Frachter "Genova", Portofino (27./28.05.06), Reisebericht
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Teil 1
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"Scheißääää.. ! Ooooch nööö!" immer wieder drückt mein linker Daumen den
Inflator-Lufteinlaß-Knopf. Es gurgelt, kluckst .. ich habe das Gefühl,
Wasser statt Luft strömt in mein Jacket. Im freien Fall überhole ich auf 30m
meinen Tauchpartner des D&QM Diving Center "Miguele" (Namen geändert).
Miguele ist vor mir abgetaucht und hat ordentlich Gas gegeben. Ich möchte
dran bleiben und ihm in nichts nachstehen, doch ist es jetzt an der Zeit,
den freien Fall zu bremsen .. das Wrack!
Bis 30m ist die Sicht außergewöhnlich gut. Doch jetzt ist die milchige
"Sprungschicht" in Sichtweite. Sie schimmert weiß, ist zum Greifen nahe und
verheißt nichts Gutes.
"Scheißäää.. man! Wat soll dat! Doch nicht jetzt!" .. der VIP-TG hat mich
100 Deutsche Mark gekostet. Nach langem hin und her hat sich das D&QM Diving
Center unter Murren und Maulen bereit erklärt, mir Miguele an`s Bein für
einen privaten Trip zum Frachter "Genova" zu binden und nun läuft es schief.
Ein gefundenes Fressen für die...
Kopfüber rausche ich an Miguele vorbei ..in die Tiefe. Das vorbeiströmende
Wasser zuppelt heftig an Maske und Regler.
"Ist das jetzt etwa schon der Grund?" denke ich mir bei 40m.
Ich rase in den dichten Nebel rein, mein rechter Arm ist vorgestreckt um das
Schlimmste zu vermeiden, muß ich doch sogleich mit einem Einschlag auf dem
Wrack rechnen. Es wird mir den Arm aufreißen, aber (hoffentlich) nicht die
Birne ..
verdammte Scheiße .. hiaa.
Doch es geht tiefer, immer noch tiefer. Ich habe das Gefühl in der Hölle zu
sein .. weiß nicht wo oben/unten ist.
Rausche ich gerade etwa durch den Schlick durch? Empfängt mich Neptun mit
Dreizack und Pferdefuß und roter Kriegsbemalung?
Ab 50m schließe ich mit allem ab! Es geht tiefer, noch tiefer.
Versuche, mich zu wenden, am Jacket zu nesteln oder etwas anderes gebe ich
auf; es heißt jetzt nur noch Schadensbegrenzung! Wenn, dann kommt in der
nächsten Sekunde das Wrack, und der Einschlag wird heftig. Der rechte Arm
bleibt starr vorraus. In der Hand halte ich die 100er Kowa; die soll als
Prellbock dienen.
Sie leuchtet, ..noch!
Der Nebel reflektiert das grelle Licht zur einer teuflischen Szene. Zum
In-die-Hosen-Scheißen ist keine Zeit,
die Gedanken sind angespannt. Was wird in den nächsten Sekunden sein! (?)
Der LI sieht mich mit starrem Blick und schweißgebadet an: "Boot ist nicht
zu halten, Hää Kaleu!"
"Ist schon gut, LI .. .. schon gut!"
.. daran habe ich damals, vor einigen Jahren natürlich _nicht_ gedacht!
Wwwwummmm..fllllluppp!
Das Licht ist aus!
Plötzlich ist`s zappenduster!
Der Arm gibt nach, beugt sich - knickt ein. Mein Gesicht spührt einen
komisch-schleimigen, weichen Druck. Es atmet sich "eigenartig".
Sofort hebe ich meinen Kopf, befreie mein Gesicht aus dem Schlamm ..
schüttel meine Birne hin und her, ..der Arm mit der 100erKowa steckt noch
drin.
Die Maske ist leicht verrutscht, aber noch da. Der Arm mit der Kowa wird
unter einem lächerlichen "Flupp" wie im Trickfilm aus dem Schlamm gezogen;
sogleich ist es wieder hell.
