JF / Marseille, Reisebericht, Teil 7

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  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #1

    JF / Marseille, Reisebericht, Teil 7

    Jungfernfahrt in Frankreich, Reisebericht

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    Teil 7
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    Hier in Frioul, trotz der nicht idealen Windrichtung ist es ruhig .. hat
    doch zum Abend hin der Wind bis nahezu Windstill abgeflaut. Wir liegen an
    der Pier vor den Restaurants, der Tisch ist aufgebaut.

    Wir waren noch nach dem TG im Vieux Port und haben die Flaschen aufgefüllt.
    Eine Fähre hatte uns von der Pier der Slipanlage verscheucht. Der Kapitän
    winkte freundlich, es war Jean-Michel. Er fährt z.Z. hauptamtlich das Teil
    und trailert (Nutz)-Fahrzeuge zu irgendwelchen Inseln. Er läßt es sich nicht
    nehmen und nutzt die Zeit des Beladens um kurz abzusteigen, wir begrüßen uns
    herzlichst... hat er uns doch gleich erkannt und grinst als er unseren
    Dampfer sieht.
    In Tom Hanks - Manier mit Wilson dem Volleyball, trommel ich mir auf die
    Brust und verkünde: "...Ich .. ich haaabääää ein Boooot gekaaaauft, seeeht
    häääär.... "
    Er freut sich für uns. Vier Jahre sind wir mit seiner Basis gefahren wenn
    wir in Marseille waren. Jetzt füllen wir dort lediglich Luft.

    (...)
    Der Kaffee duftet besser als er schmeckt. Die Zigarette dampft, die Seekarte
    aus Rostock ist auf dem Tisch des Bootes ausgerollt, 1 : 12.500, damit kann
    man was anfangen.. Allerdings ist sie gut vier mal so groß. Die beiden
    Kursdreiecke verschieben sich und Reiben einander, der Stechzirkel greift
    ab, ich kratze mich am Kopf; wo ist die "San Domenico" geblieben, was war
    falsch?
    So stelle ich fest, daß ich grundsätzlich meine Arbeit gemacht habe, jedoch
    an einer anderen Stelle - unweit der Wrackposition (WGS84 - die(!)
    Abweichungen eben). Dort , wo ich abgetaucht bin ist eine kleine Erhebung,
    reicht auf 28m. Das Wrack liegt genau 0,07sm SO davon. Ich war also 130m
    daneben und hatte einen ähnlichen Ausschlag am Fishfinder - sicher, er hätte
    größer und konturenschärfen sein müssen - und habe die Abtauchboje geworfen
    und nicht weiter gesucht. Anfängerfehler , besser: Auswertungsfehler der
    Fishfindergraphik. Gut, daß es Seekarte gibt; schlecht, daß man sie bei
    Wind/Welle auf einem Gummiboot nicht benutzen kann. Egal!

    Wir hatte heute im Vieux Port bemerkt, daß man Parkverbotschilder
    aufgestellt hat. Irgend so`ne Veranstaltung - weiß der Fuchs. Jedenfalls
    sollte dort ab Donnerstag 23 Uhr nicht mehr geparkt werden.

    Wir entscheiden, daß wir morgen am Donnerstag-Abend abreisen werden. Die
    Mühe, etwas anderes geeignetes an sicherer Parkfläche zu finden und das noch
    in der Zeit 6-7 Uhr morgens schreckt mich ab.


    Donnerstag, 04.05.2006



    Die Nachtruhe war ordentlich. Ich bin zwar wieder vor Kälte aufgewacht, aber
    .. was soll`s , das Leben könnte härter sein.
    Wir legen ab und fahren nocheinmal zum alten Hafen. Ich setze meine Freundin
    an einem Anleger im Hafen ab ; sie möche nochmal kurz ins Inernetcafe`
    springen und die Wettermeldung in Erfahrung bringen und frische Baguette`s
    kaufen. Das Boot treibt im Hafen, ich lasse die Maschine sicherheitshalber
    im Leerlauf tuckern. Die Zeit verrinnt , die Freundin ist relativ schnell
    zurück.
    Wir beschließen nach Cavalaire-sur-Mer abends zu trailern, kennen wir doch
    auch diese Ecke zu gut. Sicher ist es dort allemal.

    Zuvor jedoch; der Tag hat gerade mal begonnen und ein Tauchgang steht noch
    an:
    Die "Tozeur", ein schöner Frachtdampfer aus 1920, 83m lang, ca. 2200 Tonnen.
    Ein ordenticher Mistral hat ihn gegen die Klippen von Frioul gefegt. Böse
    Zungen haben behauptet, daß der Dampfer abgeborgen wurde. Mein Französisch
    ist mehr als schlecht, besser: ich kann`s gar nicht, sodaß ich mich als
    letzten TG hier in der Gegend mal davon selbst überzeugen möchte.
    Das franz. Buch, in dem der Dampfer erwähnt und abgebildet ist (ein
    Strandungsaufnahme mit abgesunkenem Heck), betrachte und studiere und
    übersetze ich seit 1,5 Jahren .. abends, überwiegend in den kalten
    Wintermonaten .. im kuschligen Bettchen.
    Abfallend , von 12 auf 20m soll der Dampfer liegen oder besser; gelegen
    haben. Mal sehen, wat da so los is`!

