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    Ritter


    • 08.05.2007
    • 448
    • Bayern, Chiemsee
    • Minelab Equinox 800

    #1

    Als bei uns Bomben vom Himmel fielen ...

    Zur Erinnerungsausstellung in der Alten Wache im Rathaus ab 29. April 2005 – Teil I

    Es war Samstag, der 11. November 1944, Martinstag. Der Winter hatte schon Einzug gehalten und es lag eine Schneedecke über dem Land. Der Himmel war bedeckt und von Zeit zu Zeit schneite es. Um 9.55 Uhr ertönten die Luftschutzsirenen und informierten die Bevölkerung darüber, dass Gefahr durch feindliche Flugzeuge bestand. Für das Gebiet Traunstein und die nähere Umgebung hatte es seit Kriegsbeginn bereits 96 Fliegeralarme und zwar 56 Tag- und 40 Nachtalarme gegeben.(1) Zu diesen Alarmen über die Luftschutzsirenen kam noch der Kuckucksruf im Münchener Sender als Warnhinweis auf einen Voralarm. Der Erfinder dieses Warnrufes war wohl ein seltsamer Spaßvogel. An alle diese Alarme hatte sich die Bevölkerung schon gewöhnt, denn man wusste ja, die riesigen Bomberströme von manchmal 300 und noch mehr Maschinen waren auf dem Weg zu ihren Zielgebieten in München, Regensburg und dergleichen oder mit leeren Bombenschächten auf dem Rückflug zu ihren Stützpunkten. Seit die Alliierten im September 1943 bei Salerno in Süditalien gelandet waren und dort ihre riesigen Flugbasen errichtet hatten, kamen die Bombergeschwader wirklich häufig, manchmal täglich. Die Alliierten verfügten im Großraum Foggia über 16 Flugplätze für ihre 15. US-Luftflotte mit einer Mannschaftsstärke von 86 000. In Mittelengland, zum Beispiel in Deenethorpe in Northamtonshire waren die Bomber- und Jägergruppen der 8. US-Luftflotte stationiert. Der Bombenkrieg hatte einen erschreckenden Höhepunkt erreicht. Überall im Reichsgebiet tauchten tagsüber immer häufiger die Bomberpulks der US-Luftflotten auf. Im Einsatz waren schwere Bomber der Typen Boeing B 17 – Flying Fortress (fliegende Festung) und Consolidated B-24 Liberator (Befreier). Bei klarer Sicht waren hoch oben die Bomber mit ihren Kondensstreifen zu sehen und es waren meist, wie schon gesagt, Hunderte. Der Anblick dieser ungeheueren aber weit entfernten Kriegsmaschinerie war an sich faszinierend; das tiefe Dröhnen von oftmals mehr als tausend schweren Flugzeugmotoren wirkte jedoch, zumindest auf den Verfasser, höchst beunruhigend. Die englische Luftflotte flog meistens nur Nachteinsätze und verfügte über die schweren Bomber vom Typ Avro Lancaster.

    An jenem Martinstag im Jahre 1944 war eine besonders große Unruhe im Luftraum des Reichsgebietes. Dauernd gab es neue Meldungen über große, kleinere und kleine Bomberverbände. Schon um 10 Uhr überflog ein Bomberverband mit Jagdschutz Berchtesgaden in Nordrichtung. Es handelte sich um 300 bis 400 Maschinen. In der nächsten Stunde überflogen mehrere Kampfverbände mit Jagdschutz, es waren etwa 250 Maschinen, von den Kitzbühler Alpen kommend den Chiemsee in Richtung Fürth im Wald. Anschließend kam über die Hohen Tauern ein aus 800 bis 1000 Maschinen bestehender Kampfverband und flog in Richtung Mühldorf – Salzburg. An diesem Tag wurde Salzburg wieder bombardiert. 120 B-17 Bomber warfen dort insgesamt 1247 Sprengbomben ab und einzelne Bomber ließen beim Zurückflug ihre restliche Bombenlast auf bayerisches Gebiet fallen.(2) Bei diesen feindlichen Flugzeugen handelte es sich um Kampfverbände der 15. US-Luftflotte, die ihre Stützpunkte in Süditalien hatte.

    Gegen Mittag strahlte Radio München-Laibach Entwarnung aus, aber anschließend kam noch die Meldung, dass zwölf alliierte Bomber in der Nähe von Rosenheim kreisten.(3) Vermutlich sammelten sich bei Rosenheim versprengte Maschinen für den Rückflug über die Alpen. Üblicherweise war der Chiemsee Sammelgebiet. Jede »Fliegende Festung« hatte 13 Maschinengewehre mit großem Kaliber, die »Liberator« hatte drei Maschinengewehre weniger. Je mehr Flugzeuge sich am Sammelpunkt zusammenfanden, desto größer war die Abwehrkraft gegenüber den deutschen Jagdflugzeugen. Das war von Bedeutung, denn eigener Jagdschutz stand für die versprengten Bomber in der Regel nicht mehr zur Verfügung, da die Jagdflugzeuge die großen Verbände schützen mussten. Versprengte und vor allen Dingen auch beschädigte Bomber warfen in vielen Fällen vor den Alpen ungezielt noch ihre restlichen Bombenladungen ab, um dadurch mehr Maschinenkraft für den Flug über das Gebirge zu bekommen.

    Nun zurück zu den zwölf Bombern, die sich in der Nähe von Rosenheim sammelten.

    Unmittelbar nach der Rundfunkdurchsage gab es zahlreiche Detonationen im Bereich Wartberghöhe, Haslach, Axdorf und Vachendorf. Was war geschehen?

