxonomischen Einheiten wie Ordnung, Unterordnung und Familie und prägen sich die wesentlichen Gruppenmerkmale ein. Solche Kenntnisse reduzieren von Anfang an die Wahlmöglichkeiten: Zeigt ein Ammonit eine einfach geschwungene Lobenlinie, so kann er nicht zu den Mesoammonoidea (Ceratiten) und den Neoammonoidea (Ammoniten) gehören, sondern ist zu den Palaeoammonoidea (Goniatiten) zu stellen. Kriterien dieser Art erleichtern, sind sie dem Wissensschatz fest einverleibt, auf die Dauer gesehen die Bestimmungsarbeit sehr.
Bei zahlreichen ähnlichen Fundstücken, z. B. Brachiopoden, aus einer Schichtversuche man nicht, aus jeder auch nur geringfügig abgewandelten Form eine neue Art zu machen und um jeden Preis eine Abbildung dazu zu finden. Beim Bestimmen dürfen wir niemals die Tatsache aus den Augen verlieren, daß alle Arten eine gewisse Variationsbreite aufweisen! Auch ohne variationsstatistische Untersuchungen erkennen wir, dass verschiedene Arten einer Gattung, vor allem bei gleichzeitigem Auftreten in einer Schicht, durch fließende Übergänge verbunden sein können. In solchen Fällen halten wir uns bei der Artabgrenzung an die entsprechende Literatur. Fehlt sie, legen wir die Artgrenze nach gründlicher Überprüfung der wesentlichen Merkmale provisorisch selbst fest. Wir belegen die Bestimmung in der Sammlung aber immer neben dem Mittelwert mit den Extremwerten. Selbstverständlich lassen sich derartige Abgrenzungen nur durchführen, wenn reichlich Material vorliegt.
Bestimmungsarbeit setzt neben biologischen und geologischen vor allem stratigraphische Kenntnisse sowie ein gutes Auge voraus, d. h. die Fähigkeit, wesentliche Merkmale zu erkennen, Spaß an gründlicher Arbeit, Geduld (wie lange man an der Bestimmung eines einzigen Stückes sitzen kann, wird ein gründlicher Sammler bald erfahren!) und vor allem Literatur. Auch dieses Buch kann die weiterführende Spezialliteratur, die zur Artermittlung nötig ist, nicht ersetzen.
Bestimmungsarbeit ist mühsam, macht aber auch sehr viel Freude - wenn nach langen Bemühungen endlich ein fundiertes Ergebnis feststeht. Und dann dürfen wir mit Recht stolz sein. Zum Sammeln gehört eben nicht nur das Zusammentragen, sondern auch das Bemühen um eine sinnvolle Gestaltung der Sammlung, in der das Bestimmen ein wesentlicher Faktor ist. Und sollte sich bei einer "Revision" herausstellen, dass unser erstes Ergebnis falsch war, so ist das nicht weiter schlimm. Irren kann sich jeder, aber die bei der Arbeit gewonnenen Kenntnisse bleiben immer!
Finger wund
Harry
Nehmen wir als Beispiel einen Ammoniten, der bestimmt, dessen Stellung im System ermittelt werden soll. Insgesamt sind ca. 1940 Ammonitengattungen bekannt, wovon aber aufgrund der stratigraphischen Herkunft ("Alter") des Fundes der größte Teil ausscheidet. Nehmen wir einmal an, in der stratigraphischen Zone unseres Ammoniten treten 30 Gattungen auf. Sie zeigen teilweise erhebliche Unterschiede im Gehäusebau, womit 26 Gattungen ausscheiden. Es bleiben 4 Gattungen, zu denen der Ammonit gehören könnte. Welcher er nun wirklich angehört, entscheiden morphologische Merkmale wie Gehäusebau, Skulptur sowie - eventuell - Lobenlinie. - Voraussetzung für eine derartige Auslese ist natürlich die Kenntnis aller in Frage kommenden Gattungen - und damit der "Treatise".
Zur Artermittlung benötigen wir nun freilich die oben erwähnte Spezialliteratur, als da sind Monographien oder Abhandlungen über die verschiedenen, in der Herkunftsschicht auftretenden Arten. Verständlicherweise ist dieser Teil der Bestimmung wesentlich schwieriger als die Gattungsermittlung, da wir neben guter Beobachtungsgabe auch viel mehr Literatur benötigen; und außerdem existieren wesentlich mehr Arten als Gattungen.
