Organische Lösemittel und organische Säuren

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  • restaunix

    #1

    Organische Lösemittel und organische Säuren

    Eine Frage vor allem an Cowboy,

    offensichtlich setzen einige Forumsmitglieder organische Säuren wie Essigsäure zur Freilegung ihrer Stücke ein. [Persönliche Anmerkung: Ich finde das nicht gut so, speziall auf Metallen]

    Anschließend werden oft organische Lösemittel die in Klebstoffen und Lacken enthalten sind aufgebracht.

    Kann das Aufeinandertreffen von organischen Säureresten und organischen Lösemitteln zu exothermen Reaktionen führen? Hast Du das schon mal in der Praxis beobachtet?

    Gruß
    Restaunix
  • Cowboy

    #2
    @restaunix: Die Meinung zu Essigsäure teile ich, deren Aggressivität in Bezug auf Metalle wird oft unterschätzt.

    Also beobachtet habe ich bis jetzt noch keine Reaktionen, die eventuell auf das Vorhandensein von Essigsäure zurückzuführen wären, das liegt aber auch daran, das ich selbst selten damit hantiere. Mir sind bei den üblicherweise eingesetzten Lösungsmitteln auch keine negativen Reaktionen bekannt, es ist jedoch möglich, das die in zweikomponentigen Klebstoffen und Lacken mitunter als Härter enthaltenen org. Peroxide teilweise recht heftig mit Essigsäure und ähnlichen Stoffen reagieren können.
    Bei den als Lösungsmitteln eingesetzten Stoffklassen sind die Kohlenwasserstoffe und Cycloalkane wie z.B. Shellsol etc. am reaktionsträgsten, bei diesen Stoffen sind Nebenrektionen auszuschließen.Etwas bedenklich können Alkohole und Ketone wie Methylethylketon sein, auch Aceton ist recht reaktionsfähig.
    Möglich ist auch eine Reaktion bei Stoffen, welche ungesättigte Bestandteile enthalten, z.B. auch Terpentin (nicht Mineralterpentin !) Eine weitere bekannte Sache ist das Auftreten von Peroxiden bei Ethern, werden solche Peroxide nicht unterbunden oder entfernt, kann u.U. eine heftige Reaktion bei Kontakt mit katalytisch wirkenden Stoffen eintreten.
    (Die bis zur Explosion gehen kann)

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    • Tomcat
      Ratsherr

      • 27.03.2002
      • 232
      • Whites 3900/D pro Plus

      #3
      wow , klasse !!!!

      da staunt der chemie-grundkursler !!!!!

      aber : welche chemikalie würdet ihr zur schonenden freilegung von z.B. bolzenspitzen empfehlen ? ( bislang war - unter strenger aufsicht und nur für kurze einwirkzeit - essigsäure - verdünnt mein mittelchen )
      und : wie kann ich festen Rost , der z.B älteste , fast vollständig dorchgerostete stücke zusammenhält , erhalten , und nur die weichen Ausblühungen entfernen ?
      (bislang hielt ich´s mit skalpell , lupe und feinen modellbau-drahtbürsten)

      Gute Funde und gutes Wetter
      wünscht
      Tomcat

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      • Cowboy

        #4
        Hallo ,

        bei Stücken, die völlig durchgerostet sind bzw. nur noch aus Rost zu bestehen scheinen, würde ich deine bisherige Methode beibehalten.Mit chemischen Mitteln ist dann höchstens noch eine Konservierung bzw. eine Stabilisierung möglich, dazu gehört die Umwandlung sehr loser Rostpartien mit geeigneten Rostumwandlern . Bei sehr empfindlichen Objekten sollte man lediglich eine Festigung mit Hilfe von Acrylharzen oder auch durch Paraffin vornehmen. Allerding habe ich auch schon ein total durchgerostetes Stück, welches nur noch aus Eisenhydroxiden bestand, durch Behandlung in einem Tannin-Phosphorsäurebad sehr gut verfestigt.

        Kommentar

        • Tomcat
          Ratsherr

          • 27.03.2002
          • 232
          • Whites 3900/D pro Plus

          #5
          Wow , danke cowboy !
          (klasse wissen , bist du restaurator oder chemiker ? )
          paraffin hat sich bei meinen sehr alten hufeisen als sehr gut erwiesen (nach diversen destiliertes-wasser-waschungen)

          aber welche rostumwandler wären zu empfehlen , und was ist deren wirkung ?

          Loch inn bauch fragender weis´

          Tomcat

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          • restaunix

            #6
            Erstmal vielen Dank an Cowboy für die ausführliche Antwort. Mir kam der Gedanke an reaktionschemische Zeitbomben beim Betrachten der Ausblühungen auf der Kupfermünze.

