Das ElGouna-Abenteuer, Bericht

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  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #1

    Das ElGouna-Abenteuer, Bericht

    Moin ihr Lieben;

    damit ich nicht vollständig (bei euch) in Vergessenheit gerate, hier im Folgenden ein aktueller Bericht (Kurz-Roman) meinerseits. Vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen .. viel Spaß beim Lesen.

    Lg., euer Rene
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!
  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #2
    Die neue Tauchsaison hat begonnen, und sie beginnt mit einer gebuchten Pauschalreise nach El Gouna. Ich habe für den Sommer 2007 eine „Urlaubssperre“ bekommen, denn auch BW führt den „Führerschein ab 17“ ein. So werde ich in diesem Jahr mein Rib eher weniger nutzen können, und so beschließen wir nicht bis Pfingsten abzuwarten – dort haben wir die ersten zwei regulären Wochen Urlaub geplant – sondern von El Gouna aus möglichst die von mir noch nicht betauchten Klassiker des Roten Meeres (Wracks) zu besuchen.
    Im Vorfeld ist der Kontakt mit der „Basis unseres Vertrauens“ via Email schnell aufgenommen. Man sichert uns von dort her freies Tauchen zu, ebenso eine tägliche Batterie an Tauchflaschen mit Wunschgemisch und ebenso die Möglichkeit des Anfahrens der Wracks in Abhängigkeit der Wetterverhältnisse. Ich im Gegenzug verspreche hinreichend, frische Wurst, Käse und Schwarzbrot mitzubringen.

    Am Flughafen reihe ich mich zusammen mit meiner Freundin in die Warteschlange am Schalter ein. Wenige Taucher entdecke ich; aber viele meist ältere Leute, die gleich meiner die Schnautze vom Winter voll haben – auch wenn er diesmal milde ausgefallen ist.
    Im Augenwinkel erspähe ich ein mitten in der Halle geparktes Auto. Entsetzt über so viel Unverfrorenheit melde ich mich bei meiner Freundin ab um der Sache als TÜFF-Ingenieur mit amtlichen Befugnissen detektivisch nachzugehen. Es ist ein silbergrauer Mercedes ohne amtliche Nummernschilder, welcher auf einem niedrig gehaltenen Podest tront. Dieser offensichtliche Verstoß gegen die StVO ist auch anderen Reisenden nicht unverborgen geblieben – einige bleiben stehen und glotzen blöde. Aber die wenigsten regen sich darüber auf; im Grunde genommen bin ich der Einzige und errege damit sogleich Aufmerksamkeit. Ein von mir eiligst herbeigerufener Beamter klärt die Sachlage und teilt mir und anderen älteren Herrschaften mit, dass es in soweit in Ordnung sei; es handele sich um eine einmalige Sondergenehmigung für ein stadtbekanntes Autohaus, welches zu Werbezwecken diesen brandneuen PKW im Rahmen dessen hier abgestellt hat. Ich kratze mir den Kopf und denke darüber nach, mir ebenfalls so eine Sondergenehmigung zu besorgen – bräuchte ich dann doch nicht so weit meine Koffer schleppen …

    Im Flieger sitzt außen am Gang und somit wieder einmal neben mir ein recht netter Herr – er grinst mich nach dem Platznehmen an und wünscht einen guten Tag. Er hat nun 4,25 Stunden Zeit, die ehemalige DDR auseinander zu nehmen. Der nette Herr lässt nicht ein einziges gutes Haar an der ehemaligen DDR - scheinbar darum, weil er als Dresdner während eines Spazierganges mit seiner Freundin im äußersten Nordwesten - verbotenerweise im Grenzgebiet - erwischt und beide verhaftet wurden. Zudem beschwerte er sich, dass man ihm sein kleines Gummiboot auch nicht wieder gegeben hätte – nach den vielen Jahren der Haft. Ich habe ihm versucht zu erklären, dass es mir vor einem halben Jahr letztmalig ähnlich erging - im Grenzgebiet der Schweiz - nur dass ich statt eines kleinen Gummibootes ein größeres dabei hatte und ich wiederholt ungeschoren davon gekommen sei. Danach hat er sich mit mir leider nicht mehr unterhalten. Auch nicht schlecht, so konnte ich wenigstens etwas vor der Landung meine Augen und Ohren schließen, von den Wracks des Roten Meeres träumen und mich mental auf die kommenden Abenteuer einstellen.

    Es ist gegen 23 Uhr, als es an der Tür klopft und der Kofferträger vier schwere Gepäckstücke in unseren Wasserbungalow rückt. Dabei schwitzt er die schönen Fliesen voll und auch eine der Tauchtaschen. Einen Dollar rücke ich bereitwillig raus.
    Schnell geht es noch in das Restaurant. Es soll noch etwas Warmes auf der Platte sein, für die die all inklusiv gebucht haben. Es schmeckt nicht und ist zudem auch nur noch lauwarm. Aber ein sattes Bäuchi ist viel wert. Dabei denke ich an die leckere Wurst und das frische Schwarzbrot in meinem Gepäck!
    Zwei Mücken werden erschlagen, danach das Licht ausgeknipst, danach noch einmal laut gerülpst und danach die Augenlider geschlossen. Immerhin müssen wir morgen kurz vor 8 Uhr an der Tauchbasis „Tauchen verbindet“ sein.
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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    • diverhans
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      • 03.11.2005
      • 443
      • BW