    Einer oder mehrere Bomber vollzogen einen Notabwurf. Die Zahl ist nicht überliefert. Der Schrecken begann im Bereich Rosenheimer Straße, Chieminger Landstraße und Wartberghöhe. In diesem Bereich wurden durch Brandbomben 15 Häuser leicht beschädigt. Einen schweren Schaden an einer städtischen Freileitung verursachten Sprengbomben. Der Gesamtschaden bezifferte sich auf 8970 RM, davon entfielen auf die Freileitung 7630 RM. Personenschaden entstand nicht.(4)

    Viel schlimmer war es dann im Bereich der Gemeinde Haslach und Vachendorf. Franz Liebl aus Vachendorf schilderte die Ereignisse so: »Am 11. November 1944 um die Mittagsstunde hörte man, wie schon so oft, das Surren der Flieger. Kein Mensch dachte an Schlimmes. Vachendorf, damals noch ein stilles, abgeschiedenes Dörflein, hatte doch keine strategische Bedeutung und konnte daher auch nicht das Ziel eines Bombenangriffes sein. Kaum gedacht, erzitterten schon die Häuser in ihren Grundfesten, heftige Detonationen ließen die Fenster splittern und deren Rahmen durch die Luft wirbeln. Eine Bombe war 20 Meter hinter dem Schrankl-Haus hineingesaust und eine zweite neben dem Leichenhaus, das zusammenstürzte. Drei weitere fielen zwischen Pfarrhof, Meyer und Zauner. Alle Fenster der umliegenden Häuser und der Kirche gingen in Trümmer. Der Brettermantel am Major-Haus wurde heruntergerissen. Alles ein Werk von Sekunden. Doch niemand wurde verletzt.

    Schlimmer sah es in Haslach aus, wo zwischen Villa Lerchenhaus, Seiboldsdorfer Straße und Zwinger in Axdorf etwa 120 Bomben geworfen wurden, teils sehr schwere Kaliber. Verletzt wurden Pfarrer Stitzl, dessen Haushälterin, Frau Schreiner und der Gastwirt Bogner, der später an den Folgen gestorben ist. Beim Zenz stürzte der Stall zusammen, wobei drei Kühe getötet wurden. Besonders beschädigt wurden der Pfarrhof, das Bogner-Haus, das Sebastian-Gfaller-Haus und das Haus vom Kramer May.«(5) Im Gemeindebereich Haslach wurden insgesamt 18 Gebäude mittelschwer bis schwer beschädigt. Zum Dank für den göttlichen Schutz vor noch höheren Schäden beteten die Haslacher ein Jahr lang in der Kirche jeden Tag gemeinsam den Rosenkranz.(6) Ein besonders schreckliches Ereignis gab es aber etwa zur gleichen Zeit in Reichhausen an der Autobahn. Dort wurde das sogenannte Emmer-Haus von Bomben buchstäblich zerrissen. Von den 16 Bewohnern wurden 13 getötet. Der Schriftsteller Ernst von Salomon schilderte diesen entsetzlichen Vorfall so: »... Aber an einem Tage im November, wir hatten uns in Ruhe zum Essen in den Herrgottswinkel gesetzt und draußen wirbelte das erste Schneegestöber – kein Kuckuck hatte gerufen und >bei solchem Wetter da können sie nicht fliegen<, - da knallte es fünf-, sechsmal, mit kurzem, peitschendem Hall, und dann war auch das abgehackte Geräusch eines lädierten Motors zu hören. Ich rannte auf den Hügel, ... da war nichts, nichts schien sich zu regen in Reichhausen, friedlich lagen die Höfe da, ein Hof, zwei, drei, vier – der fünfte Hof, wo war der fünfte Hof? ... Der Hof war nicht mehr da, er war in den Boden gestampft, in die Luft geblasen, ein paar Steine lagen da, und dort lag noch ein Stück vom Gebälk des Daches. Sie hatten beim Essen gesessen, im Herrgottswinkel, drei Erwachsene, neun Kinder, Bauernkinder und Kinder von Evakuierten, die Väter standen alle im Feld. ...«.(7)

    Das war der erste Bombenangriff auf unser Gebiet.

    Samstag, der 20. Januar 1945 war eigentlich ein schöner Wintertag. Es war klar und kalt und die Schneedecke betrug etwa einen halben Meter. Um 11.44 Uhr gab es bei uns Luftalarm. 345 Bomber vom Typ B-17 und B-24 der 15. US-Luftflotte griffen Ziele in Linz, Regensburg und Rosenheim an. Auch Salzburg wurde wieder angegriffen; 32 schwere Bomber warfen insgesamt 1586 Sprengbomben ab. An diesem Tag konnte die deutsche Luftabwehr beachtliche Erfolge verbuchen und zwar die bestätigten Abschüsse von zwei B-17, 13 B-24, zwei P-38 Jagdbomber und einen P-51 Jagdbomber.(8)

    An diesem Sebastianitag erfolgte der zweite Luftangriff auf unsere Stadt. Um die Mittagszeit überflog ein alliierter Bomber, vermutlich aus nordöstlicher Richtung kommend, Sparz und den Stadtteil Au. Ein Zeitzeuge sagte, der amerikanische Bomber sei in niedriger Höhe geflogen, die Klappen vom Bombenschacht wären offen gewesen und etwa beim damaligen BDM-Heim hätte der Pilot eine Bombe ausgeklinkt.(9) Tatsächlich wurden zwischen Sparz und Schwimmbad mindestens 33 Sprengbomben abgeworfen. 29 detonierten und vier blieben als Blindgänger liegen, einer davon im Bach unmittelbar vor dem jetzigen Kaltenbacherhaus.(10) Die Gastwirtschaft Schwangler und das Haus von Johann Obermaier wurden schwer beschädigt. Auch der Schaden an den städtischen Kraftanlagen war hoch. An 14 weiteren Häusern entstanden leichte Schäden. Viele Jahre später fanden Bauarbeiter zwischen dem ehemaligen Goldner-Kino und dem Aubach den Blindgänger einer Sprengbombe.(11) Aber auch Brandbomben kamen seinerzeit herunter. Dies beweist der Fund einer Stabbrandbombe vor vielen Jahren durch Peter Faust. Der gefährliche Blindgänger lag etwa bei der Haferlbrücke an der rechten Uferböschung.(12) Der Luftangriff vom 20. Januar 1945 verursachte einen Schaden von insgesamt 13190 RM. Personenschäden gab es glücklicherweise nicht, der Schrecken war aber doch groß und man kann sagen, dass von da ab wesentlich mehr Traunsteiner unverzüglich die Schutzräume aufsuchten, wenn die Luftschutzsirenen drohende Gefahr ankündigten. Nach der bekannten Sachlage muss man davon ausgehen, dass es sich auch bei diesem Luftangriff um einen Notabwurf der restlichen Bomben einer vielleicht beschädigten Maschine handelte mit dem Zweck, besser über die Alpen zu kommen.

    Die Situation hinsichtlich der Schutzräume war aber zu jenem Zeitpunkt nicht günstig. Im Bereich der Stadt Traunstein gab es 21 Schutzräume und zwar Luftschutzkeller, Luftschutzstollen und Luftschutzgräben. Diese Schutzräume konnten nach dem Stand vom 28. Februar 1945 zusammen 3110 Personen aufnehmen.(13) Die Stadt hatte aber 12 000 Einwohner und dazu kamen noch die Soldaten.

