JF / Marseille, Reisebericht, Teil 5

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  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #1

    JF / Marseille, Reisebericht, Teil 5

    Jungfernfahrt in Frankreich, Reisebericht

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    Teil 5
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    .... Die Sonne scheint noch (Sonnenstand), und es ist warm draußen. Wir
    haben in soweit bis jetzt Glück mit dem Wetter; bißchen viel Wind aber
    blauer Himmel.
    Ich freue mich schon auf die Erkundung des Vorschiffes der "Batavia". Doch
    für heute reicht es. Das Wasser ist mit 12°C noch recht frisch und den
    Unterzieher hatte ich zu Hause recht dünn gewält.
    Wir beschließen in Callelongue festzumachen und wollen dort auch
    übernachten. Der kleine Fjord mit dem mehr als idyllischen kleinen
    Fischerhafen, der klitzekleinen Mole und der winzigen Pier ist bzgl. der
    Windrichtung heute ebenso geeignet wie Frioul. Zudem hatte ich vor zwei
    Jahren mit einem Kimmkieler (Segler) dort schon einen Woche festgemacht und
    weiß, daß man des Nachts von dunklen Gestalten in Ruhe gelassen wird. Zudem
    ist der kleine Fjord unweit der "Batavia"-Position. Der 98er-VK - Preis an
    der Wassertanke in Marseille - Vieux Port ist mit 1,68 Euro recht heftig;
    ich mache mir Sorgen bei der hin und her - Raserei/Gurkerei um die
    Wirtschaftskasse. Normal-Benzin, denn das würde für den Außenborder
    konstruktiv reichen, ist an der Wassertanke nicht zu bekommen.
    Meine Freundin muß sich um die Leinen kümmer, ich fahre. Weiß ich doch
    zugut, wie flach ich mich an den Grund als Taucher pressen mußte bei
    Bootsverkehr in diesem Fjord, ..viele UW-Steine, eine enge Einfahrt (wenige
    Meter breit).
    Alles wird an der Pier ausgeladen, ..alles. Das Boot muß durchgelüftet
    werden, die Utensilien auch. Dazu eignet sich die Pier hervorragend.

    Es gibt Abendbrot; der Fööhrer hat zum Eintopf geladen; Doseneintopf,
    konkreter: Erbseneintopf mit Würstchen. Die Besatzung freut sich immer
    wieder darauf, ein Highlight. Die Alpha-Flagge wird eingeholt und die
    Bundesdeutsche Flagge gesetzt. Hier geht das.
    Eine streunende aber sehr gepflegte gelbe Katze gesellt sich zu uns, wir
    sind unter Freunden .. also.
    Sie hat Hunger und ist zutraulich. Es wird eine weitere Dose geöffnet;
    Frühstücksfleisch für einige Cent ..um die Katze zu füttern. Als sie
    Witterung aufnimmt ist das Geschrei und Gemautze riesengroß.
    Sie rülpst und bekundet damit, daß sie satt ist und daß ich die Reste
    fressen darf ..und das was runtergefallen ist. Meine Freundin und ich
    prügeln sich darum, riesen Geschubse und Gerangel. Müssen wir doch auch den
    Gürtel enger schnallen .. in diesen harten Zeiten.
    Die Besatzung ist satt und sichtlich zu müde für ein Manöverschießen. Ich
    lasse sie in Ruhe und kümmere mich um die Klamotten. Diesmal wird der
    Dampfer abgeplant ..damit die Katze nicht reinkommt und sich zu mir in den
    Schlafsack kuschelt; meine Freundin ist eifersüchtig und möchte das nicht.
    Also soll der Dampfer abgeplant werden.
    Dank der guten Systematik ist das kein Akt und schnell erledigt.
    Wir schlafen schnell ein.


