Grube "Büchenberg" - ganz legal

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  • Hartmut
    Landesfürst


    • 09.03.2004
    • 835
    • Wernigerode

    #16
    Grube Büchenberg - Die Schächte

    Die Grube Büchenberg hat mehrere große Schächte unterschiedlichen Alters, die auch in sehr unterschiedliche Tiefen abgeteuft worden sind. Des weiteren existieren eine große Anzahl von Überhaun, die wie Schächte bis auf die erste Sohle hinab reichen. Zum Teil sind sie verfüllt, zum anderen Teil dienen sie bis heute der Grubenbewetterung.

    Schacht 1 (siehe Startposting mit den Winterbildern) führt bis auf die dritte Sohle in ca. 150m Tiefe hinunter, war bis 1970 Förderschacht und ist heute Standort des Schaubergwerkes.

    Schacht 2, auch bekannt als Gräfenhagensbergschacht, hat auch die oberen 3 Sohlen angeschlossen und erreicht eine Teufe von 145 Metern. Er diente zur Fahrung, Förderung und Bewetterung. Wegen Problemen mit der Standsicherheit wurde er noch während der Betriebszeit der Grube stillgelegt.

    Schacht 2a ist als Ersatz für den stillgelegten Schacht 2 in den Jahren 1952 bis 1962 aufgefahren worden. Die Teufe beträgt 327,8 Meter und sein Durchmesser 4 Meter. Er ist auf der gesamten Tiefe mit Ziegelmauerwerk ausgekleidet. Er führt bis hinab auf die sechste Sohle, die aber nie richtig in Betrieb genommen wurde. Heute sieht man vor allem noch das in Ziegelbauweise gefertigte ehemalige Maschinenhaus des Schachtes. Eine kleine Firma hat sich dort eingemietet.

    Schacht 3 sollte im Jahre 1970 in Betrieb genommen werden, um die an der Kapazitätsgrenze arbeitenden anderen Förderschächte zu entlasten und die Erzförderung auszuweiten. Es gab sogar eine Eisenbahnverbindung dorthin. Wenige Wochen vor der Inbetriebnahme des Schachtes verfügte die damalige Regierung der DDR das Aus für die gesamte Grube Büchenberg. Grund: Im Rahmen des damaligen RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) war vereinbart worden, dass die DDR das Eisenerz aus der befreundeten Sowjetunion zu beziehen hatte. Somit war dem Bergwerk die Betriebsgrundlage entzogen worden.
    Heute befinden sich auf dem (recht wüsten) Gelände um Schacht 3 mehrere kleine Firmen, die allergisch reagieren, wenn altbergbauinteressierte Leute dort herumschleichen.

    Die Bilder:

    Schacht 2
    Schacht 2a
    Schacht 3 (aus gebührendem Abstand )
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    • Hartmut
      Landesfürst


      • 09.03.2004
      • 835
      • Wernigerode

      #17
      Nicht weit entfernt vom Schacht 2a steht mitten im Wald ein bunkerähnliches Gebäude aus Beton. Es ist aber nichts dergleichen, sondern "nur" ein Hochbehälter für Wasser. Dieses wurde dann Unter Tage in der Grube verwendet, zum Beispiel zum Bohren.
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      • Hartmut
        Landesfürst


        • 09.03.2004
        • 835
        • Wernigerode

        #18
        Der Hermannsschacht...

        ...gehört zum mittelalterlichen Teil der Grube "Büchenberg". Er war der Hauptförderschacht in den Jahren um 1830, ist etwa 70 Meter tief und komplett mit Trockenmauerung ausgekleidet. In etwa 50 Metern Tiefe bindet der Augustenstollen (siehe einige Beiträge weiter oben) ein, welcher diesen Schacht entwässern sollte. Auf Grund der enorm langen Bauzeit des Augustenstollens erfolgte der Durchschlag zum Hermannsschacht aber erst, nachdem der Schacht schon tiefer getrieben worden war. Somit konnte die Wasserlösung so einfach nicht funktionieren.

