Angekündigt hab ich's euch ja schon. Nun die Schicksalsjahre (1936 - 45) meines Papas (Lt. der Gebirgsjäger, EK II und Nahkampfabzeichen):
"1936 bin ich mit der Mittleren Reife vom Gymnasium weg und für 2 Jahre nach Iquique in Nordchile, das ist ein Salpeterhafen am Rande der Atacamawüste, wo Verwandte meiner Mutter lebten. Der Onkel war Mineningenieur in einer Kupfermine in Saracoche in Peru, einem Minenarbeiterort 4800 m hoch gelegen. Er kam nur alle halbe Jahre heim, weil die Arbeit in der Höhe sehr anstrengend war und hatte dann ein halbes Jahr Urlaub. Einmal habe ich ihn in Peru besucht. In Saracoche gab es die höchstgelegenen Tennisplätze der Welt - natürlich nur für die Ingenieure. Nach 1 Jahr musste ich noch einmal nach Deutschland, und zwar mit einer alten Junkers und dann mit dem Schiff wieder zurück durch die Magellanstrasse am Südzipfel Südamerikas, die in den Pazifik mündet. Chile ist 7000 km lang und hat ein Klima, wie von Nordafrika bis Norwegen. Mittags steht die Sonne im Norden. In Valdivia bei Santiago lebten damals schon 40000 Deutsche. Es war eine tolle Zeit. Ich konnte ja nur Schulspanisch, und an den ersten Abenden nahm ich an einem abendlichen Corso teil, der auf einem großen Platz stattfand. Die Burschen gingen im Kreis links, die Mädchen rechts herum. Es war nun üblich, dass man einer Chica (Mädchen), die einem gefiel, etwas Nettes sagte. Da ich dergleichen nichts wusste, lies ich mich beraten und dann geschah Folgendes: Ich sagte einer hübschen Chica: "Que hermosa eres hija de una puta!" und bekam eine Ohrfeige und alle lachten schallend. Dem mieserablen Ratgeber nach hatte ich nämlich gesagt: "Wie hübsch bist du, Tochter einer Hure." Nach Aufklärung des Missverständnisses hatte sie mir dann gnädig verziehen. Ja, und dann kam die Liebe zu einer 14-jährigen Häuptlingstochter Cateu der Araukaner (einem Indianerstamm), der in der Atacamawüste am Fuße der Anden (Cordilleras de los Andeles) lebte. Bei ihnen lernte ich nach vielen, vielen Stürzen das Reiten auf ungesattelten Pferden. Einige der Worte ihrer Sprache kenne ich noch: "Antua caramatu" (Ich spreche die Wahrheit), "Ikema nagatu" (Ich liebe dich), "Ibi" (weil), "Isata pederu manii" (Du gewaltiger dort oben), "Ikuta nagate tamani tamanii" (So wird es sein auf immer und ewig), "Tekateru lao meneri" (Bleibe bei mir). Nach vielen Streitereien mit dem deutschen Konsulat - es ging darum, dass ich nicht mit Deutschen verkehrte, sondern mit Kreolen und Araukanern - musste ich 1938 Chile verlassen, weil mein Pass nicht verlängert wurde, denn selbst hier übten die Nazi ihre Macht aus. Ich war dann ein halbes Jahr bei Verwandten in Birmingham und anschließend bei Verwandten in Genf. Am 1.9.39 brach der 2. WK aus und ich wähnte mich in der Schweiz sicher. Doch eines Tages fuhr ein Wagen vor und 2 Männer stiegen aus, stellten sich als dt. Gestapo-Beamte vor und gaben mir mit knappen Worten zu verstehen, dass ich mich innerhalb von 24 Std. an der dt. Reichsgrenze zu melden hätte, andernfalls würden meine Eltern zur Rechenschaft gezogen. Und damit hatten mich die Nazi. Bei der Begrüßung an der Grenze hieß es gleich: "Aha, sie sind also der Beutegermane, den man erst holen muss, damit er seinen Vaterlandspflichten nachkommt." Von da an stand ich sozusagen unter Aufsicht und bekam in all den Jahren keinen Tag Urlaub, weil ich als "politisch unzuverlässig" eingestuft wurde. Ich wurde zunächst bei den Panzerjägern in Herford eingezogen und mit einer besonders harten Ausbildung versehen, um mir jegliche "Flausen" von vornherein auszutreiben. Unter anderem erhielt ich den Befehl: "Marsch, Marsch, bis zum Horizont!" mit dem Hinweis mein Brotbeutel hätte waagerecht in der Luft zu schweben. Nach meheren Stunden meldete ich mich bei meinem Spiess wortwörtlich "vom Horizont zurück" und bekam daraufhin 3 Tage Bunker. Nachdem Frankreich besetzt war, kam ich nach Ambonnay bei Chalons sur Marne. Von dort ging es 1941 nach Goldap in Ostpreußen. Am Morgen des Einmarsches in Russland (Unternehmen Barbarossa) wurde ich einer Vorausabteilung zugeteilt, die um 04:00 h morgens mit drei 3,7 cm "Panzerkanönchen" durch die eigenen Reihen hindurch nach Litauen musste.