Wichtig bei dieser Bestimmungsarbeit ist, dass wir uns unsere Beobachtungen stichwortartig notieren. Nur dann lassen sich Bestimmungen später nachvollziehen und Fehler aufspüren. Wir halten also unsere Beobachtungen über die Gehäuseform usw. fest, ermitteln unter Umständen bestimmte Verhältniszahlen, zeichnen Skulptur oder Oberflächenzeichnung auf, auch den Verlauf der Lobenlinie usw. Alle diese Angaben kommen auf die Rückseite der Karteikarte zum Fossil, und sind damit immer, auch lange später noch greifbar und einer Überprüfung zugänglich.
Die meisten Sammler blättern beim Bestimmen alle Bücher mit "passenden" Abbildungen durch, bis sie eine entdecken, die mit dem Fund übereinstimmen könnte. Damit erwirbt man zwar ein gewisses Formempfinden (und nach jahrelanger Übung vielleicht auch eine ganz gute Übersicht über die zahlreichen Formen), braucht aber verständlicherweise jedes mal aufs neue sehr viel Zeit, um sich auch nur in die Nähe der gesuchten Formen vorzuarbeiten. Bewegen Sie sich lieber von "oben nach unten", verschaffen sich also zuerst einen Überblick über die höheren taxonomischen Einheiten wie Ordnung, Unterordnung und Familie und prägen sich die wesentlichen Gruppenmerkmale ein. Solche Kenntnisse reduzieren von Anfang an die Wahlmöglichkeiten: Zeigt ein Ammonit eine einfach geschwungene Lobenlinie, so kann er nicht zu den Mesoammonoidea (Ceratiten) und den Neoammonoidea (Ammoniten) gehören, sondern ist zu den Palaeoammonoidea (Goniatiten) zu stellen. Kriterien dieser Art erleichtern, sind sie dem Wissensschatz fest einverleibt, auf die Dauer gesehen die Bestimmungsarbeit sehr.
Bei zahlreichen ähnlichen Fundstücken, z. B. Brachiopoden, aus einer Schichtversuche man nicht, aus jeder auch nur geringfügig abgewandelten Form eine neue Art zu machen und um jeden Preis eine Abbildung dazu zu finden. Beim Bestimmen dürfen wir niemals die Tatsache aus den Augen verlieren, daß alle Arten eine gewisse Variationsbreite aufweisen! Auch ohne variationsstatistische Untersuchungen erkennen wir, dass verschiedene Arten einer Gattung, vor allem bei gleichzeitigem Auftreten in einer Schicht, durch fließende Übergänge verbunden sein können. In solchen Fällen halten wir uns bei der Artabgrenzung an die entsprechende Literatur. Fehlt sie, legen wir die Artgrenze nach gründlicher Überprüfung der wesentlichen Merkmale provisorisch selbst fest. Wir belegen die Bestimmung in der Sammlung aber immer neben dem Mittelwert mit den Extremwerten. Selbstverständlich lassen sich derartige Abgrenzungen nur durchführen, wenn reichlich Material vorliegt.
Bestimmungsarbeit setzt neben biologischen und geologischen vor allem stratigraphische Kenntnisse sowie ein gutes Auge voraus, d. h. die Fähigkeit, wesentliche Merkmale zu erkennen, Spaß an gründlicher Arbeit, Geduld (wie lange man an der Bestimmung eines einzigen Stückes sitzen kann, wird ein gründlicher Sammler bald erfahren!) und vor allem Literatur. Auch dieses Buch kann die weiterführende Spezialliteratur, die zur Artermittlung nötig ist, nicht ersetzen.
Bestimmungsarbeit ist mühsam, macht aber auch sehr viel Freude - wenn nach langen Bemühungen endlich ein fundiertes Ergebnis feststeht. Und dann dürfen wir mit Recht stolz sein. Zum Sammeln gehört eben nicht nur das Zusammentragen, sondern auch das Bemühen um eine sinnvolle Gestaltung der Sammlung, in der das Bestimmen ein wesentlicher Faktor ist. Und sollte sich bei einer "Revision" herausstellen, dass unser erstes Ergebnis falsch war, so ist das nicht weiter schlimm. Irren kann sich jeder, aber die bei der Arbeit gewonnenen Kenntnisse bleiben immer!
Finger wund
Harry