Die Luftschlacht vom 12. September 1944 im Norden Berlins

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  • sheepybird
    Heerführer


    • 03.02.2007
    • 1561
    • Münsterland
    • Garrett ACE 250;Garrett GTA 350,

    #1

    Die Luftschlacht vom 12. September 1944 im Norden Berlins

    Ergebnisse der AG Fliegerschicksale


    OBERHAVEL - Nach fünf Jahren Krieg hatte sich das Blatt zugunsten der Alliierten endgültig gewendet. Anfang September 1944 war die deutsche Treibstoffproduktion an drei aufeinanderfolgenden Tagen Ziel der 8. US Army Air Force. Dabei wurde der wohl riskanteste Einsatz von Seiten der Amerikaner am 12. September 1944 geflogen.

    Es sollten 299 B-17 Bomber der 1. Air Division die Hydrierwerke bei Ruhland im südlichen Brandenburg und dem tschechischen Brux angreifen, die schon Tags zuvor Ziel eines massiven, aber auch verlustreichen Luftschlages waren. Um jedoch die deutsche Abwehr über diese Absicht zu täuschen, wurde für die Bomberverbände ein Umweg eingeplant, der sehr gewagt erscheint. Die Formationen sollten nördlich an Berlin vorbeifliegen und dann östlich der Reichshauptstadt in Richtung Süden ihre Ziele anfliegen. Dies bedeutete, dass diese Einheiten das Gebiet des größten Schwerpunktes der „Reichsluftverteidigung“ tangierten.

    Um die erwartete starke Reaktion der deutschen Jagdflieger entgegnen zu können, wurden 229 P-51 Mustangs Jagdflugzeuge als Bomber-Eskorte eingesetzt. Am Vormittag gegen 11 Uhr erreichten die ersten Spitzen dieser Streitmacht den Raum Kyritz, als die ersten deutschen Jagdflugzeuge angriffen. Es waren Maschinen vom Typ Focke Wulf 190 und Messerschmitt 109 vom Jagdgeschwader 300. Doch je weiter sich der amerikanische Verband Richtung Osten bewegte, umso mehr deutsche Jagdflugzeuge tauchten auf. Eine dreiviertel Stunde nach den ersten Attacken war die Luft über dem Raum zwischen Neuruppin und Eberswalde erfüllt mit dem Lärm einer der heftigsten Luftschlachten im Norden Berlins. Deutsche und amerikanische Flugzeuge stürzten zu Boden und am Himmel hingen die weißen Punkte der Fallschirme abgesprungener Fliegerbesatzungen.

    Aber viele der abstürzenden Flugzeuge rissen auch die eingeschlossenen Piloten mit in den Tod. Östlich von Neuruppin, bei Schönberg und Vielitz, waren es die deutschen Flieger Lutz Jänecke und Erwin Seidel, die sich mit ihren Me-109 und Fw-190 in den Boden bohrten. Mehr Glück hatte die Besatzung des Amerikaners Arthur R. Mehlhoff. Sein Bomber wird schwer getroffen, bleibt aber so lange flugfähig, bis alle neun Mann abgesprungen sind. Mehlhoff und drei weitere Crewmitglieder werden zwischen Großmutz und Meseberg von Zivilisten aufgegriffen und der Polizei übergeben.

    Einige Kilometer östlich, zwischen Zehdenick und Bergsdorf, explodiert eine weitere „Fliegende Festung“ der 303. Bombergruppe in der Luft. Der Pilot Richard L. Clemensen war zu diesem Zeitpunkt schon tot. Er wurde bei dem Frontalangriff deutscher Jagdflugzeuge von der zersplitternden Panzerglas-Frontscheibe getroffen. Zeitzeugen aus Bergsdorf berichteten, dass sie einen Toten gesehen hatten, der noch in seinem MG-Stand eingeklemmt war. Dieser Mann war der 21-jährige Eugene McCrory. Noch zwei Tage zuvor posierte die Crew für ein Gruppenfoto, nun sind vier der neun jungen Männer tot. Diese vier werden am 13. September 1944 in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Gemeindefriedhof in Bergsdorf bestattet, aber nach dem Krieg exhumiert und nach Belgien beziehungsweise in die USA übergeführt.