61,1 m zeigt die "Uhr"! Endstation! Der liebe Gott hat uns eine Schaufel
Sand unter`n Kiel geworfen...
(...)
Das war damals. Vor einigen Jahren.
Und was wird morgen?
Ich kann nicht schlafen. Es ist Freitag Abend, und in 2 Stunden soll es
losgehen .. nach Portofino .. zum Frachter "Genova". Ich stehe wieder auf
und gehe nach unten zu meinen Seekarten. Ein weiterer Blick darauf mit
Stechzirkel und aneinander reibenden Kursdreiecken kann nicht schaden...
Gegen 23 Uhr fahren wir los das Boot holen, 6.30 Uhr sind wir rechtzeitig in
Rapallo. Die Schranke zur Slipanlage öffnet Punkt 7 Uhr.
Eine halbe Stunde später ist das Boot im Wasser , und das Gerödel am Kai.
Ich muß los, gilt es doch nunmehr schnell einen Parkplatz für das Gespann zu
finden, die Chancen dafür sinken minutiös. Parkplätze .. ein Riesen-Problem
in Rapallo-S. Margherita- Portofino!
Die Freundin bleibt mit dem im Boot verstreut liegendem Geprätze alleine am
Kai zurück. Wir wollen uns dann in S. Margherita an der Mole treffen.
Ich weiß, daß zwischen S. Margherita und Portofino, zwischen Diskothek und
Bärluschkonis Hütte neben der schmalen Uferstrasse einige längs angeordnete
langgestreckte Parkplätze sind, die bis 8 Uhr selten voll ausgelastet sind,
da diese recht unpraktisch zu Bademöglichkeit, City, o.ä. liegen.
Der Leuchtenträger ist schnell montiert und eingeschoben. Mit quitschenden
Reifen geht`s ohne Hirn ab dafür... nicht nur die Italis können´s!
Woouuh .. Timing .. da passe ich doch komplett noch rein! Erstmal besetzen,
dann schnell abkuppeln, Trailer wenden, Karre wenden (denn Sonntags bei dem
Verkehr auf dieser engen Strasse geht nix mehr), ankuppeln, fettich!
Zigarette!
So: Bis Rapallo sind`s 7 km, bis S. Margherita (Mole) vielleicht 2; aber
diverhans hat mit Vorbedacht seinen Citi-Roller mitgebracht! ;-)
Ja, ich habe im Winter darauf bestanden, daß aus der Wirtschaftskasse so`n
Ding angeschafft wird, eben d`rum - für solche Zwecke. Dat Ding läßt sich
falten und über die Schulter hängen und ist im Nu hinreichend stabil
zusammengebaut... nur Fahren sollte man damit können. Egal, Kleinkinder
werden einfach in`s (kalte) Wasser geschmissen, so lernt es sich am besten.
In der Hektik ist , wie immer, dat komplette Blei im Wagen geblieben -
höchst ärgerlich. Schnell wird es in einen Stoffbeutel gelegt, dieser kommt
auf`s Trittbrett vom Roller. Allerdings ist nun kein Platz für die Hessen;
es bleibt mir nix anderes übrig, als dat jute Ding zu schieben .. brauche
ich wenigstens das Blei nicht tagen.
Die Freundin wird per Handy präzise dirigiert, legt sauber an der Pier
zwischen den anderen Dampfern an, fettich, Abmarsch!
Es ist noch früher Morgen, büschen grocky bin ich doch, aber es kribbelt
unter den Nägeln; wenigstens den 4000 Tonnen Frachter upp`n Fishfinder
haben... erstmal. Weiß ich doch, daß meine Positionsangaben unpräzise sind.
Für eine Kreuzpeilung stand mir damals nicht der Sinn danach.
Ungefähr und überhaupt bin ich recht nahe am Platz, da dümpeln 2
Fischerboote in der Nähe.
Klarer Fall:
Wrack = Fisch!
großes Wrack = viel Fisch!
Viel Fisch = Fischer/Angler - am frühen Morgen!
Fischer/Angler am frühen Morgen = event. ein Wrack!