      #3
      Sonntag, 11.03.2007:
      Ein herrlicher Morgen ist das! Die Sonne lacht uns vom Horizont zu, kein einziges Lüftchen weht und wir sind die Ersten im Frühstückssaal. Der Kaffee ist scheiße – aber das war mir vorher klar und darum ist mein Glück auch nicht getrübt. Es gibt wie beim letzten Aufenthalt in Ägypten lediglich Eier, Brötchen und abgepackte Butter; die Scheißerei soll sich in Grenzen halten.
      Kurz vor acht sind wir dann mit Sack und Pack vor der Tauchbasis, welche Gott sei Dank nur einige Meter von unserem Quartier und dem Frühstückssaal entfernt liegt. Es ist in soweit noch keiner da, dass ich einen alten Kumpel mit seiner Ische begrüßen kann: Wie vor geschlagenen sieben Jahren sind die beiden immer noch in der selben versteinerten Pose anzutreffen, eben nur an einem anderen Ort. Wer hat die bloß hier her gebiemt?
      Es ist der stets jung bleibende Afroamerikaner mit seiner blonden weißen Freundin, welche - auch wie damals - immer noch den Bauch einzieht. Der junge Mann grinst wie immer und zieht unter Schmerzen seine Mundwinkel dem reißen nahe auseinander, sodass seine makellosen Zähne strahlend weis blitzen. Seine Frisur sitzt. Seine Ische hat auch wie damals ihren Kopf leicht in den Nacken geworfen und grinst ebenso. Auch ihre Frisur ist perfekt! Beide toben aus dem Wasser, auch wie damals. Alles ist wie damals, nur die Farbe des Werbeposters von PAID ist hässlich ausgeblichen. Das tut der Schönheit dieser beiden motivierten (angeblichen) Taucher aber nichts. Man wirbt mich auf diesem Poster – auch wie damals – mit dem Babbelmehken zu beginnen und als Korsdeirektor zu enden. Man, Leute, dabei bin ich momentan auf dem besten Wege Niederlassungsleiter beim TÜFF zu werden. Ich möchte kein Korsdeirektor mehr werden. Ich gebe das meinem alten Kumpel deutlich zu verstehen, doch dieser grinst einfach nur blöd weiter. Ich stelle nun fest, dass er es ist, welcher sich nicht weiterentwickelt hat und zünde mir beruhigt eine HB an.
      Türen schlagen. Derweilen ist ein alter Toyota herangebraust. Ein gemütlich aussehender Mann und eine hübsche junge Frau steigen aus dem Gefährt.
      „Irch bin Conny“ sagt die junge Frau.
      „Und ich bin Rob.“ sagt der Mann.
      „Und ich bin der mit dem Sack hier voller Wurst – oder besser: diverhans.“ grinse ich die beiden an. „Und das hier ist meine Freundin.“ ergänze ich und breite die Vakuumsäckchen auf der Theke aus. Ein erstes Leuchten in vier Augen erblicke ich. Eigentlich war der Deal, dass die Besatzung der Basis meine Mitbringsel nach dem ersten Wrack kriegen soll. Da aber kein Lüftchen weht und die Sonne scheint, mache ich mir um meine Wracks keine Sorgen und reiche alles bereitwillig herüber.
      „Wo fahren wir denn heute hin?“ frage ich, nachdem die 2,5 kg Nahrungsmittel im Hinterzimmer verschwunden sind. „Geht’s nach Shab abu Nuhas oder zum alten Moller seine Tochter?“
      „Wirch fahren heute zum Spot „anchor“ Riirchtung Hurghada.“ sagt die hübsche Conny im niedlichen Schweizer Dialekt.
      „Hihi… Schweizer Humor, was?“ grinse ich breit zurück.
      „Nain, wirch waren gestern und vorgestern bei den Wchracks. Das können wirch heute niercht norch mal.“
      Ich kratze meinen Kopf: „Dat is jetzt dein Ernst? … Oder … doch Schweizer Humor? Komm, sach jetz wat … wat ich hören will … bitte!“ meine Schuppen haben nun schon eine leichte Schneedecke auf dem Tresen gebildet – doch zum Skifahren würde es noch nicht reichen.
      „Der Platz ist rercht hübsch!“ sagt sie völlig überzeugt von ihren Plan, sich gleich von mir töten zu lassen.
      „Wie tief?“ ist meine nächste Frage.
      „So etwarch 15 Meterch.“ Grinst sie hübsch zurück.
      Ich schaue meine Freundin wortlos an; diese geht einige Schritte rückwärts. Ich kratze immer noch meinen Kopf – jetzt allerdings sprachlos.
      „Komm mal mit raus!“ packt sie mich nun am Ärmel...

      „Okay.“ komme ich wieder rein. „Was braucht ihr an Kärtchen wegen der Formalitäten?“ dabei blättere ich einem Skat - Grand Hand gleich, alles vom Babbelmehker bis zum CMAS 3 Sterne auf.
      „Wer von euch beiden kann spanisch?“ frage ich zudem und reiche das spanische Gesundheitszeugnis rüber.
      „Ihr wollt doch Nitrox tauchen?“ fragt Rob der Holländer. „Wo ist denn euer Nitroxbrevet?“
      „Man, das habe ich zu Hause vergessen! Das habe ich euch doch klar und deutlich schon vor 3 Wochen gemailt!“ erwidere ich etwas barsch. „Und meine Freundin hat das auch zu Hause vergessen; das habe ich auch vor 3 Wochen gemailt! Aber guck hier…“ wende ich mich wieder Conny zu „ … hier habe ich mein CMAS-Pass! Da steht alles drinnn!“ betone ich deutlich und schlage - den Blicken des Holländers fern – eine leere Seite auf.
      „Ja.“ sagt sie etwas verwirrt.
      „Siehst du, ist doch alles in Ordnung!“ und schlage das Büchlein mit einem lauten Klappgeräusch zu.
      „Geht das dann mit der Flaschen-Armada klar?“ frage ich um das leidige Kärtchenthema zu wechseln.
      „Ja, ist schon alles an Bord.“ grinst mich Conny freundlich an. Ich denke, sie ist sich ihrer Todesgefahr nicht wirklich bewusst. Vielleicht liegt es daran, dass der Holländer recht kräftiger Statur ist und recht fitt wirkt.
      „Okay, dann lass uns den Scheiß-Kram auspacken!“ wende ich mich mittelprächtig verärgert meiner Freundin zu. Es fällt mir schwer zu grinsen, dennoch tue ich `s. So habe ich doch noch was von PAID gelernt.

      Die Fahrt auf dem Tauchdampfer zum vermeintlichen Höhepunkt des heutigen Tages genieße ich in vollen Zügen. Endlich bin ich wieder auf dem Meer. Das herrliche Blau und die strahlende Sonne entschädigen mich für den durchlebten grauen Winter in Deutschland unter Öl tropfenden Autos. Endlich kann ich wieder Tauchen – auch wenn es heute nicht zu den Wracks geht, auf die ich nun schon viele Jahre warte. Endlich kann ich meine Arme Unterwasser ausbreiten – einem Vogel gleich – und die beinahe Schwerelosigkeit bei bestechenden Sichtverhältnissen erleben, endlich bin ich wieder in meinem Element, endlich bin ich zu Hause!

