Irrfahrt
Wie immer soll es gleich nach der Arbeit losgehen. 18.00 Uhr ist Dienstschluss, und es wird sofort nach Hause gehetzt. Gott sei Dank hatte ich den Bus tags zuvor schon mit dem Überwiegenden beladen. Die schweren Tauchflaschen sind an Bord, nur die persönlichen Sachen und das Futter müssen noch sinnvoll gepackt werden.
Die Kopfschmerzen der vergangenen Woche sind auf ein erträgliches Maß reduziert. Den Donnerstag habe ich mit allerlei medizinischen Untersuchungen verbracht. Ab in die Röhre – etwa Hirnblutungen? Arbeiten war allein zeitlich begründet nicht möglich; der Chef hatte Verständnis geäußert, obwohl es ihm natürlich nicht in seinen Besetzungsplan passte.
Es ist das Pfingstwochenende und wir müssen mit Chaos auf den Strassen rechnen. Die Katastrophe wäre eine Reise in den Norden – zu Mutti, doch das wollen wir nicht. Wir werden Port Vendres anfahren, über Cavalaire sur mer – den dort liegenden Tauchdampfer abholen vom letzten Wochenende – und in diese Richtung sollte sich das Verkehrsaufkommen vertretbar gestalten.
Vor Lindau auf der B96 der erste Stau vor der Stahlbrücke. Wie immer klappt das legendäre Reisverschlusssystem nicht.
Die ersten grenznahen Tankstellen in Österreich sind proppevoll. Die Eine im Hinterland, kurz vor der Schweizer Grenze nehmen wir. Dieselkraftstoff ist in „Ö“ günstiger als in der Schweiz.
Meine Freundin ermahnt mich nun auf der Schweizer Autobahn, ich solle an unser beschränktes Reisebudget denken und mich an die Geschwindigkeitsvorgaben halten. Dann schließt sie genüsslich ihre Äuglein und schlummert auf der bequemen ledernen hinteren Sitzbank ein und überlässt mir die Sache mit dem Gaspedal und dem Lenkrad. Madonna dudelt wiederholt im Radio. Ist auch kein Wunder, denn die CD fängt von vorne an. Gut, dass in dem neuen Bus ein CD-Wechsler integriert ist, jetzt läuft Faithless. Die hinteren Lautsprecherboxen sind über den Fader auf stumm gestellt, so war es meiner Freundin`s Wunsch und das ist bekanntlich Befehl.
Ich denke an die bevorstehenden Abenteuer und so verrinnt die Zeit am Ruder. Bergauf zeige ich den Schweizern, dass ich trotz schwer beladenem Bus doch die bessere Power habe.
Meine Freundin schläft tief und fest und bekommt von der Aaserei mit dem teueren Kraftstoff nichts mit. Ich freue mich einfach darüber, nicht am falschen Ende gespart zu haben, denn Leistung ist nur durch noch mehr Leistung zu ersetzen. Das gilt bei der Arbeit ebenso wie bei der Motorisierung; Hubraum statt Spoiler!
An der Grenze zu Italien muss ich aufpassen, dass mich die drängelnde Bande - nun auf der linken Spur - nicht schneidet. Megastau! Noch ein Stau an der ersten Italienischen Mautstation, dann läuft`s sauber. Jetzt - an der Französischen Grenze angekommen – kann ich nicht mehr; ich bin müde und erledigt. Auch ein dritter Cappuccino und ein Red Bull vermögen mich nicht aufzumuntern, soll doch der Red Bull zumindest Flügel verleihen. So könnte ich mich deutlich schneller und effizienter Fortbewegen. Aber nein – nichts der Gleichen! Bei Tempo 130 ist Schluss; der Windwiderstand fließt eben nun einmal quadratisch ein. Selbst die prasselnden Regentropfen wecken sie nicht auf – meine Kleine. Sie schläft den Schlaf der Gerechten und ich kann nicht mehr. Liebevoll aber schweren Herzens wecke ich sie auf und bereitwillig löst sie mich ab.