In Schleichfahrt nähern wir uns den Booten. Diese schauen argwöhnisch zu uns
herüber.
Bong! Von 61m springt der Fishfinder auf 47m (ich bin ihm genau über die
Aufbauten gekarrt)! Grins .. dat reicht, Fingertipp auf `s GPS-Gerät (die
Mark - Taste) und Beidrehen! Ich kann eh noch nicht gleich in`s Wasser,
erstmal zur Ruhe kommen...
Unser Dampfer sieht noch aus wie Sau; alles liegt wie Kraut und Rüben. Ich
möchte eh noch die Zeit nutzen um Ordnung zu schaffen. Dazu fahren wir
östlich raus. Es ist absolute Flaute und die See spiegelglatt, die Sonne
lacht. Ich werde die kleine Tour nach außerhalb zudem nutzen, um dort nach
einem weitern Wrack zu suchen. Es soll auf 40m liegen, die Position habe ich
einer Seekarte entnommen.
Nach einer guten Stunde Gitternetz-Suchmusterfahrt gebe ich auf; hier ist
nix, nur platter Grund. Der Tag verrinnt.
12 Uhr, ich werde nervös und es brennt mittlerweile regelrecht unter den
Nägeln; Kurs "Genova"!
Die "Genova":
Frachter, Italien, Bj.: 1904, Länge: etwas über 100m, ca. 4000 Tonnen,
gesunken 27.07.1917 nach Torpedotreffer in LR1 (Stb.) eines Deutschen
U-Bootes;
Der Dampfer hatte sich noch nach Portofino mit eigener Kraft geschleppt, an
einem Schwimm-Ponton in der Bucht von Portofino festgemacht und ist 8h
später dort über Bug gesunken. Er liegt auf ebenen Kiel in 61m Tiefe und ist
_vollständig_ intakt!
Die Sicht am Wrack ist von 365 Tagen 360 Tage einfach scheiße. Der
Meeresboden hier ist mit feinstem Sediment bedeck. Herrscht auch nur die
geringste Strömung, ist ab 40m dichter Nebel. Die "5" Tage der guten Sicht
findet man höchstens im Sommer, garantiert nicht jetzt im Frühjahr .. zudem
zur Blütezeit des Meeres.
Erschwerend kommt hinzu, daß ab Vormittag am Wochenende der Sportboot- und
Fährenverkehr stetig zunimmt; liegt doch der Spot genau im "Fahrwasser".
Hier muß alles - absolut alles- vorbei, was nach Rapallo-S. Margherita-
Portofino will oder von dort kommt.
Die Fischerboote sind weg: Entweder von dem jetzt regen Schiffs- und
Bootsverkehr einfach über den Haufen gekarrt oder sie haben noch rechtzeitig
die Kurve gekratzt.
Die Alpha-Flagge (Achtung: Taucher, bitte 300m Abstand halten) kennt jeder,
aber keiner hält sich daran; daß weiß ich nur zu gut! Was die Italiener auf
der Strasse treiben, findet seinen Meister auf dem Wasser: Kurzer Puller -
fettes Boot - Vollgas .. damit "er" länger erscheint und ggf. willige
Weibchen beeindruckt. Naja, kennen wir aus der ... hmm ... Tierwelt.
Die Manöver klappen 1A: Der Frachter wird mehrfach aus verschiedenen
Richtungen überfahren, um die Lage zu bekommen. Schnell steht fest: Er
erstreckt sich von 60°E nach 240°W.
Ich entscheide mich für die 60-west.
Es springt der Fishfinder von 50m auf 60m (Grund). Sofort Aufstoppen; das
7kg Bleilot der Markierungs- und Abtauchboje fliegt über Bord, die
30-30-10m - Leine lasse ich locker durch die Hände gleiten. Perfekt! Ich
halte noch ca. 10m Leine lose; das Lot liegt auf Grund - nicht auf dem
Wrack. Vorschiff oder Achterschiff? Das ist egal - werde ich ja dann sehen.
