Gegen den Strom, Teil 6, Roman

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  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #1

    Gegen den Strom, Teil 6, Roman

    Gegen den Strom


    Roman, Teil 6


    << Der gestrandete Frachter >>


    Nun, nachdem die Marschreihenfolge festgelegt ist – an der Spitze die kleine Armee, als Letzter ich und dazwischen die Freundin damit ich in der Lage bin ihren Tritt zu überwachen - kann ich mir geistig Zeit nehmen um mir den Frachter, wohlgemerkt noch aus der Ferne, anzusehen.
    Ein recht großes Schiff – geschätzte Tonnage: 2700 Bruttoregistertonnen, ein Schütt- und Stückgutfrachter, ohne Ladegeschirr, mit achtern angeordnetem Deckshaus und Maschinenanlage. Der Bug wohlgeformt ausfallend; alles in allem eine älter Konstruktion.
    Ich mache mir bereits jetzt schon Gedanken, wie ich an ihn von allen Seiten herankomme, beziehungsweise hinein. Die Elementarausrüstung habe ich mit. Sie ist ausreichend auch für den Fall, dass ich im Wasser den Boden unter den Füßen verliere. Doch wie komme ich an Bord?
    Es sind noch verdammt viele hundert Meter auf Wüstensand zu Fuß zurück zu legen. In meinem Kopf laufen Alternativen durch. Die Letzte davon - bezüglich der Penetration ist, dass ich durch den möglicherweise seitlich seeseitig aufgerissenen Rumpf in das Schiffsinnere gelange und mich über vorhanden Treppen oder Leitern nach oben bewege…
    Doch was nützen die Überlegungen im Vorfeld, wenn ich vor Ort eh operativ entscheiden muss und so überlasse ich meinem Kopf – wie oft bei Abenteuern – lieber einer gewissen Leere um frei für spontane Entscheidungen zu sein. Dieses Verhalten wende ich oftmals bei anspruchsvollen Wracktauchgängen an, denn letzten Endes gestaltet es sich doch anders als man überhaupt planen kann und sollte.

    Meine Aufregung ist gegen null herunter gefahren, ich muss einen kühlen Kopf behalten. Denn ab der Wasserkante werde ich ganz auf mich alleine gestellt sein. Die Hilfsmannschaft und letztendlich meine Freundin werden am Wasser halt machen.
    Da ich aus der Erfahrung heraus befürchte, dass doch jeder Zeit etwas dazwischen kommen könnte, wie beispielsweise eine nicht informierte Militärstreife welche das Unterfangen sehr überzeugend vorzeitig beenden könnte, ist für mich Eile geboten.

    Als wir das Wasser erreichen setzt sich die kleine Armee gemütlich in den Sand und holt ihre Zigaretten heraus – ich muss dem nichts hinzufügen.

    „So, jetzt bitte nur zuhören.“ Sage ich zu meiner Freundin „Ich werde erst einmal ohne Fotoapparat losziehen und alles inspizieren; dann zurückkommen und bei günstigen Bedingungen ein zweites Mal rüberspazieren und das dann mit der Kamera. Du wirst bitte derweilen vom Ufer aus einige Aufnahmen machen – falls wir unverhofft Zeitprobleme in Form von unerwünschtem Besuch kriegen sollten. Laufe hier ein bisschen auf und ab, damit ich auch weitest möglich Bug- und Heckansicht drauf habe. Zieh dir deine Füßlinge an wegen der scharfen Korallen.“
    Meine Freundin nickt ab, sagt aber nichts. Sie ist vor Sorge leichenblass.
    Ich ziehe mir den Halbtrocki über, dann die Füßlinge. Dann gewohnte Kommandos an meine liebe Assistentin: „Eishaube … Messer … Maske … Schnorchel … Handschuhe!“
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!
  • diverhans
    Ridderkreuzträger &
    Ritter


    • 03.11.2005
    • 443
    • BW

    #2
    Das große Messer wird (hinten) an der linken Wade angebracht und in den Gummis der Schnorchel verstaut. Eishaube aufsetzen und auf die Stirn die Maske gesetzt, Handschuhe an, und auf den linken Unterarm werden über die Bänderung die Flossen geschoben. Und so marschiere ich in Richtung meiner Leidenschaften, welche eine davon genau vor mir liegt – ein großer gestrandeter Dampfer auf einem uralten toten Riffdach in Strandnähe. Und dieser erscheint nach einer ersten Einschätzung zugänglich. Der Idealfall ist eingetreten!

