Frachter "Genova",Bericht,Teil 1

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  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #1

    Frachter "Genova",Bericht,Teil 1

    Frachter "Genova", Portofino (27./28.05.06), Reisebericht
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    Teil 1
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    "Scheißääää.. ! Ooooch nööö!" immer wieder drückt mein linker Daumen den
    Inflator-Lufteinlaß-Knopf. Es gurgelt, kluckst .. ich habe das Gefühl,
    Wasser statt Luft strömt in mein Jacket. Im freien Fall überhole ich auf 30m
    meinen Tauchpartner des D&QM Diving Center "Miguele" (Namen geändert).
    Miguele ist vor mir abgetaucht und hat ordentlich Gas gegeben. Ich möchte
    dran bleiben und ihm in nichts nachstehen, doch ist es jetzt an der Zeit,
    den freien Fall zu bremsen .. das Wrack!
    Bis 30m ist die Sicht außergewöhnlich gut. Doch jetzt ist die milchige
    "Sprungschicht" in Sichtweite. Sie schimmert weiß, ist zum Greifen nahe und
    verheißt nichts Gutes.

    "Scheißäää.. man! Wat soll dat! Doch nicht jetzt!" .. der VIP-TG hat mich
    100 Deutsche Mark gekostet. Nach langem hin und her hat sich das D&QM Diving
    Center unter Murren und Maulen bereit erklärt, mir Miguele an`s Bein für
    einen privaten Trip zum Frachter "Genova" zu binden und nun läuft es schief.
    Ein gefundenes Fressen für die...

    Kopfüber rausche ich an Miguele vorbei ..in die Tiefe. Das vorbeiströmende
    Wasser zuppelt heftig an Maske und Regler.
    "Ist das jetzt etwa schon der Grund?" denke ich mir bei 40m.
    Ich rase in den dichten Nebel rein, mein rechter Arm ist vorgestreckt um das
    Schlimmste zu vermeiden, muß ich doch sogleich mit einem Einschlag auf dem
    Wrack rechnen. Es wird mir den Arm aufreißen, aber (hoffentlich) nicht die
    Birne ..
    verdammte Scheiße .. hiaa.
    Doch es geht tiefer, immer noch tiefer. Ich habe das Gefühl in der Hölle zu
    sein .. weiß nicht wo oben/unten ist.
    Rausche ich gerade etwa durch den Schlick durch? Empfängt mich Neptun mit
    Dreizack und Pferdefuß und roter Kriegsbemalung?
    Ab 50m schließe ich mit allem ab! Es geht tiefer, noch tiefer.
    Versuche, mich zu wenden, am Jacket zu nesteln oder etwas anderes gebe ich
    auf; es heißt jetzt nur noch Schadensbegrenzung! Wenn, dann kommt in der
    nächsten Sekunde das Wrack, und der Einschlag wird heftig. Der rechte Arm
    bleibt starr vorraus. In der Hand halte ich die 100er Kowa; die soll als
    Prellbock dienen.
    Sie leuchtet, ..noch!
    Der Nebel reflektiert das grelle Licht zur einer teuflischen Szene. Zum
    In-die-Hosen-Scheißen ist keine Zeit,
    die Gedanken sind angespannt. Was wird in den nächsten Sekunden sein! (?)

    Der LI sieht mich mit starrem Blick und schweißgebadet an: "Boot ist nicht
    zu halten, Hää Kaleu!"
    "Ist schon gut, LI .. .. schon gut!"
    .. daran habe ich damals, vor einigen Jahren natürlich _nicht_ gedacht!

    Wwwwummmm..fllllluppp!
    Das Licht ist aus!
    Plötzlich ist`s zappenduster!
    Der Arm gibt nach, beugt sich - knickt ein. Mein Gesicht spührt einen
    komisch-schleimigen, weichen Druck. Es atmet sich "eigenartig".
    Sofort hebe ich meinen Kopf, befreie mein Gesicht aus dem Schlamm ..
    schüttel meine Birne hin und her, ..der Arm mit der 100erKowa steckt noch
    drin.
    Die Maske ist leicht verrutscht, aber noch da. Der Arm mit der Kowa wird
    unter einem lächerlichen "Flupp" wie im Trickfilm aus dem Schlamm gezogen;
    sogleich ist es wieder hell.
    61,1 m zeigt die "Uhr"! Endstation! Der liebe Gott hat uns eine Schaufel
    Sand unter`n Kiel geworfen...