Den 7mm Halbtrocki habe ich bereits an, das 40L-Superwing mit D12 ist
Vor-Gerödelt. Auf Klimbim wird hier und heute absolut verzichtet; keine
Deco-Boje, kein Waden-Hauptmesser (nur scharfes Jacketmesser am Inflator),
kein Sammelnetz, keine Beintaschen, kein Sauerstoff .. nur ein Abyss und ein
Apex, sowie Deco-Tab. und 100er Kowa und 2 Computer auf Gaugh-Modus.
Oh Gott! Da kommt auch schon nahezu geräuschlos die "Black Pearl" (so habe
ich sie getauft) von der schwachen Brise Wind getrieben ! Ein Einmaster,
über 50m lang, schwarzer Rumpf - schwarze Segel, der Mast so hoch wie der
Eifelturm - ein Gigant der Meere!
Wir sind etwas abgetrieben bei meinem Anrödeln. Sie hält genau auf uns zu.
Rechts, links, vor, hinter uns rasen die Boot mit Vollgas vorbei. Jupp: In
Sichtweite die erste Fähre nach San Fruttuoso! Das paßt heute alles! Das
6m-Rib torkelt in der Kreuzsee - aufgewühlt von den Booten und Schiffen.
"Wat mach` ich hier und jetzt eigentlich? Hmm..?" stellt sich mir die Frage
mit Blick auf die "Rasch-aua".
Antwort folgt auf dem Fuße: "Wracktauchen .. an der Genova! Darauf habe ich
Jahre gewartet! "Wir" sind hier mal gescheitert, ..dat war mal! Die 5,5 kn -
Strömung in Messina habe ich überlebt, im UBoot bis zum E-Maschinenraum bin
ich gewesen und die Orientierung 2mal an der Stanfield bei schlechter Sicht
auf offenem Meer verloren, Mitten im Fahrwasser in Dänemark aufgetaucht,
..wat jibbs jetze noch zu toppen? Die Birne von der Kreuzenden Black Pearl
abgesenst? Der Arsch in der High-speed-screw einer Fähre? "
DAS ALLES lese ich in den Augen meiner Freundin. Sie ist ruhigt , sagt nix
und befolgt dizipliniert und prompt meine Anweisungen; wir sind ein
eingespieltes Team.
Sie weiß, was mir die Taucherei - das Wracktauchen - bedeutet; sie weiß, daß
nichtsändernde Diskussionen mich eher nur nervös/unkonzentriert machen und
somit die möglichen Fehlerquellen erhöhen; sie weiß, daß ich sehr
dizipliniert geworden bin und abbreche, wenn Risiken unkalkulierbar werden;
sie weiß, daß es meinerseits kein Macho-Gehabe ist, wenn ich bei Solo-TG`s
klare Anweisungen ohne großes Bitte und Danke gebe; sie weiß, daß meine
Anweisungen durchdacht sind ..und _ich_ weiß, daß ich mich 100% auf sie
verlassen kann!
Und _wir_ wissen, daß es auch nennenswert gemeinsame , ruhige Tauchgänge
gibt, bei denen ich sie u.U. einstweilen an die Hand nehme... und über eine
Seegraswiese führe .. in 10m Tiefe.
Meine Freundin bekommt Order, die Boje mit dem Rib zu umkreisen - wenn
Gefahr droht, daß die Boje überkarrt wird. Ansonsten soll sie sich in der
unmittelbaren Nähe aufhalten und ggf. die Alpha-Flagge oben auf dem
Navi-Bügel sortieren, ggf. andere Boote anrufen / deutlich wegwinken.
Da die Taucher-Hühnerleiter in der Werft zur Verlängerung ist, werden
Klopfzeichen (Metall an Metall) nicht vereinbart, die kleine Badeleiter
achtern ist dafür zu weit weg.
Sie fährt ein sauberes Manöver, ich kippe ab. Es folgt noch ein Rundumblick
Überwasser, dann das Okay, und ich verschwinde (langsam) über Kopf im
Meer.....
Fortsetzung folgt...
(c) Rene Heese 2006
Hinweis: Entwurf, nicht auf Rechtschreibung geprüft.
