Gedanken über einen "schlechten" Fund

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  • Thor
    Ratsherr

    • 10.04.2001
    • 291
    • Herford/NRW
    • MD3009

    #1

    Gedanken über einen "schlechten" Fund

    Hallo,

    wenn man den Wald abseits der normalen Wege durchstreift, kann man leider auch Dinge finden, die man eigentlich nicht finden möchte.
    Und so geschah es auch bei mir.

    Auf einer Wanderkarte entdeckte ich einen kleinen eingezeichneten Tümpel, den ich gar nicht kannte.
    Da alte Wasserstellen als Fundort eigentlich immer interessant sind, zog ich los um erst einmal die Lage zu peilen.

    Der Tümpel stellte sich aber dann als neuzeitliches mittlerweile ausgetrocknetes Loch da.

    Direkt an dem Tümpel führte ein durch neugetätigte Rodungen angelegter Forstweg in ein Waldstück hinein.
    Ich beschloss dem Weg zu folgen in der Hoffnung, daß vielleicht noch ein anderer älterer Tümpel existiert.
    Fehlanzeige,
    also wollte ich quer durch den Wald wieder auf den nächsten Hauptweg gehen, als ich plötzlich einen Schuh fand.
    Der Schuh war sehr gut erhalten und konnte dort noch nicht lange liegen.
    Es verwunderte mich...
    Ich schaute mich um und sah in ca. 20m Entfernung etwas weißes auf dem Waldboden liegen.
    Ich hielt es für ein weggeworfenes Stoffbündel und ging darauf zu...

    Je näher ich kam desto mehr glaubte ich, daß mir meine Phantasie einen Streich spielt,ich konnte es nicht fassen, aber bei dem weissen Stoffbündel handelte es sich um ein weisses Hemd und die grauen Haare eines Menschen!

    Vorsichtig ging ich näher dran, ich wollte nicht glauben was ich sah.

    Da lag ein Mann in Strümpfen so, alsob er sich zuhause ins Bett gelegt hat.

    Ich hatte Glück im Unglück, es war sichtbar, daß er dort schon etwas länger lag, aber nicht zu lange. Dadurch blieb mir ein schlimmer Anblick oder noch schlimmer Reanimationsversuche erspart.

    Ich nahm mein Handy und rief die Polizei unter meiner Ortsnetznummer an. Leider scheint bei meinem Handy die 110 mit Ortsnetznummer nicht zu funktionieren, also wählte ich nur 110.
    Es meldete sich der Polizeinotruf und da ich nicht wusste, daß ich gleich mit der Polizei in meinem Ort verbunden bin, bat ich den Polizisten mich mit der Polizei in meinem Ort weiterzuverbinden.
    Ich bekam gleich eine Rüge, ich sollte doch gleich die 8880 wählen, aber doch nicht die Notrufnummer!
    Ich fragte, ob es für die Notrufnummer nicht reicht, daß hier eine Leiche liegt.
    Ich spürte eine kurze erstaunte Stille auf der anderen Seite, dann kam die zweifelnde Frage:"Kein Witz?"
    NAchdem ich verneinte änderte sich der Tonfall des Beamten, sofort wurde alles weitere in die Wege geleitet.

    Nach etwa 40 Minuten trafen dann zwei Streifenwagen, der RTW und der Notarzt ein.
    Der Notarzt konnte auch nur noch den Tod feststellen, Rettungsassis mit den Reanimationsgeräte kamen nicht zum Einsatz und so fuhren sie wieder davon.

    In der Zwischenzeit stellte sich heraus, daß die Personenbeschreibung auf einen Vermissten passt und so fuhr der zweite Streifenwagen davon, um den Hausarzt des Vermissten für eine Identifizierung abzuholen.
    So blieb ich mit zwei Polizeibeamten und einer jungen Praktikantin einer örtlichen Schule(!) zurück.

    Irgendwann erschien dann noch ein Beamter der Spurensicherung und nahm noch einmal meine Personalien auf und untersuchte den Tatort.
    Damit war ich entlassen.
    Da es mittlerweile schon stark dämmerte und mir schon sehr kalt war, verlies ich den Tatort.
    Ich bekam noch mit, wie der zweite Streifenwagen mit dem Arzt zurückkehrte.-

    Zuhause stöberte ich dann in den Internetseiten des lokalen Radiosenders und wurde schliesslich fündig:
    Seit 6 Tagen wird hier ein Mann vermisst, die Beschreibung passte tatsächlich genau. Schon hatte der Tote einen Namen.