    Mich auf 50 m Tiefe und mehr zu begeben habe ich für den Rest der Woche (und
    auch schon vorher) aus vielerlei Gründen aufgegeben; der Hauptgrund: die
    schlechte Sicht.
    Schönes Foto, wirklich, ..der Dampfer begeistert mich seit längerer Zeit,
    liegt er doch " ..ich kann hier auf der Tiefe übernachten" recht freundlich.
    In Taucherkreisen hatte ich davon noch nix gehört. So aber auch nicht von
    anderen Wracks, liegen hier doch dutzende mal dutzende davon (komme ich mir
    hier doch vor, als läge ich rülpsend in`ner Badewanne voll
    Lindt-Schokolade!).

    Am Abend zuvor, bei der Kartenarbeit hatte ich auch den heutigen TG
    ordentlich vorbereitet. Sowat wie mit`da "San Domenico" darf sich nich
    wiederhol`n .. aber .. wer weiß, wofür`s gut war! (?)

    Die Strandungs- und Untergangsstelle ist nunmehr nahezu auf den Meter
    genau - stellt sich später heraus. So macht dat Spaß!
    Der Grund wird abgefahren, ob da noch "Auffälligkeiten" sind - nicht
    wirklich bis keine, sagt der Fishfinder.
    Ich vergleiche das Foto mit der Küstenformation. So hatte ich damals auch
    die "Lauro C" in Calabrien lokalisiert. Diesmal ist deutlich weniger von der
    Küste zu sehen - auf dem Foto, aber meinen geschulten Augen entgeht
    (diesbzgl.) nichts; die kleine Bucht stimmt!
    Wir verfahren wie an der "San Domenico", kein Ankern.
    Meine Freundin will wieder nicht mit, ist auch zudem frisch heute. Jedoch
    kommt der Wind richtig, wir liegen nahezu in der Abdeckung von Frioul.
    (...)
    Ich kippe über Bord, die Sicht ist hier zwar etwas besser aber auch nicht
    doll.
    Schnell sind Metallteile am Meeresgrund ausgemacht. Eine Spur bizarr
    geformten Metalls führt in die Tiefe. Der Grund fällt langsam ab.
    Im Zick-Zack wird die Gegend tieferwerdend abgetaucht. Dabei finde ich die
    erste Weinflasche (leer). Ich lasse sie liegen, so besonders ist sie nicht,
    ich habe ausreichd zu Hause, "sinnlos" mitnehmen wollte ich nie. Flaschen
    nehmen viel Platz weg, Tellerscherben nicht. Zudem platzt das Taucherzimmer
    langsam aus den Nähten. Nicht undedingt wegen der Artefakte, sonder
    überhaupt.
    Auf 23m kehre ich um. Das Areal ist hinreichend abgesucht, ein 2200 Tonner
    ist hier nicht, das ist klar wie Kloßbrühe! Aber, ..er war mal hier, das ist
    auch klar wie Kloßbrühe .. schade, sehr schade!
    Es geht den Weg ähnlich wieder zurück, nur lasse ich mir viel Zeit dabei und
    drehe alles um, was sich umdrehen läßt. Es wird auch hier und da mal büschen
    Gewedelt.
    Es ist kein Tauchspot hier an der Stelle, die Bergemannschaft hat sicher das
    ein oder andere über Bord geworfen, ..ist runtergefallen, oder weiß der
    Fuchs.
    (...)
    Ich werde belohnt: Unter einem Teil (in einer Ecke) finde ich weddermol ein
    Tellerstück, und es grinst mich wiedereinmal das Redereiwappen an. Hää ..
    hübsch, auf der Sack und rein damit, ..grins und riesen-freu!
    Weiteres Graben nützt nichts, es bleibt dabei.

    Der Kopf durchbricht das Wasser. Netter TG war`s , ich bin zufrieden.
    Meine Freundin kurvt in der Gegend rum, ich erkenne sie an der gelben Mütze.
    ;-)
    Ich sehe zu, daß ich von den Klippen rücklings strampelnd wegkomme, um ihr
    das Manöver nicht zu erschweren.
    Lehrbuchbuchmäßig werde ich aufgenommen.

    Wir suchen uns hier im Windschatten von Frioul eine hübsche kleine Bucht und
    sonnen uns auf dem nun mit wenigen Handgriffen zum Sonnen umgebauten
    Sonnendeck....


    Fortsetzung folgt....


    (c) Rene Heese 2006


    Hinweis: Entwurf, nicht auf Rechtschreibung geprüft.
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!
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