Rabenberge und Bahnholze

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  • Harry

    #1

    Rabenberge und Bahnholze

    Gar mancher machts sich ein wenig ZU einfach, vor allem bei Flurbezeichnungen. So soll BaHnholz die Flurbezeichnung BaNNholz implizieren... mitnichten und schon gar nicht immer. Nun bin ich ja (angeblich ) gar kein Sondengänger und habe deswegen auch keine Ahnung aber ich will trotzdem mal aufzeigen wie schwierig Deutungen sind . Beispiel 1:

    Es gibt bei Hofheim Diedenbergen genau solch ein BaHnholz. Auf dieses treffen gleich drei andere Deutungen zu.

    A: In unmittelbarer Nähe (ca. 3000m) verläuft die Elisabethenstrasse, eine bekannte und grosse Römerstrasse (sie geht quer durch Diedenbergen als Hauptstrasse). Die Herren Römerstrassen, zumal die bedeutenderen, haben die Angewohnheit zumeist kerzengerade zu verlaufen. So heissen auch heute noch viele schnurgerade verlaufende Straßen (früher eben oft auch Römerstrassen) "Kegelbahn", "Lange Bahn" usw. Der Waldbezirk "Bahnholz" kann sich also (und eher) auch auf diese Römerstrasse beziehen. Dies vor allem in Verbindung zu

    B: Nimmt man heutige alte Kirchen (vornehmlich Katholische) kann man fast schnurgerade Linien zu benachbarten Orten ziehen, und diese Linien verlaufen dann erstaunlich oft auf bestehenden Feldwegen, häufig sogar heutigen Hauptstrassen. Das Phänomen ist bekannt, aber hier nicht relevant. Relevant ist aber: Zieht man von der Kirche Diedenbergens eine Linie in Richtung Bahnholz, dann ist die ebenso schnurgerade. Also auch eine potentielle Quelle für "Bahn". (Lustigerweise geht dieser Weg, ebenso kerzengerade weitergerechnet, etwa 1 Kilometer hinterm Bahnholz in den Bereich gleich zweier Wüstungen...)

    C: Aller guten Dinge sind 3: Etwa 1500 Meter vom Bahnholz stand ein Galgen. Hier käme dann BANN in Betracht, allerdings ein gänzlich anderer als der beschriebenen Form, nähmlich als "Ort der gebannten" also der "aus der Gemeinschaft ausgeschlossenen". Und ausgeschlossener als baumelnd am Galgen kann man eigentlich schlecht sein.

    BaHnhölzer in der Nähe von Adligensitzen des MA können dann durchaus BANN (Wildschutz) bedeuten... aber da heissen die dann auch meistens BANN und nicht BAHN. Mal ganz abgesehen davon das die Herrschaften adliger Art damals schon recht bequem waren und nicht erst Dutzend von Kilometern reiten wollten um zu einem "Bannwald" zu kommen.

    Zweitens "Rabenberge". Da wird behauptet "Die Bedeutung liegt im Mittelalter", und "...Daher wurden die Galgenberge häufig von Raben aufgesucht und so kamen die Berge auch zu ihrem Namen..."

    Flurbezeichnungen entstammen nicht dem MA sondern liegen allermeist viel weiter zurück. Allenfalls wurden sie im Zuge der Lautverschiebung und des MA verfälscht.

    Rabenberge findet man viel öfter als an Handelstrassen mitten im Wald... aber da hätte, abseits einer Handelstrasse, kaum jemals ein Gehenkter gebambelt.

    Es gibt eine weit logischere Erklärung. Wotan, germanischer "Obergott", hatte zwei Begleiter; die Raben Hugin und Munin, die ihn sozusagen berieten. Der Name Rabenberg kann also viel eher auf eine ehemalige germanische Ansiedlung deuten. Zumal wenn (wie man oft beobachten kann) sich an Rabenbergen bestimmte Topographische Verhältnisse (auf die ich nicht näher eingehe) wiederholen. Geht man einen Schritt weiter und nimmt eine öfter geäußerte Vermutung von Heimatforschern, viele "...Berg" hiessen in Wirklichkeit ...Burg dann erklärt sich Rabenburg als ehemals germanische befestigte Höhensiedlung, auf der dann im MA eine mittelalterliche Befestigung entstand.

