....ne ne ... ich gebe drauf acht! Also sollte man darauf achten das bei eingestellten Fotos nicht genau zu erkennen ist wo sich eine Location befidet, ausser bei einschlägig bekannten wie die HH oder Thyssen denke ich ?!
....ne ne ... ich gebe drauf acht! Also sollte man darauf achten das bei eingestellten Fotos nicht genau zu erkennen ist wo sich eine Location befidet, ausser bei einschlägig bekannten wie die HH oder Thyssen denke ich ?!
Man kann ja nicht alles erhalten,aber man muß auch nicht ALLES gleich plattmachen,wie z.Z. groß in Mode
Hier bei mir der selbe Scheiß,der letzte Rest vom eh schon abgerissenen Kraftwerk Cuno in Herdecke,die beiden wirklich schönen Kesselhäuser aus den 20er Jahren,die "eigendlich" unter Denkmalschutz stehen sollen jetzt auch abgerissen werden
Nur der scheiß Kamin aus den 80ern,ausgerechnet DER wurde zum Wahrzeichen erkohren und soll stehenbleiben...
Der ist höchstens ein Wahrzeichen für die End70er Umweltschutzmentalität nach dem St. Florians Prinziep
Das Bahnstromkraftwerk Muldenstein gehört zu den
Pionierbauten der Bahnelektrifizierung in Deutschland.
Es handelt sich bei ihm nicht nur um eines der ersten
Kraftwerke zur Nutzung der Braunkohlevorkommen Mit-
teldeutschlands, sondern es dokumentiert mit seiner
wechselvollen Geschichte auch die besonderen techni-
schen und auch politischen Entwicklungen im letzten
Jahrhundert. Der Denkmalwert der Bauten und Anlagen
des Kraftwerkes ist sicher unbestritten. In dieser Arbeit
soll aber über die unmittelbare Bedeutung des Objektes
hinaus auf die besondere Stellung des Werkes innerhalb
der Entwicklung früher Bahnkraftwerke in Deutschland,
auf seine Bedeutung im Zusammenhang mit den ande-
ren großen Braunkohlenkraftwerken im mitteldeutschen
Braunkohlerevier, auf seine noch weitgehend vorhan-
dene Ausstattung und seinen besonderen Denkmalwert
gerade in wirtschaftspolitischer- und technikgeschicht-
licher Sicht, vor allem zu Zeiten der DDR, eingegangen
werden.
Über die technische und bauliche Entwicklung der
Kraftwerke, die Frühzeit der Bahnelektrifizierung und vor
allem die Entwicklung der elektrischen Fahrzeuge liegen
umfangreiche Ausführungen in der zeitgenössischen
und in der eisenbahn- und technikgeschichtlichen Lite-
ratur vor, die hier weder nochmals ausführlich wiederge-
geben noch zitiert werden sollen. Für eine Einschätzung
der Bedeutung des Kraftwerkes aus denkmalpflege-
rischer Sicht sind hier weniger die genauen Daten
und technische Details wichtig, sondern vielmehr
die aus der Rückschau zu entwickelnde Einordnung
unter Berücksichtigung der noch vorhandenen und
möglicherweise zu erhaltenden Vergleichsbeispiele.
Grundzüge der Vollbahnelektrifizierung in Mitteleu-
ropa
Die Entwicklung der Bahnelektrifizierung seit der vor-
letzten Jahrhundertwende in Deutschland war von zwei
wichtigen Fragen bestimmt: Einmal vom Ersatz der teu-
ren Steinkohle als Energieträger für die mit geringem Wir-
kungsgrad arbeitenden Dampflokomotiven, zum ande-
ren mit der Wahl des vorteilhaftesten Stromsystems für
Fernbahnelektrifizierungen unter Berücksichtigung der
vorhandenen elektrotechnischen Möglichkeiten.
Der Bahnbetrieb mit Dampflokomotiven erforderte große
Mengen guter Steinkohle, die außerdem noch von den
Lagerstätten zu den Einsatzstellen im ganzen Land trans-
portiert werden musste. Der kaum zu steigernde geringe
Wirkungsgrad der Dampflokomotive von höchstens 9%
war technisch unbefriedigend. Die Preise für Steinkohle
wurden von den Kohlesyndikaten diktiert, nach dem
Ersten Weltkrieg mussten zudem große Mengen als
Reparation an die Siegermächte geliefert werden.
Als Alternativen für die Energieerzeugung stand einer-
seits Wasserkraft, andererseits minderwertigere Kohle
zur Verfügung. Der besondere Vorteil der Elektrifizierung
der Bahnstrecken bestand nun darin, die elektrische
Energie an den Orten mit kostengünstigen Energiequel-
len, also bei großen Wasserkraft- und Kohlevorkommen
geringerer Qualität, zu erzeugen und dann über größere
Strecken zu übertragen. Die dafür notwendigen Techni-
ken für die Starkstromerzeugung und ihre Übertragung
waren schon zum Ende des 19. Jahrhunderts entwik-
kelt.