Punkt siebe Uhr sind wir nach genau 8h und 45 Minuten am Hafen von Cavalaire. Der Himmel ist Wolken verhangen, und ein leichtes Lüftchen weht. Der Trailer steht wie abgestellt und das Boot dümpelt vor sich hin. Wir sind mehr als beruhigt; Zeit, um noch etwas im Bus die Augen ohne Motorenlärm und ohne an die Seitenwände während der Kurvenfahrt zu rutschen zu schließen. Doch schlafe ich unruhig – die bevorstehenden Tauchgängen lassen mich zum einen bezüglich der Erwartungen nicht los und zum anderen wegen der Kopfschmerzen. Ich weiß nicht, ob ich nach dem Auftauchen „wieder sterben muss“ und das lässt mir keine Ruhe. Sollte es jetzt schon mit dem Tauchen grundsätzlich vorbei sein?
Um elf Uhr am Vormittag bin ich halbwegs Herr meiner Sinne und wir bereiten alles für einen Checktauchgang vor.
Der Wind ist leicht und die See etwas kabbelig. Von der Sonne ist heute nun nichts zu sehen. Macht aber nichts, es sind recht gute Tauchbedingungen und dieses sollten genutzt werden. Die Rödelei ist umfangreich wie immer und geht uns gehörig auf den Sack – auch wie immer. Das Leben könnte so einfach sein; eben in eine Tauchbasis einloggen, Kohle abdrücken, Mono-15er schultern und abtauchen. Das hatten wir schon und wollen es aber nicht mehr. Alles Gute ist eben nie beisammen, doch wissen wir wofür es ist.
„Lass uns an die „Prophete“ gehen, das Wetter ist gut und Graben möchte ich auch.“ Schlage ich meiner Freundin vor. Sie sagt nichts, schaut nur in die grauen Wolken und abwechselnd auf die aufgewühlte See. Wir passieren das Cap Lardier und die Welle vom Vortag peitscht uns heftig entgegen. Keine Schaumkämme, denn es ist kein Wind, aber eine lange Dünung.
„Ich weiß nicht, ob ich da wieder ins Boot komme ... bei der Welle. Und außerdem sage ich dir das lieber jetzt und bevor du den Anker ausgebracht hast.“ Höre ich meine Freundin kleinlaut sagen. Etwas mürrisch lege ich das Ruder und drehe ab. Ist es letztendlich doch egal wo wir den Checkdive machen, solange es ein Wrack und kein Felsen ist. Alternativ bleibt nur die „Espingole“, sie liegt in knapp 40 Metern und zudem in der Bucht. Hier war vorhin die Welle angenehmer.
Schnell ist die Position angefahren und das Wrack gefunden. Ein kleiner weißer Plastikkanister ziert die Stelle – ein Ausbringen der Markierungsboje ist also nicht erforderlich. Die Windrichtung ist schnell gepeilt und 70 Meter Ankerleine umgehend gesteckt. Das Boot dreht sich langsam in den Wind und meine überschlägliche Berechnung stimmt; wir liegen nun genau neben dem Kanister.
Auf Lampen, Fotoapparat und anderes Gedöns wird schlichtweg verzichtet; einfach nur abtauchen und das Meer genießen und schauen, ob die Ausrüstung und letztendlich das Wohlbefinden passen.
Der Tauchgang gestaltet sich recht kurz. In meinem Halbtrocki friere ich bei 15°C Wassertemperatur in 40 Metern Tiefe doch recht schnell. Nach nur 15 Minuten Grundzeit möchte ich austauchen. Meinen Fund des Tages hatte ich mir bereits nach nur 2 Minuten Tauchzeit an die Wade gesteckt: Bei der Ankunft am Wrack sah ich sofort den gelben Griff eines in der Ferne am Meeresgrund liegenden, wohl von einem Taucher verlorenen Messers; ein nagelneues Coltri Sub Messer der größeren Bauart. Gut 70 Euronen – immerhin!
Das Oberflächenwasser ist mit nahezu 21°C angenehm warm, ich möchte nun am liebsten wieder abtauchen...