      Das Briefing an Bord ist lehrbuchmäßig. Mark – der Belgier – ein sehr junger und sehr engagierter Mann, hat alles im Griff. Alle Handzeichen werden durchgegangen – alle. Nach geschlagenen 15 Minuten wurden alle möglichen Fischsorten, Quallen und Unterwasser lebende Säugetiere per Handzeichen abgebildet. Es hat sich wieder reichlich Schnee angesammelt, auf der Matratze bei mir – und zum Skifahren reicht es diesmal fast!
      „Und hier noch zum Thema: Recall; die Hurghada-Boote kennen und machen das nicht! Wenn ihr also ein Klopfen Unterwasser hört, dann heißt das … “
      Ich falle hinten über und ziehe mir mein verschwitztes und ausgeblichenes, blaues Basecap tief in die Stirn.
      „Und ihr beide … „ dabei zeigt er auf mich und meine Freundin „ … könnt dann … wie ihr wollt!“ schließt er das Briefing. Scheinbar hat doch jemand meine Email inhaltlich und entsprechend weitergegeben. Gott sei`s gedankt.
      Die D12 für mich an Wing und die D10 ebenfalls an Wing für meine Freundin lachen sich hörbar tot. Hat es sich doch bis zu den Flaschenpaketen rum gesprochen, welche Maximaltiefe heute erreicht werden wird. Egal, ohne Übung kein Meister – trotz Divemaster-Brevet! Schließlich und immerhin waren wir in etwa, ein viertel Jahr lang nicht im Wasser. Ich bin überglücklich, dass ich nicht zu Maskeausblasen und Atemreglerwiedererlangen vergattert wurde! Cheffe hat gesagt – unter Zeugen – wir können tun wie wir wollen! Schaun wa mal, ob er wortbrüchig werden will.
      Er nimmt uns beherzt beiseite und ich ahne bereits schlimmes. Nein, er weist uns freundlich und unaufgefordert den Weg zur vermeindlichen Riffkante, an der es wohl etwas tiefer als 15 Meter sein soll. Anfängliches Misstrauen ist prompt verschwunden. Ich schließe den jungen Mann tief in mein Herz …
      Nach 30 Minuten Tauchstrecke ist noch immer keine Riffkante in Sicht. Vielleicht liegt es ja auch nur daran, dass die Sichtverhältnisse etwas besser als in einem Baggersee sind. Aber dafür kann keiner was.
      Nach 56 Minuten und exakt 14,0 Metern Maximaltiefe ist der erste Tauchgang zu Ende. Es ist arsch-kalt … draußen. Die Trockis hängen wie immer auf einer Ägypten-Tour zu Hause im Schrank. Da hängen sie gut!
      Es folgt das Briefing zum zweiten Tauchgang. Der Belgier ermahnt uns lehrbuchmäßig, wir sollen doch bitte nicht tiefer als beim ersten Tauchgang gehen.
      „Krrrrgh … soll ich mich etwa auf einen Korallenblock setzen oder wat?“ frage ich ihn ketzerisch. „Wir haben 14 Meter auf der Uhr! Was erwartest du jetzt?“ ergänze ich.
      Der Tauchgast neben mir schein der einzige zu sein, der weiß was läuft und grinst laut. Die anderen kratzen sich am Kopf und sorgen für eine geschlossene Schneedecke, die diesmal zum Skifahren gänzlich taugt. Eine der anwesenden tauchenden Muttis bildet eine Sprechblase, auf der in großen Lettern steht: Wieso? Der Guide hat doch Recht!
      Bevor sie das Geschriebene aussprechen kann, bin ich bereits unten auf dem Hauptdeck und quäle mich in den nasskalten Halbtrocki. Gott sei Dank habe ich die Eishaube mit.
      Der zweite Tauchplatz nennt sich „Shabaha II“ und liegt etwa 50 Meter neben dem ersten. Mir ist klar, was mich hier erwartet. Ich bin begeistert!
      Nach 45 Minuten bin ich der ersten zurück an Bord und habe 20,1 Meter auf der Uhr. Ich möchte auf keinen Fall Ärger heraufbeschwören, reiße mir meinen Viper vom Arm und trete so lange heftigst darauf rum, bis er in tausend Einzelteile zersprungen ist und selbst der technisch versierteste Diveguide ihn nicht mehr zusammen setzen kann um die Tauchtiefe abzulesen.
      Als Sahib – ein schlanker, junger und gut aussehender anderer Diveguide – mich nach meinem Tauchgang mit einer Liste in der Hand befragt, lüge ich ihm zu 50% frech ins Gesicht und erwähne die korrekte Tauchzeit, benenne aber die Tauchtiefe mit 13,9 Metern. Man weiß ja nie – denn schließlich bin ich in der Vergangenheit von einigen Tauchbasen (allerdings in Hughada) geflogen, weil ich mich nicht an die Tauchtiefenvorgaben gehalten habe. Und es ist der erste Tag und ich wollte auch mal ankommen … und bleiben … und nicht täglich umher reisen müssen. Das ist mir eben 500 Deutsche Mark wert gewesen. Bloß – was mache ich mit dem Computer meiner Freundin? Da schneit es auch schon wieder.
      ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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      • diverhans
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        • 03.11.2005
        • 443
        • BW

        #4
        Auf der Rückfahrt frage ich, was wir denn morgen so machen. Als Antwort bekomme ich zu hören, es soll Wind aufkommen. Meine Frage ist hinreichend beantwortet und der Rest des Tages in soweit gelaufen …
        Es kommt mir in den Sinn, endlich „diverhans – T-Shirts“ anfertigen zu lassen. In meinem Lieblingsfilm „The Big Blue - Im Rausch der Tiefe“ hat schließlich der Enzo auch so ein T-Shirt an. Er ist Weltmeister im Freitauchen, und so soll man ruhig seinen Namen auf der Brust lesen können. Ich für meinen Teil bin ungekrönter, selbsternannter Weltmeister im stroken Wracktauchen und Finden von spektakulären Artefakten in 99,9 % geplünderten Wracks, und was dem Einen Recht ist, ist dem Andern billig! Mir reicht das als Rechtfertigung und so gehen meine Freundin und ich am Abend Hand in Hand einmal um die Lagune auf die andere Seite nach DownTown, in der Hoffnung einen kompetenten Händler und Schneider zu finden.
        Abendbrot, Duschen und ab ins Bett. Morgen ist wieder Tauchen angesagt – hoffentlich etwas tiefer. Sonst schäme ich mich noch gegebenenfalls am Ende dieser Reise, vier T-Shirts bestellt zu haben.