    Ich erforschte meine Gedankenwelt.
    Eigentlich war ich erstaunlich ruhig, keine Spur von Angst, Schrecken usw.
    Ich bin eher zufrieden.
    Eine Erkenntnis zeichnete sich ab:
    Jedes Mal, wenn im Fernsehen wieder darüber berichtet wurde, daß man (z.B.) in Stalingrad wieder ein Skelet ausgegraben hat, die Überreste auf einen Soldatenfriedhof beerdigt hat und schliesslich die Angehörigen, sofern noch vorhanden und ermittelbar, verständigt hat, habe ich mich gefragt, ob das denn so richtig ist.

    Jetzt bin ich mir sicher, daß es richtig ist.

    Es ist für mich das Letzte, was man für einen unbekannten Toten machen kann:
    Ihm einen Namen geben, Ihn mit Namen ordentlich beerdigen und den Angehörigen die Ungewissheit nehmen und ihnen einen Ort zum Trauern zu geben!

    ! Deshalb an dieser Stelle ein ganz besonderer Dank an die Menschen, die sich dieser Aufgabe aus humanitären Gründen angenommen haben !


    Viele Grüsse
    Thor
  • revolution77
    Heerführer

    • 04.04.2002
    • 1091
    • Bodensee

    #2
    Ein trauriger aber auch eindrucksvoller Bericht...

    und ein nur allzu wahres Schlusswort..

    Diese Ehre, ein Grab mit Namen, hat soweit irgend möglich jeder Mensch verdient..

    Da muss ich doch schlucken wenn ich sowas lese

    Kommentar

    • Markus
      Admin

      • 18.06.2000
      • 7266
      • 45357 Essen

      #3
      Sowas wünscht sich sicher niemand!!
      Trotzdem danke für diesen eindrucksvollen Bericht!
      Kann ja irgendwie jedem passieren......
      Gruss
      Markus



      denn dat Leech do ahm Eng vun dämm Tunnel ess en....... Panoramatapet
      (Wolfgang Niedecken)

      Kommentar

      • wolfsmond
        Heerführer

        • 19.03.2002
        • 1111
        • Kiel

        #4
        da möchte ich mich anschließen !
        ein sehr eindrucksvoll geschilderter bericht und ein schönes schlußwort !
        manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mir in gedanke wünsche nur wenige stunden oder tage bei der schlacht um stalingrad dabei gewesen zu sein, in der hoffnung die grauenhaften erlebnisse der gefallenen und der heute noch lebenden nachzuvollziehen. jede dokumentation zu diesem thema führt bei mir dazu, mich in die gezeigte situation hereinzuversetzen...

        wolfsmond



        ps. meinen ersten leichenfund hatte ich mit 8 oder 9 jahren auf einem feldweg. da lag ein alter mann tot angelehnt neben einem baum. die zweite leiche war eine wasserleiche, die bereits ein jahr im wasser lag. kein schöner anblick, und als mensch kaum noch zu erkennen...

        Kommentar

        • manner
          Bürger

          • 14.12.2003
          • 132
          • bayern/ba
          • */*

          #5
          Danke

          Es sind genau diese Berichte die dieses Forum so wichtig machen.

          Nicht nur zeigen "hier das hab ich gefunden und dort liegt Gold" NEIN Berichte die zeigen das wir auch mal etwas negatives erleben können.

          Eben die Wahrheit

          Deswegen Danke


          Gruß


          Manner


          P.S. Ich möchte es keinem zumuten und wünsche es auch keinem eine Leiche (egal welcher Art oder in welchen Zustand) zu sehen/finden.
          suchet so findet ihr

          Kommentar

          • BOBO
            Heerführer


            • 04.07.2001
            • 4421
            • Coburg
            • Nokta SimpleX+

            #6
            Verbechen

            Handelte es sich dabei um ein Gewaltverbrechen? Mich würde mal die Geschichte näher interessieren.
            MfG BOBO

            Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

            Kommentar

            • schaumal571
              Ritter


              • 02.02.2004
              • 323
              • Baden Württemberg
              • MD 3010

              #7
              auch ich bedanke mich

              für diesen sehr anschaulich geschilderten vorfall.

              hab ehrlich gesagt nun ein bischen angst bekommen, bin ja ich eurer runde nun mal ein neuling. überlege gerade ob ich mit dem hobby des sondelns überhaupt weiter machen soll.

              ich wüßte nicht wie ich in so einem fall reagieren würde.

              mfg
              bernd
              Nachsichtig Verachtung mit seelischer Heiterkeit zu verbinden, ist die beste Philosophie.