Problematischer war zunächst die Wahl tauglicher
Stromsysteme zum Fahrzeugantrieb. Ähnlich wie bei
den ersten Anwendungen der Elektrizität setzte man
hier zunächst auf Gleichstromantriebe, die mit geringen
Spannungen und Stromstärken ausreichend für den
Betrieb von z.B. Straßenbahnen waren und dies auch
heute noch sind. Erste Versuche mit Wechselstrom
6 kV und 25 Hertz begannen 1903 auf der Strecke
Niederschöneweide - Spindlersfeld und bewiesen des-
sen Eignung. Den ersten größeren Dauerbetrieb mit die-
sem System führte die Preußische Staatsbahn 1907 bei
der Hamburger Stadt- und Vorortbahn ein. Die positiven
Ergebnisse veranlassten diese Bahnverwaltung, eine
Fernstrecke probehalber zu elektrifizieren, ausgewählt
wurde dazu die Flachlandstrecke Dessau-Bitterfeld. Der
elektrische Versuchsbetrieb wurde hier 1910 eröffnet,
er verlief so erfolgreich, dass bis 1914 die Elektrifizie-
rung Magdeburg-Bitterfeld-Leipzig-Halle nahezu fertig
gestellt werden konnte. Aus Vergleichsgründen sollte
auch eine Gebirgsbahn mit schwerem Verkehr elektrifi-
ziert werden, bis 1914 konnte die Strecke Nieder Salz-
brunn-Halbstadt in Schlesiens Gebirge umgestellt wer-
Rolf Höhmann
Bahnkraftwerk Muldenstein
Page 2
den. Auch andere Länder des damaligen Deutschen
Reiches beteiligten sich an der Entwicklung der Vollbahn-
elektrifizierung: Jeweils 1913 konnten sich die Bayri-
sche Staatsbahn mit zwei Strecken zur österreichischen
Grenze und die Badische Staatsbahn mit der Elektrifi-
zierung der Wiesen- und der Wehratalbahn am Hoch-
rhein zu den Pionieren zählen. Die notwendigen
Kraftwerke aller dieser Elektrifizierungen waren sehr
unterschiedlich, auf ihre Besonderheiten wird noch ein-
gegangen werden.
Zunächst war an eine großräumige Verbindung der
elektrifizierten Strecken nicht gedacht, dafür waren
dann noch mehr als fünfzig Jahre notwendig. Trotzdem
erschien es sinnvoll, aus technischen und wirtschaftli-
chen Gründen ein einheitliches Stromsystem anzustre-
ben. In einer frühen nahezu «gesamteuropäischen» Ver-
einbarung gelang es im Jahr 1911, eine Festlegung auf
15 kV Stromstärke und 16 2/3 Hertz Frequenz zu errei-
chen, der sich die deutschen Bahnen, die Österreichi-
schen Bundesbahnen, die Schweizerischen Bundesbah-
nen, die Schwedischen Staatsbahnen und die Norwegi-
schen Staatsbahnen anschlossen. Diese Vereinbarung
wird auch heute noch eingehalten, allerdings kamen
keine weiteren Länder hinzu.
Darstellung der Entwicklungsgeschichte früher
Bahnkraftwerke in Deutschland
Als erstes eigentliches Bahnkraftwerk kann das im
Jahr 1907 von der Preußisch-Hessischen-Eisenbahn-
Verwaltung in (Hamburg-) Altona erbaute gelten. Das
Wärmekraftwerk lieferte Einphasen-Wechselstrom mit
25 Hertz Frequenz für die Hamburger Stadt- und Vor-
ortbahn und mit 50 Hertz für die Versorgung der Ham-
burger Bahnhöfe mit Licht und Energie. Da noch wenig
Erfahrung mit der Übertragung des Bahnstromes vorla-
gen, wurde es in der Nähe des Verbrauchsschwerpunk-
tes der Bahn in Ottensen errichtet. Daraus ergab sich der
Nachteil, dass kein Frischwasser für die Kühlung ver-
wendet werden konnte und aufwendige Kühl- und Kon-
densationsanlagen notwendig waren. Als Energieträger
wurde hochwertige westfälische Steinkohle verwendet,
die die Bahn selbst anfuhr. Von diesem Kraftwerk ist
nach Teilabrissen noch ein umgenutzter und umgestal-
teter Torso ohne maschinelle Ausstattung erhalten.
Auf die ersten Erfahrungen in Altona aufbauend,
wurde für den Versuchsbetrieb in Mitteldeutschland ein
geeigneter Standort für ein Bahnkraftwerk in Mulden-
stein gefunden. Nachdem der preußische Staat Mittel
zur Verfügung gestellt hatte, begann 1910 der Bau des
Kraftwerks für den Versuchsbetrieb. Maßgeblich für die
Wahl des Standorts, der nicht direkt an den zu elektrifi-
zierenden Strecken lag, war einerseits die günstige Lage
zu den Braunkohlegruben, andererseits die Möglichkeit,
aus der Mulde ausreichende Kühlwassermengen ent-
nehmen zu können. Im ersten Bauabschnitt entstand
eine provisorische Anlage, deren Kessel, Schornstein
und Fundamente aber für die endgültige Ausführung zu
nutzen waren.
