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fleischsalat 25.03.2012 14:46

Grubenbrand Feldversuch
 
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Moin zusammen!

Ich möchte Euch mal an einem Projekt von mir teilhaben lassen.
Mancheiner kennt das: Man findet auf dem Acker eine vorgeschichtliche Scherbe, die gut 2000 Jahre im Boden relativ gut überstanden hat. Nur- wie wurde denn damals überhaupt Keramik gebrannt?

Es gab natürlich mehrere Verfahren, von denen ich hier genauer auf den Grubenbrand eingehen möchte. Das gute Wetter am Wochenende und Schwiegervaters prall gefüllter Holzschuppen habe ich mal genutzt, um einen Feldversuch zu starten.

Da die Drehscheibe in unseren Breiten noch nicht bekannt war, wurden Gefäße entweder aus einem Tonklumpen geformt, oder aus Tonwürsten "aufgebaut"
(Kennt sicher jeder aus der Schule).
Als Magerung im Ton habe ich mich für Granit entschieden, das ich mit einem schweren Hammer zerstoßen, angefeuchtet und dann in den Ton eingeknetet habe. Der Ton ist übrigens nicht gekauft, sondern beim Ausbaggern eines Teiches hier in der Gegend ans Tageslicht gebracht worden.
Um ihn von Fremdkörpern (Steinen) zu befreien, war ein alter Fleischwolf sehr hilfreich:rolleyes:

Aus dem nun gemagerten Ton habe ich die Gefäße sowie drei "Spinnwirtel (ähnliche) Teile (Bild 3) hergestellt und ein paar Wochen trocknen lassen.
Hierbei sei angemerkt, dass die Pötte nicht oder nur sehr wenig historischen Vorbildern entsprechen!
Es geht nur um die Herstellung und den Brennvorgang.

Nun zum Wesentlichen:

Als erstes habe ich eine Grube ausgehoben (d: 100cm, t: 50cm).
Dann habe ich in der Grube ein Feuer entfacht, um diese vorzuwärmen.

fleischsalat 25.03.2012 14:52

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Während das Feuer brannte, nutzte ich die Gelegenheit, um die Gefäße am Rand der Grube ebenfalls vorzuwärmen.
Nachdem das Feuer soweit heruntergebrannt war, dass man seine Hand etwa 30cm über die Glut halten konnte, ohne sich zu verbrennen, habe ich ein paar Steine in die Glut gelegt, auf der später die Gefäße stehen sollten.

fleischsalat 25.03.2012 14:59

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Der nächste Schritt war, dünne Buchenholzscheite kreisförmig am Grubenrand aufzustellen da das Feuer nur schrittweise an die zu brennenden Objekte herangeführt werden sollte.
Es war nicht gerade leicht, das Feuer gleichmäßig im Kreis zu entfachen- Etwas altes Heu leistete dann Abhilfe:rolleyes:
Nachdem das Feuer auf diese Weise Stück für Stück an das Brenngut herangeführt worden war, konnte ich die Grube richtig auf Temperatur bringen und komplett mit Holz füllen.

fleischsalat 25.03.2012 15:03

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Hier ein paar weitere Bilder während des Brennens

fleischsalat 25.03.2012 15:10

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Da ich mich für schwarz gefärbte Keramik entschieden habe, musste sie reduzierend (d.h. unter Sauerstoffabschluss) gebrannt werden.
Um dieses zu erreichen, habe ich die Grube mit Erde abgedeckt, bis nirgendwo mehr Rauch herauskam.
Vorher habe ich quasi als Trennschicht noch Heu auf das Feuer geworfen, durch dessen Asche die Erde nicht an die Gefäße herankam (Die Erde war noch feucht)Die reduzierende Phase dauerte sechs Stunden, dann konnte ich die Grube endlich wieder öffnen.

fleischsalat 25.03.2012 15:15

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Vorsichtig wurde alles Brenngut wieder aus der Grube geborgen und mit Wasser abgespült.
Um die Wasserfestigkeit zu testen, aber die gebrannten Gefäße nicht zu gefährden, habe ich einen "Wirtel" über Nacht in einen Wassereimer gelegt.
Heute morgen herausgenommen und- Er war fest!:D:clap

fleischsalat 25.03.2012 15:19

Der Versuch ist also gelungen.
Anzumerken ist, dass der Brennvorgang eine ganze Menge Holz frisst. Alles in allem habe ich gut zwei Schubkarren mit dünnen bis mitteldicken Scheiten benötigt.
Um die Temperatur in der Brenngrube so gut es ging gleich zu halten, habe ich fast ausschließlich Buchenholz benutzt.
Da ich die Temperatur nicht messen konnte, kann ich nur anhand der Wasserfestigkeit sagen, dass Temperaturen von etwa 500-900 Grad geherrscht haben müssen (Quelle: A. Kinne, Tabellen und Tafeln zur Grabungstechnik, 5. Auflage 2009).

Also wenn noch wer Fragen hat...

PS: Nur ein Gefäß hat leichte Risse bekommen, die sich aber scheinbar nur in der Oberfläche befinden und nicht den ganzen Scherben durchziehen!:clap

Plato 25.03.2012 15:25

Sehr interessant.:popcorn:
Viel Erfolg, bin auf das Ergebnis gespannt und wünsche dir viel Erfolg dabei.:yeap:yeap:yeap

Gruß,
Stephan

chabbs 25.03.2012 15:29

Richtig geiler Versuch, super anschauliche Bilder! So macht das Forum Spaß!

fleischsalat 25.03.2012 15:34

Zitat:

Zitat von chabbs (Beitrag 715321)
Richtig geiler Versuch, super anschauliche Bilder! So macht das Forum Spaß!

