16.08.2005
Pilotengrab im Lünower Ton
Heinz Sarnow stürzte 1944 ab, jetzt wurden seine Gebeine entdeckt
FRANK BÜRSTENBINDER
LÜNOW 60 Jahre nach Kriegsende ist ein weiteres Fliegerschicksal aufgeklärt. Bei gezielten Ausgrabungen hat ein Bergungsteam am Wochenende unweit von Lünow die Wrackteile eines deutschen Jagdflugzeuges vom Typ ME 109 freigelegt. Ans Tageslicht kamen auch die sterblichen Überreste des Piloten. Zwar wurde in dem verklumpten Chaos von Metall, Knochen und Erde keine Erkennungsmarke gefunden, doch handelt es sich nach MAZ-Recherchen bei dem Flieger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den Unteroffizier Heinz Sarnow - abgestürzt in der Nacht zum 19. Mai 1944.
Der schaurige Fund rief wieder einmal Erwin Kowalke auf den Plan. Der 65-Jährige ist Deutschlands einziger hauptamtlicher Umbetter im Auftrag des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Die Gebeine des Toten bettete Kowalke für den Abtransport zunächst in einen Sarkophag aus Pappe. Wo der verunglückte Pilot seine letzte Ruhestätte findet, hängt von den Ermittlungen der "Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht" (WASt) in Berlin ab. "Möglicherweise gibt es Angehörige, die das entscheiden wollen. Solange möchte ich den Namen des Toten noch nicht bestätigen", sagte Kowalke dem Landkurier.
Für den Brandenburger Hobby-Militärgeschichtler Frank Brekow gibt es kaum Zweifel, dass es sich bei dem Toten um Heinz Sarnow handelt. Seine Maschine mit der Werksnummer 411514 war der einzige Jäger, den die Luftwaffe in jener Nacht verlor. Sarnow gehörte zur II.Gruppe der 4. Staffel des Jagdgeschwaders 301/302 "Wilde Sau". Gestartet vom Fliegerhorst Salzwedel machte er über Berlin Jagd auf britische Moskitos. Auf dem Rückflug kam es dann zum Drama. Brekow vermutet Spritmangel als mögliche Absturzursache. Der relativ kleine Tank der Messerschmidts war zahlreichen Piloten nach Luftkämpfen zum Verhängnis geworden. "Wie ein Stein muss die Maschine runtergefallen sein", meint auch Umbetter Kowalke. Die ME 109 der Baureihe "Gustaf" bohrte sich sechs Meter tief in die tonhaltige Lünower Erde der so genannten Mittelwiese zwischen dem südlichen Dorfrand und dem Bahndamm der Westhavelländischen Kreisbahn.
Von der Tiefe war auch das Bergungsteam überrascht, das nach drei Metern mit einer Lkw-Ladeschaufel zunächst aufgeben musste. Als Helfer in der Not erwies sich die Tiefbaufirma Berkenkamp + Wüllner aus Nauen. Geschäftsführer Frank Kuhnert gab einen großen Bagger frei: "Das war mal ein spannender Auftrag." Sieben Stunden lang hatte sein Baggerfahrer Reimund Boom zu tun, um Einzelteile des Jagdfliegers aus dem Morast zu holen. Neben Uniformresten des Piloten kamen Teile des Fahrgestells, der Kanzel und des Rumpfes ans Tageslicht. Freigelegt wurde der Daimler-Benz-Motor (DB 605), der für eine Startleistung von 1475 PS sorgte. "Aus der Einspritzpumpe kam noch Sprit", berichtet Firmenchef Kuhnert. Der Motor soll nach seiner Aufarbeitung musealen Zwecken dienen.
Ginge es nach Altbürgermeiser Klaus Steglich könnte der Pilot auch auf dem Lünower Friedhof seine letzte Ruhe finden. Dort liegt bereits ein Focke-Wulf-Flieger unter einem schlichten, von Steglich angefertigten, Holzkreuz begraben. Oberleutnant Günter Pfeifer war Anfang 1945 beim Versuch ums Leben gekommen, seine abstürzende Maschine zu verlassen. Eingewickelt in seinem Fallschirm haben ihn die Lünower neben der Kirche unter die Erde gebracht. Sein Flugzeug wurde nie gefunden. Es soll auf dem Grund des Beetzsees liegen.
Diese Focke-Wulf war es, nach dem das aus drei Tauchern bestehende Bergungsteam eigentlich gesucht hatte. Nach Bürgerhinweisen zog es die Männer mit Grabungsgenehmigung an Land, wo sie völlig unerwartet auf die bislang unbekannte ME 109 und ihren Piloten gestoßen waren.