    Weiter östlich spielt sich eine weitere Tragödie ab. Die Focke Wulf des 24-jährigen Gerhard Schulze aus Zeitz wird von Mustangs der 359. Jagdgruppe getroffen. Von Zeitzeugen aus Krewelin wird beobachtet, wie sein Flugzeug, eine schwarze Rauchfahne hinter sich her ziehend zur Bauchlandung südlich des Dorfes ansetzt. Doch das Manöver misslingt; das Jagdflugzeug zerschellt und der Pilot wird samt Sitz aus dem Wrack geschleudert. Menschen aus Krewelin eilen zur Unglücksstelle und können den Verunglückten finden. Aber kurz darauf erliegt Schulze seinen schweren Verletzungen. Am Abend wird sein Leichnam von einem Lkw der Wehrmacht abgeholt. Erst vor einigen Jahren wurde herausgefunden, dass er nach Finow gebracht wurde. Sein Grab existiert heute leider nicht mehr. Etwa eine halbe Stunde nach dem Absturz der B-17 bei Bergsdorf kommt aus südlicher Richtung eine amerikanische Mustang geflogen. Sie ist durch Luftkämpfe schwer angeschlagen. Der Pilot Kenneth L. Hobson kann die Maschine nicht mehr halten und steigt südlich von Zehdenick aus. Seine Mustang schlägt keine 200 Meter von ihm entfernt in den Boden und brennt aus. Hobson wird von der Landwacht sofort gefangen genommen und zur Polizeistation nach Klein-Mutz gebracht. Dort trifft er auf den ebenfalls gefangen genommenen Co-Piloten der bei Bergsdorf abgestürzten B-17, George S. Burson. Für beide beginnt nun der Weg in die deutsche Kriegsgefangenschaft, die erst mit dem Abflug aus dem von der Roten Armee befreiten Lager bei Barth im Mai 1945 endet. Die Verschrottung der abgestürzten B-17 und der P-51 wird den jeweiligen Gemeinden angeordnet. Aber noch viele Jahrzehnte später waren Spuren zu finden. Bei der Besichtigung der Absturzstelle mit Zeitzeugen im Jahre 2000 fanden wir in einem Haufen aus Feldsteinen bei Bergsdorf einen der vier Turbolader und große Teile einer der Motorengondeln der B-17.

    Etwa zur selben Zeit, als Lieutenant Hobson aus seiner Mustangs bei Zehdenick abspringt, formieren sich die deutschen Jagdflugzeuge zu einem erneuten Angriff auf die US-Bomber. Diese erneute Attacke trifft die amerikanische 306. Bombergruppe so heftig, dass sie im Gebiet östlich der Schorfheide und bei Eberswalde innerhalb weniger Minuten sieben ihrer 34 Bomber verliert, eine weitere beschädigte B-17 dieser Gruppe schleppt sich bis in die Nähe von Wittstock und stürzt dort ab. Der Bomber von Major Robert Farwell ist unter den Verlusten der 306. Gruppe. Nachdem die B-17 getroffen wurde, versuchte der Pilot die Maschine so lange in der Luft zu halten, bis alle Besatzungsmitglieder abspringen konnten. Auch sein Co-Pilot William D. Markle stieg möglicherweise aus, er wird aber nie mehr gesehen und gilt bis auf den heutigen Tag als vermisst. Farwell verlässt die B-17 als Letzter und wird kurz darauf bei Wandlitz gefangen genommen. Sein Bomber stürzt führerlos in den Liepnitzsee, auf dessen Grund Taucher vor einigen Jahren Überreste dieses Flugzeugs fanden. Auch die amerikanische 351. Bombergruppe wird hart bedrängt, sie büßt sechs Bomber zwischen Eberswalde und Straußberg ein. Und eine weitere B-17 der
    457. Bombergruppe wird bei Biesenthal abgeschossen. Für viele Piloten der deutschen Luftwaffe endete dieser Einsatz tragisch. Die drei an dieser Luftschlacht beteiligten deutschen Jagdgeschwader 3, 53 und 300 verlieren an diesem Tag 20 Flugzeuge, dabei fanden zwölf Piloten den Tod und sieben weitere wurden verwundet.

    Noch schrecklicher sind aber die Verluste der 1. US-Bomberdivision und bei den Begleitjägern. 19 Bomber mit insgesamt 171 Besatzungsmitgliedern wurden abgeschossen. Die zurückgekehrte B-17 hatte sechs Tote und elf Verwundete an Bord. Zehn Mustang-Jäger und ihre Piloten gingen bei diesem Einsatz verloren. Die Bilanz dieses Tages – 187 Amerikaner waren tot oder in deutscher Kriegsgefangenschaft. Am Tag darauf war die 8.US-Luftwaffe wieder über Deutschland, um der Nazi-Kriegsmaschinerie den Benzinhahn zuzudrehen. (Von Mario Schulze)






    Gruss Sheepy
    Hausfrauentip #21 : Salat schmeckt viel besser wenn er kurz vor dem servieren durch Steaks ersetzt wird.



    AVRI*SACRA*FAMES
    quid non mortalia pectora cogis, auri sacra fames (?Wozu treibst du nicht die Herzen der Menschen, verfluchter Hunger nach Gold!?)
  • hemiotti
    Heerführer


    • 14.02.2009
    • 2817
    • Berlin Lichtenberg
    • Teknetics Omega 8000 & Garrett PP

    #2
    danke für die info
    hier auch ein guter link über die schicksale der flieger in oberhavel
    no Risk no Fund

    Kommentar

    • MIMO
      Heerführer


      • 22.11.2007
      • 1683
      • Sachsen
      • Rutus Alter 71

      #3
      Hallo Sheepy,

      vielen Dank für den super Beitrag der Luftschlacht um Berlin. Gibt es zu diesem Geschehen weitere Infos oder ein Buch?

      MfG Marcus
      Ein Volk, das keine Vergangenheit haben will, verdient auch keine Zukunft
      (Alexander von Humboldt)

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