              Kommentar

              • svenismk2
                Heerführer

                • 11.12.2003
                • 1214
                • nrw,alpen am niederrhein
                • whites classic

                #8
                @schaumal,das kann dir überall passieren!mag sein das es hart klingt, aber bin der meinung das es nichts mit dem sondeln zu tun hat.das man so unangenehme funde macht.
                In Memory of Jimmy! 25.04.2006, and "Die Süsse" 02.04.2007,und Ivy 09.09.2007

                Kommentar

                • Hajo
                  Heerführer

                  • 29.09.2003
                  • 3112
                  • NRW
                  • C-Scope 1220 B

                  #9
                  Zitat von schaumal571



                  ich wüßte nicht wie ich in so einem fall reagieren würde.

                  mfg
                  bernd
                  ..aber ich!
                  zuerst würdest Du ein 2. mal hinschauen,um zu begreifen,was da eigentlich vor Dir liegt.
                  Danach zückst Du Dein Handy und rufst die Polizei an.
                  Und wenn Du das gmacht hast,dann..erst bist Du so richtig erschrocken und kannst es nicht erwarten,daß die Polizei vor Ort ist.
                  Das Sondeln willst deswegen nicht beginnen?...Sehr töricht! kann ich da nur sagen!
                  Ich sondele schon fast 20 Jahre,aber eine Leiche ist mir noch nicht untergekommen!
                  Wenn man den Vergleich aufstellt ,10.000 Sondler,die schon viele Jahre sondeln,ist vielleicht einer dabei,der solch einen "Fund" macht.
                  Also,lass Dich nicht verwirren!
                  Es ist mit eins der schönsten Hobbys die man überhaupt haben kann!
                  ..wobei ich sagen muß,das schönste Hobby kennen wir doch alle,nicht war?
                  In diesem Sinne
                  Uli
                  Wenn ich nur darf,wenn ich soll,aber nie kann wenn ich will,dann mag ich auch nicht,wenn ich muß....

                  Kommentar

                  • koseng
                    Landesfürst


                    • 21.01.2004
                    • 714
                    • Hannover-Nordstadt
                    • Mr.T´s kleine Wunderkiste

                    #10
                    Allein der Anblick eines Toten.

                    Ich lag letztes Jahr im Krankenhaus. Links der neben mir 82, rechts 93. Ich hörte beidens ihre Lebensgeschichte. Der Rechte hat vor kurzem seine Frau verloren. Es röchelte schon des Nachtens und morgens als ich aufwachte war es plötzlich ruhig. Hatten sie ihm Beruhigungsmittel gegeben? Da ich Ersthelfer bin, überprüft man ja seine "Funktionen". Nunja, lange Rede kurzer Sinn, ich hab die halbe Nacht neben einem Toten geschlafen. Aber ich denke mal er war froh, das er endlich zu seiner Frau durfte.
                    gruss Björn

                    opelforum.däÄh

                    Kommentar

                    • schaumal571
                      Ritter


                      • 02.02.2004
                      • 323
                      • Baden Württemberg
                      • MD 3010

                      #11
                      im prinzip habt ihr ja recht, bloß schon alleine der gedanke daran, da läuft es mir eiskalt den rücken herunter, trotz meiner 54 jahre die ich auf dem buckel habe.

                      das ist halt so eine sache mit dem tod, man spricht viel darüber, macht sich gedanken, aber doch nicht so, beim spaiergang..........alles ist schön, die natur, vielleicht das wetter, man fühlt sich wohl.............und mit einem schlag.........das

                      ich kanns mir einfach nicht vorstellen

                      gruß
                      bernd
                      Nachsichtig Verachtung mit seelischer Heiterkeit zu verbinden, ist die beste Philosophie.