    Gleiches gilt auch für WOLF (Berg), welcher ebenso ein "Wotan Tier" ist.

    Zur Erläuterung hier noch die Karte des Bahnholz, so kann man sich besser ein Bild machen. Wie man sieht verläuft die gedachte Strasse (rot) von der Diedenbergener Kirche zu den zwei Wüstungen kerzengerade am Bahnholz vorbei, und auch heute noch Grossteils auf einem bestehenden Waldweg
    Ein Hinweis noch... germanische Siedlungen sind natürlich Denkmäler. Genau wie Thingplätze, Quellen und ähnliches. Aber darauf hatten wir ja schon im Video hingewiesen.
  • Banned
    • 31.01.2001
    • 2168
    • Hessen
    • C-Scope

    #2
    Hallo Harry,

    ich finde Deine Überlegungen zu 'Bahnholz' jedenfalls hochinteressant!

    Was mich jetzt noch interessieren würde, ist die Antwort auf die Frage, könnte man ähnliche Gedankengänge auch auf das 'Bahnholz' von Wiesbaden anwenden? Ich weiß im Augenblick nur, daß ich da mit der Buslinie 8 hinkomme.

    Über die Römeraltivitäten bei Wiesbaden (die vielen heiße Quellen als Bäder, etc. muß ich wohl, glaube ich ,nicht näher eingehen. Dürfte alles schon bekannt sein..

    Gruß Peter (Mc.)
    Glück auf zu Hauf!

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    • Harry

      #3
      Hm, ich weiss nicht genau wo das da ist, aber Wiesbaden war ja auch "Adligensitz" wenn man es so nennen will. Da könnte dann schon das von Walter angenomme BANN als Bannwald zur Wildhege etc. zutreffen.

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        • 24.01.2001
        • 6219
        • Bernau bei Berlin
        • Pulse Star II pro, modifiziert ...und einen guten Freund mit Bergeunternehmen :-)

        #4
        hmmm interessante Ausführungen, Harry ...aber ist eine Verbindung zwischen zwei Punkten nicht immer eine Gerade???

        claus
        dummausderwäscheguck
        Vertrauen ist eine sehr zerbrechliche Angelegenheit!

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        • Admin

          • 30.05.2000
          • 25931
          • Pöhlde - (=> Süd-Nds.)
          • Große Nase, Augen, Ohren, Merlin, Whites XLT, Tesoro, Nokta Impact, Rutus, Minelab XTerra, OGF-L, UW 720C, Mariscope Spy, Chasing M2 Pro ...

          #5
          Bahnholz ???

          ... EINS haste Vergessen:

          Es kommt auf das Alter der Flurbezeichnung an!
          Wird etwa das Bahnholz erst seit "Einführung" der Eisenbahn so genannt ??
          Der Holz-(Schwellen)-Bedarf war in der Pionierzeit schließlich enorm ...

          Nur ne Idee ...

          Munkelfix
          Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hat
          zu tun mit der Blödheit ihrer Bewunderer ...

          (Heiner Geißler)

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          • Ratsherr

            • 16.01.2001
            • 207
            • Schwaben

            #6
            Hallo,

            was man bei der Deutung von Flurnamen auch nicht unterschätzen sollte, ist der Einfluß der Mundart.

            Die Flurnamen wurden hier in BW (ich schätze, das ist in anderen Regionen Deutschlands nicht anders) erstmals systematisch bei der landesweiten Erstellung der topographischen Karten Anfang des 19. JH. erfasst und seitdem auf den Karten so tradiert.

            Oft handelt es sich dabei um "verhochdeutschte" oder nicht mehr verstandene mundartliche Bezeichnungen.

            So wird z.B. der auf den ersten Blick interessante "Heerweg" zum Viehweg (Heer=Herde) oder der Flurname "Bodarilla" (römische Göttin?, ja diese Deutung gabs auch mal) zu "Bodenvertiefungen".

            Das sind natürlich jetzt Beispiele aus dem Süden, aber ich denke das gilt auch analog in ganz Deutschland.

            @Harry: woher hast Du die Info, daß die Flurnamen in der Regel vormittelalterlich sind? Gibts da Literatur dazu?
            Viele Grüße
            Jago

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