            Das Erkennen der komplexen (Zusammen-) Wirkung über lange Zeit der bei der "Restaurierung" eingesetzten Stoffe auf das Originalobjekt, wie von Cowboy eindrucksvoll beschrieben, führt seit einigen Jahren zum Umdenken bei der Restauratorenschaft.

            Die (elektro-) chemische Freilegung wie auch viele Korrosionsumwandlungs- und Reduktionsverfahren, werden in vielen Restaurierungswerkstätten heute nicht mehr angewandt. Das ist besser für die Objekte und auch besser für die Gesundheit.

            Wie meinen Antworten seit einiger Zeit zu entnehmen ist, bin ich ebenfalls absoluter Befürworter mechanischer Freilegungsverfahren. Je fragiler der Zustand umso deutlicher wird es auch hier im Forum dass "chemische Bäder" bei denen die Objekte nach gewisser Zeit "restauriert" entnommen werden, nicht der Weisheit letzter Schluß sind. Es gibt einen schönen Satz unter den Kollegen: "Die Säure ist dumm". Sie hat keine Ahnung wann sie aufhören soll.

            Es ist kein Naturgesetz dass zwei Drittel aller Funde als "nicht restaurierbarer Schrott" klassifiziert, und nur die wenigen Highlights, oder der offenbar besonders widerstandsfähige Militariakram als erhaltbar präsentiert werden.

            Bei genauer Kenntnis des Aufbaus der Korrosionsschichten und der Materialien der Bodenfunde, im günstigen Fall unterstützt durch z.B. Röntgenaufnahmen, kann ich jedes Objekt gut und auch zügig mechanisch freilegen. Ein gutes Mikroskop (7-10fach) und gute Beleuchtung (Kaltlichtquelle) vorausgesetzt.

            Fragile Objekte müssen unter Umständen schon während der Bearbeitung mit reversiblen "synthetischen" Klebstoffen in geringer Konzentration, Cyclododecan, Leimen oder speziellen Wachsmischungen zwischengefestigt werden.

            Erst bei der Konservierung (Entsalzung eingeschlossen), wenn ich über das Objekt schon sehr gut Bescheid weiß, ziehe ich die "Naßchemie" hinzu.

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            • Cowboy

              #7
              Na manche Militariasammler werden über 'Militariakram' nicht so ganz glücklich sein...
              Meiner Meinung nach sollte man schon unterscheiden ,mit welcher Art von Objekten man es zu tun hat. Sollen z.B , wie oft vorkommend, gefundenen Teile von Patronenhülsen usw. ,vornehmlich der größeren Kaliber, wieder in einen ansehnlichen Zustand versetzt werden, ist halt der bquemste Weg die Chemie etc.Natürlich nicht der Einzige. Ganz anders kann das bei sehr alten, raren Teilen aussehen.
              Richtigen Schaden richtet auch meistens die Baumarkt-doityourself-Chemie an, weil ganz einfach die leicht erhältlichen Chemikaliengemische und Reinigungsmittel für ganz andere Aufgaben gedacht sind. Deshalb sollte, wenn mit Chemie gearbeitet wird, immer eine sorgfältige Auswahl getroffen werden.
              Dann klappt auch mit dem Nachbarn.

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              • Ferency
                Bürger

                • 14.12.2000
                • 109
                • Österreich
                • Explorer XS, Fisher CZ 5

                #8
                @ Tomcat

                Also ich kann als Rostumwandler "Maler Bobs Rostversiegelung" von Voss Chemie (heißt wirklich so) sehr empfehlen. Ich habe den Tipp wiederum von meinem Händler erhalten, der das Ding schon seit Jahren einsetzt.
                Vorraussetzung ist natürlich eine vorherige grobe und dann feine Entrostung.

                Was die Säure betrifft, habe ich bis jetzt mit Essig- und Zitronensäure hantiert, wobei ich mittlerweile letztere vorziehe. Essig ist wirklich ein ziemlicher Hammer und kann feinen Teilen ziemlich zusetzen. Wichtig ist allerdings immer eine permanente Kontrolle.

                Grüße, Ferency

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                • Cowboy

                  #9
                  Hallo,
                  wichtig ist es , wenn Rostumwandler als Konservierung angewendet werden, keine fertigen Produkte aus dem Bereich Kfz usw. zu verwenden.Diese Mischungen enthalten Kunstharze und andere Dinge, die auf zu konservierenden Objekten nichts verloren haben.Besser, man verwendet reines Tannin bez. Phosphorsäure in genau abgestimmter Mischung.

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