    Die Wassertiefe wechselt zügig auf Gürtellinie; der Marsch wird schnell beschwerlich; die Entfernung beträgt etwa 600 Meter. Und der helle Sandboden wechselt seine Farbe: überall nun vereinzelt dunkle Stellen – alte Korallen. Ich versuche auszuweichen.
    Der Frachter rückt in greifbare Nähe. Jetzt kann mich ein Anrufen vom Ufer, von wem auch immer getätigt, nicht mehr von meinem Vorhaben abhalten – ich leiste es mir nun langsamer zu waten. Der Schweiß rinnt.
    Ich checke die Gegebenheiten: Eine Jakobsleiter hängt vom Schanzkleid (Oberkante Schiffsaußenhaut) herunter – sie hört in halber Höhe zur Wasserlinie auf. Sie scheint gerissen. Eine Zweite hängt daneben und diese reicht bis zur Wasserlinie. Beide sind Mittschiffs angeordnet. Der Wind hat nachgelassen und die Wellen auch. Doch stellt sich die Brandung immer noch beachtlich dar. Der Frachter liegt parallel zur Riffkante und unmittelbar auf dem Riff. Höhe Freibord und Unterwasserschiff lasse zusammengefasst unschwer den Schluss zu, dort ist das Wasser nur Knöcheltief. Ich kann zudem den Schlingerkiel sehen. Stürze ich von der Strickleiter oder reißt sie, finde ich auf den spitzen Korallen einen schnellen Tot. Was werde ich tun? Noch bin ich etwa einhundert Meter von dem Wrack entfernt. Meine Füße schmerzen, die spitzen Korallen bohren sich nicht nur in die dünne Füßlingssohle, denn nunmehr gibt es keine Sandmulden mehr. Ich taumele vor Anstrengung, vor Schmerz, vor Unebenheiten – Löcher – im Korallenboden. Die scharfen Korallen schneiden in meine Fußsohlen, in die Knöchel, und teilweise - beim Ausgleiten - schrammen sie an den Unterschenkeln. Das Wasser wird jetzt deutlich flacher, die Flossen hätte ich nicht gebraucht – aber, wer weiß das schon vorher. Je flacher es wird, desto unsicherer wird mein Schritt. Die gekräuselte Wasseroberfläche lässt möglichen ebenen Boden nicht erkennen. Nur nicht umknicken und den oder die Füße verstauchen; lieber nach vorne fallen lassen! Sonst ist dieser Traum aus…