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"Scheißääää.. ! Ooooch nööö!" immer wieder drückt mein linker Daumen den
Inflator-Lufteinlaß-Knopf. Es gurgelt, kluckst .. ich habe das Gefühl,
Wasser statt Luft strömt in mein Jacket. Im freien Fall überhole ich auf 30m
meinen Tauchpartner des D&QM Diving Center "Miguele" (Namen geändert).
Miguele ist vor mir abgetaucht und hat ordentlich Gas gegeben. Ich möchte
dran bleiben und ihm in nichts nachstehen, doch ist es jetzt an der Zeit,
den freien Fall zu bremsen .. das Wrack!
Bis 30m ist die Sicht außergewöhnlich gut. Doch jetzt ist die milchige
"Sprungschicht" in Sichtweite. Sie schimmert weiß, ist zum Greifen nahe und
verheißt nichts Gutes.
"Scheißäää.. man! Wat soll dat! Doch nicht jetzt!" .. der VIP-TG hat mich
100 Deutsche Mark gekostet. Nach langem hin und her hat sich das D&QM Diving
Center unter Murren und Maulen bereit erklärt, mir Miguele an`s Bein für
einen privaten Trip zum Frachter "Genova" zu binden und nun läuft es schief.
Ein gefundenes Fressen für die...
Kopfüber rausche ich an Miguele vorbei ..in die Tiefe. Das vorbeiströmende
Wasser zuppelt heftig an Maske und Regler.
"Ist das jetzt etwa schon der Grund?" denke ich mir bei 40m.
Ich rase in den dichten Nebel rein, mein rechter Arm ist vorgestreckt um das
Schlimmste zu vermeiden, muß ich doch sogleich mit einem Einschlag auf dem
Wrack rechnen. Es wird mir den Arm aufreißen, aber (hoffentlich) nicht die
Birne ..
verdammte Scheiße .. hiaa.
Doch es geht tiefer, immer noch tiefer. Ich habe das Gefühl in der Hölle zu
sein .. weiß nicht wo oben/unten ist.
Rausche ich gerade etwa durch den Schlick durch? Empfängt mich Neptun mit
Dreizack und Pferdefuß und roter Kriegsbemalung?
Ab 50m schließe ich mit allem ab! Es geht tiefer, noch tiefer.
Versuche, mich zu wenden, am Jacket zu nesteln oder etwas anderes gebe ich
auf; es heißt jetzt nur noch Schadensbegrenzung! Wenn, dann kommt in der
nächsten Sekunde das Wrack, und der Einschlag wird heftig. Der rechte Arm
bleibt starr vorraus. In der Hand halte ich die 100er Kowa; die soll als
Prellbock dienen.
Sie leuchtet, ..noch!
Der Nebel reflektiert das grelle Licht zur einer teuflischen Szene. Zum
In-die-Hosen-Scheißen ist keine Zeit,
die Gedanken sind angespannt. Was wird in den nächsten Sekunden sein! (?)
Der LI sieht mich mit starrem Blick und schweißgebadet an: "Boot ist nicht
zu halten, Hää Kaleu!"
"Ist schon gut, LI .. .. schon gut!"
.. daran habe ich damals, vor einigen Jahren natürlich _nicht_ gedacht!
Wwwwummmm..fllllluppp!
Das Licht ist aus!
Plötzlich ist`s zappenduster!
Der Arm gibt nach, beugt sich - knickt ein. Mein Gesicht spührt einen
komisch-schleimigen, weichen Druck. Es atmet sich "eigenartig".
Sofort hebe ich meinen Kopf, befreie mein Gesicht aus dem Schlamm ..
schüttel meine Birne hin und her, ..der Arm mit der 100erKowa steckt noch
drin.
Die Maske ist leicht verrutscht, aber noch da. Der Arm mit der Kowa wird
unter einem lächerlichen "Flupp" wie im Trickfilm aus dem Schlamm gezogen;
sogleich ist es wieder hell.