Die Russen waren anfangs total überrascht, doch bald schon kam ihr Widerstand. Bisher kannte ich nur von Wochenschauen, wie Krieg aussah, d.h. die Deutschen schossen und der Feind flüchtete-von Wiederschießen sah man Nichts. Aber nun schoss ein russischer Panzer auf uns vier Mann hinter der PAK. Das war ein ganz anderes Gefühl!!! Unsere eigenen Granaten prallten am Panzer ab. Die erste Grante der Russen schlug vor uns ein, die zweite dahinter. Damit hatten sie sich eingeschossen und der nächste Treffer hätte das Aus für uns bedeutet. Ich stand eine Todesangst aus, doch blieb der dritte Schuss aus und der Panzer fuhr querfeldein weiter.
Mein fürchterlichstes Erlebnis war aber in Kowno, der Hauptstadt Litauens. Dort mussten wir Soldaten tatenlos zusehen, wie die Nazi-SD Kriminelle aus dem dortigen Zuchthaus befreite und unter Alkohol setzte, um ihnen dann den Auftrag zu geben, die auf dem Marktplatz zusammenngetriebenen Juden (Männer, Frauen, Kinder) mit Eisenstangen zu erschlagen. (Ein Bild von diesem Massaker fand ich nach dem Krieg in dem Buch: "Der gelbe Stern"). Bei diesem Anblick kotzte ich mir "die Seele aus dem Leib" und wurde als Feig- und Weichling beschimpft, nur weil ich, im Gegensatz zu den Übrigen, die fußhohe Schmiere aus Gehirn, Blut und Leichenteilen, sowie die Todesschreie nicht ertragen konnte. Weiter ging es in Richtung Peipus-See bei Leningrad. Unterwegs gerieten wir in eine Falle der Russen. Ich lag flach auf dem Bauch. Wie Vogelgezwitscher pfiffen die Machinengewehrkugeln über uns hinweg. Dazwischen schwere Granatwerfereinschläge. Ich spürte, dass ich niemals den Mut aufbringen könnte, aufzuspringen, was bei dem Kugelhagel den sicheren Tod bedeuetet hätte. Doch plötzlich sausten 2 dt. LKW heran. Glas splitterte, trotzdem gelang es ihnen, blitzschnell zu wenden. Soldaten sprangen auf und rannten auf den LKW zu und ich wusste, wenn ich ihn nicht erreichen würde, wäre ich sowieso verloren. Ich sprang also trotz meiner Todesangst auf und erreichte den LKW. Auf dem Wagen stellte ich dann fest, dass mir 2 Kugeln zwischen den Beinen durchgegangen waren und mir mit Ein- und Ausschusslöchern die Hose zerfetzt hatten. Außerdem hatte ich mehrere kleine Granatsplitter in der rechten Hand und einige unterhalb des Herzens. Unsere Verwundeten wurden von den betrunkenen Russen die Kehle durchgeschnitten und ein HK in die Brust geritzt. Ich kam ins Lazarett nach Pommern - mein Glück, denn meine Kompanie wurde später fast vollständig aufgerieben. Bis Ende 1941 war ich dann bei einem Ersatzheer, machte einen Reserveoffizierslehrgang, wurde dann Fähnrich und danach Leutnant, da in Russland dringend Offiziere benötigt wurden, weil die wie die Fliegen starben. Zuerst gelang es mir jedoch, mich als Skilehrer für Ausbildungslehrgänge zu melden, die für den Winterfeldzug in Russland getrimmt werden sollten. Das war in Fredeburg im Sauerland. Im Februar 1942 wurde ich mit einem Skibataillon in Rudnija bei Smolensk ausgeladen, wobei gleich das halbe Bataillon durch pausenlose Fliegerangriffe von russ. Radnas aufgerieben wurde. Ich kam wieder einmal davon. Die Überlebenden wurden gesammelt, die Verwundeten abtransportiert. Wir setzten uns