        Montag, 12.03.2007
        Wind!
        Frühstück; bestehend aus schwachem Muckefuck, Omelette, Brötchen und harter Butter.
        Punkt 8.00 Uhr an der Tauchbasis.
        Conny begrüßt uns ganz lieb und freundlich und erzählt was von „flach“. Das macht das liebe Mädel so hübsch, dass ich mir nicht den Kopf kratze, sondern lediglich meine Ellenbogen auf den Tresen stemme, meine Handballen aneinander legen und die geöffneten Hände zärtlich meinen zu Boden fallenden Kopf auffangen: „Weißt du Conny, die Tauchgänge sind eh per Internetbanking vor Wochen bezahlt worden – da kann nichts mehr schief laufen. Und ich wollte mir schon immer mal die Pyramiden anschauen.“ Mein Blick wandert gelassen zu meiner Freundin – die sagt nichts.
        „Na ja, wierch könnten ja auch das Blind Reef anfahren. Da ist dann siecherch für jeden was dabai.“ sagt sie ganz lieb und klappert hübsch mit ihren Augen. Bei so viel Liebreiz zerfallen meine jahrtausend alten Pyramiden plötzlich zu feinsten Staub und ein Besuch lohnt nicht mehr.
        „Tiefe?“
        „Archtzig-plus!“ flüstert sie so leise, dass es der Belgier und Sahib nicht hören können. Ich reiche ihr grinsend meine Hand.
        „Okay! Danke … man!“ richte ich mich wieder auf, gehe nun raus und stecke mir `ne HB an. Wer wird denn gleich in die Luft gehen?

        Nunmehr ist der Wind zu einem Starkwind mutiert. Ich sprinte auf den Tauchdampfer und fange sogleich an zu rödeln – die Doppelpakete müssen montiert und an die Wings gefügt werden. Schellen habe ich hinreichend mit und eine Brücke brauche ich nicht. Unsere Flaschen sind klar definiert und unterscheiden sich deutlich von den anderen: vier 11,1er Catalinas nenne ich mein Eigen und vier 10er Stahl sind für meine Freundin reserviert. 50% davon mit Nitrox32 und die anderen mit reiner Pressluft wunschgemäß Druck beaufschlagt. Die Preßluftflaschen weisen 210 bar kalt auf, die Nitrox-Butzen 190 bar. Doch wen interessieren Nitrox-Butzen, wenn es nicht zu den auf maximal 40 Metern liegenden Wracks geht? Mich jedenfalls nicht.

        Das Briefing belausche ich lediglich dahingehend aufmerksam, dass ich mir die Skizze ansehe – wie der kürzeste Weg ins Nirvana verläuft.
        „Machmut! Mio Palmo!“ so stehe ich angerödelt auf der Plattform am Heck des Tauchdampfers und beäuge durch meine bereits aufgesetzte Maske meine im Wasser treibende Freundin. Ich höre jetzt nur noch die durch den Regler strömende Atemluft. Ich nehme nichts anderes mehr wahr, meine Gedanken sind leer. Sie werden sich erst wieder einklinken, wenn ich beginne abzutauchen – in die schwarze Tiefe. Dann brauche ich sie – die Gedanken – um zu wissen wie tief ich heute gehen kann. Und welche Decozeiten auf welchen Decostufen ich benötige und ob die Luft von 2mal 12 Litern reicht. Das muss ich im Kopf machen, denn die Decotabelle geht leider nur bis 63 Meter.
        Natürlich habe ich mir ein Limit gesetzt; ich habe die Reinsauerstoffflasche bewusst an Bord gelassen, da man mir aus logistischen Gründen in die aus Deutschland mitgebrachten 2 Liter – Tanks jeweils nur 100 bar füllen konnte. Und ich bekam die Frage von dem Belgier gestellt, wie lange wir Unterwasser bleiben würden, ab wann er sich sorgen müsste. An solche Absprachen halte ich mich und so zeigte ich ihm eine Maximaltauchzeit von 80 Minuten per Handzeichen an, denn die anderen sind mit 60 Minuten von Hause aus reglementiert. Er nickte freundlich mit dem Kopf und segnete es somit ab. Zudem kam die Aussage/Frage meiner Freundin hinzu: „Aber du gehst heute nicht so tief! Ja?“ Da hinter dem Wörtchen „ja“ ein Fragezeichen grammatikalisch korrekt steht, erwartete sie natürlich eine Antwort. Ich erwiderte daraufhin lediglich: „Lass bitte deine Knipse oben, du weißt - die ist allerhöchstens bis 60 Meter druckfest!“
        Die Flossen sind nun endlich an den Füßen. Ich springe rein und bin sogleich verschwunden – schäumende Blasen sprudeln an die Oberfläche, mehr ist nicht mehr von mir zu sehen.
        Auf 10 Metern halte ich kurz inne und wende mich um. Mein fragendes Okay-Zeichen wird positiv beantwortet. Dann wedele ich aus den Fußgelenken heraus leicht mit den Flossen um den Abtrieb zu beschleunigen. Als der Regler im Schnabel zu zuppeln anfängt weiß ich, dass ich „Vmax.“ erreicht habe. Ich genieße wie so oft den freien Fall – es ist einfach herrlich! Ich liebe den Sturzflug in die Tiefe so sehr, dass ich für diese weinigen Minuten so einiges auf mich nehmen würde.
        Die 50 Meter Marke nutze ich zum einen um auf den Apex 50 zu wechseln (mal sehen, wie der sich auf Tiefe atmetet) und zum anderen um nach meiner Freundin zu schauen. Diese ist nicht nennenswert weiter hinter mir und trotz der nur mäßigen Sicht sehe ich deutlich ihr „Geht-so-okay-Zeichen“. Ich zeige ihr deutlich zwei Finger, was bedeuten soll – ich bin nicht lange weg. Dumm ist nur, dass ab 60 Meter Tiefe die 60° Halde in eine nur schleichend tiefer gehende 20° Halde wechselt. Ich fühle mich blendend und so betreibe ich „Pressluft-Haushalten-Mißbrauch“ und trete ordentlich in die dafür eigentlich nicht geeignetet weiche Voloflosse, um weiter und rasch an Tiefe zu gewinnen. Heute ist der Tag vor dem Herren und einiges möglich. Nur die scheiß flache Halde versaut meinen Plan. Es dauert doch recht lange bis ich die 75 Meter auf der Uhr ablese. Alle Systeme arbeiten einwandfrei und mein Körper auch! Zeit? Egal – der pech-schwarze Horizont lockt! Auf 80 Meter sehe ich einen scharfen Knick am Unterwasserhorizont – eine Kante! Da muss ich hin! Dringend! Ich schaue auf mein in Aktion befindliches Finimeter und stelle erschreckende 80 bar Restdruck fest! Anblasen! Auf 82 Meter Tiefe halte ich letztendlich inne und sehe nun recht deutlich die Kannte und überlege. Ein Blick auf die Tauchzeit – ich bin schon reichlich lange unterwegs. Ein Blick auf die Uhr – wenig Pressluftreserve. Der andere Tank ist auch bereits etwas angebrochen und weist somit keine 210 bar mehr auf.
        „Lass gut sein diverhans. Lass es heute gut sein! Bleibe noch etwas hier unten und genieße den mittelschweren Druck in der Fratze, aber gehe nicht mehr tiefer! Schaue nicht über die Kante!“ säusele ich vor mir her. Zudem hatte ich auf 50 Metern meiner Freundin die zwei Finger gezeigt. Noch bewege ich mich im zeitlichen Limit, und so sollte ich es auch weiterhin handhaben.
        Verdammte scheiß Kante! Was ist dahinter? Scheiß Kante … man!