        Um trotzdem das Wasser loszuwerden, wurde ein Wasserrad (Kunstrad) mit einem Durchmesser von knapp 10 Metern am Punkt des Zusammentreffens von Hermannsschacht und Augustenstollen eingebaut. Wollte man den Schacht abpumpen, wurde von oberhalb her Wasser aufs Kunstrad geleitet, welches sich dann drehte und eine Pumpe antrieb. Mit letzterer wurde der Schacht ausgepumpt und das Wasser durch den Augustenstollen abgeleitet.

        Alte Bergleute sagen, dass das Kunstrad dort unten noch immer in seiner Radstube steht...
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        • Schw Herzog
          Bürger

          • 14.10.2003
          • 181
          • Braunschweig
          • Keiner

          #19
          Kunstrad

          welches sich dann drehte
          Nicht böse sein, ich kritisiere selten und ungern, aber diese Stelle fand ich irgendwie überflüssig.
          Lieber was Falsches selbstsicher wiedergeben als die halbe Wahrheit zu sagen.

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          • Hartmut
            Landesfürst


            • 09.03.2004
            • 835
            • Wernigerode

            #20
            Kein Problem - ein doppelt gemoppelter Dreher soll vorkommen, wenn man aus dem Bauch heraus schreibt

            Nun überlege ich gerade, was sich wohl im Paulaschacht (Bild 1) drehen könnte. Konkret ist das ein Gebläse, mit dem das heutige Schaubergwerk bewettert wird.

            Die Bilder 2 und 3 zeigen scheinbar so etwas wie einen Geräteschuppen auf einer Heuwiese. Im Schuppen drin aber geht es ca. 50 Meter in die Tiefe, denn das Überhaun 108 verbindet hier die Sohle 1 mit der Tagesoberfläche. In diesem Schacht waren Fahrten (Leitern) angebracht. Diese sind heute nicht mehr komplett vorhanden.

            Bilder 4 und 5 wurden am Überhaun 199 aufgenommen (auch ein ca. 50 Meter tiefer Schacht, der bis auf die Sohle 1 führt). Etwa dort befindet sich die westliche Begrenzung der Grube "Büchenberg".

            Wenn man den Wanderweg noch etwa 300 Meter weiter geht, steht man am Ufer der Zillierbachtalsperre.
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            • Hartmut
              Landesfürst


              • 09.03.2004
              • 835
              • Wernigerode

              #21
              Nun hätte ich doch fast vergessen...

              ...den Heinrichsschacht zu erwähnen, auch als "Henrichschacht" bekannt. Dieser ist im Prinzip nichts anderes als die Überhaun 108 und 199, also ein 50 Meter tiefer Schacht von der Tagesoberfläche hinab auf die erste Sohle.

              Oben drauf standen mal zwei Grubenlüfter, die für bessere Bewetterung in der Grube gesorgt haben. Es wird erzählt, dass ein pensionierter Bergmann jahrelang fast täglich dort hingewandert ist, um die Funktionstüchtigkeit der Gebläse zu überprüfen...
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              • Hartmut
                Landesfürst


                • 09.03.2004
                • 835
                • Wernigerode

                #22
                Der Büchenberg und seine Kneipen

                Was ich hier schreiben möchte, ist mir nur vom Hörensagen bekannt. Ich habe mit Leuten gesprochen, die das Geschehen mit eigenen Augen gesehen haben und unabhängig voneinander sehr ähnliche Stories zu erzählen hatten.

                Im Bereich des Hermannsschachtes gab es ein paar Gehöfte, fast ein kleines Dorf, und eine sehr beliebte Kneipe, die gern von Leuten aus Elbingerode und Umgebung besucht wurde. Im Frühling des Jahres 1964 kam es nach intensiven Regenfällen zum Einsturz eines Abbaues auf der ersten Sohle der Grube "Büchenberg". Dabei entstand ganz plötzlich Über Tage ein heute noch vorhandener Bruchtrichter von etwa 50 Metern Tiefe mit einem Durchmesser von ca. 70 Metern. Dies geschah wenige Meter vor der damaligen Kneipe, die zu diesem Zeitpunkt sehr gut besucht gewesen war. Man spürte, wie die Erde bebte und konnte sehen, wie riesige Fichten in der Tiefe verschwunden sind.