    Es war ein bürokratischer Irrwitz, wenn vorgeschrieben war, dass jedermann, der sich nicht strafbar machen wollte, bei Luftalarm einen Schutzraum aufzusuchen hatte, tatsächlich aber nur für ein Viertel der Bevölkerung Schutzräume zur Verfügung standen. Viele Bewohner der Stadt suchten deshalb Schutz in der freien Natur. Besonders gefragt waren der Sparzer Graben und die Traunauen in Richtung Empfing – Klobenstein.



    Quellen:
    1: Staller Walter, Fliegeralarme in Traunstein, Februar 1999, unveröffentlicht,
    2: Bomben auf Salzburg, Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg,
    3: Rosenegger Karl, Geschichte der politischen Gemeinde Haslach,
    4: Stadtarchiv Traunstein (weiter StATS), 060/2-1,
    5: Chiemgau-Blätter vom 19.April 1975,
    6: Rosenegger Karl, Geschichte der politischen Gemeinde Haslach,
    7: Ernst von Salomon, Der Fragebogen, Rowohlt Verlag, GmbH, Hamburg, 1951,
    8: Müller-Romminger Fred, Der Luftkrieg über der Heimat,
    9: Aussage: Schimmelpfeng Franz, Ruhpolding,
    10: StATS 060/2-1,
    11: Aussage: Bleckenwenger Hans, Hufschlag,
    12: Aussage: Faust Peter, Traunstein,
    13: StATS, 060/2-1.

    AS


    Teil 2 in den Chiemgau-Blättern Nr. 17/2005

    QUELLE: http://www.traunsteiner-tagblatt.de/...emg.php?id=433
    "Wer nur dass tut was er immer getan hat, bekommt nur das was er immer bekommen hat!"

    Ich arbeite offen & ehrlich mit den Ämtern zusammen - offiziell & ehrlich mit Genehmigung - so wie es sein soll!!
    "Wer ohne eine NFG nach Bodendenkmälern sucht, egal ob auf dem Acker, im Wald oder auf Gräbern bzw. in diesen, macht dies illegal!"
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    • 08.05.2007
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    #2
    Teil 2 ...

    Mittwoch, der 18. April 1945 war ein relativ schöner Frühlingstag, über unserem Gebiet lag eine Dunstschicht und der Himmel war durch Hochwolken ziemlich bedeckt, die Sicht reichte etwa bis zu den Hausbergen.(14) Aber drohendes Unheil lag buchstäblich in der Luft. Morgens um 4.30 Uhr und dann noch einmal um 9 Uhr und 11.15 Uhr gab es Kleinalarme, bis dann um 13.45 Uhr die Luftschutzsirenen Hauptalarm verkündeten. An diesem Mittwoch waren insgesamt 767 schwere Bomber und als Begleitschutz 705 Jagdbomber der 8. US-Luftflotte von ihren Stützpunkten in England gestartet, um Ziele in Pilsen, Kollin, Passau, Traunstein, Rosenheim und Freising anzugreifen. Im Luftraum über uns war also allerhand los.

    Auf dem Turm der Stadtpfarrkirche, und zwar auf dem »Balkon« waren wie bei jedem Luftalarm Luftbeobachter der Flieger-HJ im Einsatz. Diese Luftbeobachter hatten den Auftrag, anfliegende Feindflugzeuge nach Anzahl, Flugzeugart, Flughöhe und Flugrichtung mittels Feldtelefon an die Wache der Schutzpolizei im Rathaus zu melden. Außer den Luftbeobachtern waren um die Mittagszeit auch noch der zweite Bürgermeister Aigner und der Scharführer der HJ-Feuerwehr Sepp Eichschmid auf dem »Balkon«. Gegen 14 Uhr rief ein Beobachter »Bomberformation aus Richtung Süden – über den Gipfeln zwischen Felln und Gern im Anflug – Flugrichtung Norden – keine Begleitjäger sichtbar.«(15)

    Bei dem einfliegenden Verband handelte es sich um schwere amerikanische Bomber vom Typ B-17 der 8. US-Luftflotte und zwar waren es die 401. und die 351. Bombergruppen des 94. Geschwaders mit etwa 60 Flugzeugen. Diese Zahl deckt sich auch mit den Feststellungen von Sepp Eichschmid. Der Kampfverband hatte den Auftrag, das Umspannwerk in der Wegscheid, den Bahnhof Traunstein und dann den Bahnhof in Freising zu bombardieren.(16) Eine der ursprünglich drei Bombergruppen, die 457. Bomber Group, drehte vor Traunstein ab in Richtung Freising und der Gruppenführer Captain Rollins meldete seiner Einsatzleitstelle, dass seine Gruppe zwar Traunstein als primäres Ziel angeflogen habe, er aber wegen schlechter Sicht ohne zu bombardieren nach Freising als zweites Ziel abgedreht habe. Die 60 verbliebenen Bomber flogen Traunstein an und schon aus größerer Entfernung setzte eine der Führungsmaschinen, der sogenannte Pfadfinder, die Zielmarkierung. Dies war ein riesiger liegender Rauchzylinder, der den nachfolgenden Flugzeugbesatzungen das Ziel »Bahnhof« eindeutig zeigte. Dann ging es los. In vier Wellen wurde der Bahnhof mit insgesamt 180 Tonnen Sprengbomben angegriffen. Der Abwurf erfolgte aus der üblichen Höhe von etwa 6000 Metern. Eine der Führungsmaschinen versuchte mehrmals, im Tiefflug den Viadukt zu treffen. Dies gelang nicht; die Bomben detonierten östlich des Viadukts und auf der Weinleite.(17)