    Mein Gott, ich bin da! Ich stehe unmittelbar vor der etwa 9 Meter hohen Schiffswand. Ich höre die Brecher seeseitig an die Bordwand krachen – ein lautes dumpfes schreckliches Geräusch. Ein riesiges gestrandetes und nicht Sterben wollendes Schiff erstreckt sich vor mir in die nicht endende Höhe. Ich sehe kein Meer – so lang ist das Schiff. Ich höre seinen Atem! Ich vernehme seinen Pulsschlag, ich fühle sein noch pochendes Herz indem ich meine linke Hand auf seinen gepeinigten Körper lege. Ich spüre seine Schmerzen – doch ernsthafte Wunden kann ich auf den ersten Blick nicht erkennen. Der Rumpf scheint intakt; ich muss herausfinden woher seine Schmerzen rühren.
    Ich stehe vor der Jakobsleiter. Die Flossen habe ich mittels ihrer Gummibänderung an einem losen und seinerzeit herab gefallenen Wrackteil befestigt, damit sie nicht wegtreiben können.
    Ich stehe vor der Jakobsleiter und blicke nach oben. Ich muss mich entscheiden. Jedes weitere Risiko kann ich kalkulieren, doch dieses eben nicht! Hält die alte, seit Jahren Wind und Wetter ausgesetzte Strickleiter mein Gewicht und meine Bewegungen aus? Und zu dem, wie ist sie oben fest gemacht? An meinem Gewicht kann ich nichts nennenswertes Ändern, jedoch an meinen Bewegungsabläufen. Ich bin nicht nur ein schnöder und theoretisch ausgebildeter Schiffsbetriebsingenieur, sonder mit und auf Schiffen groß geworden. Ich weiß, dass ich mich nur gleichmäßig und gewandt wie eine schleichende Raubkatze auf ihr bewegen darf. Keine Bewegung und keine Ruckkräfte in die Seile bringen! Und währenddessen mir diese Gedanken in einem Automatismus kommen, ergreife ich bereits mit der linken Hand das linke Seil der Leiter, dann folgt meine rechte Hand. Ich fasse hoch an. Mein linker Fuß setzt auf die erste Holzsprosse; ich ziehe mich gleichmäßig aufwärts und der rechte Fuß folgt. Ich stehe – hänge – auf (an) der Leiter. Ein gravierender Fehler wäre jetzt, probehalber mit meinem Körper zu Rucken, zu Rütteln. Zudem nützt es nichts, wenn sie dann reißen sollte. Denn wie komme ich dann auf das Schiff? Ich muss da rauf – so oder so! Es reicht, ausreichend lange auf der Leiter stehen zu bleiben. Aber wie lange ist schon „ausreichend“? Es ist eben meine Art, so etwa zu testen. Aber eben diese Minuten des Stehens – Hängens müssen sein. Doch dann muss es trotz der Gewandtheit sehr schnell gehen, denn die Kraft – die Dauerbelastung muss nun schnellstmöglich raus aus den Seilen. Das Stehen auf der Leiter ist nur ein grundsätzlicher Test, reißt sie - passiert nicht viel. Doch beginne ich erst einmal mit dem Aufstieg, muss ich schnellstmöglich wieder raus aus den Seilen.
    ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

    Kommentar

    • diverhans
      Ridderkreuzträger &
      Ritter


      • 03.11.2005
      • 443
      • BW

      #3
      Nun beginnt meine katzengleiche Aufwärtsbewegung – mit Stufe für Stufe. Die Gleichmäßigkeit meiner Bewegungsabläufe kostet einen deutlich höheren Kraftaufwand. Der Körper muss zudem gestreckt – lotrecht – bleiben. Jede Verlagerung des Körpers von der Bordwand weg, bringt nicht nur ungewollte Bewegung in dieses seemännische Leitersystem. Das Kletterbein ist beim Anziehen seitlich abgewinkelt, an die Bordwand gelehnt. Noch hält die Leiter, doch jeder noch so kleine Fehler kann sie möglicherweise zum Reißen bringen…

      Mein Kopf ist leer, es bringt eh nichts über meine gerade gestartete Aktivität nachzudenken. Mach es, oder lass es! Was anderes zählt nicht. An einer „T“ - Kreuzung (der Autostrasse, des Lebens) muss man sich für rechts oder links entscheiden. Stehen bleiben ist Quatsch - irgendwann kommt garantiert eine Kreuzung – man hätte eben sonst nicht losfahren brauchen, und zu Hause hinterm Ofen bleiben können oder in Mamas schützenden Unterleib.

