Pipinsburg Teil 3/5

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  • HarryG († 2009)
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    • 10.12.2000
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    • Bad Sachsa, Niedersachsen (Südharz)
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    #1

    Pipinsburg Teil 3/5

    Die Pipinsburg bei Osterode am Harz Teil 3

    Für die Durchführung der Grabungen und die Beurteilung ihrer Ergebnisse ist die Kenntnis der geologischen Gegebenheiten in diesem Gebiet eine notwendige Voraussetzung. Im gesamten Bereich der Osteroder Kalkberge werden mächtige Gipslager von dem anstehenden Hauptdolomit bedeckt, über dem in wechselnder Stärke eine Lehm- bzw. Lößlehmschicht liegt. Aus ihr ragen die Gipsfelsen der Zechsteinformation inselartig hervor. Im eigentlichen Burggelände selbst sind nur noch Auslaugungsrückstände jenes Dolomits vertreten; das massive Dolomitgestein selbst fehlt hier. Eine auffallende Erscheinung bilden kreisrunde oder ovale muldenförmige Vertiefungen, die gelegentlich eine gewisse Unruhe in das Relief der Pipinsburg bringen und dadurch eine Beurteilung des Geländes erschweren. Derartige Vertiefungen, die in älteren Beschreibungen als "Mardellen", d. h. Wohngruben, bezeichnet wurden, sind auf rein geologische Vorgänge zurückzuführen; es handelt sich um sog. "Gipsdolinen", die sich überall dort finden, wo Gips im Untergrund ansteht. Durch Wassereinwirkung verursachte Auslaugungsprozesse schaffen im Innern der Gipsfelsen Hohlräume, in die das darüber liegende Erdreich entweder plötzlich einstürzt oder aber auch langsam nachrutschen bzw. einsacken kann. Die leichte Löslichkeit des Gesteins führt weiterhin zu eigenartigen Verwitterungserscheinungen. Es bilden sich scharfe Grate, Rippen, wannenförmige Vertiefungen, emporragende Spitzen, sog. "Orgeln" oder tief in das Gestein hinabreichende Kamine bzw. "Schlotten". Derartige Erscheinungen, die sich auch heute noch jederzeit neu bilden können, wirken sich bei der Anlage größerer Grabungsflächen und -schnitte besonders nachteilig aus, da hier eindeutige Grabungsbefunde, vornehmlich stratigraphische Beobachtungen, nicht mehr gewonnen werden können.
    Die an dem großen Innenwall durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass er aus mehreren, zeitlich verschiedenen Baustadien besteht. In dem Teil, der in West-Ost-Richtung das Innenplateau gegen Süden abriegelt, ist ein dreimaliger Ausbau des Walles erfolgt. Ihm war ein Graben vorgelagert, der jedoch an der heutigen Oberflächenbeschaffenheit nicht mehr erkennbar ist. Die erste zuunterst liegende Befestigungsanlage bildet ein terrassenförmiger Aufbau aus Gipsgestein, dessen Außenfront durch Pfosten gestützt war, er liegt auf einer schwach ausgeprägten alten Oberflächenschicht auf. Die 1,5 Meter breite, leicht abfallende Berme bricht zu einem Sohlgraben ab, dessen Außenseite von einem emporragenden Gipsriff begrenzt wird. Gefäßbruchstücke aus den unteren Partien dieses von herabgestürzten Teilen des Terrassenaufbaues angefüllten Grabens können dem Formenvorrat der späthallstatt- bis frühlatenezeitlichen Keramik zugewiesen werden. Die Oberfläche dieses "Terrassenaufbaues" wird wiederum von einer schwach ausgeprägten alten Kulturschicht gebildet. Eine völlig andere Konstruktion zeigt das auf ihr errichtete zweite Baustadium des Walles. Es besteht aus einer mächtigen Anschüttung von steinfreiem, gelbbraunem Lehm. Ursprünglich bildete eine Palisadenwand die senkrechte Außenfront; sie war durch ein mächtiges Feuer zerstört worden. Die verkohlten Holzreste lagen als dichte Brandschicht inmitten des fast ziegelrot gebrannten Lehmes. Auch zu diesem Wallaufbau gehörte ein Graben, der in die Füllerde des ersteren eingetieft war. Als drittes Baustadium überlagerte diesen Lehmwall mit Holzpalisade eine mächtige Erdanschüttung, in der Reste alter Kulturschichten mit eingeschlossen waren. Ihren oberen Abschluss bildete auf der Wallkrone der Rest einer Trockenmauer, die zweifelsohne ursprünglich als Brustwehr gedient hat. Dagegen lässt der Innenwall in seinem Süd-Nord-Verlauf an der Westflanke des Berges nur einen einzigen einheitlichen Wallaufbau erkennen, der völlig dem eben geschilderten dritten Baustadium entspricht und auf einer stark ausgeprägten alten Kulturschicht errichtet wurde. Ein Graben war diesem Wallabschnitt nicht vorgelagert. Er erübrigte sich auch, da der westliche Berghang steil in den "Burggrund" abfällt. Der Innenwall läuft gegen Norden unterhalb der Nordspitze in einem terrassenförmigen Geländeabsatz aus. Nach den durch geologische Gutachten bestätigten Grabungsbefunden ist diese ca. 5 bis 6 Meter breite Terrasse künstlich geschaffen worden. An ihrem oberen Rand verläuft bogenförmig ein durchschnittlich 15 bis 20 cm breiter, sorgfältig ausgearbeiteter Gipsschlitz, auf dessen Sohle in regelmäßigen Abständen die Verfärbungen ehemaliger Holzpfosten feststellbar waren. Der Steilhang dieser Terrasse endet in einer spitzgrabenähnlich gestalteten Gipsspalte, in der regelmäßig quadratische Vertiefungen wiederum nur als künstlich geschaffene Pfostenlöcher angesprochen werden können. Damit ergibt sich für diesen nördlichen Teil der Befestigungsanlage eine absichtlich geschaffene Terrasse mit zwei Palisaden.
    Dort, wo der Wall in seinem Gesamtverlauf ein einziges Mal unterbrochen wird, lagen auch die Tore der ehemaligen Befestigung. Ein älteres sehr stark zerstörtes war nur noch in wenigen Relikten nachweisbar. Es bestand aus einer Holzkonstruktion; denn gleich starke Brandschichten, wie sie sich bei der Palisadenwand des zweiten Wallbaustadiums ergeben hatten, waren auch hier nachweisbar. Anscheinend bogen die Palisadenwände als Torwangen mit einer gleichmäßigen Rundung nach innen ein und bildeten somit eine Art "Zangentor". Der kleine Rest eines Trockenmauerwerks an der östlichen Torseite mit einem leicht einbiegenden Verlauf steht vereinzelt und lässt sich nicht mehr zu einem weiteren Tor rekonstruieren. Das Ganze wird überlagert von einer ebenfalls als "Zangentor" gestalteten jüngeren Toranlage. Ihre mit Gips gemörtelten Mauern sind aus großen Dolomitsteinen erbaut. Nach allen Grabungsbefunden ist dieses jüngere Tor, bei dessen Erbauung die älteren Anlagen weitgehend zerstört wurden, mit dem dritten Baustadium des Walles in Verbindung zu bringen
    Glück Auf!
    Harry

    Nur die Harten kommen in den Garten!
    Und ich bin der Gärtner

    Harry hat uns am 4.2.2009
    nach schwerer Krankheit für immer verlassen.
    In stillem Gedenken,
    das SDE-Team
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