    Der Traunsteiner Pfarrer Nicol hat den Angriff aus unmittelbarer Nähe erlebt. Er befand sich im Eingangsraum der evangelischen Kirche und konnte die Vorgänge durch ein kleines Fenster beobachten. Hier ein Auszug aus seinem Bericht: »... Als die ersten Bomben herabrauschten und mehrere von ihnen in unmittelbarer Nähe der Kirche explodierten, verfinsterte sich infolge der in die Luft geschleuderten Erdmassen die Umgebung in wenigen Sekunden so sehr, dass völlige Dunkelheit eintrat. Erst nach mehreren Minuten begann es langsam wieder zu dämmern. Der Fliegerangriff dauerte insgesamt etwa eine halbe Stunde. Welch ein grauenvoller Anblick bot sich dem Auge dar, als man nach der Entwarnung ins Freie gehen und Umschau halten konnte. ... Ein Gang zum Bahnhof und in seine Umgebung vermittelte einen ersten Eindruck von dem Ausmaß der zerstörenden Wirkung des Fliegerangriffes. Was das Auge erblickte, war ein Bild grauenhafter Verwüstung. Das Bahnhofsgebäude war nur noch ein Trümmerhaufen. Die Gleisanlagen hatten sich in einen wirren Knäuel von verbogenen Eisenbahnschienen und Trümmerstücken aller Art verwandelt. Das bedeutet, dass der Eisenbahnverkehr auf Monate hinaus unmöglich geworden war. ...«.(18)

    Einen tiefen Einblick in die schrecklichen Ereignisse dieses Tages bietet auch der Bericht von Karl Rosenegger: »...Etwa um 14 Uhr kam der Angriff. Am Waldhof fielen zwei Bomben, der Hileckerbauer Albert Schroll von Hart, mit dem Fahrrad auf dem Heimweg von Siegsdorf, wurde von einem Splitter verletzt und starb kurz darauf im Krankenhaus. Ein zehn Monate altes Kind vom Waldhof wurde von einem Glassplitter am Auge verletzt. Eine dritte Bombe schlug unmittelbar südlich vom Schuhböck ein, krepierte aber nicht. Auf der Nordseite des Dorfes, am Bahnübergang hinter dem Schwaigeranwesen und gegenüber vom Haus Siegerstetter lag ein Volltreffer. Er durchschlug die Gleise und riß den Bahndamm auf, seine Splitter beschädigten auch das Haus Siegerstetter. Der Bahnkörper in Richtung Oberhaid und Traunstein war durch Hunderte von größeren und kleineren Trichtern verwüstet. Es fielen vor allem Spreng- und Splitterbomben. Eine Splitterbombe richtete besonderes Unheil an. Am Tag zuvor waren Batschkadeutsche in Haslach angekommen. Elf von ihnen saßen gerade vor dem Haus Lapper, als eine circa zwei Zentner schwere Bombe fünf Meter von ihnen auf die Straße schlug. Acht Personen wurden sofort getötet. Beim Öslbauern wurde eine weitere Batschkadeutsche von einem Splitter tödlich getroffen, der wohl an die 300 Meter geflogen war. In Unterhaid erhielt das Haus Mader einen Volltreffer und stürzte ein. Sieben Personen fanden den Tod, wie durch ein Wunder konnten drei nur leicht verletzte Personen aus dem Haus geborgen werden. ... Ein trostloser Anblick war der total zerstörte Bahnhof Traunstein. Ein Trichterfeld ohnegleichen, das ganze Bahnhofsgelände umgeackert, Eisenbahnwagen und Schienen übereinander geworfen, die Öltanks herausgeschleudert und die Baywa in Rauch und Flammen gehüllt. 124 Tote waren zu beklagen. Das Unterwerk in Wegscheid war nur unwesentlich beschädigt. ...«.(19)

    Soweit die Situationsschilderungen von Pfarrer Nicol und Karl Rosenegger. Auch die sogenannte Büttner-Chronik der Stadt Traunstein vermittelt einen Eindruck des Geschehens: »...In der Straße auf dem Wege zur Wegscheid befinden sich große Sprengtrichter. Gegenüber der Bahnanlage erreicht unser Blick das große Lagerhaus der Bayer. Warenvermittlung (Baywa), welches in hellen Flammen steht. Das Feuer schlägt aus den Büro- und Wohnräumen meterhoch heraus. Nachdem die Wasserleitung dorthin zerstört wurde, kann der Brand nicht gelöscht werden. Die dort eingelagerten Warenvorräte, wie Mehl, Getreide, Zucker und Kartoffeln wurden eine Beute des Feuers. Das Gelände vom Lagerhaus bis zur Güterhallenstraße ist ein einziges Trichterfeld, das von Brettertrümmern der dort aufgestellten Bretterlager übersät ist. Man hat große Mühe an den einzelnen Trichtern vorbeizukommen. Es fällt einem schwer festzustellen, wo man sich befindet. Das Ökonomieanwesen Spiegelsberger nebst Wohnhaus ist durch Volltreffer verschwunden. Der Besitzer Josef Spiegelsberger fand unter den Trümmern den Tod. Von den vier zur Theresienstraße liegenden kleinen Wohnhäusern wurde das gegen Süden liegende schwer beschädigt. Das Wohnhaus und die geräumigen Lagerschuppen des Baumaterialienhändlers Schneider an der Güterhallenstraße sind völlig ausgebrannt. Das gegenüber liegende Betriebsgebäude der Güterabfertigung nebst der Güterhalle wurden durch Bomben vollständig vernichtet. Die Familie Lautner fand hier den Tod. Das neben der Bahnunterführung gelegene bahneigene Gebäude ist verschwunden. Die Bahnunterführung durch Volltreffer eingestürzt. Das an der Ecke Theresien-Güterhallenstraße gelegene Wohngebäude Schlecht-Weininger ist zur Hälfte weggerissen. Eine Mitarbeiterin des Gärtnereibetriebes wurde erschlagen. In der Kernstraße wurden zwei Häuser des ehemal. Viehhändlers Holzer schwer beschädigt. An der Straßenunterführung der Wasserburgerstraße wurden mehrere Bomben geworfen und das Bahngeleise getroffen. Im anstoßenden Hofraum des Autogeschäftsinhabers Ferdinand Huber wurden die Einstellräume schwer beschädigt. Die an der Bahnstrecke nach Salzburg gelegenen Büro- und Werkstättenräume der Bahnmeisterei wurden durch den Luftdruck die Böschung hintergeworfen. ...Einen ganz vernichtenden Eindruck macht der ansehnliche Bau des Hotels zur Krone. Nur ein ganz kleiner Teil dieses Gebäudes steht noch. ... Zwei Töchter der Besitzerin Maier –18 und 20 Jahre alt – sowie verschiedene hier Zuflucht suchende Passanten und Gäste fanden unter den Trümmern den Tod.... Vom Bahnhofsgebäude stehen nur noch die zwei gänzlich ausgebrannten Seitenflügel. ... man sieht nur Trümmer und wieder Trümmer. ...«.(20)

    Unmittelbar nach der Entwarnung begannen die Hilfseinsätze. Dazu wurden alle erreichbaren Kräfte eingeteilt. Angehörige der Bereiche Rotes Kreuz, Polizei, Wehrmacht, Volkssturm und HJ halfen, zusammen mit vielen Zivilisten, so gut sie konnten. Die Verletzten mussten versorgt und die vielen Toten geborgen werden. Dazu kam die Unterbringung und Erstversorgung der zahlreichen obdachlos gewordenen Personen vom Greis bis zum Baby. Später kamen noch viele Arbeiter hinzu, die in drei Schichten Tag und Nacht in wenigen Tagen einen provisorischen Schienenstrang legten.(21) Bereits am 25. April, also nur eine Woche später, fuhr wieder ein Zug durch Traunstein.