    Dienstag, 02.05.2006


    Wir stehen gegen 8.30 Uhr auf. Die Sonne lacht. Das Wetter ist heute ruhig.
    Hmm.. alles sollte jetzt bzgl. Tauchen schnell gehen. An solchen Tagen
    frischt der Wind gegen Mittag (wieder) ordentlich auf.
    Übrigens für die Schwaben: Mittag heißt hier so ca. die Zeit zwischen 11.30
    und 13.30 Uhr ..und nicht 11.30Uhr bis 17.00 Uhr oder noch später. Das nur
    so am Rande und zum besseren Verständnis.

    Ich begebe mich in "meine Puller-Ecke", oben an der Straße an so einem
    kleinen Felsenvorsprung. Ich könnte auch draußen .. auf See ..und so, aber
    das hier ist mein Revier, und ich war lange nicht mehr hier.
    Meine Freundin begleitet mich ein Stück.
    Von weitem sehe ich, daß in der Kurve zum Plateau, von dem ich die
    Sportboote immer beobachtet hatte, etwas gelbes auf der Straße liegt. Zügig
    gehe ich darauf zu. Es ist die hübsche Katze vom Vorabend. Das viele Blut
    läßt darauf schließen, daß sie gleich tot war. Das arme Tierchen ist noch
    ganz warm; es ist also noch nicht lange her. Ich hebe es auf und trage es in
    eine bewachsene Felsmulde. Begraben kann ich die Katze leider nicht, überall
    Felsen, keine Erde.
    Der Tag ist in soweit für mich gelaufen. Wir haben nun alle Zeit der Welt,
    ich mag nicht mehr Tauchen, zumindest nicht jetzt und gleich.

    Wir laufen wieder den Vieux Port an und machen an der Tauchbasis von
    Jean-Michel fest. Seine Barkasse hat gerade abgelegt, er ist auch diesmal
    wieder nicht zu finden.
    Die Spanierin empfängt uns herzlichst, .. wie immer. Es ist kein Problem,
    wir können mit unserem Boot für ca. 2h am Steg der Barkasse bleiben (..ich
    hätte sie auch schließlich am Vortag mit einem Bugschuß aus Rohr eins und
    zwei versenken können..).
    Die Tauchflasche wird zum Füllen abgegeben. Wir gehen in die Stadt, juhu!
    Mir war nicht klar, daß dieses in diesem Urlaub geschehen würde. Denn ich
    dachte immer an das unbeaufsichtigte Boot. Hier jedoch liegt es mehr als
    sicher.
    Zuerst noch wichtige Erledigungen tätigen, dann zu McDoof - ein Eis essen,
    danach stürzen wir in das nahegelegene Internetcafe` um nach dem
    Wetterverlauf zu schauen. Abgesehen vom Wind soll es ordentlich bleiben.

    Ich liebe Marseille, trotz oder gerade dessen der leichten Anarchi. Hier ist
    arm und reich vertreten, Reinheit und Schmutz, Wasser und weiße Felsen,
    Inseln und Häfen, nervender Auto-/Mopped - Stau und einsame Plätze am
    Wasser, vorbeiziehende Dampfer und zahlreiche Wracks, hübsche Menschen und
    Möwen. Und das große Wasser, mein geliebtes Mittelmeer: In ihm ist der rauhe
    Norden und der warme Süden vertreten, spiegelglatte See und haushohe Wellen
    zu finden, trübes und glasklares Wasser wechseln sich ab. Man lebt hier
    einfach und versucht klar zu kommen, jeder nach seinen Möglichkeiten, der
    eine besser - der andere schlechter.