Nachmittags im Hafen dösen wir noch an Bord, ich schlafe alsbald ein und werde mit duftendem Kaffee und Baguette mit Nuss-Nougat-Creme geweckt. Boot reinigen, Fische füttern, Unterwasserkamera zusammenbauen für den morgigen Tag, Bericht schreiben, Gläschen Sekt zur Nachtruhe und ab in die Heia, denn morgen möchten wir Aufnahmen vom Vorschiff der „Togo“ machen. Mal sehen, was der Tag bringen wird!
Es ist heute am Sonntag, den 27.05.2007 geplant, ganz früh – in aller Herrgott Frühe aufzustehen, um zum Vorschiff der „Togo“ abzutauchen. Um halb Acht letztendlich öffnet sich zum ersten Mal die Bus-Schiebetür. Es war einfach zu muschlig und kuschlig und viel zu gemütlich in dem noch frisch duftenden Schlafsack. Ich bin irgendwie einfach nicht ausgeschlafen. Noch ist absolute Flaute ... draußen. Es wird sich aber in den nächsten Minuten schlagartig ändern. Für heute ist Mistral angesagt und das nicht zu knapp – in Böen bis 8 Windstärken. Wir sollten schon längst draußen sein – verdammt. Diese ewige Bequemlichkeit und dann sich darüber aufregen wenn man deutlich zu spät am Spot ist.
Und wir sind deutlich zu spät am Spot; der Mistral bläst nun aus vollen Zügen und die Welle beginnt sich von Minute zu Minute mehr aufzubauen. Alles ist vorgerödelt und die Trockis bereits angezogen. Die weiße Markierungsboje tanzt lustig auf den Wellen. Dieser Spot wird von den örtlichen Basen recht häufig angefahren und ist markiert. Allerdings wage ich es nicht, mein Boot daran zu vertäuen; die Verankerung könnte reißen. Ich greife auf mein Ankergeschirr zurück: Windrichtung, Boot und weiße Boje müssen eine Linie bilden. Gut 80 Meter Leine sind gesteckt und das Boot treibt nun mit dem Heck genau auf die Boje zu. Einige wenige Meter werden eingeholt und jetzt stimmt`s auch mit dem Abstand.
Meine Freundin taucht D10, ich D12. Wir nehmen die Kamera mit dem 14/54 mm Objektiv und Blitz mit runter.
Die Abstiegsleine ist am Aufbau nahe der Bruchkante befestigt – das weiß ich und so ist es auch. Die Sicht ist vertretbar und könnte das ein oder andere brauchbare Foto hervorbringen. Nur war meine Freundin schon lange nicht mehr an der „Togo“, hoffentlich geht alles glatt.
Wir wollen nicht zu tief gehen; die oberen Aufbauten sind bei etwa 48 Metern angesiedelt, und das sollte als „Foto-Togo-Einstiegstauchgang“ genügen. Ich plane den Tauchgang rein für Fotozwecke und werde Penetrationen und Seitensprünge vermeiden. So wird sich meine Freundin recht sicher fühlen und von dem Tauchgang profitieren können.
Nach dem Blick auf die angezeigte Temperatur fühle ich mich deutlich wohler in meinem Trocki; es sind hier unten nur etwa 13°C.
Alles ist wie immer; totenstille und wir sind alleine mit dem großen Wrack, dem tiefblauen Meer, den mystischen Bewuchs und den zahlreichen kleinen und großen Fischen. Meine Freundin zeigt sich begeistert, hat sie den Dampfer doch rein gar nicht mehr in Erinnerung. Sie weiß nicht, was sie zu erst fotografieren soll und aus welcher Entfernung und mit oder ohne Blitz. Ich schaue ihr diskret zu und freue mich für sie...
Meine veranschlagten 14 Minuten Grundzeit sind auf der Uhr angebildet, Zeit zum Auftauchen in Anbetracht der Wetterlage und physischen Gegebenheiten – der Anker ist auch noch zu bergen.