        Stille! Absolute Stille! Ich halte wie so oft getan die Luft an und genieße nun die absolute Ruhe – hier unten. Alles ist blau-grau, mittlerweile wohl Unterwasser meine Lieblingsfarbe. Ich atme aus und wieder tief ein – Raubbau am Luftvorrat aber doch zwingend erforderlich! Das Geräusch der strömenden Atemluft empfinde ich nicht wirklich als störend. Es ist das einzige Geräusch, welches ich Unterwasser mag. Die Zeit verrinnt einfach zu schnell und meine Freundin wird sich wartender Weise um mich in naher Zukunft sorgen – ich muss zurück! So löse ich schweren Herzens meinen starren Blick auf die greifbar nahe Kante … Das Fini hat keine 60 bar mehr, recht später Reglerwechsel auf Abyss und kehrt!
        Über mir sehe ich nach kurzer Zeit meine Freundin und wundere mich, warum ich auf dem Rückweg schneller bin als auf dem Hinweg. Des Rätsels Lösung folgt auf dem Fuße – nach dem Zusammentreffen; sie ist mir bis auf 70 Meter (ihre neue Rekordtiefe) gefolgt. Prompt erntet sie obligatorisch ein Vogelzeigen von mir mit erhobenen Händen – was der Frage gleich kommt, was der Scheiß wohl soll! Sofort greife ich mir ihre beiden Finis und checke ihren Luftvorrat. Ihre Tanks sind wie nicht anders zu erwarten nahezu voll! Ich schlage mit der rechten geballten Faust drei mal auf meine Brust, gefolgt von dem Handzeichen „wir müssen zusammen bleiben – Trennen nicht möglich!“
        Fällt mir der Abyss-Tank jetzt aus oder bläst ab, retten mich wahrscheinlich nur noch meine 2 Liter Trinkwasser intus oder eben der U-Tanker als Milchkuh in Form meiner Freundin. Gut, nun haben wir zusammengenommen wieder genug Luft und wir versuchen die 70 Meter auf ihrer Uhr voll zu machen – stehen doch nur 69 drauf. Leider reicht ein Absinken zum Grund nicht, um die 70 abzubilden. Ich zeige auf zurück, doch sie winkt ab! Vierzig Zentimeter fehlen ihr an der Siebzig, waren wir doch schon in Begriff aufzusteigen. Die Aktion verschlingt Luftvorrat meinerseits und Decozuschlag. Reden wir hier leider noch nicht von einem Tiefenstopp. Diesen tätigen wir erst auf 56 Meter für 2 Minuten. Hier berechne ich die nun wahrscheinliche Gesamttauchzeit und komme auf knapp 80 Minuten. Zeit, nach Hause zu kommen um den Belgier nicht zu enttäuschen – was ich ernst meine.
        Meine Unterwassernavigation ist hinreichend gut, sodass ich die 12 Liter Butz unter unserem Boot erspähe. Mathematisch komme ich ohne Gesäugtes zu kriegen mit meiner Luft hin und würde mit 2mal 20 bar (oder 1mal 40 bar) aussteigen. Doch sollte man sich Reserven schaffen, wenn sich eine geeignete Gelegenheit dazu bietet, und so hänge ich mich auf der 6 Meter Deco an die Boots-12er! Kleiner Finger und Zeigefinger sind abgespreizt und auf dem Rücken von Mittel- und Ringfinger klemme ich das Seil ein. Waagerecht tariert öffne ich das Flaschenventil und greife mir den Scubapro-Regler. Ich schleiße meine Augen und meditiere.
        Meine Freundin bleibt frei schwebend in meiner Nähe. Stellt dieses doch für unbeteiligte eine ernst zu nehmende Situation dar. Und so soll es auch kommen, denn Sahib kommt alsbald angesprintet und fragt schon von weitem und völlig berechtigt das Okay-Zeichen ab. Mein Freundin hebt beide Hände und signalisiert rechts und links ein deutliches Okay-Zeichen. Sahib zeigt sicherheitshalber noch einmal auf mich und formt erneut Daumen und Zeigefinger zu einem „O“. Meine Freundin senkt beide Arme und wiederholt ihre Aktion. Der gute und gewissenhafte Sahib wendet danach prompt und schießt wieder zu seiner Truppe. Ich bekomme wegen meiner geschlossen gehaltenen Augen davon nichts mit, weiß ich doch, dass wir hier noch eine knappe halbe Stunde zwischen 6 und 3,5 Metern abzusitzen haben.
        Gegen Ende der Deco kommt von meiner Stirn abwärts verlaufend ein „monströses“ Gesicht vor meine Zieloptik. Der liebe Holländer erlaubt sich Kopf stehend ein Witzlein und klopft mit seinem Zeigefingergelenk leicht bei mir an der Stirn an. Ich grinse sichtlich erfreut über diese kleine und nette Abwechselung zurück und schließe wieder meine Augen.
        ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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        • diverhans
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          • 03.11.2005
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          • BW

