Verbrechen der Endphase - Plünderung

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  • Felix
    Landesfürst


    • 01.03.2005
    • 615
    • Unterfranken

    #1

    Verbrechen der Endphase - Plünderung

    Servus,
    ich komme langsam aber sicher zum Ende meiner Arbeit über Verbrechen der NS-Zeit in meiner Stadt - vielen Dank an dieser Stelle an alle, die mitgeholfen haben!

    also, das letzte Kapitel meiner Arbeit: Eine hochschwangere Polin flieht aus dem Zwangsarbeiterlager, plündert, um zu überleben und wird am Ende erschossen. Ich habe das nach reichlicher Überlegung als Verbrechen der Endphase eingestuft, da auch ein Deutscher fürs Plündern hingerichtet worden wäre - bei uns hier mehrfach geschehen. Ist die Zuordnung Ok?
    Und wie immer in letzter Zeit die Frage nach der gesetzlichen Grundlage: Gab es einen Erlass o.ä., der so einen harten Kurs gegenüber Plünderern vorschrieb? War das überall so üblich?

    Danke für jede Info!

    Felix
  • Kunstpro
    Banned
    • 05.02.2005
    • 1999
    • Dortmund / Bielefeld
    • Hab ein Detector gebaut

    #2
    Es ist Unrecht der übelsten Sorte.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass der von Dir genannte Fall vor einem Gericht verhandelt wurde.
    Ganz krasse Urteile findest Du bei den Volksgerichtshöfen.

    Für den von Dir beschriebenen Vorfall wird es keine "gesetzliche Grundlage" geben. Es ist Unrecht der übelsten Sorte.

    Es gab Befehle an die Gestapo-Leitstellen in Dortmund, Düsseldorf, Münster und Köln.

    Gestapo-Chef Heinrich Müller sowie SS-Standartenführer Dr. Albarth verschickten daher im Januar 1945 zwei als "geheime Reichssache" eingestufte Befehle an die Gestapo-Leitstellen in Dortmund, Düsseldorf, Münster und Köln. Die Gestapo wurde angewiesen, Nazi-Gegner festzunehmen und zu liquidieren. Im Telegramm vom 24.1.1945 hieß es wörtlich: "Die gegenwärtige Gesamtlage wird Elemente unter den ausländischen Arbeitern und auch ehemalige deutsche Kommunisten veranlassen, sich umstürzlerisch zu betätigen. (...) Es ist in allen sich zeigenden Fällen sofort und brutal zuzuschlagen. Die Betreffenden sind zu vernichten, ohne im formellen Weg vorher beim RSHA Sonderbehandlung zu beantragen."

    Mit diesem Befehl wurde auch die Dortmunder Gestapo ermächtigt, unter Ausschluss gerichtlicher Verfahren und Beschwerdeinstanzen diese Sonderbehandlung durchzuführen, wobei "Sonderbehandlung" mit "Liquidierung" zu übersetzen ist.



    Ankläger:Waren Sie der Ansicht, dass ein Offizier das Recht hatte, Menschen ohneGerichtsverfahren und Voruntersuchung zu erschießen?

    Keitel: Das war ein Befehl, der mir von Hitler gegeben worden ist. Er hat diesen Befehl an mich gegeben und ich habe meinen Namen daruntergesetzt. Welche Bedeutung das hat, habe ich gestern eingehend erklärt.
    Wir leben im Zeitalter grenzdebiler Wissenschafts- und Expertengläubigkeit.

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    • Felix
      Landesfürst


      • 01.03.2005
      • 615
      • Unterfranken

      #3
      Tja, das mit den Urteilen hätte ich erwähnene sollen - Asche auf mein Haupt - natürlich gab es da keines. Die Täter kamen deswegen aber nicht hinter Gitter, weil die Bundesregierung eine Amnestie für Straftaten im Zeitraum ... (fällt mir grad nicht ein) erlassen hatte.
      Vielen Dank schonmal an Kustpro, hat mir geholfen!