61,1 m zeigt die "Uhr"! Endstation! Der liebe Gott hat uns eine Schaufel
Sand unter`n Kiel geworfen...
(...)
Das war damals. Vor einigen Jahren.
Und was wird morgen?
Ich kann nicht schlafen. Es ist Freitag Abend, und in 2 Stunden soll es
losgehen .. nach Portofino .. zum Frachter "Genova". Ich stehe wieder auf
und gehe nach unten zu meinen Seekarten. Ein weiterer Blick darauf mit
Stechzirkel und aneinander reibenden Kursdreiecken kann nicht schaden...
Gegen 23 Uhr fahren wir los das Boot holen, 6.30 Uhr sind wir rechtzeitig in
Rapallo. Die Schranke zur Slipanlage öffnet Punkt 7 Uhr.
Eine halbe Stunde später ist das Boot im Wasser , und das Gerödel am Kai.
Ich muß los, gilt es doch nunmehr schnell einen Parkplatz für das Gespann zu
finden, die Chancen dafür sinken minutiös. Parkplätze .. ein Riesen-Problem
in Rapallo-S. Margherita- Portofino!
Die Freundin bleibt mit dem im Boot verstreut liegendem Geprätze alleine am
Kai zurück. Wir wollen uns dann in S. Margherita an der Mole treffen.
Ich weiß, daß zwischen S. Margherita und Portofino, zwischen Diskothek und
Bärluschkonis Hütte neben der schmalen Uferstrasse einige längs angeordnete
langgestreckte Parkplätze sind, die bis 8 Uhr selten voll ausgelastet sind,
da diese recht unpraktisch zu Bademöglichkeit, City, o.ä. liegen.
Der Leuchtenträger ist schnell montiert und eingeschoben. Mit quitschenden
Reifen geht`s ohne Hirn ab dafür... nicht nur die Italis können´s!
Woouuh .. Timing .. da passe ich doch komplett noch rein! Erstmal besetzen,
dann schnell abkuppeln, Trailer wenden, Karre wenden (denn Sonntags bei dem
Verkehr auf dieser engen Strasse geht nix mehr), ankuppeln, fettich!
Zigarette!
So: Bis Rapallo sind`s 7 km, bis S. Margherita (Mole) vielleicht 2; aber
diverhans hat mit Vorbedacht seinen Citi-Roller mitgebracht! ;-)
Ja, ich habe im Winter darauf bestanden, daß aus der Wirtschaftskasse so`n
Ding angeschafft wird, eben d`rum - für solche Zwecke. Dat Ding läßt sich
falten und über die Schulter hängen und ist im Nu hinreichend stabil
zusammengebaut... nur Fahren sollte man damit können. Egal, Kleinkinder
werden einfach in`s (kalte) Wasser geschmissen, so lernt es sich am besten.
In der Hektik ist , wie immer, dat komplette Blei im Wagen geblieben -
höchst ärgerlich. Schnell wird es in einen Stoffbeutel gelegt, dieser kommt
auf`s Trittbrett vom Roller. Allerdings ist nun kein Platz für die Hessen;
es bleibt mir nix anderes übrig, als dat jute Ding zu schieben .. brauche
ich wenigstens das Blei nicht tagen.
Die Freundin wird per Handy präzise dirigiert, legt sauber an der Pier
zwischen den anderen Dampfern an, fettich, Abmarsch!
Es ist noch früher Morgen, büschen grocky bin ich doch, aber es kribbelt
unter den Nägeln; wenigstens den 4000 Tonnen Frachter upp`n Fishfinder
haben... erstmal. Weiß ich doch, daß meine Positionsangaben unpräzise sind.
Für eine Kreuzpeilung stand mir damals nicht der Sinn danach.
Ungefähr und überhaupt bin ich recht nahe am Platz, da dümpeln 2
Fischerboote in der Nähe.
Klarer Fall:
Wrack = Fisch!
großes Wrack = viel Fisch!
Viel Fisch = Fischer/Angler - am frühen Morgen!
Fischer/Angler am frühen Morgen = event. ein Wrack!