      Die Hälfte ist geschafft … jetzt bin ich fast oben … und jetzt kann ich die Oberkante des Schanzkleides ergreifen; scheiße – sie ist plan und nicht grifffest … die Kante rund. Ich muss noch ein Stück höher klettern, der rechte Zugarm ist im Winkel jetzt beinahe zusammengefallen, meine Muskeln fangen an zu Zittern, die linke Hand tastet nach dem Ende der planen Oberkante … jetzt, jetzt kann ich Greifen – fest zupacken. Jetzt können sich am Knie-Eisen meine Finger 180° einkrallen, jetzt und erst jetzt bin ich weites gehend sicher!
      Das linke Bein schlägt über, ich halte einen Augenblick inne und verschnaufe. Dann stehe ich mit beiden Armen in die Hüften gestützt und schaue zum Ufer. Es folgt ein riesiges Taucher-Okay-Zeichen und nun habe ich Zeit, die Fixpunkte der Strickleiter intensiv zu untersuchen – alles ist im hinreichenden Zustand, Gott sei Dank! Ich komme also auch halbwegs vernünftig wieder runter vom Schiff.

      Ich blicke mich um – Lage peilen. Die Brecher krachen fortwährend an die Schiffswand und versuchen ihre zerstörerische Kraft effizient wirken zu lassen. Sie wollen den Frachter töten, noch wehrt er sich standhaft. Doch das Schiff schreit gespenstisch vor Schmerz. Aus dem neben mir befindlichen Schwanenhalslüfterkopf ist mit jeder anschlagenden Welle ein gruseliges Rauschen und Pfeifen zu hören – klares Indiz dafür, dass der Rumpf aufgerissen ist, es entweicht komprimierte Luft aus den vollständig geschlossenen Laderäumen. Die Strandung hat dem stolzen Frachter den Leib aufgerissen, als die Sturmwellen ihn immer weiter auf das Riff geschoben haben. Noch ist er insoweit intakt. Er muss leer gestrandet sein, sonst hätte ihn das Riff das Rückgrad gebrochen. Ich werde mich davon später überzeugen und in die Laderäume klettern. Doch zuerst zur wichtigsten Sektion – auf zur Brücke!

      Ich begebe mich zum Deckshaus. Dort angekommen stelle ich fest, dass die einst stabile Treppe auf die Poop nun durchrostete Tritte hat. Ich benutze die äußeren Flächen und klammere mich zudem an den stählernen Handlauf. Es geht durch die unteren Räumlichkeiten – nur loses Papier in Form von Zeitschriften und Büchern liegt herum. Keine Einrichtungsgegenstände sind zu finden – der Dampfer scheint mir jetzt schon so, als sein er von den Beduinen bis aufs Blut geplündert: Handläufe fehlen, Verschalungen, ganze Wände, teilweise die Schiffsfenster und vom Mobiliar ist erst Recht nichts zu sehen. Es fehlt alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Nur Papier mit Buchstaben haben sie liegen gelassen, sie haben den Frachter regelrecht skalpiert!
      ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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      • diverhans
        Ridderkreuzträger &
        Ritter


        • 03.11.2005
        • 443
        • BW

        #4
        Auf der Brücke angekommen bietet sich mir ein ebensolches Bild – sie ist ratzfatz leer geräumt. Die Türen stehen offen, der Wind treibt lose Blätter von einer Ecke zur anderen. Die schweren Bücher liegen leblos und mit Füßen getreten auf dem Boden. Ich finde ein gut erhaltenes und sicher brauchbares, dickes großes nautisches Handbuch über das Rote Meer in Englischer Sprache. Ich überlege, es mitzunehmen. Doch das könnte unverhältnismäßigen Ärger geben. Schweren Herzens lege ich es respektvoll in eine sichere geschützte Ecke…
        Von der Steuerbord- Nock (seitlicher, überhängender Ausläufer des Brückendecks) habe ich einen herrlichen Blick auf die aufgewühlte See. Ich muss mir jedoch meine Zeit einteilen, will gleich im Anschluss noch einmal zurückkehren auf diesen herrlichen Frachter und das mit dem Fotoapparat. Also weiter. Und so erklimme ich die maroden Sprossen der senkrechten Leiter – hinauf zum Peildeck, dem obersten Deck des Deckshauses.
        Oh mein Gott – hier hat eine ganz alte Kompassanlage gestanden. Ich erkenne das an der liegen gelassenen und verzierten Holzverkleidung; die Backbord- und Steuerbordkugeln in einmal rot und einmal grün liegen brutal abgerissen auf dem Stahlboden. Ein trauriger Anblick! Diese Vandalen – hätten sie doch wenigstens alles mitgenommen und zusammenhängend verscherbelt … mein Herz blutet.