                Die zuständigen Behörden ordneten die umgehende Evakuierung des kleinen Dörfchens an. Es wurden weitere Tagesbrüche befürchtet. Die Häuser samt Kneipe wurden abgerissen und alles planiert. Heute erinnert nur noch wenig an die vergangene Zeit: Die Grundmauern der ehemaligen Kneipe, Obstbäume in den damaligen Hausgärten und hier und da Reste von Fundamenten.

                Es gibt auch nicht nachprüfbare Legenden: So soll 5 Minuten vor dem Einsturz ein Bus mit Kindern von der Kneipe abgefahren sein. Die Fahrstraße wurde in die Tiefe gerissen. Oder die Wirtin stauchte ihren Sohn zusammen, der den Auftrag, ein Bierfass im Keller zu wechseln, nicht nachgekommen sei. Dabei hatten nur die Erderschütterungen dafür gesorgt, dass die Bierleitung zum Zapfhahn abgerissen wurde...

                Die Kneipe wurde später im Bereich von Schacht 1 neu aufgebaut und hat ihren Namen "Büchenberg" mitgenommen. Manchmal wurde sie auch "Hartenberg" genannt, obwohl sie tatsächlich auf dem "Rothenberg" stand - Namenswirrwar pur. Heute ist dort alles verfallen, es gibt nur noch Ruinen. Siehe Ruinen-Postings weiter oben...

                Vor wenigen Monaten eröffnete in einem ehemaligen Forsthaus eine neue Waldwirtschaft namens "Büchenberg". Diese ist nur wenige hundert Meter Luftlinie von der Stelle entfernt, wo mal die originale Gaststätte gestanden hat.

                Bild 1: Verbliebene Grundmauern der 1964 evakuierten Kneipe "Büchenberg"
                Bild 2: So sieht es heute aus, die ganz neue Waldwirtschaft namens "Büchenberg" ist nur ein kurzes Stück davon entfernt
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                • Hartmut
                  Landesfürst


                  • 09.03.2004
                  • 835
                  • Wernigerode

                  #23
                  Der Bohmshay-Stollen

                  In der Nähe der Grube Büchenberg gibt es zahlreiche weitere interessante Altbergbau-Objekte, die an sich nicht direkt etwas mit diesem Bergwerk zu tun haben. Beim Wandern in dieser Gegend kommt man evtl. aber dort vorbei, weshalb ich hier zwei kleine Gruben erwähnen möchte.

                  Der Bohmshay-Stollen, auch als Bombshay-Stollen bekannt, liegt noch in der Stadt Elbingerode direkt an der "Eisensteinstraße", die ein wichtiger Transportweg für Erze gewesen ist. Das Mundloch des Stollens wurde in den Jahren kurz nach 2000 rekonstruiert. Man hielt es damals für eine gute Idee, keine Drainage vorzusehen, so dass Wasser Vandalen auch vom Bereich Unter Tage fernhalten soll. Heute sieht man den "Erfolg"...
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                  Zuletzt geändert von Hartmut; 20.05.2005, 08:06.

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                  • Hartmut
                    Landesfürst


                    • 09.03.2004
                    • 835
                    • Wernigerode

                    #24
                    Eine weitere Grube, nicht weit vom Büchenberg entfernt, ist die Grube "Schävenholz". Ein gut frequentierter Radwanderweg führt direkt daran vorbei. Aber nur selten gönnt ein Wanderer diesem interessanten Objekt einen Blick.

                    Es gibt in einem umzäunten Gelände zwei verwahrte Schächte, vor allem an den Belüftungsstutzen zu erkennen. In einiger Entfernung findet man auch noch ein Mundloch (früher gab es noch ein zweites), welches mit Brunnenringen gesichert und mit einer kleinen Fledermaustür verwahrt worden ist.

                    Diese Grube hat eine lange und bewegte Geschichte. Diese wurde kürzlich von einem Geologen aufgearbeitet und veröffentlicht. Die umfangreiche Dokumentation würde hier den Rahmen dieses Forums sprengen.
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                    • Poritaner
                      Heerführer

                      • 14.02.2002
                      • 2914
                      • Saarland

                      #25
                      Einfach ein toller Beitrag und einmalige und super Bilder Hartmut!!!
                      Mach weiter so!