Die Deko gestaltet sich kurzweilig. Zum einen werde ich permanent geknipst und zum anderen höre ich Schraubengeräusche. Ein Doppelschraubendampfen hält sich scheinbar nicht an unser Alpha-Signal; ich sehe ihn ganz klar über mir Kreise ziehen. Dann machen sich drei dunkle Gestalten an der Boje zu schaffen. So; jetzt klaun `se unser Boot!
Nein es ist die Tekki-Schule. Die drei dunklen Gestalten entpuppen sich als Tekk-Taucher-Lehrlinge mit ihrem Meister. Sie zerren an der Leine, kommen nicht runter, haben eine Mono-15er – Kanne auf dem Rücken und dazu nur eine Stage an der Seite. Der Meister taucht Doppelgerät. Oh je, gleich werden die Truppen über unsere Birnen entlang dem Abstiegsseil poltern und mir und meine Freundin Regler und Maske von der Fresse treten! Schnell tariere ich mich waagerecht bäuchlings aus, um dem Schlimmsten zu entgehen.
Na ja, die scheinen recht gut geschult zu sein und tauchen neben dem Seil ab. Hübsch – wie ihre Blasen Richtung Oberfläche tollpatschig tanzen ... anfangs sind sie recht groß, später dann fein zerteilt wie Schrot. Hoffentlich geht es den Tekkis nicht ebenso.
Das Blau des geliebten Meeres ist leuchtend-prächtig wie sonst auch. Die Sonnenstrahlen glitzern durch das Wasser und oben tobt die See mittlerweile. Ich kann unser Boot kämpfen sehen – das Ankergeschirr hält, Gott sei Dank.
Etwas später kommen noch drei weitere Tekkis von oben und dann noch einmal zwei. Es muss ein Glas von der wilden See zerschlagen worden sein...
Bevor wir austauchen, kommen die anderen ersten drei schon wieder hoch. Und ich schäme mich innerlich wegen der peinlichen 14 Minuten Grundzeit – warum eigentlich? Aber vielleicht habe ich ja so rumgemulmt – da unten – dass die Tekkis ihr Training wegen mangelnder Sicht abbrechen mussten. Wer weiß?
Wie immer soll es gleich nach der Arbeit losgehen. 18.00 Uhr ist Dienstschluss, und es wird sofort nach Hause gehetzt. Gott sei Dank hatte ich den Bus tags zuvor schon mit dem Überwiegenden beladen. Die schweren Tauchflaschen sind an Bord, nur die persönlichen Sachen und das Futter müssen noch sinnvoll gepackt werden.
Die Kopfschmerzen der vergangenen Woche sind auf ein erträgliches Maß reduziert. Den Donnerstag habe ich mit allerlei medizinischen Untersuchungen verbracht. Ab in die Röhre – etwa Hirnblutungen? Arbeiten war allein zeitlich begründet nicht möglich; der Chef hatte Verständnis geäußert, obwohl es ihm natürlich nicht in seinen Besetzungsplan passte.
Es ist das Pfingstwochenende und wir müssen mit Chaos auf den Strassen rechnen. Die Katastrophe wäre eine Reise in den Norden – zu Mutti, doch das wollen wir nicht. Wir werden Port Vendres anfahren, über Cavalaire sur mer – den dort liegenden Tauchdampfer abholen vom letzten Wochenende – und in diese Richtung sollte sich das Verkehrsaufkommen vertretbar gestalten.
Vor Lindau auf der B96 der erste Stau vor der Stahlbrücke. Wie immer klappt das legendäre Reisverschlusssystem nicht.
Die ersten grenznahen Tankstellen in Österreich sind proppevoll. Die Eine im Hinterland, kurz vor der Schweizer Grenze nehmen wir. Dieselkraftstoff ist in „Ö“ günstiger als in der Schweiz.