        Ich verweile eine gewisse Zeit hier oben. Die Brecher schlagen wieder und wieder auf den Rumpf ein; das Achterschiff bebt und wankt teilweise so stark – ganz besonders zu merken eben hier ganz oben, dass ich ohne mich festzuhalten stürzen würde! Durchaus möglich, dass bereits der Kiel gebrochen ist, ich muss den Rumpf auf Spannungsrisse untersuchen und ich muss auf der Hut sein!
        Und weiter geht es nun in den Keller – in das Herz (den Maschinenraum), die vielen Stufen bis ganz nach unten hinunter.
        Etwas Tageslicht bricht herein – ich habe keine Lampe mit dabei. Gern hätte ich eine von beiden mitgebrachten Tauchlampen jetzt und hier am Mann gehabt, doch ist bei der einen der Brenner kaputt gegangen (Ersatz liegt zu Hause in der Schublade und hier ist keiner zu bekommen) und die andere hat einen Defekt in der Elektronik. Zu Hause, kurz vor der Demontage – Brenner wegen Flug ausbauen – haben beide noch funktioniert.

        Auch hier haben die Vandalen gewütet, und alles was vier Ecken hat und vier Mann gleichzeitig tragen können, fehlt: Pumpen, Aggregate, Ersatzteile, Werkzeug. Sogar einige Flurplatten fehlen oder sind lose / wackelig; ich muss höllisch aufpassen. Es heißt: eine Hand fürs Schiff und eine Hand für sich selbst – so unter Seeleuten. Für das Schiff kann ich nichts mehr tun und so verwende ich beide Hände für mich selbst.
        Das hier unten ist nun wirklich nichts für schwache Gemüter; es ist schummerig und die Wellen erzeugen einen geisterhaften Lärm. Der Widerhall ist enorm.
        Doch dann erschrecke sogar ich. Eine wohl besonders große Welle schlägt mit aller Wucht an die Außenhaut, an das Achterschiff – der Lärm ist ohrenbetäubend. Und damit nicht genug; die Erschütterung gleicht dem jüngsten Gericht und nur eine kleine Unaufmerksamkeit lässt eine beinahe Katastrophe hereinbrechen: für eine kurzen Moment lang halte ich mich rein gar nicht fest und genau jetzt schlägt die Welle an die Bordwand. Es haut mir regelrecht den Boden unter den Füßen weg. Blitzschnell ergreife ich einen Handlauf und tätige zeitgleich einen Schritt nach vorn. Die Flurplatte ist lose und kippt weg; ich stürze in das Eisen umringte Loch und bleibe schmerzhaft gegrätscht in ihm stecken. Für einen Moment wird mir schwarz vor Augen…
        ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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        • diverhans
          Ridderkreuzträger &
          Ritter


