Irrfahrt, Teil 10, Roman

Einklappen
X
 
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #1

    Irrfahrt, Teil 10, Roman

    Irrfahrt



    Teil 10:



    Nun steht heute am Nachmittag dieses sonnigen Mittwochs ein Date mit Patrice
    und einem Bootsbesitzer auf dem Plan. Patrice hat uns berichtet, der
    Bootsbesitzer möchte sein Boot - aus 1979 - verkaufen. Der Clou an der Sache
    ist, das Boot hat einen der besten Liegeplätze am Ort.

    Das Boot selbst ist okay, der Preis auch. Doch zwei Faktoren stören; es
    könnte bezüglich der Länge - welche nur etwa elf Meter beträgt - größer sein
    und zudem zieren zwei Stück 6 Zylinder Ford Benzineinbaumotoren den Dampfer.
    Die Motoren sind zwar im respektablen Zustand, doch sind es eben keine
    Dieselmaschinen. Eine Stunde vergeht, dann schüttelt erst die Freundin den
    Kopf und dann ich. Wir sollten zudem warten; zum "Aussteigen" noch büschen
    früh!

    Patrice ist ein Franzose aus dem Erlsatz und spricht demzufolge Französisch
    und nahezu perfekt Deutsch und eben das macht ihn grundsätzlich sympathisch.
    Er lebt seit einigen Jahren alleine auf seiner Neunmetersegelyacht in
    Cavalaire. Seine Freizeit verbringt er teilweise auf einem Stuhl nahe dem
    Eingang zu dem peinlichst sauber geführten Sanitärtrakt am Hafen. Die für
    ihr alter sehr gut aussehende und äußerst nette Klofrau ist ihm eine Art
    Freundin geworden. Und so haben wir ihn kennen gelernt. Er nimmt es mir
    nicht übel, wenn ich seine Freundin hin und wieder einmal drücke und mit ihr
    schäkere; er nimmt dieses eher zum Anlass, meine Freundin ebenfalls zu
    drücken und zu herzen. Beziehungen schaden dem der sich keine aufbaut.



    Nun möchte ich doch noch unser Boot zu Wasser lassen, aber meine Freundin
    ist zu erledigt um heute am späten Nachmittag Tauchen zu gehen. Ich drängle
    nicht, nutze den tauchfreien Tag um meinen schmerzenden Unterarm zu schonen.

    Die vielen Leute am Hafen sind plötzlich wieder nahezu alle weg; es ist
    recht ruhig geworden - in Cavalaire.

    Uns bleiben noch drei Tage. Wir haben vor am Samstag abzureisen.

    "Was wollen wir tun?" Frage ich meine Freundin.

    "Du wolltest an das Achterschiff der "Togo" gehen. Mach das doch morgen."
    Erwidert sie.

    "Ich habe nach dem "Wir" gefragt." Korrigiere ich und fahre fort: "Du kommst
    mit an das Achterschiff. Es wird dein tiefster Mittelmeertauchgang. Und du
    nimmst idealer Weise die Kamera mit; es reicht, wenn zwei bis drei Fotos
    etwas werden. Das Heck liegt in 65 Metern; kommen eben noch 15 Meter zum
    Vorschiff der "Togo" - Aufbauten dazu. Das Wetter ist in den nächsten drei
    Tagen nahezu perfekt. Das werden wir so schnell nicht mehr haben."

    "Dann muss ich vorher wenigstens noch einmal zum Vorschiff!"

    "Hauptsache du kommst mit. Der Zweck heiligt die Mittel und Training hat
    noch keinem geschadet." Bestätige ich.





    Donnerstag, 07.06.2007:

    06.15 Uhr klingelt der Wecker und einen Bruchteil später reiße ich die
    Schiebetür auf; es gilt keine Zeit zu verlieren, denn das Boot muss zu
    Wasser und der Parkplatz soll für uns erhalten bleiben. Doch tätigen Männer
    der Stadt Straßenmarkierungsarbeiten - direkt an der Slipanlage und das
    macht mich sofort nervös.

    Die Situation entspannt sich erst, als ich den Bus samt leerem Trailer an
    selbiger Stelle einparken kann.

    Meine Freundin macht die Kamera mit dem 14/54 mm Objektiv klar. Es sind
    heute ausschließlich Tauchgänge an der "Prophete" geplant. Wir sind
    entsättigt und können so recht lange unten bleiben.
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!
  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #2
    In der Nähe und vor Erreichen des Spots wird auf einem kleinen
    Passagierdampfer mit ordentlichen Linien aus den Sechzigern ein Spielfilm
    gedreht. Ein großer Katamaran liegt in der Nähe und dient als Basisboot;
    dazu viele Begleitboote und zwei Vorpostenboote in Form von recht ordentlich
    motorisierten größeren Festrumpfschlauchbooten - laut Marinefernglas vor
    meinen Augen. Ich werde die Gelegenheit nutzen und einen
    Überwassertorpedoangriff fahren!