mit den Skiern in Marsch auf ein Waldstück zu und wussten nicht, dass dort die Partisanen auf uns lauerten. Jeder zog auf dem abschüssigen Schneefeld einen Schlitten hinter sich her. Das war schon unsinnig, denn den erst kurzfristig skilaufenden Männern fuhren ihre Schlitten auf die Hinterenden der Skier und brachten sie zu Fall. In diese Chaos hinein feuerten nun die Partisanen mit Maschinengewehren und Granatwerfern. Es gelang mir, mich in den Schnee einzugraben, um dem direkten Beschuss zu entgehen. Als die Nacht kam, waren von dem ausgeladenen Bataillon nur noch wenige Männer übrig. Von den Partisanen war nichts mehr zu hören und zu sehen - wahrscheinlich hielten sie uns alle für tot.
Ich sollte mich dann bei einer anderen Abteilung melden, aber ich hatte jetzt schon die Schnauze voll, mich für "Führer, Volk und Vaterland" abschlachten zu lassen. Darin sah ich als Nicht-Nazi und "Beutegermane" keinen Sinn mehr, da ich in den wesentlichen vergangenen Jahren meines jungen Lebens Deutschland und alles, was mit ihm zusammenhing, aus einem völlig anderen Blickwinkel des Auslands gesehen hatte. Ich setzte mich einfach ab, was unter den Militär-§ "unerlaubte Entfernung von der Truppe" fällt. In der mich umgebenden Schneewüste brach ich aber vor Erschöpfung zusammen und wäre erfroren, wenn mich nicht ein LKW-Fahrer gefunden hätte und mich ins Lazarett nach Smolensk brachte. Da ich nicht verwundet war, sollte ich wieder an die Front. Für mich gab es aber nur noch einen einzigen Gedanken, nämlich den Krieg und Nazi-Dtl. zu überleben. Der Zufall und entsprechende Eigeninitiative ließen mich einen abfahrbereiten Lazarettzug sehen. Plötzlich heulten Luftschutzsirenen und ein Tieffliegerangriff auf den Bahnhof begann, wobei auch der Lazarettzug getroffen wurde.
Und jetzt kommt etwas für was mich die anderen Vaterlandsverteidiger verdammen werden - ich stieg in dem Chaos in den Zug ein. Jeder Kranke oder Verwundete trug eine Karte um den Hals, die ihn berechtigte, mitzufahren. Der Zug fuhr endlich ab und bei einer Kontrolle konnte ich, wie einige andere auch, behaupten, dass die Karte bei dem vorausgegangenen Chaos abhanden gekommen wäre. Man mag mich ruhig einen Feigling schimpfen, als toter "Held" wäre ich längst begraben und vergessen. Wie sagt doch ein russ. Sprichwort? "Lieber 5 Min. feige, als ein ganzes Leben lang tot." Der Zug fuhr tagelang bis nach Ravensburg. Bei einem Halt unterwegs stand auf dem Nebengleis ein Sonderzug, aus dem bei unserer Ankunft der "GRÖFAZ" stieg, der es sich nicht nehmen ließ, "die Helden der Nation" zu begrüßen. So bekam ich "unverdientermaßen" die Gelegenheit, Hitler die Hand zu geben. Dieser schwammige Händedruck wird mir unvergesslich bleiben. Im Zug lernte ich einen Offizier der span. "Blauen Division" kennen. Er war Zahnarzt in Barcelona, ehemaliger Sozialist und deswegen vom faschistischen Franco-Regime als "Freiwilliger" in die Division geschickt worden. Diese Division sollte eine "Freundschaftsgeste" an Hitler bedeuten wegen seiner Hilfestellung im span. Bürgerkrieg. Nach 4 Wochen Lazarett - irgendetwas zum behandeln hatten sie bei mir doch gefunden - sagte mir der Spanier, dass er nicht mehr zur