      Felix

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      • Michael aus G
        Heerführer

        • 26.07.2000
        • 2655
        • Gera

        #4
        Zitat von Felix
        Gab es einen Erlass o.ä., der so einen harten Kurs gegenüber Plünderern vorschrieb? War das überall so üblich?
        Ja, wenn das Standrecht ausgerufen war. Völkerrechtlich zwar umstritten, wurde es von allen Kriegsgegnern als legitim angesehen und häufig benutzt. Das Standrecht wurde in der BRD erst in den 50iger als verfassungsfeindlich eingestuft. In dem Falle der Polin trifft die Definition der Plünderung nicht zu, da man ja nicht vom "ausnutzen ein Lage zum Zwecke der Bereicherung" sprechen kann, sondern von der "Versorgung mit dem Nötigsten zum Zwecke des Überlebens".

        Man sollte hier von Mord sprechen.
        Gib mir genügend Schubkraft und ich bringe dir ein Klavier zum fliegen.

        Kommentar

        • Felix
          Landesfürst


          • 01.03.2005
          • 615
          • Unterfranken

          #5
          Ha, das mit der Definition von Plündern ist gut *schnellnochmaländer*:
          Vielen Dank an den Michael aus M - Klink, was macht dieser Mann hier?

          Felix

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          • Felix
            Landesfürst


            • 01.03.2005
            • 615
            • Unterfranken

            #6
            Und nochwas: Wer an meiner Arbeit(20 Seiten) interessiert ist, kann sie gerne haben, wird in den nächsten Tagen fertig. Aber ihr wisst ja, umsonst ist nur der Tod... Wenn ihr sie anfordert, hätt ich gerne, dass ihr mir Verbesserungsvorschläge, Fehler, oder einfach nur ein paar kritische Zeilen zurückschreibt.
            Und bitte nicht den eigenen Namen druntersetzten, sonst muss ich euch mit meinen Kumpels besuchen und dann gibts
            Also, wer will, PN mit mailadresse!
            Zuletzt geändert von Felix; 13.01.2007, 19:54.

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            • Knüppel
              Bürger


              • 06.01.2005
              • 123

              #7
              Zitat von Felix
              Die Täter kamen deswegen aber nicht hinter Gitter, weil die Bundesregierung eine Amnestie für Straftaten im Zeitraum ... (fällt mir grad nicht ein) erlassen hatte.
              Nicht so ganz,
              Den Major Helm und einen Stab, hat man wegen 56 nachgewiesenen Hinrichtungen Angeklagt, und auch verurteilt.
              Das "Fliegende Standgericht Helm" sollte bekannt sein, hat eine breite Spur durch Franken gezogen.

              Knüppel

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              • Ulrich untertag
                Ritter


                • 12.01.2007
                • 317
                • ????

                #8
                Tach

                Es ist Heute sogar noch so das in Gebieten wo der Notstand ausgerufen wird, jeder der Plündert (also Chaos und Panik verbreitet) im schlimmsten Fall einfach erschossen wird. Siehe Flutkatastrophe in den USA.
                Der Schlimme Finger

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                • Kunstpro
                  Banned
                  • 05.02.2005
                  • 1999
                  • Dortmund / Bielefeld
                  • Hab ein Detector gebaut

                  #9
                  Zitat von Ulrich untertag
                  Tach

                  Es ist Heute sogar noch so das in Gebieten wo der Notstand ausgerufen wird, jeder der Plündert (also Chaos und Panik verbreitet) im schlimmsten Fall einfach erschossen wird. Siehe Flutkatastrophe in den USA.
                  Felix hat hier einige interessante Zusammenhänge den Lesern entlockt.

                  Zum Glück sind Standgerichte seit 1950 in Deutschland nicht mehr erlaubt.

                  Grundgesetz
                  Artikel 101
                  (1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

                  (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.
                  Im 3. Reich gab es einen Führererlass zu den "Fliegenden Standgerichten".

                  siehe Seite 64


                  An amerikanisches Recht bin ich gar nicht interessiert.


                  Viele Grüße

                  Kunstpro
                  Zuletzt geändert von Kunstpro; 15.01.2007, 16:01. Grund: Standgerichte Führererlass
                  Wir leben im Zeitalter grenzdebiler Wissenschafts- und Expertengläubigkeit.