    Dazu werden die Alphaflagge und die des Gastlandes eiligst gestrichen;
    lediglich die Reedereiflagge steht oben auf. Noch einmal wird das Hansekreuz
    grinsender Weise fest angedrückt. und alle Mann auf Gefechtstation befohlen.

    Jetzt in Höchstfahrt näher kommend nutzen wir einen Augenblick der
    Unaufmerksamkeit der Vorpostenboote, die für einen Moment in der Abdeckung
    des Passagierdampfers - in Lee - stehen. Ich habe sie in die Abdeckung
    langsam einlaufen sehen; nun Länge des Dampfers, ihre Geschwindigkeit und
    ihren Abstand zum Dampfer im Kopf überschlagen. Dementsprechend laufe ich
    einen kleinen Bogen, um die Vorpostenboote in der Abdeckung so lange es geht
    zu halten - ohne jedoch einen grenzwertigen Lagewinkel zu erreichen. Das
    Manöver klappt; vom Passagierdampfer ein heftiges Winken, dann
    unverständliches Gebrülle - als man uns anfliegen sieht, dann die beiden
    Vorpostenboote um seinen Bug sausend; doch es ist zu spät! Wir sind in guter
    Schussposition! Nur noch eine kleine Kurskorrektur und der Bug unseres
    Bootes weist jetzt direkt auf die Backbordseite des Dampfers und damit haben
    die Torpedos eine gerade Bahn auf den vor Anker liegenden Britten!

    "Rooaaah Eintz bis Viea loooss!" Brülle ich nach unten in die Zentrale.
    Zischen und Stöße sind zu spüren, als die Aale die Rohre verlassen.

    "Jetzt aba wech hia . EinsWehOh! Sonst ha`mse uns ratzzzfatz am Arsch! . ein
    Kehre nach Backbord antäuschen und dann jantz scharf nach Steuerbord LI!"

    Unser "S"-Kurs legt den Gechner augenscheinlich rein und wir können in
    Höchstfahrt ziemlich dicht am Heck des Angelsachsen passieren.

    "So Kleines! Dichter jeht nich! Jetzt kannst`e gucken ob dein jeliebter
    Bretter-Pit an Bord is`!"

    "Du bis zu schnell! Fahr langsamer!" Schreit sie.

    "Ich habe keinen Bock auf deren Fuffzenn-Zentimeter-Granaten! Wech hia .
    sonst hau`n die uns ordentlich auf die Fresse. Die müssen nämlich ihre Szene
    noch mal drehen ... wegen uns!" Lache ich meine Freundin lauthals an und
    ergänze: "Papiratzi hätte man eben sein müssen, dann wären diese zwei Wochen
    sicher für lau!"

    Im Ablaufen wende ich mich grinsend um und sehe zwei zusammenfallende
    Wassersäulen. Und . das Abdrehen der Vorpostenboote - wir werden nicht
    weiter verfolgt und deren Steuermänner sind ab morgen sicher arbeitslos.

    "Male nachher mal gleich `ne Tausendzweihundert auf einen weißen Wimpel!"
    Weise ich meine Freundin an.

    ... Versenkt! ...



    Wegen der gefahrenen Geschwindigkeit sausen wir natürlich an unserem Spot
    vorbei. Wir legen uns für kurze Zeit zur Sicherheit in die Abdeckung vom Cap
    Ladier in die Bucht - etwas Seewind über die Angelegenheit wehen lassen.
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

    Kommentar

    • diverhans
      Ridderkreuzträger &
      Ritter


      • 03.11.2005
      • 443
      • BW

      #3
      Tauchgang eins ist nach 31 Minuten Grundzeit zu Ende. Super Sicht
      Unterwasser - an die 25 Meter! Als wir austauchen ist sie um einiges
      reduziert. Kurz in den Hafen, danach raus zum zweiten Tauchgang. Nach 4,5
      Stunden Oberflächenpause diesmal nur noch 16 Minuten Grundzeit bei nun
      wieder klasse Sicht. Viele Fotos, aber keine Funde zum Bergen. Lediglich
      einen Belegnagel aus Holz habe ich ausgegraben, Fotografieren lassen und
      zurückgelegt.

      Abends Flaschenfüllen bei Arnoldo. Dabei stelle ich fest, dass die neue alte
      gelbe 12er am Flaschenhals undicht ist. Zur Sicherheit lasse ich die Luft
      vollständig abströmen, bevor noch das Ventil des Nachtens durch den Bus
      saust.