Div. zurückwolle und fragte mich, ob ich einen Weg wüsste, wie er in die Schweiz gelangen könnte. Da ich in Vorarlberg (Lustenau) entferne Verwandte hatte, die schon vor dem Krieg einen regen Schmuggelverkehr mit einem Schlauchboot unterhielten, machten wir uns an einem Ausgehtag dorthin auf den Weg. Zuvor beging ich den verhängnisvollen Fehler einen Mann aus der Schreibstube, der für den Ausgang zuständig war und einen vertrauenserweckenden Eindruck machte, kurz in unser Vorhaben einzuweihen, weil wir sonst keinen Urlaubsschein bekommen hätten. Leider war er ein 100 %iger Nazi. Als ich alleine zurückkam, erwarteten mich bereits die "Kettenhunde" und verhafteten mich ohne Angabe von Gründen. 8 Tage war ich in Weingarten bei Ravensburg arretiert und wurde dann ins WH-Gefängnis nach Ulm überstellt. Hier eröffnete man mir, dass ich zu gestehen hätte, einem Ring anzugehören, der ständig Fluchthilfe in die Schweiz leisten würde. Ich sollte angeben, wer noch dazugehörte. Da ich meine Verwandten nicht verraten wollte - sie wären sonst hingerichtet oder ins KZ geschickt worden - schwieg ich zu der Anklage. Da sie mit mir, ihrer Ansicht nach, so nicht weiterkamen, musste ich nach 2 Wochen meine Uniform ausziehen und bekam Zivilkleidung. In der gleichen Nacht wurde ich der GESTAPO überstellt. Hier begann für mich eine 10monatige Qual und ich erfuhr, was "Menschen" Menschen antun können. In Abständen wurde ich nachts zu insges. 28 Verhören abgeholt. Man schlug mir die Zähne heraus, drehte mir den re. Fuß solange ab, bis der Knöchel brach, schlug mich mit Stahlruten, brach mir mit Fußtritten die Rippen, schlug mich bis zur Besinnungslosigkeit ins Gesicht und auf den Kopf.
"1936 bin ich mit der Mittleren Reife vom Gymnasium weg und für 2 Jahre nach Iquique in Nordchile, das ist ein Salpeterhafen am Rande der Atacamawüste, wo Verwandte meiner Mutter lebten. Der Onkel war Mineningenieur in einer Kupfermine in Saracoche in Peru, einem Minenarbeiterort 4800 m hoch gelegen. Er kam nur alle halbe Jahre heim, weil die Arbeit in der Höhe sehr anstrengend war und hatte dann ein halbes Jahr Urlaub. Einmal habe ich ihn in Peru besucht. In Saracoche gab es die höchstgelegenen Tennisplätze der Welt - natürlich nur für die Ingenieure. Nach 1 Jahr musste ich noch einmal nach Deutschland, und zwar mit einer alten Junkers und dann mit dem Schiff wieder zurück durch die Magellanstrasse am Südzipfel Südamerikas, die in den Pazifik mündet. Chile ist 7000 km lang und hat ein Klima, wie von Nordafrika bis Norwegen. Mittags steht die Sonne im Norden. In Valdivia bei Santiago lebten damals schon 40000 Deutsche. Es war eine tolle Zeit. Ich konnte ja nur Schulspanisch, und an den ersten Abenden nahm ich an einem abendlichen Corso teil, der auf einem großen Platz stattfand. Die Burschen gingen im Kreis links, die Mädchen rechts herum. Es war nun üblich, dass man einer Chica (Mädchen), die einem gefiel, etwas Nettes sagte. Da ich dergleichen nichts wusste, lies ich mich beraten und dann geschah Folgendes: Ich sagte einer hübschen Chica: "Que hermosa eres hija de una puta!" und bekam eine Ohrfeige und alle lachten schallend. Dem mieserablen Ratgeber nach hatte ich nämlich