In Schleichfahrt nähern wir uns den Booten. Diese schauen argwöhnisch zu uns
herüber.
Bong! Von 61m springt der Fishfinder auf 47m (ich bin ihm genau über die
Aufbauten gekarrt)! Grins .. dat reicht, Fingertipp auf `s GPS-Gerät (die
Mark - Taste) und Beidrehen! Ich kann eh noch nicht gleich in`s Wasser,
erstmal zur Ruhe kommen...
Unser Dampfer sieht noch aus wie Sau; alles liegt wie Kraut und Rüben. Ich
möchte eh noch die Zeit nutzen um Ordnung zu schaffen. Dazu fahren wir
östlich raus. Es ist absolute Flaute und die See spiegelglatt, die Sonne
lacht. Ich werde die kleine Tour nach außerhalb zudem nutzen, um dort nach
einem weitern Wrack zu suchen. Es soll auf 40m liegen, die Position habe ich
einer Seekarte entnommen.
Nach einer guten Stunde Gitternetz-Suchmusterfahrt gebe ich auf; hier ist
nix, nur platter Grund. Der Tag verrinnt.
12 Uhr, ich werde nervös und es brennt mittlerweile regelrecht unter den
Nägeln; Kurs "Genova"!
Die "Genova":
Frachter, Italien, Bj.: 1904, Länge: etwas über 100m, ca. 4000 Tonnen,
gesunken 27.07.1917 nach Torpedotreffer in LR1 (Stb.) eines Deutschen
U-Bootes;
Der Dampfer hatte sich noch nach Portofino mit eigener Kraft geschleppt, an
einem Schwimm-Ponton in der Bucht von Portofino festgemacht und ist 8h
später dort über Bug gesunken. Er liegt auf ebenen Kiel in 61m Tiefe und ist
_vollständig_ intakt!
Die Sicht am Wrack ist von 365 Tagen 360 Tage einfach scheiße. Der
Meeresboden hier ist mit feinstem Sediment bedeck. Herrscht auch nur die
geringste Strömung, ist ab 40m dichter Nebel. Die "5" Tage der guten Sicht
findet man höchstens im Sommer, garantiert nicht jetzt im Frühjahr .. zudem
zur Blütezeit des Meeres.
Erschwerend kommt hinzu, daß ab Vormittag am Wochenende der Sportboot- und
Fährenverkehr stetig zunimmt; liegt doch der Spot genau im "Fahrwasser".
Hier muß alles - absolut alles- vorbei, was nach Rapallo-S. Margherita-
Portofino will oder von dort kommt.
Die Fischerboote sind weg: Entweder von dem jetzt regen Schiffs- und
Bootsverkehr einfach über den Haufen gekarrt oder sie haben noch rechtzeitig
die Kurve gekratzt.
Die Alpha-Flagge (Achtung: Taucher, bitte 300m Abstand halten) kennt jeder,
aber keiner hält sich daran; daß weiß ich nur zu gut! Was die Italiener auf
der Strasse treiben, findet seinen Meister auf dem Wasser: Kurzer Puller -
fettes Boot - Vollgas .. damit "er" länger erscheint und ggf. willige
Weibchen beeindruckt. Naja, kennen wir aus der ... hmm ... Tierwelt.
Die Manöver klappen 1A: Der Frachter wird mehrfach aus verschiedenen
Richtungen überfahren, um die Lage zu bekommen. Schnell steht fest: Er
erstreckt sich von 60°E nach 240°W.
Ich entscheide mich für die 60-west.
Es springt der Fishfinder von 50m auf 60m (Grund). Sofort Aufstoppen; das
7kg Bleilot der Markierungs- und Abtauchboje fliegt über Bord, die
30-30-10m - Leine lasse ich locker durch die Hände gleiten. Perfekt! Ich
halte noch ca. 10m Leine lose; das Lot liegt auf Grund - nicht auf dem
Wrack. Vorschiff oder Achterschiff? Das ist egal - werde ich ja dann sehen.