      Abends geben wir Patrice sein Lieblingsgetränk in einer der Bars aus.
      Duschen, Schlafen.


      Freitag:

      Umdisponieren; ich gehe nicht - alleine - an das Achterschiff, obwohl es
      unter den Nägeln brennt. Ich gebe heute meiner Freundin die Möglichkeit noch
      einmal zum Hauptteil der "Togo" zu gehen, damit sich die Wahrscheinlichkeit
      erhöht, dass sie morgen in aller Frühe mit zum Achterschiff kommt.

      Am Spot sind wir fertig zum Verlassen unseres Bootes, da kommt ein
      französisches Schlauchboot; fragt nach der Anzahl der Taucher, wirft nach
      entsprechender und freundlicher Konversation seinen Anker. Wir können nun
      endlich in das heute kristallklare Wasser.

      Der Regler zuppelt beim Abtauchen - so hatte ich es schon lange nicht mehr.
      Ich genieße den freien Fall!


      Wir steigen wieder an der festen Muring nach einem entspannten und
      wundervollen Tauchgang höher. Auf dem 15 Meter Stopp angekommen sehen wir
      reife Äpfel in Zeitlupe vom Baum fallen; rechts, links, vor und hinter uns
      fallen sie in die Tiefe und hinterlassen zauberhafte Wolken aus Blasen die
      zurück zur Oberfläche sprudelt. Ein atemberaubender Anblick bei diesen
      Sichtverhältnissen.

      Die <Epperland> hat an der Muring festgemacht und legt Minen! Jedoch gleitet
      keine der Minen direkt an der Leine nach unten, es scheinen Tauchen könnende
      Taucher an Bord zu sein und so genießen wir dieses Schauspiel. Die Deco
      gestaltet sich mehr als Kurzweilig.

      Unsere Köpfe erscheinen gleichzeitig an der Oberfläche und Mamor begrüßt uns
      über die Reling gelehnt. Er winkt freundlich zu, spricht uns an, und als wir
      uns rücklings schwimmend von dem weißen Muringball in Richtung unseres in
      mittlerer Entfernung vor Anker liegenden Boot verabschieden, weist aufgeregt
      ein Gasttaucher der <Epperland> in unsere Richtung. Es scheint für ihn neu
      zu sein, nicht direkt vom Tauchboot abgeholt zu werden. Marmor klärt ihn
      sichtlich auf.

      Der zweite Tauchgang führt uns in einer Art Stippvisite zum stark
      verfallenen Torpedoboot "T178" auf 47 Meter. Wir dürfen nur 12 Minuten
      bleiben und steigen nach 9 Minuten an der Leine auf. Für einige schöne Fotos
      hat es offensichtlich gereicht.


      Wir haben einen guten Stand bei den örtlichen Basen; wir halten uns an deren
      Hausrecht und an zu erwartende Gepflogenheiten: Wir wissen beispielsweise
      wann "Togo-Tag" ist und schmücken uns mit Zurückhaltung - sollten wir
      dennoch an den Spot gehen wollen, ankern eben in gehörigem Abstand um den
      Kommerziellen ihren Plan durch unsere Anwesenheit nicht durcheinander zu
      bringen. Wir wurden anfangs mit unserem Boot beim ersten Aufschlagen
      skeptisch beobachtet, doch das hat sich gelegt. Unsere Manöver sind wohl
      überlegt und sauber ausgeführt und wir werden wegen unserer Art zu tauchen
      respektiert.

      Abends spricht das Arnoldo beim Flaschenfüllen aus. Ich freue mich innerlich
      über das Gesagte.


      "Morgen Achterschiff, Kleines? Bist du für den Tauchgang deines Lebens -
      bisher - bereit?"

      "Ich denke, ich werde es versuchen." Antwortet sie mir.

      "Ich bin nur in deiner Nähe und passe auf. Ich werde dir etwas zeigen, was
      noch nicht viele gesehen haben. Und wir werden alleine sein ... in dieser
      Tiefe - mit dem Wrack und seiner Mystik!"

      Etwas Wind ist aufgekommen . ich liege noch lange wach.


      *** Fortsetzung folgt - letzter Teil ***


      Rechtlicher Hinweis:

      Dieser Roman - auch in Teilen - ist urheberrechtlich geschützt! Die
      Tauchgänge haben in der Realität so nie stattgefunden. Keine Haftung aus
      Nachahmung! Es wurden keine Gegenstände aus dem Meer/Wracks geborgen. Die
      Personen, die Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.

      Tauchen ist grundsätzlich lebensgefährlich!


      (c) Rene Heese 2007
      ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

      Kommentar

      Lädt...