Meine Freundin ermahnt mich nun auf der Schweizer Autobahn, ich solle an unser beschränktes Reisebudget denken und mich an die Geschwindigkeitsvorgaben halten. Dann schließt sie genüsslich ihre Äuglein und schlummert auf der bequemen ledernen hinteren Sitzbank ein und überlässt mir die Sache mit dem Gaspedal und dem Lenkrad. Madonna dudelt wiederholt im Radio. Ist auch kein Wunder, denn die CD fängt von vorne an. Gut, dass in dem neuen Bus ein CD-Wechsler integriert ist, jetzt läuft Faithless. Die hinteren Lautsprecherboxen sind über den Fader auf stumm gestellt, so war es meiner Freundin`s Wunsch und das ist bekanntlich Befehl.
Ich denke an die bevorstehenden Abenteuer und so verrinnt die Zeit am Ruder. Bergauf zeige ich den Schweizern, dass ich trotz schwer beladenem Bus doch die bessere Power habe.
Meine Freundin schläft tief und fest und bekommt von der Aaserei mit dem teueren Kraftstoff nichts mit. Ich freue mich einfach darüber, nicht am falschen Ende gespart zu haben, denn Leistung ist nur durch noch mehr Leistung zu ersetzen. Das gilt bei der Arbeit ebenso wie bei der Motorisierung; Hubraum statt Spoiler!
An der Grenze zu Italien muss ich aufpassen, dass mich die drängelnde Bande - nun auf der linken Spur - nicht schneidet. Megastau! Noch ein Stau an der ersten Italienischen Mautstation, dann läuft`s sauber. Jetzt - an der Französischen Grenze angekommen – kann ich nicht mehr; ich bin müde und erledigt. Auch ein dritter Cappuccino und ein Red Bull vermögen mich nicht aufzumuntern, soll doch der Red Bull zumindest Flügel verleihen. So könnte ich mich deutlich schneller und effizienter Fortbewegen. Aber nein – nichts der Gleichen! Bei Tempo 130 ist Schluss; der Windwiderstand fließt eben nun einmal quadratisch ein. Selbst die prasselnden Regentropfen wecken sie nicht auf – meine Kleine. Sie schläft den Schlaf der Gerechten und ich kann nicht mehr. Liebevoll aber schweren Herzens wecke ich sie auf und bereitwillig löst sie mich ab.
Punkt siebe Uhr sind wir nach genau 8h und 45 Minuten am Hafen von Cavalaire. Der Himmel ist Wolken verhangen, und ein leichtes Lüftchen weht. Der Trailer steht wie abgestellt und das Boot dümpelt vor sich hin. Wir sind mehr als beruhigt; Zeit, um noch etwas im Bus die Augen ohne Motorenlärm und ohne an die Seitenwände während der Kurvenfahrt zu rutschen zu schließen. Doch schlafe ich unruhig – die bevorstehenden Tauchgängen lassen mich zum einen bezüglich der Erwartungen nicht los und zum anderen wegen der Kopfschmerzen. Ich weiß nicht, ob ich nach dem Auftauchen „wieder sterben muss“ und das lässt mir keine Ruhe. Sollte es jetzt schon mit dem Tauchen grundsätzlich vorbei sein?
Um elf Uhr am Vormittag bin ich halbwegs Herr meiner Sinne und wir bereiten alles für einen Checktauchgang vor.
Der Wind ist leicht und die See etwas kabbelig. Von der Sonne ist heute nun nichts zu sehen. Macht aber nichts, es sind recht gute Tauchbedingungen und dieses sollten genutzt werden. Die Rödelei ist umfangreich wie immer und geht uns gehörig auf den Sack – auch wie immer. Das Leben könnte so einfach sein; eben in eine Tauchbasis einloggen, Kohle abdrücken, Mono-15er schultern und abtauchen. Das hatten wir schon und wollen es aber nicht mehr. Alles Gute ist eben nie beisammen, doch wissen wir wofür es ist.
„Lass uns an die „Prophete“ gehen, das Wetter ist gut und Graben möchte ich auch.“ Schlage ich meiner Freundin vor. Sie sagt nichts, schaut nur in die grauen Wolken und abwechselnd auf die aufgewühlte See. Wir passieren das Cap Lardier und die Welle vom Vortag peitscht uns heftig entgegen. Keine Schaumkämme, denn es ist kein Wind, aber eine lange Dünung.