gesagt: "Wie hübsch bist du, Tochter einer Hure." Nach Aufklärung des Missverständnisses hatte sie mir dann gnädig verziehen. Ja, und dann kam die Liebe zu einer 14-jährigen Häuptlingstochter Cateu der Araukaner (einem Indianerstamm), der in der Atacamawüste am Fuße der Anden (Cordilleras de los Andeles) lebte. Bei ihnen lernte ich nach vielen, vielen Stürzen das Reiten auf ungesattelten Pferden. Einige der Worte ihrer Sprache kenne ich noch: "Antua caramatu" (Ich spreche die Wahrheit), "Ikema nagatu" (Ich liebe dich), "Ibi" (weil), "Isata pederu manii" (Du gewaltiger dort oben), "Ikuta nagate tamani tamanii" (So wird es sein auf immer und ewig), "Tekateru lao meneri" (Bleibe bei mir). Nach vielen Streitereien mit dem deutschen Konsulat - es ging darum, dass ich nicht mit Deutschen verkehrte, sondern mit Kreolen und Araukanern - musste ich 1938 Chile verlassen, weil mein Pass nicht verlängert wurde, denn selbst hier übten die Nazi ihre Macht aus. Ich war dann ein halbes Jahr bei Verwandten in Birmingham und anschließend bei Verwandten in Genf. Am 1.9.39 brach der 2. WK aus und ich wähnte mich in der Schweiz sicher. Doch eines Tages fuhr ein Wagen vor und 2 Männer stiegen aus, stellten sich als dt. Gestapo-Beamte vor und gaben mir mit knappen Worten zu verstehen, dass ich mich innerhalb von 24 Std. an der dt. Reichsgrenze zu melden hätte, andernfalls würden meine Eltern zur Rechenschaft gezogen. Und damit hatten mich die Nazi. Bei der Begrüßung an der Grenze hieß es gleich: "Aha, sie sind also der Beutegermane, den man erst holen muss, damit er seinen Vaterlandspflichten nachkommt." Von da an stand ich sozusagen unter Aufsicht und bekam in all den Jahren keinen Tag Urlaub, weil ich als "politisch unzuverlässig" eingestuft wurde. Ich wurde zunächst bei den Panzerjägern in Herford eingezogen und mit einer besonders harten Ausbildung versehen, um mir jegliche "Flausen" von vornherein auszutreiben. Unter anderem erhielt ich den Befehl: "Marsch, Marsch, bis zum Horizont!" mit dem Hinweis mein Brotbeutel hätte waagerecht in der Luft zu schweben. Nach meheren Stunden meldete ich mich bei meinem Spiess wortwörtlich "vom Horizont zurück" und bekam daraufhin 3 Tage Bunker. Nachdem Frankreich besetzt war, kam ich nach Ambonnay bei Chalons sur Marne. Von dort ging es 1941 nach Goldap in Ostpreußen. Am Morgen des Einmarsches in Russland (Unternehmen Barbarossa) wurde ich einer Vorausabteilung zugeteilt, die um 04:00 h morgens mit drei 3,7 cm "Panzerkanönchen" durch die eigenen Reihen hindurch nach Litauen musste.
Die Russen waren anfangs total überrascht, doch bald schon kam ihr Widerstand. Bisher kannte ich nur von Wochenschauen, wie Krieg aussah, d.h. die Deutschen schossen und der Feind flüchtete-von Wiederschießen sah man Nichts. Aber nun schoss ein russischer Panzer auf uns vier Mann hinter der PAK. Das war ein ganz anderes Gefühl!!! Unsere eigenen Granaten prallten am Panzer ab. Die erste Grante der Russen schlug vor uns ein, die zweite dahinter. Damit hatten sie sich eingeschossen und der nächste Treffer hätte das Aus für uns bedeutet. Ich stand eine Todesangst aus, doch blieb der dritte Schuss aus und der Panzer fuhr querfeldein weiter.
