Briefe zur Mobilmachung von 1859

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  • Palleon
    Ritter


    • 06.08.2018
    • 500
    • NRW, im Tal der Rur (ohne "h")
    • Deus XP, Nokta Legend

    #1

    Briefe zur Mobilmachung von 1859

    Wie angekündigt hier noch zwei weitere Briefe aus dem Fundus. Diese sind an einen Christian Korsten adressiert und aus dem Jahr 1859.

    Christian Korsten, Jahrgang 1836 und wohnhaft in der preußischen Rheinprovinz, wurde im Jahr 1859 als Trainsoldat zum 8. Artillerie Regiment (FAR (1. Rheinisches) Nr. 8) eingezogen. Train ist das militärische Transportwesen, hier wurden in der Regel Soldaten mit Pferdeerfahrung eingesetzt.

    1859 war der Italienisch-Österreichische Krieg und Preußen machte seine Armee mobil um ggf. eingreifen zu können. Das Regiment war ab dem 12.05.1859 in Bereitschaft und das erste Aufgebot wurde eingezogen. Preußen griff nicht in den Krieg ein und Mitte August wurde die Armee wieder demobilisiert.

    Die im ersten Brief erwähnte Mission in Hückelhoven war vom 23.06.-09.07.1859.

    1. Brief vom 10.07.1859:

    Teuerster Sohn Kristian Heinrich
    Wir lassen dich herzlich grüßen dein Vater und Geschwister. Wir sind noch alle guter Gesundheit und wieder hoffen, dass du auch noch in guter Gesundheit bist, so sei Gott Dank. Wir haben in der Nähe Hückelhoven 14 Tage lang 3 Missionare gehabt, viele Menschen kamen von weitem und nahen da hin. Morgen den 11. Juli fangen wir an Korn zu mähen mit 4 Mann.

    Lieber Bruder als ich nach Hause kam war gerade mein Schwager damit beschäftigt dir zu schreiben und ich habe den Brief fortgesetzt und dir etliche Zeilen noch geschrieben in dem Bewusstsein teuerster Bruder, dass es dir gewiss angenehm ist Neues von Hause zu hören.
    Wir fangen morgen an Korn zu mähen in dem es Ernte ist. Wir werden auch sorgen, dass das deinige auch gewiss gut besorgt wird. Vater und ich haben überlegt, dass wir das Viertel in der Hei…, nämlich den Lipgen, mit Även [Hafer] Samen gesät wird. Übriges wird noch Zeit sein zu überlegen, nämlich Stoppelkraut [Rübsen] hast du nicht nötig zu säen, sowie was der Även Samen angeht ist es auch noch Zeit genug.

    Wenn ihr nicht ausrücken sollet, so weißt du doch, dass es heute über drei Wochen Kirmes ist. Wenn du kannst kommen, so wäre es sehr lieb. Ist es aber nicht so, wollen wir uns beiderseits trösten das es der Wille Gottes ist. Wenn du aber abrücken sollst, so wirst du mich eben auf der ersten bleibenden Stelle benachrichtigen.
    Übriges weiß ich dir nichts Neues zu benachrichtigen. In dem immer durch Märschen kamen nämlich durch Erkelenz die von Wesel über Dahlen nach Jülich zu marschieren und das uns in nächster Zeit Einquartierung bevorsteht, wie das Gerücht in Umlauf ist.
    Ich will hiermit mein Schreiben endigen. In dem es Zeit das ich nach Baal gehen muss. Wir grüßen dich herzlich und wünschen dir gesundes Leben und guten Mut. Denn es ist der Wille Gottes, dass es so ist, dein Bruder Lehonn Peter
    Kleingladbach den 10. Juli 18[59]

    An den Train Soldat
    Christian Heinrich Korsten bei der 6. Kolonne 8tes Artillerie Regiment zu Paffendorf Kreis Bergheim, einquartiert bei Joseph Können in Paffendorf Kreis Bergheim Hausnummer 57