Nach erfolgreichem Abschluss des Versuchsbetriebs
wurde 1911 mit den Bauarbeiten für den endgültigen
Ausbau begonnen. Dieser wird in mehreren Quellen
ausführlich beschrieben, so dass hier nur kurz auf die
Betriebsgeschichte und die Umbauten eingegangen
werden soll. Während des Ersten Weltkriegs war der
elektrische Zugbetrieb eingestellt, das Kraftwerk diente
zur Stickstoffgewinnung und erst ab 1921 wieder der
Bahnstromversorgung. Der sogenannte mitteldeutsche
Ring, die Strecken von Leipzig über Halle, Köthen nach
Magdeburg und zurück über Dessau und Bitterfeld nach
Leipzig war 1934 geschlossen, das Kraftwerk Mulden-
Rolf Höhmann
Bahnkraftwerk Muldenstein
.Page 3
stein als zentrale Versorgung dieser Strecken hatte seine
erste Ausbaustufe erreicht.
Mit den Planungen für die Elektrifizierung der Verbin-
dung München-Berlin im Dritten Reich musste auch
die Stromerzeugung wesentlich erhöht werden. Zwi-
schen 1937 und 1941 wurden große Teile der Kessel-
und Generatoranlagen in Muldenstein neu erstellt. Nach
Ende des Zweiten Weltkrieges gelang es zunächst,
das Werk Muldenstein und den elektrischen Bahnver-
kehr wieder in Betrieb zu nehmen. Auf Befehl der
sowjetischen Besatzungsmacht musste dieser aber am
31. März 1946 eingestellt werden. Die Fahrzeuge und
alle Ausrüstungen, auch die des Kraftwerkes, wurden
demontiert und in die UdSSR gebracht. Die Kraftwerks-
gebäude dienten als Reparaturwerkstatt.
Zur für den Bahnbetrieb dringend notwendigen erneu-
ten Elektrifizierung wurden 1952 die Ausrüstungen und
der größte Teil der Fahrzeuge wieder zurückgegeben.
Generator- und Turbinenanlagen wurden im wesentli-
chen wieder so installiert, wie sie nach dem Umbau 1941
genutzt wurden. Die Wiederinbetriebnahme erfolgte am
27. Juli 1955. Da für den Bahnbetrieb zunächst nicht die
ganze Leistung des Kraftwerkes erforderlich war, wurde
über stationäre Umformer 16 2/3 zu 50 Hertz elektrische
Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Mit
zunehmender Erweiterung des elektrifizierten Bahnnet-
zes kehrte sich diese Einspeisung um, d. h. Energie aus
dem öffentlichen 50-HertzNetz wurde für Bahnzwecke
umgeformt.
Zwischen 1987 und 1990 wurden Dampferzeuger und
Dampfleitungen erneuert, um das überalterte Kraftwerk
zuverlässiger zu machen. Im Jahr 1994, kurz vor der
Stillegung am 5. November 1994, konnte die höchste
monatliche Leistung bei der Energieerzeugung erreicht
werden.
Nahezu zeitgleich mit dem Bau des Werkes Mulden-
stein begann die Errichtung des Kraftwerkes Mittelsteine
(bei Glatz) für die Versorgung des Schlesischen Netzes.
Die Anordnung und Ausführung der technischen Anla-
gen und Gebäude wiesen einige Parallelen zu Mulden-
stein auf. Als Energieträger wurde hier billige Abfall-
steinkohle aus einer 12 km entfernten Grube im Eulen-
gebirge verwendet, die aus Kohlestückchen bis 12 mm
Korngröße und aus Kohlestaub bestand. Die möglichst
kurze Transportstrecke für die Kohle bedingte die Lage
des Kraftwerks, das zunächst ebenfalls nicht an den
elektrifizierten Strecken lag und die Unterwerke über
eine 124 km lange Fernleitung versorgte. Das Kraftwerk
gehörte der AEG und den Siemens-Schuckert-Werken
und sollte aufgrund des abgeschlossenen Stromliefer-
vertrages 1949 an die Reichsbahn übergehen. Nach
dem Zweiten Weltkrieg lag das Werk Mittelsteine jen-
seits der Oder-Neiße-Grenze auf polnischem Gebiet.
Die Ausrüstung der ehemals deutschen Gebirgsstrek-
ken und des Kraftwerkes wurde auf russischen Befehl
demontiert und zusammen mit den Fahrzeugen zunächst
nach Mitteldeutschland gebracht, von wo sie dann mit
dem entsprechenden Material des mitteldeutschen Net-
zes als Reparation in die UdSSR gingen. Große Teile der
Schlesischen Gebirgsbahnen sind von der Polnischen
Staatsbahn seit den sechziger Jahren erneut elektrifiziert
worden, diesmal aber mit Gleichstrom von 3000 Volt.
Über den möglicherweise erhaltenen Gebäudebestand
des Kraftwerkes Mittelsteine liegen keine Informationen
vor.