    (...)

    Das war damals. Vor einigen Jahren.
    Und was wird morgen?
    Ich kann nicht schlafen. Es ist Freitag Abend, und in 2 Stunden soll es
    losgehen .. nach Portofino .. zum Frachter "Genova". Ich stehe wieder auf
    und gehe nach unten zu meinen Seekarten. Ein weiterer Blick darauf mit
    Stechzirkel und aneinander reibenden Kursdreiecken kann nicht schaden...

    Gegen 23 Uhr fahren wir los das Boot holen, 6.30 Uhr sind wir rechtzeitig in
    Rapallo. Die Schranke zur Slipanlage öffnet Punkt 7 Uhr.
    Eine halbe Stunde später ist das Boot im Wasser , und das Gerödel am Kai.
    Ich muß los, gilt es doch nunmehr schnell einen Parkplatz für das Gespann zu
    finden, die Chancen dafür sinken minutiös. Parkplätze .. ein Riesen-Problem
    in Rapallo-S. Margherita- Portofino!
    Die Freundin bleibt mit dem im Boot verstreut liegendem Geprätze alleine am
    Kai zurück. Wir wollen uns dann in S. Margherita an der Mole treffen.
    Ich weiß, daß zwischen S. Margherita und Portofino, zwischen Diskothek und
    Bärluschkonis Hütte neben der schmalen Uferstrasse einige längs angeordnete
    langgestreckte Parkplätze sind, die bis 8 Uhr selten voll ausgelastet sind,
    da diese recht unpraktisch zu Bademöglichkeit, City, o.ä. liegen.
    Der Leuchtenträger ist schnell montiert und eingeschoben. Mit quitschenden
    Reifen geht`s ohne Hirn ab dafür... nicht nur die Italis können´s!
    Woouuh .. Timing .. da passe ich doch komplett noch rein! Erstmal besetzen,
    dann schnell abkuppeln, Trailer wenden, Karre wenden (denn Sonntags bei dem
    Verkehr auf dieser engen Strasse geht nix mehr), ankuppeln, fettich!
    Zigarette!
    So: Bis Rapallo sind`s 7 km, bis S. Margherita (Mole) vielleicht 2; aber
    diverhans hat mit Vorbedacht seinen Citi-Roller mitgebracht! ;-)
    Ja, ich habe im Winter darauf bestanden, daß aus der Wirtschaftskasse so`n
    Ding angeschafft wird, eben d`rum - für solche Zwecke. Dat Ding läßt sich
    falten und über die Schulter hängen und ist im Nu hinreichend stabil
    zusammengebaut... nur Fahren sollte man damit können. Egal, Kleinkinder
    werden einfach in`s (kalte) Wasser geschmissen, so lernt es sich am besten.
    In der Hektik ist , wie immer, dat komplette Blei im Wagen geblieben -
    höchst ärgerlich. Schnell wird es in einen Stoffbeutel gelegt, dieser kommt
    auf`s Trittbrett vom Roller. Allerdings ist nun kein Platz für die Hessen;
    es bleibt mir nix anderes übrig, als dat jute Ding zu schieben .. brauche
    ich wenigstens das Blei nicht tagen.

    Die Freundin wird per Handy präzise dirigiert, legt sauber an der Pier
    zwischen den anderen Dampfern an, fettich, Abmarsch!
    Es ist noch früher Morgen, büschen grocky bin ich doch, aber es kribbelt
    unter den Nägeln; wenigstens den 4000 Tonnen Frachter upp`n Fishfinder
    haben... erstmal. Weiß ich doch, daß meine Positionsangaben unpräzise sind.
    Für eine Kreuzpeilung stand mir damals nicht der Sinn danach.
    Ungefähr und überhaupt bin ich recht nahe am Platz, da dümpeln 2
    Fischerboote in der Nähe.
    Klarer Fall:
    Wrack = Fisch!
    großes Wrack = viel Fisch!
    Viel Fisch = Fischer/Angler - am frühen Morgen!
    Fischer/Angler am frühen Morgen = event. ein Wrack!
    In Schleichfahrt nähern wir uns den Booten. Diese schauen argwöhnisch zu uns
    herüber.
    Bong! Von 61m springt der Fishfinder auf 47m (ich bin ihm genau über die
    Aufbauten gekarrt)! Grins .. dat reicht, Fingertipp auf `s GPS-Gerät (die
    Mark - Taste) und Beidrehen! Ich kann eh noch nicht gleich in`s Wasser,
    erstmal zur Ruhe kommen...