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    Hobbyheimatforscher im unteren Rurtal, Kreis Heinsberg
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  • Palleon
    Ritter


    • 06.08.2018
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    • Deus XP, Nokta Legend

    #2
    2. Brief vom 07.08.1859

    Werter Kamerad Christian!
    Heute wird mir das Glück zu Teil dein und mein Verlangen zu stillen und eben durch dieses Schreiben. Die Schreiben vom 23. Juli habe ich erhalten zu meiner Freude, dass du meiner nicht vergessen, jedoch zu meinem größten Schmerz, dass du mir keine Adresse beigelegt und auch ich bis gestern keine Gelegenheit hatte solche zu erhalten. Deinem Verlangen gemäß kann ich dir mitteilen, dass das erste Aufgebot wieder Haus ist und Franz Schröder gestern Nachmittag aus dem Urlaub gekommen ist und heute Nachmittag wieder fortmuss.
    Unsere Frühkirmes habe ich still und fein mitgemacht, jedoch der Gedanke an deine Gegenwart mich überfiel so war alle Freude dahin. Dein Liebchen von Firsen habe ich auch getroffen wo mit ich eine kleine Unterhaltung angestellt. Gott sei Dank bin ich noch gesund, aber ich befinde mich in einer Lage, die sehr wichtig und penibel für mich steht, welche ich aber jetzt nicht schreiben kann.
    Besondere Neuigkeiten kann ich dir keine mitteilen, weil ich keine weiß, ja, doch noch eins. Die Bekanntschaft zwischen mir und der Fräulein Beiners ist aufgehoben und zum Brautstand übergegangen [=Verlobung]. In der Hoffnung an ein baldiges Wiedersehen endige ich mein Schreiben.
    Es grüßt dich meine Mutter und ganze Familie, und ich dein treu verbleibender Kamerad Conrad.
    Kleingladbach den 07. August 1859.

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    • Zardoz
      Heerführer


      • 27.02.2004
      • 4034
      • Hasufurth
      • 6.Sinn

      #3
      Solche Briefe sind wahre Familienschätze
      Und meinen Respekt vor dir, das zu "Übersetzen"



      Gruß
      Zardoz
      Das Dilemma der Menschheit ist, dass die Idioten so selbstsicher und die Intelligenten so voller Zweifel sind. (Oscar Wilde)

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      • BOBO
        Heerführer


        • 04.07.2001
        • 4422
        • Coburg
        • Nokta SimpleX+

        #4
        Würde man heute grammatikalisch so eine eMail oder WhatsApp verfassen, würde der Empfänger gleich einen Arzt losschicken
        Schon krass zu sehen, wie sich in fast 200 Jahren die Sprache ändert/entwickelt. Und weil wir es gerade davon haben - solche Zeugnisse (wie Briefe) wird es in Zukunft wohl kaum noch geben auf Grund unserer heutiger und voran schreitender Technik. Obwohl - ab und an gibt/gab es (zumindest bei mir) noch die Gelegenheit, handschriftlich einen Brief zu verfassen und zu verschicken (unser Sorgnix hat nicht vor also langer Zeit von mir einen erhalten - wobei dies Gewisse Umstände geschuldet war).
        Wobei das Postwesen in Sachen Briefeverschicken wohl heute schon angezählt ist. Ist nur noch eine Frage der Zeit.
        Hoffen wir, das wenigsten noch die kleinen Liebesbriefe in den ersten Schuljahren ("Willst Du mit mir gehen? Ja - Vielleicht - Nein") weiterhin bestand haben

        Dumme Frage : Wie ist das heute eigentlich schon im Militärwesen? Afghanistan- oder Ukrainekrieg - wie kommuniziert heute ein Soldat überwiegend mit seinen Angehörigen? Geht da schon nur noch alles elektronisch, oder gibt es evtl. noch so etwas wie Feldpost?
        MfG BOBO

        Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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        • Palleon
          Ritter


          • 06.08.2018
          • 500
          • NRW, im Tal der Rur (ohne "h")
          • Deus XP, Nokta Legend

          #5
          Gute Frage, keine Ahnung. Internet oder Handy wäre wohl ein zu großes Risiko. In Afghanistan gab es bestimmt Telefon oder ähnliches, im Ukrainekrieg ist die Kommunikation wahrscheinlich noch schwieriger als im 1. Weltkrieg

          Ach so, weil das hier ja ein Schatzsucher Forum ist:

          Natürlich gibt es da auch eine Schatzgeschichte zu...
          Der hier adressierte Herr Korsten war in späteren Jahren Rendant der Pfarrgemeinde, hat also die Kasse verwaltet. So um 1890-1900 rum. Nach seinem plötzlichen Tod war die aber unauffindbar. Laut der Bücher müssten ca. 1000 Mark darin gewesen sein, die Hälfte Goldmünzen.

          Die Familie erzählt sich bis heute, dass die Kasse im Haus versteckt sein muss, aber bisher nicht gefunden werden konnte...

          Das halte ich persönlich für sehr unwahrscheinlich. Das Haus ist seit dem so oft umgebaut, renoviert, neugebaut worden, wenn da etwas gewesen wäre, hätte man es gefunden oder es wäre heute weg. Wahrscheinlich haben die Nachfahren das Geld unterschlagen oder er hat es selbst ausgegeben und die Schatzgeschichte sollte die Familienehre retten.

          Klar wird er die Kasse irgendwo "sicher" aufbewahrt haben, aber als Kassenführer musste er da ja regelmäßig, mehrmals pro Monat, dran. Zu kompliziert kann das Versteck also auch nicht gewesen sein.

          Viele Grüße
          Kay
          Hobbyheimatforscher im unteren Rurtal, Kreis Heinsberg
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          • Sorgnix
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            #6
            Zitat von Palleon
            ..., hat also die Kasse verwaltet. So um 1890-1900 rum.
            Nach seinem plötzlichen Tod war die aber unauffindbar.
            Laut der Bücher müssten ca. 1000 Mark darin gewesen sein, die Hälfte Goldmünzen.
            Mal eine kleine Übersetzung zum heutigen Wert des vermeintlichen Schatzes:

            => 500 Mark in Gold - Silber- und Restmünzen jetzt mal außen vor, da "ohne größeren Wert" ...
            Egal, ob Goldmünze im Nennwert von 5,--, 10,-- oder 20,-- Goldmark, der Goldwert anteilig in
            Gramm war immer gleich, sprich, der Einfachheit halber nemen wir jetzt mal die 500 Mark in
            20 Mark Münzen - macht 25 Stück.
            Zu 7,16 Gramm Feingehalt => macht 179 Gramm - knapp 6 Unzen ...

            Das Gramm heute zu 91,63 € - macht schlappe 16.400,-- €

            Schalterankaufs- oder -verkaufspreis jetzt mal außen vor.
            Und auch evtl. Sammlerwert von Münzen nicht gerechnet. Wilhelm II. ist ja eher der reine
            Goldwert, ein Friedrich von Baden oder Albert von Sachsen kostet glatt einen Hunderter mehr ...

            Nettes Sümmchen. Da kann man schon mal Hammer und Meißel rauskramen ...

            Gruß
            Jörg

            Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hat
            zu tun mit der Blödheit ihrer Bewunderer ...

            (Heiner Geißler)

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            • Palleon
              Ritter


              • 06.08.2018
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              • Deus XP, Nokta Legend

              #7
              Interessant, danke für die Mühe. Da hatte ich bis bisher keine Gedanken zu gemacht, ich werde es weitergeben.
              Hobbyheimatforscher im unteren Rurtal, Kreis Heinsberg
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