Neben diesen frühen Bahnstromkraftwerken auf Koh-
lebasis, die alle zum Bereich der seinerzeitigen Peußisch-
Hessischen-Eisenbahn-Verwaltung gehörten, konnten
in zwei weiteren deutschen Ländern Erfahrungen mit
anderen Stromgewinnungsarten gesammelt werden. Die
bayrische Mittenwaldbahn war 1913 elektrifiziert wor-
den, die beiden von Garmisch-Partenkirchen ausge-
henden Strecken nach Reutte und Innsbruck schlossen
an österreichische Bahnen an. Die Energie wurde von
einem Wasserkraftwerk in Innsbruck erzeugt und über
Stromzähler nach Bayern geliefert. Die im Südosten
Bayerns gelegenen Strecken Freilassing-Bad Reichen-
hall-Berchtesgaden und Freilassing-Salzburg konnten
1915 in Betrieb genommen werden, sie wurden von
einem Wasserkraftwerk an der Saalach versorgt. Zuvor
war 1907 die regelspurige Lokalbahn Reichsgrenze-
Berchtesgaden-Königssee mit 1000 Volt Gleichstrom
elektrifiziert worden, mit dem zugehörigen Kraftwerk
Gartenau konnten erste Erfahrungen mit der Wasser-
kraftnutzung für Bahnbetrieb gesammelt werden. Das
Saalachkraftwerk, obwohl der Bahn gehörend, diente
der Stromerzeugung sowohl für den Wechselstrom-
Bahnbetrieb als auch der öffentlichen Versorgung.
Es wurde aus einem Stausee gespeist, wodurch der
stark schwankende Pegel des alpinen Wasserzuflusses
und die ebenfalls stark schwankende Energienachfrage
gesteuert werden konnten.
Das Saalachkraftwerk war nur der Vorläufer eines weit
größer angelegten Systems zur Wasserkraftnutzung in
Rolf Höhmann
Bahnkraftwerk Muldenstein
k
Page 4
Quelle:Siehe Oben
Autor:Rolf Hoehmann
Wer schafft da vollendete Tatsachen?
Weiss die Denkmalbehörde davon?
Südbayern, das ausdrücklich auch für den Bahnbetrieb
ausgebaut werden sollte. Mit dem Bau der Kraftwerke
am Walchensee und der Mittleren Isar zwischen 1918
und 1924 folgte man einem Plan zur weitgehenden Aus-
nutzung der Wasserkräfte dieses Raumes, der schon
von Oskar von Miller 1915 in einer Denkschrift beschrie-
ben wurde. Die schon bestehenden und neu zu bau-
enden Kraftwerke wurden im staatlichen «Bayernwerk»
zusammengefasst. Auch das Walchenseekraftwerk und
die zugehörigen Laufwasserkraftwerke an der mittleren
Isar (Finsing, Aufkirchen und Eitting) sind in der Literatur
ausführlich beschrieben worden, wegen der Dimensio-
nen und der landschaftlichen Lage ist Walchensee von
der Öffentlichkeit besonders aufmerksam wahrgenom-
men worden. Das Walchenseekraftwerk ist mit Bauten
und technischer Einrichtung betriebsfähig erhalten. Es
wird von R. Slotta 1977 wie folgt bewertet:
«Durch den Bau des Walchensee-Kraftwerkes wurde für
europäische Verhältnisse ein Speicherkraftwerk ersten
Ranges geschaffen. Es hat bis heute seine Aufgabe
erfüllt, Kraftstrom zu erzeugen, zu liefern und rentabel
zu arbeiten. Aus der historischen Entwicklung betrach-
tet, wurde hier zum ersten Mal ein Speicher-Kraftwerk im
großen Stil errichtet, wurde hier der erste Schritt zu den
Kraftwerken großen Ausmaßes getan und der Schritt zur
Versorgung ganzer Länder oder weiter Landesteile. Der
Gedanke des Stromverbundes wurde von Oskar von Mil-
ler mit der Begründung des ‹Bayernwerks› getätigt...»
Ähnlich wie in Bayern plante man auch in Baden sehr
früh, die Wasserkräfte vor allem des Hochrheins aus-
zunutzen. Erklärtes Ziel war auch hier, Elektrizität für
die staatliche Eisenbahn zu erzeugen. Die Wiesen-
und Wehratalbahn Basel-Schopfheim-Säckingen war ab
1906 als Versuchsstrecke ausgebaut worden, die Ener-
gieversorgung erfolgte aus dem Wasserkraftwerk Why-
len. Dieses am Hochrhein gelegene Werk ist insofern
interessant, als es ein mit der Schweiz gemeinsam
errichtetes Stauwehr nutzt, am Schweizer Ufer liegt
das bauähnliche Kraftwerk Augst. In Wyhlen wurden
keine speziellen Bahnstromerzeugermaschinen aufge-
stellt. sondern Drehstrom erzeugt, der mit einer Ober-
landleitung nach Basel geführt wurde und dort mit
Umformern in Einphasen-Wechselstrom umgewandelt
wurde.
Nach dem Ersten Weltkrieg errichteten die Baden-
werke dann ein weitverzweigtes System von Staubek-
ken und Wasserkraftwerken im Schwarzwald, das des-
sen Wasservorkommen optimal ausnutzte. Alle diese
Werke sind wie das Kraftwerk Wyhlen noch in Betrieb,
die technischen Ausstattungen aber teilweise erneuert.