    Zusammenfassend muss man sagen, dass dieser Luftangriff für Traunstein verheerende Folgen hatte. Am schlimmsten aber war, dass dabei 120 Personen getötet wurden. Die Anzahl der Verletzten wurde nicht bekannt gegeben. Eine Woche später, am 25. April 1945, erfolgte der vierte und letzte Luftangriff auf unser Gebiet. Es war ein klarer, föhniger Frühlingstag und rundum blühte es schon. Um Mitternacht gab es bereits Großalarm und von 8.30 Uhr bis 15 Uhr war praktisch ein Luftalarm nach dem anderen. Für die feindlichen Luftstreitkräfte und für die deutsche Luftabwehr war es ein Großkampftag. Hunderte amerikanischer und britischer Bomber flogen in das Reichsgebiet ein. Der Hauptangriff galt dem Obersalzberg, aber auch Salzburg, Bad Reichenhall, Hallein und Traunstein wurden heimgesucht. 56 Bomber des Typs B-24 der 2. Division der 8. US-Luftflotte hatten den Auftrag, das Umspannwerk der Reichsbahn in der Wegscheid zu zerstören.(22) Der erste Anflug erfolgte um 11.15 Uhr. Auch hier bietet die Geschichte der Gemeinde Haslach von Karl Rosenegger einen beeindruckenden Überblick: » ... Um 11.15 Uhr fielen beim Bachmaier in Axdorf 20 schwere Bomben. Das Zuhaus wurde total zerstört, Frau Pemler und ihr Sohn Rudolf wurden schwerverletzt geborgen, starben aber noch am gleichen Tag im Krankenhaus. Sohn Adolf wurde glücklicherweise fast unverletzt aus den Trümmern geborgen. Die Nanni Bachmaier, eine Frau von 80 Jahren war gerade beim >Schmarrnessen<, als der Einschlag erfolgte. Als man sie aus den Trümmern unter Staub und Dreck herausholte, konnte man feststellen, dass ihr gar nichts passiert war, ja nicht einmal den Schmarrnlöffel hatte sie aus der Hand gelassen...

    Eine Frau Dr. Auracher aus Mühlen, die gerade zur Stadt wollte, hatte sich mit Pferd und Wagen unter den Schutz eines Hauses geflüchtet und dabei den Tod gefunden. Schwer beschädigt wurde auch das Anwesen des Johann Bachmaier und das Haus seines Bruders Georg, in dessen Keller sieben Personen saßen. Der Keller wurde zum Teil verschüttet, doch niemand erlitt schwere Verletzungen. Die Bomben, ihre Trichter hatten zehn Meter Durchmesser und fünf Meter Tiefe, galten wohl der circa 250 Meter südlich liegenden Bahnanlage.

    Schlimm genug sah es auch im nördlichen Teil der Gemeinde aus. Der Hauptangriff hatte dem Unterwerk bei Wegscheid gegolten. Eineinhalb Meter vor der Haustüre des Hoffmannhauses schlug eine Bombe ein, öffnete einen mächtigen Trichter und richtete im Haus große Verwüstungen an. Die Bewohner waren im Keller und blieben unverletzt.

    In Richtung Oberhaid fielen Spreng- und Splitterbomben in Massen. Das Unterwerk war schwer zerstört, ebenso die Gleisanlagen. In Oberhaid war das Haus Marterer zusammengestürzt, das Haus Bachmaier aufgerissen, das Haus Meier zur Hälfte zerstört, das Haus Steiner in der Wegscheid schwer demoliert und das Haus Schneider total verschwunden...«.
    Bei diesem Angriff wurden elf Menschen getötet.

    Der Verfasser hat mit dieser Arbeit versucht, die entsetzlichen Ereignisse vom 11.11.1944, 20.1.1945, 18.4.1945 und 25.4.1945 in Kurzfassung und so objektiv als möglich darzustellen. Die ungekürzte Dokumentation wird im Jahrbuch 2005 des Historischen Vereins für den Chiemgau zu Traunstein erscheinen.

    QUELLE: http://www.traunsteiner-tagblatt.de/...emg.php?id=434
    Zuletzt geändert von sanitoeter2000; 02.03.2008, 02:15.
    "Wer nur dass tut was er immer getan hat, bekommt nur das was er immer bekommen hat!"

    Ich arbeite offen & ehrlich mit den Ämtern zusammen - offiziell & ehrlich mit Genehmigung - so wie es sein soll!!
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    Kommentar

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      #3
      Teil 3 ...

      Cerny und Edmund Eismont, zwei unbekannte Fliegeropfer

      Sie starben beim Angriff Amerikanischer Bomber im April 1945

      »Ausländerlager« in der Güterhallenstraße

      Vor einigen Jahren fanden sich auf einem Grundstück in der Gemeinde Surberg zwei Steinplatten, die offensichtlich mit dem Bombenangriff auf den Traunsteiner Bahnhof vom 18.4.1945 in Zusammenhang standen und an zwei Gefallene erinnerten. Dieser Aufgabe wurden sie zuletzt nicht mehr gerecht, vielmehr dienten sie zur Befestigung des Gartenweges. Die beiden hellen Steinplatten mit den Maßen 40 mal 50 mal 3 Zentimeter sind nahezu gleichartig in Schrift und Form und tragen folgenden Text:

      Hier ruht in Gott/ mein innigstgeliebter Mann/ Eismont Edmund/ geb. 22.8.1897 i. CZERNIAWCZYZNIE/ gest. 18.4.1945 durch Luftangriff/ auf Traunstein/ gewidmet von deiner lieben Frau/ Wanda Eismont
      Durch einen Luftangriff a 18.4.45/ verlor ich meinen innigstgeliebten/ Bräutigam Karl Cerny/ geb. 17.3.21 in Pilsen/ gewidmet von deiner lieben Braut/ Paula Hummel/ Traunstein 10.7.45

      Da dem derzeitigen Grundstücksbesitzer die Herkunft dieser Tafeln nicht bekannt ist, begannen längere Nachforschungen, die Folgendes ergaben:

      Am 26.3.1942 kam der gerade 21 Jahre alt gewordene Ostarbeiter Karl Cerny(1) aus Pilsen nach Traunstein. Der in Böhmen geborene ledige Friseur wohnte nun im »Lager Güterhallenstraße«(2), nahe dem Bahnhof und arbeitete für die Bahn als Rangierer. Auch der verheiratete Bahnarbeiter Edmund Eismont(3) lebte dort. Er war am 22.8.1897 in Tschernowzina geboren und vermutlich von der Bahnmeisterei II in Mühldorf zu einem vorübergehenden Arbeitseinsatz in das Traunsteiner Lager abgeordnet worden.

      Das »Lager Güterhallenstraße«

      Schräg gegenüber der Güterhalle in der Güterhallenstraße standen die Wohnbaracken eines Ausländerlagers, »Tschechenlager« genannt. An gleicher Stelle ist heute der Park-and-Ride-Parkplatz(4) am Bahnhof. Auf dem Grundstück befanden sich zwei hölzerne parallel angeordnete ebenerdige Gebäude. Das längere enthielt Kantine, Küche, Waschraum und zwei Wohnräume. Letztere waren mit Stockbetten, Tischen und Stühlen ausgestattet. Das andere Gebäude teilten sich Büro und der Brennstoffschuppen für Holz und Kohle. Dazwischen sollte ein Splittergraben Schutz bei Luftangriffen bieten.(5) Zum Nachbargrundstück Richtung Theresienstraße bildete ein niedriger Staketenzaun die Grenze. Das Gelände war also weder abgeschlossen noch bewacht, kein Gefangenen- oder Zwangsarbeiterlager. Die Bewohner konnten sich frei bewegen. Die im Lager wohnenden 15 Personen stammten vor allem aus den Ostgebieten, meistens Tschechen und Polen, auch Deutsche sollen dort gelebt haben.(6) Die Arbeiter waren freiwillig hier anstelle des heimischen Wehrdienstes. Sie wurden von der Reichsbahn z. B. als Hilfsarbeiter, Rangierer oder Gleisbauer benötigt. Rottenführer sorgten für die Arbeitseinteilung und führten die Arbeitstrupps.(7) Für den Betrieb der Kantine sorgten vier Küchenfrauen. Sie versorgten die Eisenbahner und ebenso die Lagerbewohner. Natürlich entstanden auch Kontakte zwischen dem Küchenpersonal und den vorwiegend jungen Lagerinsassen. Bei geschlossenen Windläden und Tanz zum Mundharmonikaspiel konnte man sich in der Kantine näherkommen.(8) Diese Kontakte wurden zwar von Manchen nicht gern gesehen, waren von den Vorgesetzten aber nicht untersagt.

      Leben Cernys

      Cerny wohnte rund drei Jahre in dem Lager. Gelegentlich verbrachte er seinen Urlaub zuhause in der Heimat. Hier in Traunstein lernte er die drei Jahre jüngere Paula Hummel kennen und verlobte sich später mit ihr. Dieses hübsche schlanke Mädchen mit dunkelbraunen Augen und mittelblonden Haaren war die jüngste Tochter einer Großfamilie mit 16 Kindern. Die Familie wohnte in der Gasstraße und lebte vom Handel. Cerny war dort gerne gesehen, kam oft nach der Arbeit auf Besuch und zum Essen. In der Freizeit ging er mit Paula ins Kino oder sie fuhren zum Baden.

      Fliegerangriff am 18.4.1945

      Amerikanische Bomber griffen am 18.4.1945 gegen 14.30 Uhr den Traunsteiner Bahnhof an, warfen 750 bis 800 Stück Sprengbomben(9) ab und zerstörten das ganze Bahnhofsgebiet gründlich. Davon blieb auch das »Tschechenlager« nicht verschont. Mehrere Bombentreffer forderten zahlreiche Opfer. Viele Personen hatten im Splittergraben Schutz gesucht. Ausgerechnet dieser Schutzraum erhielt schwere Treffer. Insgesamt waren unter den Lagerbewohnern sieben Opfer zu beklagen.(10) Unter ihnen auch Karl Cerny. Er wurde erst am nächsten Tag nahe des Lagers um 6 Uhr morgens tot geborgen und von Lagerinsassen Anton Pera identifiziert.(11)

      Eismont fand man mit mehreren Anderen ebenfalls erst am 19.4.1945 im Splittergraben des Lagers. Er hatte neben weiteren Papieren auch seinen Dienstausweis der Deutschen Reichsbahn, Bahnmeisterei II Mühldorf, bei sich.(12) Da Angehörige nicht bekannt waren, kamen seine Wertsachen am 26.4.1945 auf Veranlassung des Kriminalaußenpostens Traunstein zur Nachlass-Sicherung an das Nachlassgericht beim Amtsgericht Traunstein.(13)

      Beerdigung im Großgrab

      Der Bombenangriff auf den Bahnhof hatte rund 120 Tote gefordert, darunter 24 Ausländer. Letztere waren vor allem Bahnarbeiter. Neben den sieben Bewohnern des »Tschechenlagers« waren auch sieben Personen aus dem »Lager Aiging« unter ihnen. Alle Opfer des Fliegerangriffs, sowohl Deutsche als auch Ausländer wurden soweit als möglich identifiziert, Dr. Illing nahm die Leichenbeschau vor und alles wurde gewissenhaft niederschriftlich dokumentiert.

      Drei Tage nach dem Fliegerangriff fand die Beerdigung im städtischen Waldfriedhof statt.