    Unser Dampfer sieht noch aus wie Sau; alles liegt wie Kraut und Rüben. Ich
    möchte eh noch die Zeit nutzen um Ordnung zu schaffen. Dazu fahren wir
    östlich raus. Es ist absolute Flaute und die See spiegelglatt, die Sonne
    lacht. Ich werde die kleine Tour nach außerhalb zudem nutzen, um dort nach
    einem weitern Wrack zu suchen. Es soll auf 40m liegen, die Position habe ich
    einer Seekarte entnommen.

    Nach einer guten Stunde Gitternetz-Suchmusterfahrt gebe ich auf; hier ist
    nix, nur platter Grund. Der Tag verrinnt.
    12 Uhr, ich werde nervös und es brennt mittlerweile regelrecht unter den
    Nägeln; Kurs "Genova"!

    Die "Genova":
    Frachter, Italien, Bj.: 1904, Länge: etwas über 100m, ca. 4000 Tonnen,
    gesunken 27.07.1917 nach Torpedotreffer in LR1 (Stb.) eines Deutschen
    U-Bootes;
    Der Dampfer hatte sich noch nach Portofino mit eigener Kraft geschleppt, an
    einem Schwimm-Ponton in der Bucht von Portofino festgemacht und ist 8h
    später dort über Bug gesunken. Er liegt auf ebenen Kiel in 61m Tiefe und ist
    _vollständig_ intakt!

    Die Sicht am Wrack ist von 365 Tagen 360 Tage einfach scheiße. Der
    Meeresboden hier ist mit feinstem Sediment bedeck. Herrscht auch nur die
    geringste Strömung, ist ab 40m dichter Nebel. Die "5" Tage der guten Sicht
    findet man höchstens im Sommer, garantiert nicht jetzt im Frühjahr .. zudem
    zur Blütezeit des Meeres.
    Erschwerend kommt hinzu, daß ab Vormittag am Wochenende der Sportboot- und
    Fährenverkehr stetig zunimmt; liegt doch der Spot genau im "Fahrwasser".
    Hier muß alles - absolut alles- vorbei, was nach Rapallo-S. Margherita-
    Portofino will oder von dort kommt.
    Die Fischerboote sind weg: Entweder von dem jetzt regen Schiffs- und
    Bootsverkehr einfach über den Haufen gekarrt oder sie haben noch rechtzeitig
    die Kurve gekratzt.

    Die Alpha-Flagge (Achtung: Taucher, bitte 300m Abstand halten) kennt jeder,
    aber keiner hält sich daran; daß weiß ich nur zu gut! Was die Italiener auf
    der Strasse treiben, findet seinen Meister auf dem Wasser: Kurzer Puller -
    fettes Boot - Vollgas .. damit "er" länger erscheint und ggf. willige
    Weibchen beeindruckt. Naja, kennen wir aus der ... hmm ... Tierwelt.

    Die Manöver klappen 1A: Der Frachter wird mehrfach aus verschiedenen
    Richtungen überfahren, um die Lage zu bekommen. Schnell steht fest: Er
    erstreckt sich von 60°E nach 240°W.
    Ich entscheide mich für die 60-west.
    Es springt der Fishfinder von 50m auf 60m (Grund). Sofort Aufstoppen; das
    7kg Bleilot der Markierungs- und Abtauchboje fliegt über Bord, die
    30-30-10m - Leine lasse ich locker durch die Hände gleiten. Perfekt! Ich
    halte noch ca. 10m Leine lose; das Lot liegt auf Grund - nicht auf dem
    Wrack. Vorschiff oder Achterschiff? Das ist egal - werde ich ja dann sehen.
    Den 7mm Halbtrocki habe ich bereits an, das 40L-Superwing mit D12 ist
    Vor-Gerödelt. Auf Klimbim wird hier und heute absolut verzichtet; keine
    Deco-Boje, kein Waden-Hauptmesser (nur scharfes Jacketmesser am Inflator),
    kein Sammelnetz, keine Beintaschen, kein Sauerstoff .. nur ein Abyss und ein
    Apex, sowie Deco-Tab. und 100er Kowa und 2 Computer auf Gaugh-Modus.