Die ersten Bahnstromkraftwerke aus der Zeit vor
dem Ersten Weltkrieg sind hier deshalb ausführlicher
beschrieben, weil sie unter sehr unterschiedlichen Be-
dingungen entstanden sind. Waren die thermischen und
die Wasserkraftwerke zunächst speziell für den Bahn-
betrieb als Großverbraucher ausgelegt, so zeigt sich
schon besonders bei den Wasserkraftwerken in Bayern
und Baden ein zunehmend größerer Anteil der Stromer-
zeugung für die öffentliche Versorgung. Einzelne Bahn-
kraftwerke für die zunächst nur lokale Versorgung
isolierter elektrifizierter Eisenbahnnetze wurden durch
die Entwicklung des Überland-Stromnetzes überholt,
dezentrale Speisung war durch Umformeranlagen fast
überall möglich.
Mit den verschiedenen Werken in den deutschen
Ländern aus der Anfangszeit der Elektrifizierung hatte die
Deutsche-Reichsbahn-Gesellschaft bei ihrer Gründung
1920 auch einen Erfahrungsschatz unterschiedlichster
technischer und wirtschaftlicher Ansätze zur Bahnstrom-
erzeugung übernommen: In Preußen setzte man offen-
sichtlich auf bahneigene, also auch voll unter deren
Kontrolle stehende zentrale Kraftwerke, in Bayern und
Baden dagegen auf die Stromerzeugung im staatlichen
Monopol, bei der die Bahnstromerzeugung durch eigene
Generatorensätze oder Umformer abgesichert wurde.
Wegen der hohen Investitionskosten für Großkraftwerke,
die von der DRG allein nicht zu tragen waren, setzte
sich bald die zweite Variante durch, die so auch heute
noch von der Bahn AG betrieben bzw. ausgebaut wird,
also die dezentrale Versorgung, die in der modernsten
Ausführung mit statischen Umformern arbeitet.
Betrachtet man den Bestand an historischen Bahn-
kraftwerken, so ist neben den teils modernisierten süd-
deutschen Wasserkraftwerken von den thermischen
Kraftwerken nur Muldenstein erhalten geblieben. Mit
seiner weitgehend originalen Gebäudesubstanz und der
auch schon historisch zu nennenden maschinellen Aus-
stattung ist es damit das letzte Denkmal der Bahnstrom-
erzeugung auf Kohlebasis aus der Anfangszeit des elek-
trischen Zugbetriebes.
Vergleich mit anderen Braunkohlekraftwerken in
Sachsen-Anhalt
Im heutigen Bundesland Sachsen-Anhalt sind auf der
Grundlage der reichen Braunkohlevorkommen seit der
Rolf Höhmann
Bahnkraftwerk Muldenstein
k
2/2002 - 4Page 5
letzten Jahrhundertwende zahlreiche Kraftwerke errich-
tet worden. Vier dieser Werke sind dem Typus des
Großkraftwerkes zuzuordnen. Sie sind in der Literatur
schon ausführlich beschrieben worden, so dass hier auf
eine detaillierte Beschreibung verzichtet werden kann.
In der Reihenfolge ihrer Entstehung sind dies: Mul-
denstein ab 1910, Bitterfeld KW Süd ab 1910, Zschor-
newitz ab 1915, Vockerode ab 1937.
Von diesen vier Kraftwerken ist nur noch Mulden-
stein annähernd vollständig erhalten, die übrigen wer-
den auch offiziell nur noch als «Fragmente» angesehen.
Das Kraftwerk Bitterfeld-Süd wurde vor dem Ersten
Weltkrieg als Industriekraftwerk begonnen. Es diente
dem Energiebedarf der sich entwickelnden Chemischen
Industrie, insbesondere der Chlorchemie, und im Ersten
Weltkrieg dann auch für die Aluminiumproduktion. Das
Werk wurde kontinuierlich erweitert. Es war inmitten
des Werksgeländes gelegen, erst die nach der Wende
durchgeführten weiträumigen Flächenabbrüche der
umgebenden Fabrikbebauung lassen nun den Blick auf
die «Torbogenstraße» genannten Reste der Maschinen-
halle zu.
Auch das Kraftwerk Zschornewitz von 1915 ist nur in
einem kleinen Teil erhalten: Von der langen Maschinen-
hausfront ist noch ein Rudiment vorhanden, die dazu
im rechten Winkel angeordneten Kesselhäuser sind erst
1996 vollständig abgerissen worden, vom Eigentümer
euphemistisch als «Rückbau auf den Kern von 1915»
und «Sanierung» beschrieben. Auch wenn «Fragmente
der Stahlständer die ehemalige Wachstumsrichtung der
nur noch rudimentär erhaltenen Maschinenhalle» ange-
ben, können die verbliebenen Bauten wohl kaum noch
den Eindruck eines Großkraftwerkes vermitteln.