          #5
          Ich schicke meine Freundin 4 Minuten vor mir aus dem Wasser. Sie hat eh bereits etwas 3 Minuten „zu lange“ dekomprimiert, denn zudem ist ihr kalt geworden. Ich hingegen wärme mich zum 5. Mal, indem ich erneut in meinen Halbtrocki pisse – habe ich doch heute rein gar keine Lust auf Quälereien. Die 2 Liter Trinkwasser wollen aus meinem Körper restlos raus. Ist auch verständlich, denn auch dem Trinkwasser ist nun auf der schnöden Deco langweilig.
          Nach exakt 80 Minuten verlasse ich das Wasser und erklimme die Hühnerleiter. Die anderen Gäste sind beim Fressen. Gut so – errege ich sodann keine Aufmerksamkeit und kann noch an der Oberfläche einige Minuten aus der Reinsauerstoffbutz atmen, damit die Schlepperei im Gepäck nicht gänzlich umsonst war. Doch nach nur etwa 3 Minuten kommt der liebe und zu Recht besorgte Sahib angelaufen und fragt – abwechselnd zeigend auf die Ellenbogen – ob ich Bends hätte. Ich hebe beide Ärmchen und gebe ihm ein doppeltes Okay und höre nun auf, die anderen gegebenenfalls auch noch verrückt zu machen …
          Ich lege fest – so wie immer nach solchen tiefen Tauchgängen – dass wir es heute bei dem einen Tauchgang belassen werden. Wir dösen in der Sonne, während die anderen sich in ihre nasse Pelle quälen.

          Abends geht es zu dem Händler, die T-Shirts sollen fertig sein und ich bin mehr als gespannt.
          Ich haue ihm die vier Dinger um die Ohren und sage, dass ich morgen Abend um die gleiche Zeit wieder komme. Sicherheitshalber solle er einen Eimer und einen Sack Zement mitbringen und in Verbindung mit einem stabilen Stuhl am Bootssteg bereitstellen. Wasser gäbe es zum Anrühren schließlich vor Ort genug und zum Versenken seiner Person auch hinreichend tief. Er bekommt noch einen freundlichen Handschlag in Rapper-Manier als Zeichen guten Willens meinerseits. Abendbrot, Duschen und ab in die Heia.
          Meine Lider schließen sich müde. Bei dem starken Wind leiste ich es mir, die Terrassentür offen zu lassen. Mit im Sturzflug angreifenden Mücken ist eher nicht zu rechnen. Der 82 Meter-Tauchgang vollzieht sich in seiner Ganzheit noch einmal vor meinen Augen. Darüber schlafe ich beruhigt ein. Ich hätte lediglich mal etwas eher auf das Fini schauen und auf den anderen Tank wechseln sollen. Der Rest war in Ordnung – nur `n bisschen flach geraten, stelle ich in „Enzo-Manier“ fest …