    Oh Gott! Da kommt auch schon nahezu geräuschlos die "Black Pearl" (so habe
    ich sie getauft) von der schwachen Brise Wind getrieben ! Ein Einmaster,
    über 50m lang, schwarzer Rumpf - schwarze Segel, der Mast so hoch wie der
    Eifelturm - ein Gigant der Meere!
    Wir sind etwas abgetrieben bei meinem Anrödeln. Sie hält genau auf uns zu.
    Rechts, links, vor, hinter uns rasen die Boot mit Vollgas vorbei. Jupp: In
    Sichtweite die erste Fähre nach San Fruttuoso! Das paßt heute alles! Das
    6m-Rib torkelt in der Kreuzsee - aufgewühlt von den Booten und Schiffen.

    "Wat mach` ich hier und jetzt eigentlich? Hmm..?" stellt sich mir die Frage
    mit Blick auf die "Rasch-aua".
    Antwort folgt auf dem Fuße: "Wracktauchen .. an der Genova! Darauf habe ich
    Jahre gewartet! "Wir" sind hier mal gescheitert, ..dat war mal! Die 5,5 kn -
    Strömung in Messina habe ich überlebt, im UBoot bis zum E-Maschinenraum bin
    ich gewesen und die Orientierung 2mal an der Stanfield bei schlechter Sicht
    auf offenem Meer verloren, Mitten im Fahrwasser in Dänemark aufgetaucht,
    ..wat jibbs jetze noch zu toppen? Die Birne von der Kreuzenden Black Pearl
    abgesenst? Der Arsch in der High-speed-screw einer Fähre? "
    DAS ALLES lese ich in den Augen meiner Freundin. Sie ist ruhigt , sagt nix
    und befolgt dizipliniert und prompt meine Anweisungen; wir sind ein
    eingespieltes Team.

    Sie weiß, was mir die Taucherei - das Wracktauchen - bedeutet; sie weiß, daß
    nichtsändernde Diskussionen mich eher nur nervös/unkonzentriert machen und
    somit die möglichen Fehlerquellen erhöhen; sie weiß, daß ich sehr
    dizipliniert geworden bin und abbreche, wenn Risiken unkalkulierbar werden;
    sie weiß, daß es meinerseits kein Macho-Gehabe ist, wenn ich bei Solo-TG`s
    klare Anweisungen ohne großes Bitte und Danke gebe; sie weiß, daß meine
    Anweisungen durchdacht sind ..und _ich_ weiß, daß ich mich 100% auf sie
    verlassen kann!
    Und _wir_ wissen, daß es auch nennenswert gemeinsame , ruhige Tauchgänge
    gibt, bei denen ich sie u.U. einstweilen an die Hand nehme... und über eine
    Seegraswiese führe .. in 10m Tiefe.

    Meine Freundin bekommt Order, die Boje mit dem Rib zu umkreisen - wenn
    Gefahr droht, daß die Boje überkarrt wird. Ansonsten soll sie sich in der
    unmittelbaren Nähe aufhalten und ggf. die Alpha-Flagge oben auf dem
    Navi-Bügel sortieren, ggf. andere Boote anrufen / deutlich wegwinken.
    Da die Taucher-Hühnerleiter in der Werft zur Verlängerung ist, werden
    Klopfzeichen (Metall an Metall) nicht vereinbart, die kleine Badeleiter
    achtern ist dafür zu weit weg.

    Sie fährt ein sauberes Manöver, ich kippe ab. Es folgt noch ein Rundumblick
    Überwasser, dann das Okay, und ich verschwinde (langsam) über Kopf im
    Meer.....


    Fortsetzung folgt...


    (c) Rene Heese 2006


    Hinweis: Entwurf, nicht auf Rechtschreibung geprüft.






    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!
  • Dirk.R.
    Heerführer


    • 25.12.2004
    • 6906
    • Dorf

    #2
    fortsetzung.....

    WANN ...her mit dem stoff .

    Kommentar

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