© Märkische Verlags- und Druck-Gesellschaft mbH Potsdam
Realisiert von Unrast + icomedias mit ico»cms
Pilotengrab im Lünower Ton
Heinz Sarnow stürzte 1944 ab, jetzt wurden seine Gebeine entdeckt
FRANK BÜRSTENBINDER
LÜNOW 60 Jahre nach Kriegsende ist ein weiteres Fliegerschicksal aufgeklärt. Bei gezielten Ausgrabungen hat ein Bergungsteam am Wochenende unweit von Lünow die Wrackteile eines deutschen Jagdflugzeuges vom Typ ME 109 freigelegt. Ans Tageslicht kamen auch die sterblichen Überreste des Piloten. Zwar wurde in dem verklumpten Chaos von Metall, Knochen und Erde keine Erkennungsmarke gefunden, doch handelt es sich nach MAZ-Recherchen bei dem Flieger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den Unteroffizier Heinz Sarnow - abgestürzt in der Nacht zum 19. Mai 1944.
Der schaurige Fund rief wieder einmal Erwin Kowalke auf den Plan. Der 65-Jährige ist Deutschlands einziger hauptamtlicher Umbetter im Auftrag des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Die Gebeine des Toten bettete Kowalke für den Abtransport zunächst in einen Sarkophag aus Pappe. Wo der verunglückte Pilot seine letzte Ruhestätte findet, hängt von den Ermittlungen der "Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht" (WASt) in Berlin ab. "Möglicherweise gibt es Angehörige, die das entscheiden wollen. Solange möchte ich den Namen des Toten noch nicht bestätigen", sagte Kowalke dem Landkurier.
Für den Brandenburger Hobby-Militärgeschichtler Frank Brekow gibt es kaum Zweifel, dass es sich bei dem Toten um Heinz Sarnow handelt. Seine Maschine mit der Werksnummer 411514 war der einzige Jäger, den die Luftwaffe in jener Nacht verlor. Sarnow gehörte zur II.Gruppe der 4. Staffel des Jagdgeschwaders 301/302 "Wilde Sau". Gestartet vom Fliegerhorst Salzwedel machte er über Berlin Jagd auf britische Moskitos. Auf dem Rückflug kam es dann zum Drama. Brekow vermutet Spritmangel als mögliche Absturzursache. Der relativ kleine Tank der Messerschmidts war zahlreichen Piloten nach Luftkämpfen zum Verhängnis geworden. "Wie ein Stein muss die Maschine runtergefallen sein", meint auch Umbetter Kowalke. Die ME 109 der Baureihe "Gustaf" bohrte sich sechs Meter tief in die tonhaltige Lünower Erde der so genannten Mittelwiese zwischen dem südlichen Dorfrand und dem Bahndamm der Westhavelländischen Kreisbahn.
Von der Tiefe war auch das Bergungsteam überrascht, das nach drei Metern mit einer Lkw-Ladeschaufel zunächst aufgeben musste. Als Helfer in der Not erwies sich die Tiefbaufirma Berkenkamp + Wüllner aus Nauen. Geschäftsführer Frank Kuhnert gab einen großen Bagger frei: "Das war mal ein spannender Auftrag." Sieben Stunden lang hatte sein Baggerfahrer Reimund Boom zu tun, um Einzelteile des Jagdfliegers aus dem Morast zu holen. Neben Uniformresten des Piloten kamen Teile des Fahrgestells, der Kanzel und des Rumpfes ans Tageslicht. Freigelegt wurde der Daimler-Benz-Motor (DB 605), der für eine Startleistung von 1475 PS sorgte. "Aus der Einspritzpumpe kam noch Sprit", berichtet Firmenchef Kuhnert. Der Motor soll nach seiner Aufarbeitung musealen Zwecken dienen.
Ginge es nach Altbürgermeiser Klaus Steglich könnte der Pilot auch auf dem Lünower Friedhof seine letzte Ruhe finden. Dort liegt bereits ein Focke-Wulf-Flieger unter einem schlichten, von Steglich angefertigten, Holzkreuz begraben. Oberleutnant Günter Pfeifer war Anfang 1945 beim Versuch ums Leben gekommen, seine abstürzende Maschine zu verlassen. Eingewickelt in seinem Fallschirm haben ihn die Lünower neben der Kirche unter die Erde gebracht. Sein Flugzeug wurde nie gefunden. Es soll auf dem Grund des Beetzsees liegen.
Diese Focke-Wulf war es, nach dem das aus drei Tauchern bestehende Bergungsteam eigentlich gesucht hatte. Nach Bürgerhinweisen zog es die Männer mit Grabungsgenehmigung an Land, wo sie völlig unerwartet auf die bislang unbekannte ME 109 und ihren Piloten gestoßen waren.
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