          Schon Dienstag, der 13.03.2007
          Meine Freundin weckt mich, sie ist bereits seit einiger Zeit wach. Diesmal mit 8.05 Uhr sind wir recht spät an der Tauchbasis. Alle sind schon da, so auch nun endlich Nicola – der (männliche) Chef der Basis.
          Nicola begrüßt mich herzlich, ich erwidere ebenso. Ein Smaltalk wird abgehalten – wartet doch schon der Bus auf uns.
          „Bis du heute Abend an der Basis – wenn wir zurück sind?“ frage ich ihn im Davongehen.
          „Ja, ich bin da!“ erwidert er.
          „Dann bis heute Abend, Nicola!“ rufe ich von weitem und steige als letzter in den Bus ein, ohne zuvor gefragt zu haben, wo es denn heute wohl hin gehe.
          Es geht bei sehr, sehr starkem Wind wieder in Richtung Hurghada. Meine Freundin und ich wollen heute zwei Tauchgänge tätigen, und deshalb beschließen wir nicht so tief zu gehen. „El Fanadir“ wird angefahren. Es kommt nun darauf an, welche Seite gemeint ist. An einer bestimmten Stelle könnte ich schwach werden und gar den zweiten Tauchgang für heute verwerfen. Wir machen in „El Fanadir Nord“ fest. Somit ist der zweite Tauchgang wieder mit im Boot und findet auch Beachtung.
          Die Ausrüstung ist vorgerödelt – wir tauchen ab!
          Auch hier geht es so oder so bezüglich des geplanten Tauchgangverlaufes mir nicht steil genug abwärts. Kurzer Hand wird umdisponiert und horizontal in das Freiwasser hinaus in 5 Metern Tiefe Richtung 90° Ost geschwommen. Als ich keinen Grund mehr sehe und noch etwas darüber hinaus, beschließe ich die Mannschaft des U-Bootes mal wieder einem Alarm-Training auszusetzen.
          Ich weise dem Horcher im Schapp an, in einer Minute einen Zerstöreranlauf zu melden.
          „Schraubengeräusche Hää Kaleu … schnell näher kommend! Zerstörer auf 090° Ost Hää Kaleu!“ schreit es mir aus dem Horchraum entgegen.
          „Aalaahm! Fluutään!“
          Die Klingel für das Alarmtauchen schrillt ohrenbetäubend. Jeder, der nicht eine strikte und wesentliche Aufgabe zu erfüllen hat, stolpert durch die Zentrale in den vorderen Torpedoraum. Das Pressluftauslassventil öffnet und gurgelnd entweicht die Luft aus dem 33 Liter Tank des Wings. Ich gewinne schnell an Tiefe.
          Der Grund kommt in Sicht, doch leider sind erst 50 Meter auf der Uhr abgebildet.
          „Frage Anblasen Hää Kaleu!“
          „Nein LI, noch nicht! `Woll`n mal sehen, ob wir`s auch mit Doppel 11,1er Alu-Tanks können. Noch nicht LI … noch nicht!“ erwidere ich im ruhigen Ton.
          Ich erkenne kopfüber sinkend bereits viele Feinheiten am Sandgrund. Passieren kann nichts, ich habe reinen feinen Sandgrund unter mir.
          „Anblas`n LI, alles anblas`n!“ lautet jetzt mein Befehl recht barsch. Ich werde den alten und zurzeit recht vermackten Abyss mal auf Herz und Nieren prüfen. Der Mitteldruckschlauch für das Wing und die in Aktion stehende zweite Stufe hängen an der selben ersten Stufe, und wider meiner Gewohnheit werde ich voll Anblasen und zeitgleich kräftig Einatmen. Sicher – wir haben hier keine Kaltwasserverhältnisse, aber – immerhin!
          Die linke Hand bleibt am Inflator und betätigt permanent den Lufteinlassknopf und die rechte habe ich nach hinten gestreckt. Meine Maske ist der tiefste Punkt. Mal sehen, ob ich mir die Nase verbiege …
          50 Zentimeter über dem Grund bin ich neutral tariert. Geht doch!
          Ich begebe mich in die Waagerechte, atme aus und lege mich flach auf den Grund. Meine beiden Hände graben sich nun in den pudriegen Korallensand ein und wühlen ihn auf. Ich fühle wich wohl. Das Leben ist schön – man muss nur hingehen!
          Eine Drehung um die eigene Achse und das Doppelpaket liegt auf dem feinen Sandgrund auf. Meine Hände sind nun vor der Brust verschränkt und ich blicke gen Oberfläche und könnte stundenlang so verharren – auch wenn es sich so etwas schwerer atmet.
          Meine Freundin bleibt auf 60 Metern und beginnt nach geraumer Zeit langsam höher zu steigen. Na toll; sicher denkt sie, ich bin total durchgeknallt und/oder bereits tot. Und dabei fühle ich mich einfach nur sauwohl … hier unten auf 64 Meter.
          Okay, dann eben etwas tiefer einatmen und langsam aufsteigen. Die hier unten nur ca. 10° abfallende Sandhalde hätte eh nicht zum Tiefergehen getaugt; zu lange Marschstrecke. Deshalb hat`s auch damals nicht wirklich mit dem „Paukenschlag“ funktioniert – vor Amerikas Küste. Zu lange Marschstrecke – eben.

          Oben auf dem Boot beschließen wir trotz der geringen Tiefe keinen weiteren Tauchgang zu tätigen, denn uns beiden ist arsch-kalt! Der Himmel ist Wolken verhangen.
          Wir suchen uns ein relativ geschütztes Plätzchen und genießen einfach die Seeluft. Der Wind pfeift noch stärker als gestern. Sahib befragt uns für den morgen anstehenden „Rosalie Moller – Wracktauchgang“ nach unserem Wunschgasgemisch. Ich antworte darauf, dass wir bitte 8mal Nitrox 28 gefüllt haben möchten. Auf eine Diskussion bezüglich Pressluft und tiefer 40 Meter lässt er sich nicht wirklich ein, beziehungsweise wir kommen nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Macht letztendlich auch nichts. Jedem das Seine.
          Später erzählt mir der Belgier auf der Heimfahrt bei einer Zigarette etwas aus seinem Leben und von seinen Tauchgewohnheiten. Wir verstehen uns recht gut…

          Abends sitzen meine Freundin, Nicola und ich draußen auf den naturfarbenen Holzbänken und rauchen aufgeregt eine nach der andern. Ich frage und Nicola antwortet. Aus den geschriebenen Emails weiß ich, dass er recht ordentlich mit Mischgas unterwegs ist und auch Kurse gibt. Da er mir glaubhaft berichtet, er sei auch gut auf 160 Metern unterwegs, interessiere ich mich von Minute zu Minute mehr für einen brevetierten Mischgaskurs nach TDI und DSAT. Er bietet mir beide Tickets an, und damit sollte ich recht wenige Probleme im Ausland bekommen. Meine Freundin und ich beschließen, entweder über Pfingsten oder über den dritten Oktober in diesem Jahr für zwei Wochen hier aufzuschlagen und gemeinsam eine Ausbildung bis 105 Metern zu absolvieren. Ich habe nicht mehr wirklich vor in kalten Binnenseen zu tauchen und so reicht mir eine Ausbildung im Roten Meer unter Deutscher Regie.
          Danach wird der Händler in DownTown mit den Füßen im Eimer verankert. Er schwört Besserung und zählt seine guten Taten in der Vergangenheit auf, sodass ich es nicht übers Herz bringe, ihn samt Eimer zu versenken. Eine letzte Chance soll er noch haben.
          „Morgen … um die gleiche Zeit!“ rufe ich ihm im Gehen zu und lasse ihn am Bootssteg mit seinem Eimer sitzender Weise zurück.
          Abendbrot, einen schwachen Muckefuck an der Bar und danach ab ins Bettchen. Wir wollen für Mollers Tochter fitt sein!
          ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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          • diverhans
            Ridderkreuzträger &
            Ritter