Das zwischen 1937 und 1940 entstandene Groß-
kraftwerk Vockerode stellte in gewisser Weise den
Endpunkt in der Entwicklung der Kraftwerke nach
den von Klingenberg aufgestellten Prinzipien dar. Die
schon gleichzeitig erbauten «kriegstauglichen Kraft-
werke» erhielten aus Luftschutzgründen aufgeteiltere
Baublöcke. Auch dieses Kraftwerk wurde nach dem
Zweiten Weltkrieg demontiert, dann ab 1952 mit neuen
Maschinenanlagen wieder aufgebaut als erstes «neues»
Kraftwerk der DDR, in gewisser Weise also vergleichbar
mit Muldenstein. Ebenfalls 1994 stillgelegt, sind Teile der
Anlagen und Gebäude abgerissen worden. Spektakulär
war die Sprengung der landschaftsprägenden Schorn-
steine im Jahr 2001.
Mit dem Bahnkraftwerk Muldenstein ist damit nur eines
– leider auch das kleinste – der mitteldeutschen Braun-
kohlenkraftwerke vollständig erhalten. Seine Anlagen
aus der ersten Modernisierungsstufe von 1937 sind nun
auch schon historisch zu nennen. Außer in einigen erhal-
tenen Einzelanlagen ist diese Technologie in anderen
Kraftwerken nicht mehr zu finden.
Im Vergleich Sachsen-Anhalts ergeben sich für Mul-
denstein also folgende Wertungen: ältestes Großkraft-
werk (1911), älteste technische Ausstattung (1937), voll-
ständig erhalten.
Besonderheiten der politischen Geschichte des
Werkes in der Frühzeit der DDR
Das Ende des Zweiten Weltkrieges hatte das Kraftwerk
mit geringen Panzer- und Artillerieschäden relativ gut
überstanden. Es ging am 23. April 1945 außer Betrieb
und wurde am folgenden Tag von US-Truppen besetzt.
Auf deren Veranlassung wurde eine der Drehstrom-
Hausmaschinen wieder in Betrieb gesetzt, um das Kraft-
werk, den Ort Muldenstein und einige weitere Gemein-
den mit Strom zu versorgen. Am 4. Mai besetzten die
sowjetischen Truppen Muldenstein, nach dem Rückzug
der Amerikaner aus Sachsen und Thüringen lag das Ver-
sorgungsgebiet des Werkes in der Sowjetisch Besetz-
ten Zone (SBZ). Am 19. Juli konnte zwischen Leipzig
über Halle und Köthen bis Sachsendorf bei Calbe wie-
der elektrisch gefahren werden, ab 6. Oktober auch bis
Magdeburg Hbf. Zum Sommer 1946 sollte der elek-
trische Betrieb in vollem Umfange wieder aufgenom-
men werden, zusätzlich war die Neuelektrifizierung der
Strecke Halle-Bitterfeld geplant.
Die Besatzungsmacht ließ sich von den Reichsbahn-
behörden ausführlich über den elektrischen Betrieb
informieren. Schon am 8. März 1946 benachrichtigte
die Sowjetische Militäradministration die Reichsbahn-
direktion Halle, dass die Anlagen und Fahrzeuge des
elektrischen Zugbetriebes «als Reparationsleistungen
in Anspruch genommen werden». Proteste seitens der
Reichsbahn blieben erfolglos, Generalmajor Kwaschnin
verlangte am 18.3.1946 den «sofortigen Abbau der elek-
trischen Strecke Magdeburg - Halle - Leipzig und zurück
sowie des BKW Muldenstein». Am 29.3.1946 wurde
dies als Befehl Nr. 95 des Obersten Chefs der SMA
bekräftigt. Der Abbau sollte bis zum 15. April beendet
und alles «sachgemäß verpackt» sein. Innerhalb dieser
Frist war an einen sachgerechten Abbau nicht zu den-
ken, tatsächlich zog sich dieser bis Ende Oktober hin.
Rolf Höhmann
Bahnkraftwerk Muldenstein
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2/2002 - 5Page 6
Viele Oberleitungsmasten wurden einfach abgetrennt,
stürzten um, die Isolatoren gingen zu Bruch, die Masten
selbst wurden geknickt, so dass viel Schrott nach Rus-
sland transportiert wurde. Betriebsfähig waren dagegen
die 163 elektrische Lokomotiven, darunter die 1945 aus
Schlesien nach Mitteldeutschland verbrachten. Zurück
blieben lediglich einige kriegszerstörte Fahrzeuge und
Material, das vor dem russischem Zugriff «gesichert»
worden war. Aus dem Kraftwerk Muldenstein wurden fünf
11,3 MW Bahnmaschinen (16 2/3 Hertz), zwei 3,2 MW-
Hausmaschinen (Drehstrom), 17 Dampfkessel, drei
Ruths-Dampfspeicher, alle Transformatoren und Schalt-
anlagen abtransportiert.
Die Stilllegung des elektrischen Zugbetriebes in Mit-
teldeutschland, noch dazu verbunden mit dem teilwei-
sen Abbau der zweiten Gleise auf Hauptstrecken, wird
heute von vielen Experten als schwerster Schlag für die
Wirtschaft und den Verkehr in der damaligen Sowje-
tisch Besetzten Zone angesehen. Gerade in der hoch-
industrialisierten Region um Bitterfeld, deren Chemiein-
dustrie noch am ehesten konkurrenzfähig war und eine
wichtige Rolle im Wiederaufbau hätte spielen können,
wurde der äußerst wirtschaftliche und leistungsfähige
elektrische Betrieb nun wieder durch Dampftraktion
ersetzt.
