Verlagerungsprojekt Gazelle / Weferlingen

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  • Bingo
    Heerführer

    • 06.10.2001
    • 2553
    • Siegen
    • In einem Archiv nicht erforderlich

    #1

    Verlagerungsprojekt Gazelle / Weferlingen

    Unter Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Benz von der TU Berlin soll im nächsten Jahr eine Dokumentation über alle Buchenwalder Außenkommandos erscheinen. Von mir wurden einige dieser Lager bearbeitet. Darunter auch das Außenkommando "Gazelle". Die vorhandenen Quellen sind mehr als dürftig. Hier ein Textauszug:

    Anfang März 1944 besichtigten Vertreter des Wehrkreiskommandos die im Eigentum der Burbach Kaliwerke AG stehenden Schächte Gerhard und Buchberg, um deren Tauglichkeit für eine Untertageverlagerung kriegswichtiger Industriezweige zu untersuchen. Dies stieß auf den Widerstand der Luftwaffe, die sich ausgerechnet hatte, weite Bereiche der in der Nähe von Helmstedt gelegenen Kalischächte als Munitionsdepot nutzen zu können. Im März 1944 befanden sich auf der 420-m-Sohle acht Kammern im Vortrieb, die im Sommer mit Kriegsgerät belegt werden sollten, wie dies die Wehrmacht anderenorts bereits ab 1933 vorexerziert hatte. Mit dem ver-mehrten Bedarf der Rüstungsindustrie nach untertägigen Fertigungsstätten fand eine Aufteilung des nur begrenzt vorhandenen Raumes statt. Nutznießer war unter anderem die Braunschweiger Büssing NAG, die im März 1944 davon ausging, auf der 360-m-Sohle des Schachtes Walbeck eine Produktionsfläche von 8.000 Quadratmetern in Beschlag nehmen zu können, um dort mit 800 Personen Motorenteile zu fertigen. Der etwa 25 km entfernte Schacht Buchberg fand hingegen nur geringes Interesse, was unter anderem an dem fehlenden Gleisanschluss lag. Zwar hatte die Berliner Firma Alkett Anfang 1944 ihr Interesse bekundet, ihre Ambitionen aber scheinbar nicht weiter verfolgt. Obwohl die Erkundung vom März 1944 gezeigt hatte, dass die Kapazitäten der Schachtanlagen Gerhard und Buchberg beschränkt sind, gingen die NS-Planer wider besseren Wissens davon aus, in kürzester Zeit eine untertägige Fertigungsfläche von 73.500 Quadratmeter herrichten zu können. Davon sollten 3.500 Qudratmeter an die Büssing NAG und 25.000 Quadratmeter direkt an Henschel oder an einen Zulieferer des Rüstungsproduzenten gehen. Weitere 45.000 qm hatte sich der Rüstungsstab für eine spätere Vergabe vorbehalten. Im Spät-sommer 1944 begannen die Bauarbeiten, um die Schächte unter dem Decknamen "Gazelle" für die Fertigungsaufnahme vorzubereiten. Mitte August 1944 forderte die Bauleitung KZ-Häftlinge als Arbeitskräfte aus Buchenwald an. Am 22. August verließen 505 von ihnen das Stammlager in Richtung Helmstedt, die zunächst in Zelten in der Nähe des Schachtes Buchberg Unterkunft fanden, bevor sie von der SS in feste Unterkünfte umquartiert wurden. Ein Teil der Bauhäftlinge verblieb permanent im Schacht, ohne über einen längeren Zeitraum hinweg ans Tageslicht geführt zu werden. Die SS hatte provisorische Lattenroste gezimmert, die keinen Schutz vor Nässe boten. Als Auflage diente lediglich ein Sack mit Stroh.

