Pipinsburg Teil1/5

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  • HarryG († 2009)
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    • 10.12.2000
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    • Bad Sachsa, Niedersachsen (Südharz)
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    #1

    Pipinsburg Teil1/5

    Die Pipinsburg bei Osterode am Harz Teil 1

    Etwa 4 km nordwestlich der Kreisstadt Osterode liegt auf einem Bergvorsprung der “Osteroder Kalkberge", der sich zwischen den Dörfern Petershütte, Lasfelde und Katzenstein beherrschend in das Sösetal vorschiebt, das mächtige und ausgedehnte Befestigungssystem der Pipinsburg. Wie eine natürliche Mauer begrenzen jene "Kalkberge" das sich am Rande des Harzmassivs in nördlicher Richtung entlangziehende Tal der Söse gegen Westen. Geologisch gehört jener aus mächtigen Gips﷓ bzw. Anhydritlagern bestehende Höhenzug der mittleren Zechsteinformation an. Jäh und unvermittelt steigen seine weißen Gipsfelsen aus dem mit alluvialen Schottern und Harzgesteinen angefüllten Flußtal der Söse bis zu einer Höhe von durchschnittlich 100 Meter an. Der Gips wird auf der gesamten Länge der Osteroder Kalkberge von zahlreichen Gipswerken abgebaut; ihre Steinbrüche verleihen heute dem gesamten Sösetal nördlich Osterodes ein ganz charakteristisches Gepräge.
    Allein schon durch die natürliche Struktur ist jener Bergvorsprung der Pipinsburg für die Errichtung einer Befestigungsanlage in hervorragendem Maße geeignet. Steil, gelegentlich fast senkrecht, fallen seine durchweg felsigen Hänge nach Westen, Norden und Osten ab und bilden so bereits einen natürlichen Schutz für diese markante Erhebung. Lediglich nach Süden geht das allmählich ansteigende Gelände des Bergplateaus in den Höhenzug der Osteroder Kalkberge über. Durch einen heute still liegenden Gipssteinbruch ist die Ostflanke der Pipinsburg auf breiter Front aufgerissen, wodurch schon größere und wesentliche Teile des Burgbezirkes vernichtet worden sind.
    Der gesamte Westharzrand liegt im Blickfeld dieser Pipinsburg. Allein schon ihre hervorragende und beherrschende Lage lässt auf einen Platz von besonderer Bedeutung schließen, zumal er im näheren Bereich der Kreuzung zweier wichtiger alter Straßenzüge liegt. Aus dem Leinetal führt, von Northeim kommend, eine Straße über den Oberharz nach Goslar, die ihre besondere Bedeutung durch den Erzbergbau am Rammelsberg bei Goslar erhält. Sie kreuzt in Osterode die aus Mitteldeutschland über Nordhausen, Scharzfeld kommende "Harzrandstraße", die für einzelne Strecken auch als "via regia", "Thüringer Straße" oder "Kaiserweg" urkundlich belegt ist und führt an der Pipinsburg vorbei auf dem östlichen Hang des Sösetals, ungefähr dem Verlauf der heutigen Bundesstraße folgend in Richtung Seesen, Braunschweig und Hildesheim. Unmittelbar nach Osterode durchquert diese wichtige Straße den Ort Lasfelde. Nach den Ergebnissen der Ortsnamensforschung kann angenommen werden, dass derartige Ortsnamen auf -feld auf ehemalige Forst- oder Königshöfe des frühen Mittelalters hinweisen, die bis in die fränkische Zeit zurückreichen können. Für Lasfelde ist ein derartiger Forst- oder Königshof vorerst noch nicht nachgewiesen; Jedoch stand am Nordausgang des Dorfes eine 1252 als Reichsbesitz erwähnte Kapelle "St. Simonis u. Judae“, die auf eine frühmittelalterliche Bedeutung dieser Siedlung und damit auch der Straße hinweist.
    Die Bedeutung des Namens "Pipinsburg" ist vorerst noch nicht geklärt. Die Versuche, ihn aus einem altgermanischen oder auch aus einem keltischen Wortstamm herzuleiten, müssen nach Auskunft der Sprach﷓ und Ortsnamensforschung als sehr zweifelhaft erscheinen. Mit gewissen Vorbehalten dürfte der Name am ehesten noch mit dem Personennamen "Pipin" in Verbindung gebracht werden, der allerdings nicht nur im Karolingerhause gebräuchlich war, so das auf Grund dieses Namens auf keinen Fall irgendwelche Beziehungen dieser Burganlage zur fränkischen Zeit gefolgert werden können. Aus der schriftlichen historischen Überlieferung liegen über die Pipinsburg nur sehr spärliche Angaben vor. Eine Erwähnung aus älterer Literatur, nach der ein "Ritter Werner von Berkefeld", wohnhaft auf der Pipinsburg bei Osterode, 1134 Castellan in Windhausen bei Gittelde gewesen sei, bedarf noch der genaueren Überprüfung durch die historische Forschung. Eine zweite Überlieferung besagt, dass die „Pipinsburg" in einer Fehde des Erzbischofs von Mainz und der Landgrafen von Thüringen gegen Herzog Albrecht I. von Grubenhagen im Jahre 1365 zerstört worden ist. Hiernach hat also auf dem Bergplateau der Pipinsburg eine mittelalterliche Burganlage bestanden. Ungeklärt ist vorläufig noch, wann diese gegründet worden ist und ob unter Umständen zwischen ihr und dem vermutlichen Forst﷓ oder Königshof in Lasfelde eine engere Verbindung bestanden hat.