    Ich komme an meinen beiden maritimen Läden einfach nicht wieder vorbei ohne
    reinzuschauen. In dem einen finden sich diejenigen schönen Dinge, nach denen
    ich Tauche und die ich Unterwasser zu finden hoffe: Maschinentelegraphen,
    Schiffsglocken, Kleiderhaken, Beschläge und vieles mehr aus längst
    vergangenen und schönen Zeiten.
    Dann ist da noch der andere Laden, der Literaturladen. Hier nehme ich noch
    eine dringend benötigte Seekarte mit... für den nächsten Urlaub:
    "ABORDS SUD DE MARSEILLE"
    DES ILES DU FRIOUL AL´ ILE DE JARRE
    Maßstab 1 . 12.500
    Damit kann man was anfangen. Die Detailkarte für die Nordseite hatte ich mir
    kürzlich schon in Rostock bestellt und abgeholt. Auch noch andere Karten.
    Doch die Südkarte war nicht möglich zu bekommen.

    Mittags entscheide ich mich doch noch für einen Tauchgang. Noch ist das
    Wetter beständig aber nicht mehr lange. Der hübschen Spanierin schenke ich
    eine Picolo Sekt, sie freut sich sehr. Kleine Geschenke erhalten nunmal die
    Freundschaft.
    Wir starten in Richtung "Liban"!
    Moses erblaßt wieder vor Neid, so teilt der scharfe Bug das Wasser.
    Das Kielwasser sieht hinsichtlich Trimm der Maschine und Boot (wir sind
    beladen) gesund aus. Meine Freundin sitzt auf der Liegefläche um doch noch
    etwas den Bug zu drücken; nicht daß das Fliegengewicht nennenswert `was
    bringen würde, aber dennoch.
    Bei 55km/h (..für die Landratten unter den lieben Lesern) belasse ich es.
    Mit dem Auto von Nord nach Süd würde es mehr als eine Stunde um diese Zeit
    dauern, so nur Minuten. Ich kann mir ein sichtliches zufriedenes Grinsen bei
    dem Gedanken daran nicht verkneifen, zudem das Wetter heute (bis jetzt) noch
    top ist!

    Der enge und flache Kanal beim Cap Croisette wird wieder , diesmal in cooler
    Pose passiert, ich fahre, und die Leute dort droben schauen. Scheißegal! Das
    _muß_ jetzt sein: Der Gashebel fliegt von Schleichfahrt auf AK ...nach
    vorne! Die 6 Machos im AB schreien: "...na endlich .. du Pfeife!" Die
    Servolenkung läßt eine enge 90° Kurve mit einer Hand zu; mir geht einer ab!
    Die Hose ist naß! Und die Freundin purzelt von vorne nach hinten, dann in
    der Kurve von rechts nach links. Ich werde das(!) heute Abend sicher teuer,
    sehr teuer bezahlen und mich stundenlang bei ihr Einschleimen müssen ..
    aber, das(!) war es wert! Ganz sicher!

    Wir fahren über die "Liban" hinweg, der Fishfinderausschlag ist heftig.
    Wenige Meter daneben fällt der Anker; hier ist sonst und in soweit
    Sandgrund... sonst ist hier heute keiner, wir sind alleine;
    Meer-Wrack-Sandgrund, meine Freundin ... und ich.
    Die Schwimmleine mit Leuchtboje fliegt achtern über Bord, auch wenn heute
    nahezu keine Strömung ist, jedoch merke ich, das Wind kommt .. aus
    Ost-Südost, nicht die beste Richtung für einen TG an dem Dampfer. Wir
    sollten uns beeilen in das Wasser zu kommen. Hier baut sich in
    Null-komma-nix ein ordentliche Wellle auf, besonders bei der Windrichtung.
    Der Anker wird allerdings nochmal gehievt und zusätzlich zum Kettenvorfach
    noch die 30m Bleileine zwischengeschaltet, dat is mir sicherer; nich dat der
    Dampfer nacher inne Klippen hängt und Spielball der Brandung wird.
    Meine Freundin ist den Tränen nahe, sie möchte Tauchen, aber auch wieder
    nicht. Schließlich ist es auch ihr Lieblingsplatz! Sie zu einem TG zu
    überreden wäre falsch, ich überlasse gennerell ihr die Entscheidung; sie
    bleibt oben. Ich erhalte das Okay für einen weiteren Solo-Tauchgang.
    Schnell ist sie in das Notfallmanöver eingewiesen: Bei starker Welle/Sturm
    am herausragenden Ende der 100m - Ankerleine einen Fänder antütern und alles
    über Bord, Maschine absenken und starten und in der Nähe laufen.
    Sollte ich aus welchen Gründen auch immer abtreiben oder mich mal verpeilen,
    das gleiche Manöver bitte und mich einsammeln. Ankerhieven wäre dummes
    Zeuch!