    Insbesondere die unter Tage eingesetzten Häftlinge hatten unter widrigsten Bedingungen Schwerstarbeit zu verrichten. Sie mussten Strecken begradigen, Ausbrucharbeiten durchführen sowie Böden und Betonsockel für die Maschinen einbringen. Wie kräftezehrend die Arbeit gewesen sein muss, zeigt sich an den zahlreichen krankheitsbedingten Rücktransporten nach Buchenwald, die teils wöchentlich stattfanden. Der erste belegte Transport mit zwölf Häftlingen fand am 12. Oktober 1944 statt. Am 20. Oktober verließen weitere sechs erkrankte KZ-Insassen und am 5. November nochmals drei das Außenkommando "Gazelle". Am 5. Dezember wurden weitere fünfzehn Personen dem Buchenwalder Häftlingskrankenbau zugeführt, darunter zwölf Franzosen. Der größte Rücktransport mit 65 völlig entkräfteten Häftlingen fand am 6. Februar 1945 statt. Zum Austausch stellte Buchenwald am darauffolgenden Tag 75 gesunde Häftlinge nach Weferlingen ab. Durch die konstante Zuführung neuer Arbeitskräfte aus Buchenwald blieb die Belegungsstärke des Außenkommandos "Gazelle" ab Januar 1945 mit 440 bis 460 Personen nahezu konstant. Trotz des menschenvernichtenden Einsatzes kamen die Arbeit erheblich langsamer voran, als ursprünglich eingeplant. Der Bericht des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 9. Januar 1945 über den Stand der Verlagerungsaktionen führt aus, dass sich die Fertigstellung des zweiten Raumes wegen fehlenden Betonkies stark verzögert habe. Gleichzeitig heißt es, dass im Dezember 1944 keine nennenswerte Verlagerung von Maschinen nach unter Tage erfolgt sei. Anfang 1945 dürften sich erste Abteilungen der unterirdischen Produktionsstätte in Betrieb befunden haben. Bei Kriegsende sollen sowohl Henschel als auch die Niedersächsische Motorenwerke (NiMo), ein 1935 von der Braunschweiger Büssing NAG und dem Deutschen Reich gegründetes Unternehmen, dort Motoren für Schnell- und U-Boote sowie Flugzeuge (Lizenbau des Triebwerkes DB 605 durch Henschel) gefertigt haben. Das Außenkommando "Gazelle" war eines der wenigen Lager, das im April 1945 entgegen der üblichen Praxis nicht evakuiert wurde. Am 12. April 1945 befreiten alliierte Truppen das Lager. Die Baracken des Außenkommandos "Gazelle" sowie die Übertageanlagen des Schachtes Buchberg wurden 1947/48 beseitigt. Die spätere Grenzanlage der DDR verwischte weitere Spuren. Auch die Schachtanlage Gerhard bei Walbeck ist nicht mehr vorhanden. Auf dem Friedhof Walbeck, wo laut Sterberegi-ster drei KZ-Häftlinge bestattet sind, befindet sich ein Gedenkstein zur Mahnung an die Ereignisse um das ehemalige Lager.

    Wer kann mir weitere Auskünfte geben? Wem liegen weitere Unterlagen/Dokumente vor? Nach anderen Angaben soll die Luftmuna bereits ab 1933 bestanden haben. Woraus ergibt sich dies?

    Viele Grüße
    Bingo
  • Wimmi
    Heerführer

    • 17.01.2002
    • 1456
    • 51°36'39" N ..... 10°12'55" O

    #2
    Guckst Du hier :



    Quellenangaben ganz unten, schöne Bilder weiter oben
    Der Wimmi

    Litterarum radices amaras esse, fructus iucundiores

    Das Wissen hat bittere Wurzeln, aber seine Früchte sind umso süßer

    (Diomedes 1, 310, 3.K.)

    Kommentar

    • jlandgr
      Landesfürst

      • 06.09.2002
      • 992
      • Mainz,RLP+Göttingen,NDS
      • Archivsuche, Detektor=Augen

      #3
      Re: Verlagerungsprojekt Gazelle / Weferlingen

      Original geschrieben von Bingo
      Wem liegen weitere Unterlagen/Dokumente vor? Nach anderen Angaben soll die Luftmuna bereits ab 1933 bestanden haben. Woraus ergibt sich dies?
      Hallo,
      tja, mit direkt zugreifbaren Infos sieht es leider schlecht aus ... Aber, wie üblich , habe ich mal die Datenbanken angeworfen und ein paar Treffer zu von Dir erwähnten Firmen und Orten gefunden. Ob die Beschaffung per Fernleihe lohnt, ob sich also auch Informationen zu Gazelle darin finden, kann ich leider nicht sagen ... Naja, hier jedenfalls die Liste:

      Burbach* Kali*:

