Irrfahrt
Teil 11 (letzter Teil):
Das Wetter scheint heute am letzten Tag unserer Reise – dem Samstag - ideal zu sein. Es ist früher Morgen und Cavalaire schläft noch. Der ein oder andere Angler bereitet sich auf seine morgendliche Ausfahrt vor und auf dem einen oder anderen Segler klappert die ungeschminkte Madam mit dem Frühstücksgeschirr. Sogar das Hafenklo hat noch geschlossen; es ist noch vor 7.30 Uhr … aber sonst ist Ruhe in dem Örtchen. Kein Windhauch ist zu spüren, keine Welle bäumt sich auf oder bricht gar. Die Sonne ist als einzige so richtig wach und lacht uns freundlich zu.
„Na dann woll`n wa mal keine Zeit verlieren. Zähneputzen nach dem Tauchen.“ Eine Antwort bekomme ich nicht, doch bereitet meine Freundin ihren zugewiesenen Teil vor. Ich derweilen rödele für mich die D12er mit 225 bar kalt und für meine Freundin die D10er zusammen. Die Markierungsboje an 80 Meter Leine liegt nun fein säuberlich aufgeschossen auf der Backskiste.
Ich habe noch sicherheitshalber einmal im Logbuch nachgeschlagen und meine Erinnerung bestätigt sich; ich habe momentan 135 Meter Gesamtlänge Ankergeschirr im Kasten. Diesmal werde ich alles, absolut alles rauslassen müssen. Die 70 Meter Reserveleine brauche ich bei dieser Witterung nicht anstecken.
Es wird der tiefste gemeinsame Mittelmeertauchgang für zwei Abenteurer, die zudem ihr Boot unbewacht an der Wasseroberfläche stehen haben. Es ist schon ein Unterschied, ob man im Roten Meer auf gut 65 Meter Fischegucken geht, oder unter diesen Umständen einen Wracktauchgang mit Penetrationsmöglichkeit im Mittelmeer wagt und konkret ich eine große Verantwortung trage. In den Tauchflaschen ist schnöde Pressluft, die Reinsauerstofflasche ist leer und kann nicht mitgenommen werden. Alles muss klappen.
„Abbruch/Auftauchen beim geringsten Anlass ohne Nennen von Gründen.“ Mache ich meine Freundin eher nervös, aber es muss ausgesprochen werden. „Ich bin beim Abtauchen bei dir und schaue mich minutiös um. Gib Zeichen, wenn etwas nicht in Ordnung ist und wir kehren sofort um!“ Ergänze ich. „Hast du das Fisheye aufgesteckt?“ Frage ich.
„Ja. Kamera ist klar.“ Bekomme ich als Antwort von ihr, mehr aber auch nicht.
„Wenn du da unten halbwegs klar im Kopp bist und mir dieses bestätigst, folge meinen Anweisungen zwecks Motiv-Wahl. Ich bleibe jedoch in deiner Nähe – verschwinde hin und wieder hinter deinen Rücken, damit mich das Fisheye nicht erwischt. Wie gesagt; zwei bis drei gute Fotos reichen – lass dir Zeit … und Großaufnahmen vom Heck. Bitte kein Viezeuch oder Moostierchen oder so`n Scheiß; den Dampfer … bitte … in seiner ganzen Pracht und Mystik!“ Lenke ich etwas tollpatschig von der allgemeinen innerlichen Aufregung ab und fahre fort: „Heute ist der Tag vor dem Herren! Alles passt; wenn wir heute nicht gemeinsam runter gehen, kriegen wir das Heck nie in Sepia, Schwarz/Weiß und/oder in Farbe!“ Ich bekomme keine Antwort, ich weiß im Ansatz, wie es in meiner Freundin aussieht. Ich weiß aber auch, wie sie sich „anschließend pestet“, wenn ich alleine gehen und voller Euphorie die Hühnerleiter erklimme und von meinen Erlebnissen in der Tiefe berichte … ich weiß es, denn es ist oft genug vorgekommen.
Der Zündschlüssel wird herum gedreht, die Maschine springt sauber an und surrt nun leise vor sich hin.
„Vorleinen klar?“
„Vorleinen klar!“ Bekomme ich von ihr als Antwort.
„Dann spring auf die Back … ab geht`s! Geh in die Knie, damit du beim Umsteuern nicht in den Kahn purzelst!“ Weise ich zum aber wiederholten Mal an, denn das wird einfach zu oft vergessen und dazwischen sollte jetzt nichts mehr kommen. Denn jedes kleinste Missgeschick könnte als schlechtes Vorzeichen gedeutet werden – von wem auch immer. Es muss einfach klappen – heute!
Doch habe ich diesmal beim Ausklipsen der Muring achtern meine Hand flach über das Meer gleiten lassen, eine handvoll davon entnommen, das Wässerchen zum Mund geführt und ihm einen lieben Kuss gegeben. Keine Windstöße oder andere Warnungen habe ich vernommen. Es scheint der Tag zu sein, an dem ich es zusammen mit meiner Freundin wagen kann. Den Segen meines geliebten Meeres scheine ich wohl zu haben. Doch sollte ich mein Hirn mit in die Tiefe nehmen – ich gehe nicht alleine!