    Der Aufstieg zur Pipinsburg erfolgt am günstigsten aus dem Tal vom Dorfe Katzenstein aus. Nach Überquerung der Söse steht man unmittelbar vor dem steil abfallenden, felsigen Nordhang des Berges. An seiner Westflanke führt durch eine enge, fast schluchtartige Talmulde der "Burgweg" zur Höhe; er durchquert heute den Bereich eines großen Steinbruchs, der bereits große Teile des Geländes, das den Burgweg gegen Westen begrenzt und eigenartigerweise den Flurnamen "Die Burg" trägt, abgetragen hat. Das einst eindrucksvolle Landschaftsbild mit diesem Taleingang ist dadurch restlos vernichtet worden. Sicherlich gehört dieser „Burgweg" zu einer größeren Anzahl von alten Wegesystemen, die jenseits des Sösetales an den Westhängen der Harzberge herabführen, in dem Raum zwischen Osterode-Pipinsburg und Gittelde das Sösetal durchqueren und ihre Fortsetzung an den Hängen und Höhen der "Osteroder Kalkberge" und des „Westerhöfer Waldes" finden. Zweifelsohne stehen sie mit der wichtigen großen Harzrandstraße in Beziehung, werden aber doch wohl mehr die räumlich begrenzte Bedeutung von Nahverkehrs- und Wirtschaftswegen haben. Der aufwärtsführende "Burgweg" durchschneidet ungefähr auf halber Höhe den Ausläufer des großen Mittelwalles der Pipinsburg. Der Platz, an dem der Burgweg in das Hochplateau einmündet, gewährt den besten Überblick über die Landschaft der Pipinsburg, mit ihrer beherrschenden Lage über dem Sösetal mit dem gegenüberliegenden Westharzrand. Der Blick reicht von Osterode mit seiner 1151 genannten Burg bis nach Gittelde, das bereits im Jahre 965 von Kaiser Otto 1. das Markt-, Münz- und Zollrecht erhielt und somit einer der ältesten Märkte des gesamten Vorharzraumes war. Nur wenige Kilometer nördlich der Pipinsburg liegt über dem nächsten Ort Badenhausen, ebenfalls auf einem Bergvorsprung der Osteroder Kalkberge, die "Hinnen﷓ oder Hindenburg", die 1152 erstmals als "Hinthesburg" erwähnt wird. Vermutlich hat hier vordem eine vorgeschichtliche Befestigung bestanden.
    Gleichzeitig bietet jener Platz, an welchem der Burgweg in das Hochplateau übergeht, den besten Überblick über das gesamte vielgliedrige Befestigungssystem der Pipinsburg. Mächtig ragen die Wälle bis zu einer Höhe von durchschnittlich 5 Meter aus dem überwiegend mit Gras bewachsenen Bergrücken heraus. Dem Beschauer wird dadurch das eindrucksvolle Bild einer vorgeschichtlichen Befestigungsanlage vermittelt, wie es in solcher Klarheit und Übersichtlichkeit selten wieder anzutreffen ist. Die sich in Nord-Süd Richtung erstreckende Hochfläche erfährt ungefähr in der Mitte an ihrer Westflanke durch eine in das Bergmassiv eingreifende, steil ansteigende Mulde eine starke Verengung. Diese Struktur des Berges bestimmt auch eine Gliederung der gesamten Burganlage, deren Wälle in ihrem Verlauf geschickt den natürlichen Gegebenheiten angepasst sind. Nördlich dieser Einschnürung liegt das von dem großen Innenwall umgebene und durch eine Geländestufe in Ober- und Unterterrasse gegliederte Innenplateau, südlich von ihr breitet sich der weite, sanft ansteigende Außenbezirk der Burg mit dem Mittel- und Außenwall aus. Das gesamte Befestigungssystem umfasst ein Areal von rund 10,5 ha mit einer Nord-Süd﷓Länge von 500 Meter und einer ursprünglichen Ost-West Breite von rund 350 Meter. Entsprechend dem einzig möglichen Zugang zum Burggelände von Süden her sind auch alle Wallanlagen vornehmlich nach dieser Seite hin ausgerichtet.
    Glück Auf!
    Harry

    Nur die Harten kommen in den Garten!
    Und ich bin der Gärtner

    Harry hat uns am 4.2.2009
    nach schwerer Krankheit für immer verlassen.
    In stillem Gedenken,
    das SDE-Team
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