Mein fürchterlichstes Erlebnis war aber in Kowno, der Hauptstadt Litauens. Dort mussten wir Soldaten tatenlos zusehen, wie die Nazi-SD Kriminelle aus dem dortigen Zuchthaus befreite und unter Alkohol setzte, um ihnen dann den Auftrag zu geben, die auf dem Marktplatz zusammenngetriebenen Juden (Männer, Frauen, Kinder) mit Eisenstangen zu erschlagen. (Ein Bild von diesem Massaker fand ich nach dem Krieg in dem Buch: "Der gelbe Stern"). Bei diesem Anblick kotzte ich mir "die Seele aus dem Leib" und wurde als Feig- und Weichling beschimpft, nur weil ich, im Gegensatz zu den Übrigen, die fußhohe Schmiere aus Gehirn, Blut und Leichenteilen, sowie die Todesschreie nicht ertragen konnte. Weiter ging es in Richtung Peipus-See bei Leningrad. Unterwegs gerieten wir in eine Falle der Russen. Ich lag flach auf dem Bauch. Wie Vogelgezwitscher pfiffen die Machinengewehrkugeln über uns hinweg. Dazwischen schwere Granatwerfereinschläge. Ich spürte, dass ich niemals den Mut aufbringen könnte, aufzuspringen, was bei dem Kugelhagel den sicheren Tod bedeuetet hätte. Doch plötzlich sausten 2 dt. LKW heran. Glas splitterte, trotzdem gelang es ihnen, blitzschnell zu wenden. Soldaten sprangen auf und rannten auf den LKW zu und ich wusste, wenn ich ihn nicht erreichen würde, wäre ich sowieso verloren. Ich sprang also trotz meiner Todesangst auf und erreichte den LKW. Auf dem Wagen stellte ich dann fest, dass mir 2 Kugeln zwischen den Beinen durchgegangen waren und mir mit Ein- und Ausschusslöchern die Hose zerfetzt hatten. Außerdem hatte ich mehrere kleine Granatsplitter in der rechten Hand und einige unterhalb des Herzens. Unsere Verwundeten wurden von den betrunkenen Russen die Kehle durchgeschnitten und ein HK in die Brust geritzt. Ich kam ins Lazarett nach Pommern - mein Glück, denn meine Kompanie wurde später fast vollständig aufgerieben. Bis Ende 1941 war ich dann bei einem Ersatzheer, machte einen Reserveoffizierslehrgang, wurde dann Fähnrich und danach Leutnant, da in Russland dringend Offiziere benötigt wurden, weil die wie die Fliegen starben. Zuerst gelang es mir jedoch, mich als Skilehrer für Ausbildungslehrgänge zu melden, die für den Winterfeldzug in Russland getrimmt werden sollten. Das war in Fredeburg im Sauerland. Im Februar 1942 wurde ich mit einem Skibataillon in Rudnija bei Smolensk ausgeladen, wobei gleich das halbe Bataillon durch pausenlose Fliegerangriffe von russ. Radnas aufgerieben wurde. Ich kam wieder einmal davon. Die Überlebenden wurden gesammelt, die Verwundeten abtransportiert. Wir setzten uns mit den Skiern in Marsch auf ein Waldstück zu und wussten nicht, dass dort die Partisanen auf uns lauerten. Jeder zog auf dem abschüssigen Schneefeld einen Schlitten hinter sich her. Das war schon unsinnig, denn den erst kurzfristig skilaufenden Männern fuhren ihre Schlitten auf die Hinterenden der Skier und brachten sie zu Fall. In diese Chaos hinein feuerten nun die Partisanen mit Maschinengewehren und Granatwerfern. Es gelang mir, mich in den Schnee einzugraben, um dem direkten Beschuss zu entgehen. Als die Nacht kam, waren von dem ausgeladenen Bataillon nur noch wenige Männer übrig. Von den Partisanen war nichts mehr zu hören und zu sehen - wahrscheinlich hielten sie uns alle für tot.
Ich sollte mich dann bei einer anderen Abteilung melden, aber ich hatte jetzt schon die Schnauze voll, mich für "Führer, Volk und Vaterland" abschlachten zu lassen. Darin sah ich als Nicht-Nazi und "Beutegermane" keinen Sinn mehr, da ich in den wesentlichen vergangenen Jahren meines jungen Lebens Deutschland und alles, was mit ihm zusammenhing, aus einem völlig anderen Blickwinkel des Auslands gesehen hatte. Ich setzte mich einfach ab, was unter den Militär-§ "unerlaubte Entfernung von der Truppe" fällt. In der mich umgebenden Schneewüste brach ich aber vor Erschöpfung zusammen und wäre erfroren, wenn mich nicht ein LKW-Fahrer gefunden hätte und mich ins Lazarett nach Smolensk brachte. Da ich nicht verwundet war, sollte ich wieder an die Front. Für mich gab es aber nur noch einen einzigen Gedanken, nämlich den Krieg und Nazi-Dtl. zu überleben. Der Zufall und entsprechende Eigeninitiative ließen mich einen abfahrbereiten Lazarettzug sehen. Plötzlich heulten Luftschutzsirenen und ein Tieffliegerangriff auf den Bahnhof begann, wobei auch der Lazarettzug getroffen wurde.