          • 03.11.2005
          • 443
          • BW

          #5
          Langsam und vorsichtig rappele ich mich auf und checke ob noch alles ganz ist ... Glück gehabt! Büschen geprellt aber der 7 mm Halbtrocki hat wohl blutende Wunden verhindern können. Ich stehe nun wieder auf sicheren Beinen und bin keuchend über ein Geländer gebeugt.
          Nun gut, der Schmerz ist angesichts dieses großen Abenteuers recht schnell vergessen und hier unten ist nichts mehr Besonderes zu sehen – also raus hier.
          Mein weiterer Weg führt mich noch einmal hinauf zur Brücke. Noch einmal möchte ich das Gefühl genießen, auf einem großen gestrandeten intakten und sehr alten Frachter – auf eben der nautischen Brücke zu stehen und durch die Brückenfenster hinaus auf das Riff und die See zu schauen und gedanklich Abschied von diesem einen meiner Herzenswünsche und dem Schiff zu nehmen. Diesen Eindrucke lasse ich nun - für mein weiteres Leben sicher unvergessen – auf mich wirken und präge ihn mir bis ins Detail ein. Ich höre die Brandung und den pfeifenden Wind, ich spüre die Vibrationen und fühle den kalten sterbenden Stahl und ich sehe die lang gestreckten geschlossenen Laderäume, den Bug mit dem kleinen intakten Mast mit den intakten Schiffslaternen und ich sehe voraus die anlaufenden Wellen welche am Riff schäumend-weiß brechen und ich sehe zu meiner Rechten das weite Meer und zu meiner Linken Unmengen von Wüstensand und im Hintergrund die Bergkette.
          Und ich sehe Backbord die zwei kleinen Hanseln noch immer sitzen und meine Freundin am Strand laufen. Scheiße – wie lange bin ich schon auf diesem Geisterschiff? Eine Stunde? Zwei Stunden? Oder doch erst dreißig Minuten. Ich kann und will nicht ablassen von diesen Eindrücken, doch habe ich mich lange nicht mehr auf dem Hauptdeck laufender Weise gezeigt. Meine Freundin wird dem Wahnsinn nahe sein; ich muss jetzt dringend zurück.

          Und schon laufe ich auf der dem Ufer zugewandten Seite über das lange Hauptdeck – in der Hoffnung, gesehen zu werden. Doch eines muss ich jetzt noch tun; ich werde Mittschiffs in den Windenaufbau steigen, denn dort befindet sich sicher ein Zugang zu den Laderäumen.
          Wie das Vorhaben so auch die Ausführung. Doch auf dem halben Weg nach unten in den Schiffsbauch kann ich aufgeben; es ist stockfinster, ich kann rein gar nichts erkennen. Nur so viel; dieser Laderaum ist absolut leer. Zwar interessieren mich noch die Beschädigungen, doch ist dieses ohne Lampe ein aussichtsloses Unterfangen und so breche ich ab.

          Mein rechtes Bein schwingt sich über das Schanzkleid und ich beginne an der Leiter von Bord zu gehen. Die Flossen sind noch an ihrem Platz. Der Weg zurück ist mühselig und schmerzt bezüglich meines Sturzes umso mehr.

          Ihr Blick ist starr auf mich gerichtet und jetzt gebe ich ein großes Taucher-Okay-Zeichen.
          Am Strand angekommen lege ich müde meine unnützen Ausrüstungsteile mit den Worten ab:
          „Alles okay, Kleines ... gib mir bitte … und vor allen Dingen diskussionslos … einfach nur die Kamera. Ich muss noch mal zurück!“

          Fortsetzung folgt …

          (c) Rene Heese 2008


          Rechtlicher Hinweis:

          Die Begebenheiten sind frei erfunden. Die geschilderten Tauchgänge sind
          lebensgefährlich und nicht zur Nachahmung empfohlen! Die Tauchgänge haben in
          der Realität niemals so stattgefunden. Es wurden keine Gegenstände aus
          Wracks geborgen. Bevor sie Tauchen gehen, machen sie einen geeigneten Tauchkurs bei einer anerkannten Tauchsportorganisation. Tauchen sie niemals alleine, sondern nur mit
          kompetentem(n) Tauchpartner(n) und einer geeigneten, technisch einwandfreien
          Tauchausrüstung! Wracktauchen ist eine Spezialdisziplin des Tauchens.
          Tauchen sie nicht in Wracks hinein, wenn sie dafür nicht ausgebildet sind
          und / oder über einen ausreichenden Erfahrungsschatz verfügen! Tauchen sie
          nicht tiefer als von führenden und anerkannten Tauchsportorganisationen für
          sicher erklärt ist. Tragen sie zum Umweltschutz und zur Erhaltung einer
          intakten Unterwasserwelt bei, indem sie Unterwasser nichts berühren oder gar
          töten. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein
          zufällig.
          ..man kann nicht alle Wracks dieser Welt betauchen, aber .. man kann`s versuchen!

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