Interessant ist die Verwendung des Materials in
Russland: Bekannt ist lediglich, dass zu Versuchen
über geeignete Bahnstromsysteme eine ca. 350 km
lange Strecke der Kohlenbahn nach Workuta mit 15 KV
16 2/3 Hertz und deutschem Reparationsmaterial elektri-
fiziert wurde. Dazu wurden auch Strafgefangene, deut-
sche Kriegsgefangene und deutsche «Spezialisten» ein-
gesetzt. Darunter befanden sich auch Angestellte des
Kraftwerks Muldenstein, die für den «freiwilligen» Einsatz
geworben bzw. auch einfach verhaftet worden waren.
In der neu gegründeten DDR tauchte 1949 ein erstes
Projekt für eine erneute Elektrifizierung auf. Die durch
den Wismut-Uran-Bergbau erheblich belasteten Strek-
ken um Aue und Johanngeorgenstadt sollten auf sowje-
tischen Wunsch in ihrer Kapazität gesteigert werden.
Elektrische Fahrzeuge und Anlagen wären aber nur mit
technischer Hilfe aus der damaligen «Bizone», also der
späteren Bundesrepublik, zu erhalten bzw. zu reparieren
gewesen, so dass nach der Währungsreform das Pro-
jekt nicht verwirklicht werden konnte.
Im Jahr 1951 ließ die Deutsche Reichsbahn (DR) die
noch vorhandenen elektrischen Ausrüstungen sammeln
und sichern. Hintergrund war, dass weiterhin Elektrifi-
zierungen geplant waren. Der entscheidende Schritt
war das geheime Abkommen vom März 1952, in dem
die UdSSR und die DDR den Verkauf von Elektrolo-
komotiven und Kraft-werksausrüstungen vereinbarten.
Gemeint waren damit jene 1946 abtransportierten Repa-
rations- oder Abgabeleistungen, die nun «zurückgekauft»
werden durften. Die russische Seite hatte an diesen
Objekten kein Interesse mehr, da man sich inzwischen
bei Neuelektrifizierungen für die Industriefrequenz mit
50 Hertz entschieden hatte.
Bezahlt wurden die zurückkommenden Fahrzeuge
und Anlagen mit der zusätzlichen Lieferung von 355 vier-
achsigen Weitstreckenwagen für die russischen Staats-
bahnen, gebaut durch die Waggonfabrik Lindner in
Ammendorf, die als SAG-Betrieb bereits für diesen
Abnehmer gleiche Wagen als Reparationen lieferte.
Die zurückkehrenden Fahrzeuge waren meist in sehr
schlechtem Zustand, vor allem die tatsächlich in Wor-
kuta benutzten Lokomotiven der Baureihen E 44 und
E 94. Ihre Radsätze waren recht unsachgemäß auf die
russische Breitspur umgepresst worden. Dagegen war
die demontierte Ausrüstung des Kraftwerkes Mulden-
stein in gutem Zustand – nach Augenzeugenberichten
befanden sie sich noch in den Original-Kisten. Seitens
des Eisenbahnministeriums der DDR war geplant,
einen größeren Teil der Elektrolokomotiven über den
Zwischenhändler Krupp an die Deutsche Bundesbahn
(DB) zu verkaufen, um mit dem Erlös «Engpassmateri-
alien» wie Dampflokersatzteile, Oberbaumaterialien und
kupferne Fahrleitungsdrähte einzutauschen. Schließlich
wurden aber nur neun Lokomotiven an die DB verkauft,
über die eingetauschten Materialien ist nichts bekannt.
Mit dem Wiederaufbau der elektrischen Ausrüstungen,
der Reparatur der Lokomotiven und der Wiedereinrich-
tung des Bahnkraftwerkes Muldenstein war auch die
«Systemfrage» entschieden worden, d.h. für die Bahn-
elektrifizierung der Deutschen Reichsbahn der DDR
wurde weiterhin das gleiche 16 2/3 Hertz/15 kV-System
wie aus der Vereinbarung von 1912 benutzt. Die Tech-
niker der Reichsbahn hatten dies gegen politischen
Widerstand erreicht, sie legten damit den Grundstein
für die problemlose Wiedervereinigung der elektrischen
Bahnsysteme in Deutschland nach der Wende von 1989.
Ausnahmen blieben dabei lediglich der Inselbetrieb mit
50 Hertz/25 kV auf der Rübelandbahn und die Gleich-
stromnetze der S-, Vorort- und einiger Nebenbahnen.
Bei der Wiedereinrichtung des Kraftwerkes Muldenstein
wurden nur noch die neueren Anlagen der Modernisie-
rungsstufe von 1937 benutzt, die Niederdruckanlagen
mit 15 Mpa wie Kessel, Ruthsspeicher und die Turbinen
der Generatoren 1 und 2 wegen Überalterung nicht wie-
der aufgebaut. Anstelle der Turbinen traten 50 Hertz-
Generatoren, so dass Umformer entstanden.