Wird mit Sicherheit nicht der einzige gewesen sein...:D
Wenn Zeit ist, kommt noch ein oxidierender Brand!
Denke aber, vor dem Herbst wird das nix...

Rasputin.1 25.03.2012 16:53

jan jan...kompliment, absolut spitze !!!!

behreberlin 25.03.2012 18:22

Respekt - toller Versuch und anschaulich festgehalten - Aber mal was anderes ?? Ist deine Sonde kaputt, oder warum ziehst du bei dem tollen Wetter nicht über den Acker ???
Grüße aus Berlin

fleischsalat 25.03.2012 18:31

Zitat:

Zitat von behreberlin (Beitrag 715340)
Aber mal was anderes ?? Ist deine Sonde kaputt, oder warum ziehst du bei dem tollen Wetter nicht über den Acker ???
Grüße aus Berlin

Ich bin der ständigen Pieperei etwas überdrüssig...:eek:D

BastiSDL 25.03.2012 19:13

Genialer Versuch! Deine gebrannte Ware sieht genauso aus, wie die Scherben, die ich auf meinen eisenzeitlichen Fundplätzen finde!
Wie fein/ grob hast du die Magerung denn gemacht?

fleischsalat 25.03.2012 19:20

Zitat:

Zitat von BastiSDL (Beitrag 715351)
Wie fein/ grob hast du die Magerung denn gemacht?

Alle Körner waren höchstens 2mm groß. Zu Mischungsverhältnis kann ich leider keine Angaben machen, da ich "nach Auge" gemischt habe.
Als Muster hatte ich eine Auswahl von "echten" Scherben.

Rasputin.1 25.03.2012 21:03

Zitat:

Zitat von fleischsalat (Beitrag 715342)
Ich bin der ständigen Pieperei etwas überdrüssig...:eek:D

DU ???

Das kann ich net glauben *schmunzel*

fleischsalat 25.03.2012 21:10

Zitat:

Zitat von Rasputin.1 (Beitrag 715369)
DU ???

Das kann ich net glauben *schmunzel*

Glaub es! War die letzte Zeit wirklich ein bisschen viel...

Grafschaft Mark 25.03.2012 21:11

Das nenne ich experimentelle Archäologie :yeap sehr sehr genial und anschaulich dokumentiert!!!

Und WEHE du wirfst das Zeug auf die Äcker dan gibet aber :spank: ich glaube das könnte selbst mein Archi nicht unterscheiden :D

fleischsalat 25.03.2012 21:19

Zitat:

Zitat von Grafschaft Mark (Beitrag 715371)

Und WEHE du wirfst das Zeug auf die Äcker dan gibet aber :spank:

Keine Sorge, das passiert garantiert nicht!

chabbs 26.03.2012 06:58

Zitat:

Zitat von Grafschaft Mark (Beitrag 715371)
....ich glaube das könnte selbst mein Archi nicht unterscheiden :D

Jetzt juckt es mich ja in den Fingern :D Vor allem, was er zu der in situ-Bergung eines solchen Gefäßes... ich brauche so ca. 17-30 Stück. Bis spätestens zum 1. April :clap

Grafschaft Mark 26.03.2012 07:46

Zitat:

Zitat von chabbs (Beitrag 715399)
Jetzt juckt es mich ja in den Fingern :D Vor allem, was er zu der in situ-Bergung eines solchen Gefäßes... ich brauche so ca. 17-30 Stück. Bis spätestens zum 1. April :clap

Bin dabei :clap....

fleischsalat 26.03.2012 20:18

Das könnt ihr aber vergessen:D:spank:

oliver.bohm 02.04.2013 21:40

Heute gab es auf HR3 ( 20.15)einen Bericht über Töpfereien in Hessen.

In diesem Bericht wurde auch dieser Töpfer gezeigt:
http://www.toepfereiburberg.de/

http://www.toepfereiburberg.de/neu%2...eitliches.html

http://www.toepfereiburberg.de/neu%20repliken.html

Dort kann man sich nach Vorbild von Scherben Repiken fertigen lassen..

Für die heimische Vitrine oder das Heimatmuseum..:yeap

lilresa 27.06.2013 22:14

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Ich habe mich mal ohne Grube und ohne viel Geduld und Wissen versucht. Einfach den Lehm, wie er aus der Erde kam geformt und im Feuerkorb gebrannt. Wenn ich mich noch ein wenig mehr damit auseinandersetze, werde ich wohl ein Töpfermeister :clap ...

chabbs 28.06.2013 09:56

Schon ganz chic, würde ich sagen- wo hast Du denn den Ton bezogen?

Ich suche noch eine gute Quelle für meinen Tonofen...

lilresa 28.06.2013 12:09

Zitat:

Zitat von chabbs (Beitrag 778270)
Schon ganz chic, würde ich sagen- wo hast Du denn den Ton bezogen?

Ich suche noch eine gute Quelle für meinen Tonofen...

Ist der Lehm aus dem Aushub für den Lehmofen.. Der Landkreis Northeim hat neben Kalkboden (der römische Funde angeblich gut konserviert) abschnittsweise auch einen hervorragenden Lehmboden... :freu Vielleicht kann man ihn sogar noch etwas abmagern. Es war auch mehr ein Test, wie sich das Material später als Ofenwand gebrauchen lässt. Ich hatte auch noch einen Ziegel gebrannt. Der ist aber noch zu nass gewesen - nicht so prall geworden.


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