      Titel Geschäftsbericht
      Körperschaft Burbach-Kaliwerke
      Ort, Verlag Wolfenbüttel
      Jahr 1945
      ISBN/ISSN -
      Standort 355 [UB Regensburg]:
      Signatur: 00/QA 80990 - Fernleihe/Kopie

      Titel Geschäftsbericht
      Körperschaft Burbach-Kaliwerke
      Ort, Verlag Magdeburg
      Jahr 1942
      ISBN/ISSN -
      Standort 355 [UB Regensburg]:
      Signatur: 00/QA 80990 - Fernleihe/Kopie

      Titel: Der Bergmannsfreund : Wochenschrift / hrsg. von der Burbach-Kaliwerke AG in Verbindung mit dem Dinta in der Deutschen Arbeitsfront. - Düsseldorf 1.1934 - 6.1939[?]

      Region Sigel Bibliothek Kurzbez. L Bestandsangabe Signatur / Standort

      BER <1> Berlin SBB Haus Unter d.Linden 1.1934 - 6.1939 2"Fhb 207

      NIE <23> Wolfenbüttel HAugB 1.1934 - 6.1939 M: Od 2° 2

      SAX <101> Leipzig DB 1.1934 - 6.1939 ZC 7634


      Suche nach Weferling*:

      Autor/beteiligte Personen Nebelsieck, Heinrich
      Titel Aus der Geschichte des ehemaligen Amtes Weferlingen: Ein Heimatbuch
      Ort, Verlag Weferlingen: Rath
      Jahr 1934
      Umfang 187 S., mit Abb., mehr. Taf., gr. 8

      Autor/beteiligte Personen Barnstorf, Fritz
      Titel Weferlingen: aus der 1000-jährigen Geschichte eines kleinen Dorfes
      Ort, Verlag Braunschweig: Oeding
      Jahr 1965
      Umfang 52 S, Ill, 23 cm
      ISBN/ISSN -
      Schlagwort Weferlingen

      Autor/beteiligte Personen Wolf, Dietrich
      Titel Das Amt Weferlingen
      Ort, Verlag -
      Jahr 1992
      In In: Volksstimme, Ausg. Haldensleben Vol. 46 (1992), No. 290, S. 13/ 306, p. S. 14.

      Autor/beteiligte Personen Herzog, Felix; Hardt, Paul
      Titel Weferlingen
      Ort, Verlag -
      Jahr 1991
      In In: Volksstimme Vol. 45 (1991), No. 46, p. S. 26

      Autor/beteiligte Personen Wolf, Dietrich
      Titel Das Amt Weferlingen
      Ort, Verlag -
      Jahr 1993
      In In: Volksstimme, Ausg. Haldensleben Vol. 47 (1993), No. 13, S. 12/ 38, p. S. 12.

      Autor/beteiligte Personen Bullmann, Marita
      Titel Paul Liebert sammelte und bewahrte historisches Material: zur 850. Wiederkehr der ersten urkundlichen Erwähnugn Weferlingens
      Ort, Verlag -
      Jahr 2000
      Umfang , Ill
      In Ohrekreis-Volksstimme : Zeitung für Sachsen-Anhalt (2000), No. 180(5.8.2000)Teil III, p. 5

      Zu Büssing* Nutz* (auch wenn ich nicht weiß, ob da was drinsteht ...):

      Titel 50 Jahre Büssing-Nutzkraftwagen
      Körperschaft Büssing-Automobilwerke <Braunschweig>
      Ort, Verlag Braunschweig
      Jahr 1953
      ISBN/ISSN -
      Standort 180 Q 1760

      Autor/beteiligte Personen Schmidt, Steve S.
      Titel Nutzfahrzeuge aus Braunschweig : Büssing-Fotodokumentation
      Ausgabe 1. Aufl.
      Ort, Verlag Berlin-Friedenau : Ed. Diesel Queen
      Jahr 1993
      Umfang 175 S. : überwiegend Ill.
      ISBN/ISSN 3-926574-02-X
      Schlagwort Büssing-Automobilwerke | Nutzfahrzeug | Geschichte | Bildband
      Standort 14 95 4 70183. - Signatur: 95 4 70183 001. - Signatur: ZO 4440
      93 4Ma 1157
      Zwi 2 38 434. - URL: p Signatur: ZO 4050 S354. - URL: p Signatur: 38 434/1P. - URL: p

      Viel Erfolg bei der Recherche,
      Jérôme

      Kommentar

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