„Ich weiß nicht, ob ich da wieder ins Boot komme ... bei der Welle. Und außerdem sage ich dir das lieber jetzt und bevor du den Anker ausgebracht hast.“ Höre ich meine Freundin kleinlaut sagen. Etwas mürrisch lege ich das Ruder und drehe ab. Ist es letztendlich doch egal wo wir den Checkdive machen, solange es ein Wrack und kein Felsen ist. Alternativ bleibt nur die „Espingole“, sie liegt in knapp 40 Metern und zudem in der Bucht. Hier war vorhin die Welle angenehmer.
Schnell ist die Position angefahren und das Wrack gefunden. Ein kleiner weißer Plastikkanister ziert die Stelle – ein Ausbringen der Markierungsboje ist also nicht erforderlich. Die Windrichtung ist schnell gepeilt und 70 Meter Ankerleine umgehend gesteckt. Das Boot dreht sich langsam in den Wind und meine überschlägliche Berechnung stimmt; wir liegen nun genau neben dem Kanister.
Auf Lampen, Fotoapparat und anderes Gedöns wird schlichtweg verzichtet; einfach nur abtauchen und das Meer genießen und schauen, ob die Ausrüstung und letztendlich das Wohlbefinden passen.
Der Tauchgang gestaltet sich recht kurz. In meinem Halbtrocki friere ich bei 15°C Wassertemperatur in 40 Metern Tiefe doch recht schnell. Nach nur 15 Minuten Grundzeit möchte ich austauchen. Meinen Fund des Tages hatte ich mir bereits nach nur 2 Minuten Tauchzeit an die Wade gesteckt: Bei der Ankunft am Wrack sah ich sofort den gelben Griff eines in der Ferne am Meeresgrund liegenden, wohl von einem Taucher verlorenen Messers; ein nagelneues Coltri Sub Messer der größeren Bauart. Gut 70 Euronen – immerhin!
Das Oberflächenwasser ist mit nahezu 21°C angenehm warm, ich möchte nun am liebsten wieder abtauchen...
Nachmittags im Hafen dösen wir noch an Bord, ich schlafe alsbald ein und werde mit duftendem Kaffee und Baguette mit Nuss-Nougat-Creme geweckt. Boot reinigen, Fische füttern, Unterwasserkamera zusammenbauen für den morgigen Tag, Bericht schreiben, Gläschen Sekt zur Nachtruhe und ab in die Heia, denn morgen möchten wir Aufnahmen vom Vorschiff der „Togo“ machen. Mal sehen, was der Tag bringen wird!
Es ist heute am Sonntag, den 27.05.2007 geplant, ganz früh – in aller Herrgott Frühe aufzustehen, um zum Vorschiff der „Togo“ abzutauchen. Um halb Acht letztendlich öffnet sich zum ersten Mal die Bus-Schiebetür. Es war einfach zu muschlig und kuschlig und viel zu gemütlich in dem noch frisch duftenden Schlafsack. Ich bin irgendwie einfach nicht ausgeschlafen. Noch ist absolute Flaute ... draußen. Es wird sich aber in den nächsten Minuten schlagartig ändern. Für heute ist Mistral angesagt und das nicht zu knapp – in Böen bis 8 Windstärken. Wir sollten schon längst draußen sein – verdammt. Diese ewige Bequemlichkeit und dann sich darüber aufregen wenn man deutlich zu spät am Spot ist.
Und wir sind deutlich zu spät am Spot; der Mistral bläst nun aus vollen Zügen und die Welle beginnt sich von Minute zu Minute mehr aufzubauen. Alles ist vorgerödelt und die Trockis bereits angezogen. Die weiße Markierungsboje tanzt lustig auf den Wellen. Dieser Spot wird von den örtlichen Basen recht häufig angefahren und ist markiert. Allerdings wage ich es nicht, mein Boot daran zu vertäuen; die Verankerung könnte reißen. Ich greife auf mein Ankergeschirr zurück: Windrichtung, Boot und weiße Boje müssen eine Linie bilden. Gut 80 Meter Leine sind gesteckt und das Boot treibt nun mit dem Heck genau auf die Boje zu. Einige wenige Meter werden eingeholt und jetzt stimmt`s auch mit dem Abstand.