Den 7mm Halbtrocki habe ich bereits an, das 40L-Superwing mit D12 ist
Vor-Gerödelt. Auf Klimbim wird hier und heute absolut verzichtet; keine
Deco-Boje, kein Waden-Hauptmesser (nur scharfes Jacketmesser am Inflator),
kein Sammelnetz, keine Beintaschen, kein Sauerstoff .. nur ein Abyss und ein
Apex, sowie Deco-Tab. und 100er Kowa und 2 Computer auf Gaugh-Modus.
Oh Gott! Da kommt auch schon nahezu geräuschlos die "Black Pearl" (so habe
ich sie getauft) von der schwachen Brise Wind getrieben ! Ein Einmaster,
über 50m lang, schwarzer Rumpf - schwarze Segel, der Mast so hoch wie der
Eifelturm - ein Gigant der Meere!
Wir sind etwas abgetrieben bei meinem Anrödeln. Sie hält genau auf uns zu.
Rechts, links, vor, hinter uns rasen die Boot mit Vollgas vorbei. Jupp: In
Sichtweite die erste Fähre nach San Fruttuoso! Das paßt heute alles! Das
6m-Rib torkelt in der Kreuzsee - aufgewühlt von den Booten und Schiffen.
"Wat mach` ich hier und jetzt eigentlich? Hmm..?" stellt sich mir die Frage
mit Blick auf die "Rasch-aua".
Antwort folgt auf dem Fuße: "Wracktauchen .. an der Genova! Darauf habe ich
Jahre gewartet! "Wir" sind hier mal gescheitert, ..dat war mal! Die 5,5 kn -
Strömung in Messina habe ich überlebt, im UBoot bis zum E-Maschinenraum bin
ich gewesen und die Orientierung 2mal an der Stanfield bei schlechter Sicht
auf offenem Meer verloren, Mitten im Fahrwasser in Dänemark aufgetaucht,
..wat jibbs jetze noch zu toppen? Die Birne von der Kreuzenden Black Pearl
abgesenst? Der Arsch in der High-speed-screw einer Fähre? "
DAS ALLES lese ich in den Augen meiner Freundin. Sie ist ruhigt , sagt nix
und befolgt dizipliniert und prompt meine Anweisungen; wir sind ein
eingespieltes Team.
Sie weiß, was mir die Taucherei - das Wracktauchen - bedeutet; sie weiß, daß
nichtsändernde Diskussionen mich eher nur nervös/unkonzentriert machen und
somit die möglichen Fehlerquellen erhöhen; sie weiß, daß ich sehr
dizipliniert geworden bin und abbreche, wenn Risiken unkalkulierbar werden;
sie weiß, daß es meinerseits kein Macho-Gehabe ist, wenn ich bei Solo-TG`s
klare Anweisungen ohne großes Bitte und Danke gebe; sie weiß, daß meine
Anweisungen durchdacht sind ..und _ich_ weiß, daß ich mich 100% auf sie
verlassen kann!
Und _wir_ wissen, daß es auch nennenswert gemeinsame , ruhige Tauchgänge
gibt, bei denen ich sie u.U. einstweilen an die Hand nehme... und über eine
Seegraswiese führe .. in 10m Tiefe.
Meine Freundin bekommt Order, die Boje mit dem Rib zu umkreisen - wenn
Gefahr droht, daß die Boje überkarrt wird. Ansonsten soll sie sich in der
unmittelbaren Nähe aufhalten und ggf. die Alpha-Flagge oben auf dem
Navi-Bügel sortieren, ggf. andere Boote anrufen / deutlich wegwinken.
Da die Taucher-Hühnerleiter in der Werft zur Verlängerung ist, werden
Klopfzeichen (Metall an Metall) nicht vereinbart, die kleine Badeleiter
achtern ist dafür zu weit weg.
Sie fährt ein sauberes Manöver, ich kippe ab. Es folgt noch ein Rundumblick
Überwasser, dann das Okay, und ich verschwinde (langsam) über Kopf im
Meer.....
Fortsetzung folgt...
(c) Rene Heese 2006
Hinweis: Entwurf, nicht auf Rechtschreibung geprüft.


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