                      Gruss Pori
                      "Wenn Du mit Gott sprichst, bist Du ein Heiliger."
                      "Wenn Gott mit Dir spricht, bist Du ein Irrer."

                      - Dr. House -

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                      • Hartmut
                        Landesfürst


                        • 09.03.2004
                        • 835
                        • Wernigerode

                        #26
                        Nun bin ich eigentlich durch mit den wichtigsten Erklärungen zur Grube.

                        Manchmal führen wir vom Wernigeröder Gechichts- und Heimatverein montanhistorische Wanderungen zu interessanten Stätten des Altbergbaues. So auch heute, siehe hier:


                        Wir haben alle im Thread gezeigten Punkte angewandert und den Leuten erklärt. Nur die veranschlagte Zeit hat nicht gereicht, wir haben gnadenlos überzogen. Das lag vor allem daran, dass einige alte Bergleute mit dabei waren, die viel zum Büchenberg zu erzählen hatten. Man bleibt stehen, schaut, erklärt, geht weiter... Manches war mir neu, manchmal gab's Varianten, vieles wurde bestätigt. Es war eine sehr nette Gruppe.

                        Spezieller Dank an HarryG und seine Familie, die eine lange Anreise auf sich genommen haben, um heute dabei sein zu können.

                        Gruß, Hartmut
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                        • wolfgang.sch
                          Geselle


                          • 12.04.2005
                          • 51
                          • Wernigerode

                          #27
                          Glück auf, Hartmut. Du hast mit der heutigen Führung der Wanderung rund um den Büchenberg wieder einmal klargestellt, dass du weit mehr Fachkenntnisse hast vom Bergbau, als der eine oder andere Kritiker oder Besserwisser. Es gibt sicher auch Leute, die noch nicht wissen, dass sich ein Kunstrad dreht, wenn es mit Wasser beaufschlagt wird. Mach weiter so mit deinen fachlich sehr gut vorbereiteten und dargebotenen Erklärungen. Die Tour heute war einfach Spitze. Schade, das nicht noch mehr Leute teilgenommen haben, die noch nicht so viel zur Geschichte Büchenberg wissen. Das schreibt dir ein Bergmann, der 40 Jahre im Harzer Bergbau tätig war - auch am Büchenberg.
                          Wolfgang.

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                          • Deistergeist
                            Moderator

                            • 24.11.2002
                            • 19516
                            • Barsinghausen am Deister

                            #28
                            Ja, sehr schöner Bericht!
                            Ich wäre auch gern bei der Wanderung dabeigewesen, aber die Arbeit....

                            Glückauf!
                            "The Man Who Saved the World" -S. J. Petrow-

                            Kommentar

                            • Markus
                              Admin

                              • 18.06.2000
                              • 7266
                              • 45357 Essen

                              #29
                              Zitat von Deistergeist
                              Ja, sehr schöner Bericht!
                              Ich wäre auch gern bei der Wanderung dabeigewesen, aber die Arbeit....

                              Glückauf!

                              Dito, aber der Weg.........


                              Markus



                              denn dat Leech do ahm Eng vun dämm Tunnel ess en....... Panoramatapet
                              (Wolfgang Niedecken)

                              Kommentar

                              • HarryG († 2009)
                                Moderator

                                Heerführer

                                • 10.12.2000
                                • 2566
                                • Bad Sachsa, Niedersachsen (Südharz)
                                • Meine Augen

                                #30
                                Lieber Wanderfreund Hartmut
                                Von meiner Familie und mir einen aufrichtigen Dank für die super geführte Wanderung.
                                Wir haben uns alle sehr gefreut und es hat Spaß gemacht.
                                Beim nächsten Mal immer wieder dabei.

                                Glück Auf
                                Dein Wanderfreund
                                Harry
                                Glück Auf!
                                Harry

                                Nur die Harten kommen in den Garten!
                                Und ich bin der Gärtner

                                Harry hat uns am 4.2.2009
                                nach schwerer Krankheit für immer verlassen.
                                In stillem Gedenken,
                                das SDE-Team

                                Kommentar

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