Und jetzt kommt etwas für was mich die anderen Vaterlandsverteidiger verdammen werden - ich stieg in dem Chaos in den Zug ein. Jeder Kranke oder Verwundete trug eine Karte um den Hals, die ihn berechtigte, mitzufahren. Der Zug fuhr endlich ab und bei einer Kontrolle konnte ich, wie einige andere auch, behaupten, dass die Karte bei dem vorausgegangenen Chaos abhanden gekommen wäre. Man mag mich ruhig einen Feigling schimpfen, als toter "Held" wäre ich längst begraben und vergessen. Wie sagt doch ein russ. Sprichwort? "Lieber 5 Min. feige, als ein ganzes Leben lang tot." Der Zug fuhr tagelang bis nach Ravensburg. Bei einem Halt unterwegs stand auf dem Nebengleis ein Sonderzug, aus dem bei unserer Ankunft der "GRÖFAZ" stieg, der es sich nicht nehmen ließ, "die Helden der Nation" zu begrüßen. So bekam ich "unverdientermaßen" die Gelegenheit, Hitler die Hand zu geben. Dieser schwammige Händedruck wird mir unvergesslich bleiben. Im Zug lernte ich einen Offizier der span. "Blauen Division" kennen. Er war Zahnarzt in Barcelona, ehemaliger Sozialist und deswegen vom faschistischen Franco-Regime als "Freiwilliger" in die Division geschickt worden. Diese Division sollte eine "Freundschaftsgeste" an Hitler bedeuten wegen seiner Hilfestellung im span. Bürgerkrieg. Nach 4 Wochen Lazarett - irgendetwas zum behandeln hatten sie bei mir doch gefunden - sagte mir der Spanier, dass er nicht mehr zur Div. zurückwolle und fragte mich, ob ich einen Weg wüsste, wie er in die Schweiz gelangen könnte. Da ich in Vorarlberg (Lustenau) entferne Verwandte hatte, die schon vor dem Krieg einen regen Schmuggelverkehr mit einem Schlauchboot unterhielten, machten wir uns an einem Ausgehtag dorthin auf den Weg. Zuvor beging ich den verhängnisvollen Fehler einen Mann aus der Schreibstube, der für den Ausgang zuständig war und einen vertrauenserweckenden Eindruck machte, kurz in unser Vorhaben einzuweihen, weil wir sonst keinen Urlaubsschein bekommen hätten. Leider war er ein 100 %iger Nazi. Als ich alleine zurückkam, erwarteten mich bereits die "Kettenhunde" und verhafteten mich ohne Angabe von Gründen. 8 Tage war ich in Weingarten bei Ravensburg arretiert und wurde dann ins WH-Gefängnis nach Ulm überstellt. Hier eröffnete man mir, dass ich zu gestehen hätte, einem Ring anzugehören, der ständig Fluchthilfe in die Schweiz leisten würde. Ich sollte angeben, wer noch dazugehörte. Da ich meine Verwandten nicht verraten wollte - sie wären sonst hingerichtet oder ins KZ geschickt worden - schwieg ich zu der Anklage. Da sie mit mir, ihrer Ansicht nach, so nicht weiterkamen, musste ich nach 2 Wochen meine Uniform ausziehen und bekam Zivilkleidung. In der gleichen Nacht wurde ich der GESTAPO überstellt. Hier begann für mich eine 10monatige Qual und ich erfuhr, was "Menschen" Menschen antun können. In Abständen wurde ich nachts zu insges. 28 Verhören abgeholt. Man schlug mir die Zähne heraus, drehte mir den re. Fuß solange ab, bis der Knöchel brach, schlug mich mit Stahlruten, brach mir mit Fußtritten die Rippen, schlug mich bis zur Besinnungslosigkeit ins Gesicht und auf den Kopf.
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