      Ein Verzeichnis in der Zeitung nannte die Namen der gefallenen »Volksgenossen«. Keinerlei Erwähnung fanden dagegen die ausländischen Opfer. Auch in der Trauerfeier für die Traunsteiner Todesopfer wurde ihrer nicht gedacht. Doch obwohl sie offiziell nicht in Erscheinung traten, wurden sie am 21.4.1945 gemeinsam mit den anderen Toten in einfachen Särgen bestattet. Franz Büttner schreibt dazu in seiner Chronik:

      »Das Wetter ist sehr schön. Vormittags um 1/2 9 Uhr war die Beerdigung der Todesopfer – fast 100 Personen- im Waldfriedhof angesetzt. Am linken Hügel der Leichenhalle herunter waren über 60 primitive Särge aufgestellt. An den Seiten der Särge waren die Namen der Toten mit Blaustift flüchtig angeschrieben.« Gleich nach der Feier war wieder ein Fliegerangriff, vor dem die Trauernden Schutz im Wald suchten.

      Die vielen Toten des Fliegerangriffs mussten schnell beerdigt werden. Für die meisten von ihnen bestanden im Waldfriedhof noch keine Familiengräber. Aus diesem Grund erfolgte in den Sektionen XXII und XXI des städt. Friedhofes die Anlage zweier Großgräber. Das Stadtbauamt hatte die detaillierten Planungen dazu geliefert.(14) In der Sektion XXII entstand das Großgrab für die »durch Terrorangriff am 18.4.45 gefallenen Volksgenossen«, so die damalige Bezeichnung der deutschen Opfer. Eine 14 Meter lange Grabstätte nahm in einer oberen und einer unteren Reihe je 27 Särge auf.

      Ein Großteil der 24 ausländischen Verstorbenen erhielt in der benachbarten Sektion XXI seine Ruhestätte. Dieses Großgrab mit den Maßen 7 mal 2 Meter nahm in 14 Särgen 19 Tschechen, Ukrainer, Polen, Jugoslawen und Franzosen auf und bestand aus einer oberen und einer unteren Reihe. Cerny belegte zusammen mit dem Ukrainer Grigor Krawtschenko in der oberen Reihe Sarg Nr. 8, Eismont Sarg Nr. 10.

      Schon bald nach Kriegsende wurden einige der Kriegsopfer aus dem Großgrab der deutschen Verstorbenen in andere Friedhöfe überführt.(15)

      Am 26.2.1952 begann der Bau des Ehrenfriedhofes »Hohes Kreuz« und am 30. Mai 1954 erfolgte dessen feierliche Einweihung. Insgesamt 272 Kriegsopfer wurden bis 28.7.1952 aus dem Traunsteiner Waldfriedhof in die neue Anlage überführt, darunter viele der Traunsteiner Fliegeropfer.(16) Die ausländischen Opfer des Angriffs vom 18.4.1945 verblieben weiter im Waldfriedhof. Erst am 13.6.1962 erfolgte deren Überführung nach Hammelburg.(17) Einer der beiden dortigen Kriegsgräberfriedhöfe existiert schon seit dem Ersten Weltkrieg.(18) In ihm sind 273 Angehörige aus ost- und südosteuropäischen Ländern bestattet. Und seit 1962 auch Karl Cerny und Edmund Eismont.

      Mit der Überführung nach Hammelburg hatte das Großgrab für Ausländer seine Bestimmung verloren und konnte aufgelassen werden.(19)

      Schluss

      Mit vorstehenden Betrachtungen ist die Bedeutung der Steinplatten aufgeklärt.

      Als Bombenopfer vom 18.4.1945 waren Cerny und Eismont im Großgrab beerdigt. Paula Hummel ließ kurz nach Kriegsende am 10.7.1945 eine Gedenktafel für ihren Verlobten Karl Cerny fertigen; wohl gleichzeitig entstand die ähnliche Tafel von Wanda Ejsmont für ihren Ehemann. Diese Platten verfügen über keinerlei Aufhängevorrichtungen, waren also offensichtlich zum Andenken an die Verstorbenen auf das Großgrab im Waldfriedhof gelegt worden. Mit Auflassung des Ausländergrabes im Sommer 1962 hatten sie ihre Aufgabe verloren.

      WS


      Erläuerungen:
      1: auch Cerni geschrieben, ein häufiger Familienname, übersetzt: Schwarz
      2: lt. Eintrag in der Meldekartei
      3: auch Ejsmont geschrieben
      4: Flurnummer 840
      5: Innen ca. 1,5 m breit, an den Wänden Sitzbänke, durch schwere Tür gesichert. Wegen der bedrückenden Enge nicht gerne aufgesucht.
      6: lt. Erinnerung Robert Hummel
      7: Beim Angriff vom 18.4.1945 war z.B. ein Trupp mit Rottenführer Mayer in Teisendorf beim Gleisrichten und überlebte dadurch.
      8: Erinnerung von Frau Waschin
      9: lt. Bericht der Schutzpolizei TS vom 27.4.1945
      10: Dosondil Jaromir, Kren Josef, Vrlowski Sdenek, Gabriel Karl, Cerny Karl, Ejsmont Edmund, Glyebow Michael, lt. einem Feststellungsbogen undatiert, im Stadtarchiv
      11: Niederschrift über die Bergung vom 19.4.45, angefertigt von dem Kriminalaußenposten Traunstein
      12: lt. Niederschrift über die Bergung des Toten vom 19.4.45
      13: Schreiben von Dienststellenleiter Wagner vom 26.4.45
      14: im April 1945
      15: siehe Plan des Grabes von März 1947 (Planzeichner Angerer)
      16: Alfred Staller im Chiemgaublatt vom 22.5.2004 (Geschichte des Hohen Kreuz)
      17: ausgenommen die beiden Franzosen
      18: Friedhof an der Hundsfelder Straße, der andere Friedhof beherbergt russische Kriegsgefangene
      19: Information des Friedhofverwalters


      QUELLE: http://www.traunsteiner-tagblatt.de/...emg.php?id=435
      "Wer nur dass tut was er immer getan hat, bekommt nur das was er immer bekommen hat!"

      Ich arbeite offen & ehrlich mit den Ämtern zusammen - offiziell & ehrlich mit Genehmigung - so wie es sein soll!!
      "Wer ohne eine NFG nach Bodendenkmälern sucht, egal ob auf dem Acker, im Wald oder auf Gräbern bzw. in diesen, macht dies illegal!"