Teil 11 (letzter Teil):
Das Wetter scheint heute am letzten Tag unserer Reise – dem Samstag - ideal zu sein. Es ist früher Morgen und Cavalaire schläft noch. Der ein oder andere Angler bereitet sich auf seine morgendliche Ausfahrt vor und auf dem einen oder anderen Segler klappert die ungeschminkte Madam mit dem Frühstücksgeschirr. Sogar das Hafenklo hat noch geschlossen; es ist noch vor 7.30 Uhr … aber sonst ist Ruhe in dem Örtchen. Kein Windhauch ist zu spüren, keine Welle bäumt sich auf oder bricht gar. Die Sonne ist als einzige so richtig wach und lacht uns freundlich zu.
„Na dann woll`n wa mal keine Zeit verlieren. Zähneputzen nach dem Tauchen.“ Eine Antwort bekomme ich nicht, doch bereitet meine Freundin ihren zugewiesenen Teil vor. Ich derweilen rödele für mich die D12er mit 225 bar kalt und für meine Freundin die D10er zusammen. Die Markierungsboje an 80 Meter Leine liegt nun fein säuberlich aufgeschossen auf der Backskiste.
Ich habe noch sicherheitshalber einmal im Logbuch nachgeschlagen und meine Erinnerung bestätigt sich; ich habe momentan 135 Meter Gesamtlänge Ankergeschirr im Kasten. Diesmal werde ich alles, absolut alles rauslassen müssen. Die 70 Meter Reserveleine brauche ich bei dieser Witterung nicht anstecken.
Es wird der tiefste gemeinsame Mittelmeertauchgang für zwei Abenteurer, die zudem ihr Boot unbewacht an der Wasseroberfläche stehen haben. Es ist schon ein Unterschied, ob man im Roten Meer auf gut 65 Meter Fischegucken geht, oder unter diesen Umständen einen Wracktauchgang mit Penetrationsmöglichkeit im Mittelmeer wagt und konkret ich eine große Verantwortung trage. In den Tauchflaschen ist schnöde Pressluft, die Reinsauerstofflasche ist leer und kann nicht mitgenommen werden. Alles muss klappen.
„Abbruch/Auftauchen beim geringsten Anlass ohne Nennen von Gründen.“ Mache ich meine Freundin eher nervös, aber es muss ausgesprochen werden. „Ich bin beim Abtauchen bei dir und schaue mich minutiös um. Gib Zeichen, wenn etwas nicht in Ordnung ist und wir kehren sofort um!“ Ergänze ich. „Hast du das Fisheye aufgesteckt?“ Frage ich.
„Ja. Kamera ist klar.“ Bekomme ich als Antwort von ihr, mehr aber auch nicht.
„Wenn du da unten halbwegs klar im Kopp bist und mir dieses bestätigst, folge meinen Anweisungen zwecks Motiv-Wahl. Ich bleibe jedoch in deiner Nähe – verschwinde hin und wieder hinter deinen Rücken, damit mich das Fisheye nicht erwischt. Wie gesagt; zwei bis drei gute Fotos reichen – lass dir Zeit … und Großaufnahmen vom Heck. Bitte kein Viezeuch oder Moostierchen oder so`n Scheiß; den Dampfer … bitte … in seiner ganzen Pracht und Mystik!“ Lenke ich etwas tollpatschig von der allgemeinen innerlichen Aufregung ab und fahre fort: „Heute ist der Tag vor dem Herren! Alles passt; wenn wir heute nicht gemeinsam runter gehen, kriegen wir das Heck nie in Sepia, Schwarz/Weiß und/oder in Farbe!“ Ich bekomme keine Antwort, ich weiß im Ansatz, wie es in meiner Freundin aussieht. Ich weiß aber auch, wie sie sich „anschließend pestet“, wenn ich alleine gehen und voller Euphorie die Hühnerleiter erklimme und von meinen Erlebnissen in der Tiefe berichte … ich weiß es, denn es ist oft genug vorgekommen.
Der Zündschlüssel wird herum gedreht, die Maschine springt sauber an und surrt nun leise vor sich hin.
„Vorleinen klar?“
„Vorleinen klar!“ Bekomme ich von ihr als Antwort.
„Dann spring auf die Back … ab geht`s! Geh in die Knie, damit du beim Umsteuern nicht in den Kahn purzelst!“ Weise ich zum aber wiederholten Mal an, denn das wird einfach zu oft vergessen und dazwischen sollte jetzt nichts mehr kommen. Denn jedes kleinste Missgeschick könnte als schlechtes Vorzeichen gedeutet werden – von wem auch immer. Es muss einfach klappen – heute!
Doch habe ich diesmal beim Ausklipsen der Muring achtern meine Hand flach über das Meer gleiten lassen, eine handvoll davon entnommen, das Wässerchen zum Mund geführt und ihm einen lieben Kuss gegeben. Keine Windstöße oder andere Warnungen habe ich vernommen. Es scheint der Tag zu sein, an dem ich es zusammen mit meiner Freundin wagen kann. Den Segen meines geliebten Meeres scheine ich wohl zu haben. Doch sollte ich mein Hirn mit in die Tiefe nehmen – ich gehe nicht alleine!
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