    Rücklings kippe ich wie immer ab und tauche an der Ankerleine runter, die
    70m lose hat. Üblicherweise die 3-fache Wassertiefe, aber für dieses Wetter
    reicht es, und ich werde nicht lange bleiben.
    Der Anker hat eine Spur von einem Meter gezogen um sich einzugraben, er
    hält.
    Der achtere Mast der Liban am Sandgrund liegt südlich vom Wrack, in der Nähe
    des Ankers und weist mir den Weg zum achteren Deckshaus, das auf dem
    Sandgrund neben dem Passagierdampfer steht.
    Man kann vom Anker das Deckshaus sehen. Wichtig ist, daß ich mich, am
    Deckshaus angekommen umdrehe, um zu schauen, ob ich auch den Anker (die
    Ankerleine) auch noch sehe! Sollte das nicht der Fall sein könnte ich trotz
    Kompaßpeilung zurück schwimmen und ein Reel legen. Ich habe aber hier und
    heute keins mit; ich bin hier am Spot zu Hause und die Sicht ist
    hinreichend.
    Üblicherweise sollte man jedoch so verfahren.
    Den TG habe ich wiedereinmal auf 30 min. der fairneßhalber begrenzt, die
    Zeit ist knapp, ich werde im Bereich Achterschiff, Mittschiffs bleiben und
    mich dem "Wedeln" am Sandgrund hingeben.
    Da! Ein Tintenfäßchen, schöne Form, ich kenne es von Fotos aus den 60er
    Jahren, lege ich frei. Leider auch nicht unbeschädigt.
    Neidvoll habe ich aber und abermal die Literatur in den vergangenen Jahren
    abends im Bettchen studiert und die Fotos betrachtet. Jetzt habe ich auch
    eins! Die Freude ist groß!
    Einen Teil eines Tellers/Schälchens finde ich ebenso, nur diesmal ohne
    Wappen und ohne Muster am Rand. Dritte Klasse vielleicht? Egal, hier muß ich
    in 5 Wochen wieder hin und viel Zeit mitbringen, das Verständnis von
    Schiffen und deren Untergangsverhalten zahlt sich wie erwartet nun aus. Das
    Leben ist schön .. abgesehen von dem (werk)-täglichen Ärger mit dem Chef!
    Ich bin pünktlich wieder oben, nach 30min. und 38m Tiefe. Bei der Deco merke
    ich, daß Wind aufgekommen ist und sich Welle aufbaut. Hatte ich auch nicht
    anders erwartet.
    Meine Freundin begrüßt mich sehnsüchtig mit einem großen Okay (Arme gebogen,
    Hände berühren den Kopf). Wiederholung dieses internationalen
    Taucherzeichens durch mich, schwimmen an die viel zu kurze Taucherleiter
    (Bernd Brot würde das verstehen), der Sammelbeutel wird mit den Worten:
    "..Paß blos verdammt auf!" übergeben.

    Wir fahren auf die ablandige Seite von Ile Maire und gehen dort
    windgeschützt vor Anker. Hier ist es warm und kuschelig. Wir entledigen uns
    unserer Kleider und baden in der Sonne. Schnell mache ich ein Nickerchen ..
    und träume vom Tauchen mit dem eigenen Boot....


    Fortsetzung folgt....


    (c) Rene Heese 2006


    Hinweis: Entwurf, nicht auf Rechtschreibung geprüft.
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!
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