Meine Freundin taucht D10, ich D12. Wir nehmen die Kamera mit dem 14/54 mm Objektiv und Blitz mit runter.
Die Abstiegsleine ist am Aufbau nahe der Bruchkante befestigt – das weiß ich und so ist es auch. Die Sicht ist vertretbar und könnte das ein oder andere brauchbare Foto hervorbringen. Nur war meine Freundin schon lange nicht mehr an der „Togo“, hoffentlich geht alles glatt.
Wir wollen nicht zu tief gehen; die oberen Aufbauten sind bei etwa 48 Metern angesiedelt, und das sollte als „Foto-Togo-Einstiegstauchgang“ genügen. Ich plane den Tauchgang rein für Fotozwecke und werde Penetrationen und Seitensprünge vermeiden. So wird sich meine Freundin recht sicher fühlen und von dem Tauchgang profitieren können.
Nach dem Blick auf die angezeigte Temperatur fühle ich mich deutlich wohler in meinem Trocki; es sind hier unten nur etwa 13°C.
Alles ist wie immer; totenstille und wir sind alleine mit dem großen Wrack, dem tiefblauen Meer, den mystischen Bewuchs und den zahlreichen kleinen und großen Fischen. Meine Freundin zeigt sich begeistert, hat sie den Dampfer doch rein gar nicht mehr in Erinnerung. Sie weiß nicht, was sie zu erst fotografieren soll und aus welcher Entfernung und mit oder ohne Blitz. Ich schaue ihr diskret zu und freue mich für sie...
Meine veranschlagten 14 Minuten Grundzeit sind auf der Uhr angebildet, Zeit zum Auftauchen in Anbetracht der Wetterlage und physischen Gegebenheiten – der Anker ist auch noch zu bergen.
Die Deko gestaltet sich kurzweilig. Zum einen werde ich permanent geknipst und zum anderen höre ich Schraubengeräusche. Ein Doppelschraubendampfen hält sich scheinbar nicht an unser Alpha-Signal; ich sehe ihn ganz klar über mir Kreise ziehen. Dann machen sich drei dunkle Gestalten an der Boje zu schaffen. So; jetzt klaun `se unser Boot!
Nein es ist die Tekki-Schule. Die drei dunklen Gestalten entpuppen sich als Tekk-Taucher-Lehrlinge mit ihrem Meister. Sie zerren an der Leine, kommen nicht runter, haben eine Mono-15er – Kanne auf dem Rücken und dazu nur eine Stage an der Seite. Der Meister taucht Doppelgerät. Oh je, gleich werden die Truppen über unsere Birnen entlang dem Abstiegsseil poltern und mir und meine Freundin Regler und Maske von der Fresse treten! Schnell tariere ich mich waagerecht bäuchlings aus, um dem Schlimmsten zu entgehen.
Na ja, die scheinen recht gut geschult zu sein und tauchen neben dem Seil ab. Hübsch – wie ihre Blasen Richtung Oberfläche tollpatschig tanzen ... anfangs sind sie recht groß, später dann fein zerteilt wie Schrot. Hoffentlich geht es den Tekkis nicht ebenso.
Das Blau des geliebten Meeres ist leuchtend-prächtig wie sonst auch. Die Sonnenstrahlen glitzern durch das Wasser und oben tobt die See mittlerweile. Ich kann unser Boot kämpfen sehen – das Ankergeschirr hält, Gott sei Dank.
Etwas später kommen noch drei weitere Tekkis von oben und dann noch einmal zwei. Es muss ein Glas von der wilden See zerschlagen worden sein...
Bevor wir austauchen, kommen die anderen ersten drei schon wieder hoch. Und ich schäme mich innerlich wegen der peinlichen 14 Minuten Grundzeit – warum eigentlich? Aber vielleicht habe ich ja so rumgemulmt – da unten – dass die Tekkis ihr Training wegen mangelnder Sicht abbrechen mussten. Wer weiß?
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