            • 03.11.2005
            • 443
            • BW

            #6
            Mittwoch, der 14.03.2007
            Wir fahren bei starkem Wind in Richtung „Rosalie Moller“. Alle Tanks sind mit Nitrox 28 gefüllt. Zwei Drittel der Streck sind absolviert, da wird der Nilson – ein heute aus dem Urlaub zurück gekehrter weiterer Diveguide und aus Deutschland stammend zum Skipper auf das Promenadendeck beordert. Nilson ist heute der Verantwortliche Führer. Mit ernster Mine danach direkt zu mir und sagt stockend, dass der erste Tauchgang an der „Moller“ wegen ist nicht ausfällt. Wir würden als Ausweichplatz „Malaag I“ auf Gubal im Wind- und Wellenschatten anfahren. Keiner kann etwas für das Wetter oder dagegen unternehmen. Ich füge mich der mehr als freundlichen Erklärung seitens Nilson in freundlicher Art und Weise. Pech gehabt, so ist das Leben!
            Der Tauchgang gestaltet sich mit Nirox 28 und erreichten 43 Metern bei 40 Minuten Gesamttauchzeit normal.
            Der zweite Tauchgang ist ein One-Way – Tauchgang an „Malaag II“ südlicher Richtung und recht nett. Nach 51 Minuten und 26,2 Metern ist auch das vorbei. Ich kann mal wieder Bojenschießen üben. Meine Freundin und ich werden perfekt als erste aufgenommen. Die anderen folgen etwas später – nur die Ingrid kommt alleine nicht aus dem Wasser und benötigt Hilfe von ihrem Mann von unten (Flossen ausziehen) und von oben. Ingrid und ihr Mann kommen wohl aus der Ecke um Karlsruhe und Ingrid macht der Stadt bezüglich des letzten Teils der Namensgebung wirklich keine Ehre; sie quackelt um des Quackelns Willen ununterbrochen über ihre Krankheit, Taucherbelanglosigkeiten und bedeutet mehrfach – dass sie mit jedermann klar kommt. Zudem hat sie wohl aus unergründlichen Gründen den Buchstaben „n“ vollständig und scheinbar bis an ihr Lebensende aus ihrem Alphabet gestrichen. Alles zusammen genommen geht nicht nur mir gehörig auf den Sack. Einige wenige besinnen sich ihrer guten Erziehung und entgegnen der Dame wenigstens ein schnödes „Ja“, denn ihr widersprechen würde sie lediglich in ihren Erklärungs- und Redebedürfnissen bestärken und das will rein gar keiner riskieren. Nur der Guide Nilson tut mir Leid, denn er wird schließlich für das Freundlich sein bezahlt. So klebt er um gewissen Verpflichtungen zu entgehen zeitweise bei mir und wir unterhalten uns etwas kompetenter, als es mit Ingrid vielleicht unter Idealbedingungen überhaupt möglich wäre.
            Mit achterlicher Welle laufen wir ab. Fresschen für die anderen gibt es aus Zeitgründen erst jetzt auf der Rückfahrt.

            Die T-Shirts sind diesmal wirklich gut geworden; diverhans ist endlich richtig geschrieben. Ich beschließe, vier weitere anfertigen zu lassen. Keines der acht T-Shirts gleicht sich, und damit meine ich nicht einmal die Farbe.

            Donnerstag, der 15.03.2007
            Wieder starker Wind, wir fahren raus Richtung Hurghada. Gut, dass ich El Gouna gebucht habe.
            Der Tauchplatz namens „Saqua“ ist nichts besonderes, jedenfalle für meine Verhältnisse und „Ansprüche“. Ein flaches Riffdach, ein flach abfallender Spot Unterwasser mit baggerseeähnlichen Sichtverhältnissen. Auf 44,2 Metern gibt mir meine Freundin – welche wie immer schräg versetzt hinter mir taucht – das Zeichen zur Umkehr. Die tot wirkenden Korallenblöcke sind an sich mystisch, aber letztendlich langweilig. Nach 48 Minuten sind wir aus dem Wasser und beschließen nicht mehr zu tauchen. Wassertemperatur beträgt gerade einmal 20° C. Lümmeln auf dem Boot und der Ingrid aus dem Weg gehen ist angesagt.
            Abends freue ich mich über die weiteren vier gelungenen T-Shirts.
            Alle Tauchsachen sind von Bord und liegen in der Tauchbasis. Sollte morgen der Wind flau sein und wir Wracks anfahren, kommen wir mit. Ansonsten ist ein tauchfreier Tag geplant.
            Mit Torsten und Marvin gehen wir noch in die hoteleigene Disco. Um 01.00 Uhr sind meine Freundin und ich nach Jahren mal wider leicht beschwipst im Bettchen.

            Am Freitag Spazierengehen in El Gouna, Klamotten zusammen rödeln, sich von allen herzlich verabschieden, Schlafengehen, am Samstag um 05.30 Uhr aufstehen, stundenlang auf dem Fughafen von Hurghada rumgammeln, Starten, Landen, 53 Euro am Kassenautomaten in Sturgard zahlen für das Parken ohne Überdachung, auf der Autobahn Mittelspurschleicher anblinken und dicht auffahren, Ankommen, fertig! Das war dann kurz gefasst eine Woche gleich 6 Tage El Gouna all inklusiv! Schön war`s wirklich. Nur eben bisschen wenig Wracks.
            ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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            • diverhans
              Ridderkreuzträger &
              Ritter


              • 03.11.2005
              • 443
              • BW

              #7
              Und Danke für die Beförderung!

              Da nichts und rein gar nichts im Leben selbstverständlich ist, bedanke ich mich bei den Chefs für die Beförderung von ganzem Herzen!

              Endlich ist ein "Traum" in Erfüllung gegangen .. lange habe ich dafür an allen Fronten gekämpft..

              Ganz liebe Grüsse, Rene
              ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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              • jabberwocky6
                Heerführer


                • 08.08.2006
                • 3164
                • Spätzle-City (B-W)
                • XP Deus, G-Maxx II, Garrett ACE 250

                #8
                Selbst für mich als Nichttaucher durchaus unterhaltsam zu lesen (wenn man von den Fachtermini absieht). Und bezüglich der Wracks ist es eben wie alles in Ägypten - klappt es heute nicht, klappt es "bukrah" - insh Allah....
                Hier könnte Ihre Werbung stehen!

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                • diverhans
                  Ridderkreuzträger &
                  Ritter


                  • 03.11.2005
                  • 443
                  • BW

                  #9
                  Zitat von jabberwocky6
                  Selbst für mich als Nichttaucher durchaus unterhaltsam zu lesen ....
                  ..und nur darauf kommt`s an! Danke für`s Lesen!

                  Lg., Rene
                  ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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