                      Kommentar

                      • Hajo
                        Heerführer

                        • 29.09.2003
                        • 3112
                        • NRW
                        • C-Scope 1220 B

                        #12
                        @Bernd

                        ...Du sollst es Dir ja auch nicht vorstellen!
                        Mann! Du gehst raus zum Sondeln..nichts anderes!
                        ...ich glaube ich spinne...
                        Falls Du wirklich (nicht glaubend) in eine derartige Situation kommen solltest,wirst Du schon richtig reagieren!
                        Und wenn Du danach so ein leichtes flattern in den Kniegelenken verspürst...TRINK DIR EINEN!
                        Mann.......!!
                        wieder aufrichtend..
                        Uli
                        PS: ich bin 55...
                        Zuletzt geändert von Hajo; 10.02.2004, 20:28. Grund: ergänzen
                        Wenn ich nur darf,wenn ich soll,aber nie kann wenn ich will,dann mag ich auch nicht,wenn ich muß....

                        Kommentar

                        • Watzmann
                          Heerführer

                          • 26.11.2003
                          • 5014
                          • Großherzogtum Baden

                          #13
                          Zitat von schaumal571
                          hab ehrlich gesagt nun ein bischen angst bekommen, bin ja ich eurer runde nun mal ein neuling. überlege gerade ob ich mit dem hobby des sondelns überhaupt weiter machen soll.

                          ich wüßte nicht wie ich in so einem fall reagieren würde.

                          mfg
                          bernd
                          Hallo Bernd.
                          Auch auf die Gefahr hin,daß ich wieder als gefühlsloses Ar...loch hingestellt werde,rate ich Dir,darüber keine weiteren Gedanken zu verschwenden und mit dem Hobby weiterzumachen,wie bisher!
                          Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist aber so etwas kann Dir auch beim Pilzesammeln oder spazierengehen passieren.
                          Hat nichts mit dem Sondeln zu tun!
                          Und wie man in so einer Situation reagieren würde,kann wahrscheinlich nur jemand sagen,der sie selbst schon erlebt hat.
                          Und da reagiert jeder verschieden!
                          Könnte mir aber schon vorstellen,daß da jedem erst einmal das Herz in die Hose rutscht.

                          Gruß vom bösen Watz.

                          Kommentar

                          • schaumal571
                            Ritter


                            • 02.02.2004
                            • 323
                            • Baden Württemberg
                            • MD 3010

                            #14
                            ok hajo, uli,

                            dachte auch nur.........schuldigung, hatte ja auch nur meine gedanken geäußert. hab immer noch das bild vor augen als meine beiden erwachsenen kinder mich vor zwei jahren im krankenhaus besuchten (war wegen meinem 3ten herzinfarkt da, sah wohl aus wie der tod), war nicht schön.

                            ok werde mich doch diesem hobby des sondelns widmen

                            gruß
                            bernd

                            PS: bin froh das es hier auch welche in meiner altersgruppe gibt
                            Nachsichtig Verachtung mit seelischer Heiterkeit zu verbinden, ist die beste Philosophie.

                            Kommentar

                            • mistermethan
                              Heerführer

                              • 31.07.2003
                              • 2961
                              • Sachsen, Dresden
                              • Tesoro Euro Sabre, Garrett AT Pro, Garrett Pro-Pointer, Teknetics Omega 8000, abgelegt: MD 3009 (der ging nur 2 Mal), Bounty Hunter Quick Draw, Minelab Musketeer Advantage

                              #15
                              Jo!!!!!!!!!!!!!!!!!!

                              kann das nur bestätigen wie es geschrieben wurde. Auch als Spaziergänger/Wanderer kann einem so etwas geschehen. Wälder, Schonungen etc. können halt "so etwas" enthalten! Darauf kann man sich auch nicht psychologisch vorbereiten. Aber ein Handy hat ja wohl jeder dabei. Die vielleicht schlaflosen Nächte danach muß man wohl akzeptieren, ob als Sondler oder Pilzesucher!
                              Auf daß möglichs wenigen Usern so etwas wiederfährt!

                              MfG Marco
                              Klar das Auge, stark die Hand, treu dir selbst, dem Vaterland, lieber brechen als sich schmiegen, so muß Recht und Rechtes siegen.

                              Adolf Pichler

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