      Kommentar

      • newbiex2006
        Heerführer


        • 30.09.2006
        • 1158
        • Sachsen
        • Tesoro Cibola SE/ XP ORX

        #4
        Sorry, aber dein (wahrscheinlich) sehr interessanter , historischer Beitrag, liest sich eh kaum einer durch, hier im Forum! Du solltest daher lernen, deine Beiträge kurz und schnell auf den Punkt zu bringen, mit all den interessantesten Fakten zum Ereignis.. etc. Ansonsten "versachwindest" du hier schneller im Abseits, als dir lieb ist ! (Ist nur meine gut gemeinte Absicht !)
        Zuletzt geändert von newbiex2006; 02.03.2008, 02:55.
        Gruß, newbiex2006.

        Kommentar

        • MvR
          Heerführer


          • 03.01.2007
          • 2735
          • Mecklenburg-Vorpommern/Rügen

          #5
          Zitat von newbiex2006
          Sorry, aber dein (wahrscheinlich) sehr interessanter , historischer Beitrag, liest sich eh kaum einer durch, hier im Forum! Du solltest daher lernen, deine Beiträge kurz und schnell auf den Punkt zu bringen, mit all den interessantesten Fakten zum Ereignis.. etc. Ansonsten "versachwindest" du hier schneller im Abseits, als dir lieb ist ! (Ist nur meine gut gemeinte Absicht !)
          ich hab ihn zwar gelesen, aber ich geb dir recht. noch dazu, dass diese ausstellung um die es geht, vor 2 jahren war, also mittlerweile uninteressant. noch besser wäre es, er hätte nicht kopiert, sondern mit eigenen worten geschrieben.
          Für Gott, Kaiser und Vaterland!!!
          Spandau!!! Was sonst??

          Kommentar

          • sanitoeter2000
            Ritter


            • 08.05.2007
            • 448
            • Bayern, Chiemsee
            • Minelab Equinox 800

            #6
            Doppelspost auf die Antwort von MvR

            @MvR
            Einmal motzen reicht, zweimal motzen -> schreib mir besser ne PN, ok! Das ließt sich dann für die anderen leichter!

            Ganz ehrlich? Ich fand sie höchst interessant, da zum Teil auch altüberlieferte Aussagen darin enthalten sind und nicht nur der neumodische Rotz von jemand der von dieser Zeit keine Ahnung hat. Das bezieht sich jetzt mehr auf die Beiträge Teil 1 bis 3 von den Kriegsjahren in Traunstein (inklusive Lagerortangaben, etc.).

            Aber auch die geschichtlichen Beiträge über die Römer und gerade die Vorgehensweise in Bezug auf Bodendenkmäler in diesem Artikel ("Eine Lageskizze davon sandte ich dem Landesamt für Denkmalpflege zu, um dort weitere Forschungen anzuregen.") finde ich für machen hier höchst interessant.

            Wenn Du es nicht lesen magst und es Dich nicht interessiert, dann ließ es nicht. Es zwingt Dich ja niemand, oder?

            MfG
            Sani

            PS: Es ging mir nicht um die Ausstellung die vor zwei Jahren war, es ging mir um die Geschichte!

            Die ist wohl immer aktuell ...
            "Wer nur dass tut was er immer getan hat, bekommt nur das was er immer bekommen hat!"

            Ich arbeite offen & ehrlich mit den Ämtern zusammen - offiziell & ehrlich mit Genehmigung - so wie es sein soll!!
            "Wer ohne eine NFG nach Bodendenkmälern sucht, egal ob auf dem Acker, im Wald oder auf Gräbern bzw. in diesen, macht dies illegal!"

            Kommentar

            • Hecht
              Ritter

              • 06.02.2001
              • 305
              • Niedersachsen

              #7
              Zitat von newbiex2006
              Sorry, aber dein (wahrscheinlich) sehr interessanter , historischer Beitrag, liest sich eh kaum einer durch, hier im Forum! Du solltest daher lernen, deine Beiträge kurz und schnell auf den Punkt zu bringen, mit all den interessantesten Fakten zum Ereignis.. etc. Ansonsten "versachwindest" du hier schneller im Abseits, als dir lieb ist ! (Ist nur meine gut gemeinte Absicht !)
              Du solltest die Leser nicht bevormunden. Ich habe alles gelesen und bin froh über umfangreichere Beiträge mit Substanz. Mir ist völlig schleierhaft, wie man auf den Gedanken kommen kann, persönliche Ansichten auf die gesamte Leserschaft eines Forums zu übertragen. Wer was liest sollte dem Einzelnen überlassen bleiben.

              Kommentar

              • Hecht
                Ritter

                • 06.02.2001
                • 305
                • Niedersachsen

                #8
                Zitat von MvR
                ich hab ihn zwar gelesen, aber ich geb dir recht. noch dazu, dass diese ausstellung um die es geht, vor 2 jahren war, also mittlerweile uninteressant. noch besser wäre es, er hätte nicht kopiert, sondern mit eigenen worten geschrieben.
                Der Beitrag ist trotzdem interessant. Wieso soll der Sachverhalt mit eigenen Worten beschrieben werden? Allgemein: Man sollte sich nicht berufen fühlen, zwingend auf jeden Beitrag zu antworten. Wenn denn doch zumindest sinnhaft.

                Kommentar

                • Dackelfreund
                  Heerführer


                  • 25.11.2006
                  • 4708
                  • .........
                  • -------------

                  #9
                  danke für diesen interessanten bericht
                  ich sage nur gelbe Nummerschilder

                  Kommentar

                  • Bingo
                    Heerführer

                    • 06.10.2001
                    • 2553
                    • Siegen
                    • In einem Archiv nicht erforderlich

                    #10
                    Dem kann ich mich nur anschließen.

                    Bingo

                    Kommentar

                    • Cavok
                      Geselle


                      • 31.01.2008
                      • 91
                      • Wellheim, Bayern. ex. Englander

                      #11
                      Sehr Interessant Sani
                      Danke

                      Kommentar

                      • A4 Rakete
                        Heerführer


                        • 14.03.2005
                        • 1432
                        • NRW

                        #12
                        @sanitoeter2000:
                        Vielen Dank für deinen sinnvollen,interessanten und sehr detaillierten Beitrag.
                        Mach weiter so!

                        Gruss A4 Rakete
                        semper prorsum - numquam retrorsum

                        Kommentar

                        • Schmitt
                          Geselle


                          • 08.09.2008
                          • 55
                          • Baden Württemberg
                          • Noch Garrett ACE 150

                          #13
                          Hallo Sanitoeter2000! Ich finde den Bericht sehr interessant! Danke!

                          Kommentar

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