                  Kommentar

                  • corsa
                    Heerführer


                    • 21.06.2004
                    • 1310
                    • Berlin

                    #10
                    Fuer Zwangsarbeiter (damals sog. Fremd/Ostarbeiter) gab es ganz besondere Vorschriften und die Strafen waren haerter. Z.B. konnte man mit dem Tode bestraft werden, z.B. fuer Geschlechtsverkehr mit Deutschen
                    siehe http://www.zum.de/Faecher/Materialie..._der_polen.jpg

                    Ich geh davon aus, dass sich bestimmt irgendwo eine Verordnung findet, mit der die Todesstrafe fuer Diebstahl oder Plünderung fuer Zwangsarbeiter juristisch belegbar verhaengt wurde.

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                    • Kunstpro
                      Banned
                      • 05.02.2005
                      • 1999
                      • Dortmund / Bielefeld
                      • Hab ein Detector gebaut

                      #11
                      Herzlichen Dank corsa.

                      Auf dem Hinweisblatt steht:

                      Nur zum Dienstgebrauch! Lediglich zur mündlichen Eröffnung


                      kunstpro
                      Wir leben im Zeitalter grenzdebiler Wissenschafts- und Expertengläubigkeit.

                      Kommentar

                      • corsa
                        Heerführer


                        • 21.06.2004
                        • 1310
                        • Berlin

                        #12
                        Ja, ist bezeichnend, dass man es sogar vor den Deutschen geheimhalten wollte, welche verschaerften Bestimmungen fuer die Zwangsarbeiter galten.
                        Und wahrscheinlich wollte man auch keine schriftlichen Beweise hinterlassen.

                        Auch nach Hause sollten sie es nicht schreiben. Der letzte Punkt der Vorschrift lautet:

                        "Über die hiermit bekanntgegebenen Bestimmungen zu sprechen oder zu schreiben ist strengstens untersagt."
                        Zuletzt geändert von corsa; 16.01.2007, 11:44.

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                        • revolution77
                          Heerführer

                          • 04.04.2002
                          • 1091
                          • Bodensee

                          #13
                          Zitat von corsa
                          Ja, ist bezeichnend, dass man es sogar vor den Deutschen geheimhalten wollte, welche verschaerften Bestimmungen fuer die Zwangsarbeiter galten.
                          Und wahrscheinlich wollte man auch keine schriftlichen Beweise hinterlassen.

                          Auch nach Hause sollten sie es nicht schreiben. Der letzte Punkt der Vorschrift lautet:

                          "Über die hiermit bekanntgegebenen Bestimmungen zu sprechen oder zu schreiben ist strengstens untersagt."

                          und du glaubst wirklich, dass war bzw. ist bis heute ein deutsches Phänomen? Das ist doch die gängige Vorgangsweise aller Staaten zu allen Zeiten gewesen...
                          Briefzensur gibts ja auch nicht erst seit den Nazis und logischerweise wollten zu keiner Zeit die jeweiligen Regierungen ihrer Bevölkerung die Wahrheit zu gewissen (notwendig oder nicht) Verordnungen bzw. Vorgängen mitteilen..

                          Kommentar

                          • corsa
                            Heerführer


                            • 21.06.2004
                            • 1310
                            • Berlin

                            #14
                            Zitat von revolution77
                            und du glaubst wirklich, dass war bzw. ist bis heute ein deutsches Phänomen? Das ist doch die gängige Vorgangsweise aller Staaten zu allen Zeiten gewesen...
                            Briefzensur gibts ja auch nicht erst seit den Nazis und logischerweise wollten zu keiner Zeit die jeweiligen Regierungen ihrer Bevölkerung die Wahrheit zu gewissen (notwendig oder nicht) Verordnungen bzw. Vorgängen mitteilen..
                            Naja, prinzipiell hast Du Recht. Aber der Erlass von Verordnungen, die zwar gelten, man aber nirgendwo schriftlich nachlesen konnte, ist schon was Besonderes, insbesondere wenn es um Verordnungen geht, die sich nur an eine Bevoelkerungsgruppe richten, waehrend andere davon nichts wissen sollen (also man nur dem Polen sagt, dass GV mit Deutschen durch Tod bestraft wird, waehrend der Deutsche von dieser Vorschrift durch Geheimhaltung gar nichts wissen soll.).

                            Rechtsnormen zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass sie erstens allgemeingueltig bekannt und zweitens nachvollziehbar irgendwo festgehalten worden sind (codifiziert sozusagen).

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