Die Bahnstromversorgung in der DDR konnte mit
zunehmenden Ausbau der Elektrifizierung nicht allein
durch Muldenstein gesichert werden. Eine dezentrale
Versorgung aus dem 50 Hertz-Netz wurde nötig, da die
Industrie der DDR und des Ostblocks keine 16 2/3 Hertz
Ausrüstungen für Kraftwerke und für Umformer liefern
konnte. Die Umformer wurden im neutralen Ausland,
u.a. bei der österreichischen ELIN, beschafft.
Das Bahnkraftwerk Muldenstein repräsentiert in sei-
ner besonderen Geschichte nach 1945 in hervorragen-
der Weise die politischen und wirtschaftlichen Probleme
der früheren SBZ und nachmaligen DDR. Zunächst
Opfer einer unsinnigen und wirtschaftlich katastro-
phalen Demontage, dann Wiederaufbau mit teuer
zurückgekauftem Material, Überlastung durch stei-
genden Strombedarf, mangelnde Verfügbarkeit und
Zuverlässigkeit wegen Materialmangels und hohem Ver-
schleiß der überalterten Anlagen in den achtziger Jahren,
schließlich Stilllegung 1994 wegen der hohen Personal-
kosten, der Überalterung, des schlechten Wirkungsgra-
des und der Umweltbelastung zeigen leider getreulich
die Probleme, mit denen so viele technische und indu-
strielle Anlagen der ehemaligen DDR zu kämpfen hat-
ten.
Insofern ist das Bahnkraftwerk Muldenstein auch ein
Denkmal für die besondere und schwierige wirtschafts-
politische Situation der ehemaligen DDR.
Kurze Bewertung der noch vorhandenen Ausstat-
tung
Im Rahmen dieser Arbeit kann die technische Aus-
stattung des Kraftwerkes Muldenstein nicht detailliert
beschrieben werden. Für eine ausführliche Dokumen-
tation und ein Inventar des Bestandes ist angesichts
der Größe und Komplexität des Objektes ein hoher
Aufwand erforderlich. Besonders untersucht werden
müsste außerdem der Anteil der ausführenden Firma
AEG, die mit ihren Technikern und Architekten großen
Einfluss auf die technische Ausführung und die Gestal-
tung der zu dieser Zeit und später entstandenen Kraft-
werke ausübte.
Auf der Basis der schon angeführten Beschreibungen
der Modernisierung von 1937, der Wiedereinrichtung
von 1952 und der erfolgten Besichtigungen stellt
sich das Kraftwerk heute noch als selten erhaltenes,
nahezu vollständiges Objekt dar. Dazu gehören als zen-
traler Punkt die Maschinenhalle mit den Turbinen- und
Generatorsätzen von 1937, den 1952 zu Umformern
umgebauten beiden Generatoren und den Hausma-
schinen. Im Kesselhaus sind einige der Dampferzeuger
erhalten, die drei markanten Schornsteine befinden sich
noch in recht gutem Zustand. Die Schaltwarte in einem
Anbau von 1937 ist ebenfalls noch vorhanden. Über die
zahlreichen Nebenanlagen ist aus Veröffentlichungen
bekannt, dass seit 1987 u.a. Speisewasser- und
Heißdampfleitungen, Dampfsammler, Reduzierstatio-
nen, das Rohrleitungssystem der Wasseraufbereitung
und der Kran des Kohlelagers erneuert wurden.
Das erst 1994 stillgelegte Kraftwerk ist zunächst
abgeschaltet und weiter beaufsichtigt worden. Das
weiträumig umzäunte Gelände ist allerdings schwer zu
kontrollieren, die dauernde Zugangsbewachung ist zwi-
schenzeitlich aufgegeben worden. Als unvermeidbare
Folge entstehen nun verstärkt große Schäden durch
Vandalismus und, weit gravierender, durch systemati-
schen Kupferdiebstahl. Dadurch droht die bisher einma-
lige Situation des vollständig erhaltenen Werkes verlo-
ren zu gehen.
Vorschlag einer Bewertung als Denkmal unter
geschichtlichen, kulturellen, künstlerischen, wis-
senschaftlichen und technisch-wirtschaftlichen
Gesichtspunkten
Nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Sach-
sen-Anhalt vom 21. Oktober 1991 sind Kulturdenkmale
gegenständliche Zeugnisse menschlichen Lebens aus
vergangener Zeit, die im öffentlichen Interesse zu erhal-
ten sind. Öffentliches Interesse besteht, wenn diese von
besonderer geschichtlicher, kulturellen, künstlerischer,
wissenschaftlicher, kultischer, technischwirtschaftlicher
oder städtebaulicher Bedeutung sind. Das Bahnkraft-
werk Muldenstein kann mehrere dieser Bedeutungen
für sich beanspruchen. Seine besondere geschichtliche
Bedeutung liegt in seiner Funktion als Pionierbauwerk
der Bahnelektrifizierung, als ältestes erhaltenes dieser
Bauwerke, die wesentlich zur Entwicklung von Industrie,
allgemeinem Wohlstand und Fortschritt in Transport und
Verkehr beigetragen haben. Diese Bedeutung ist dabei
nicht auf das Land Sachsen-Anhalt beschränkt, son-
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dern muss für die ganze Bundesrepublik gelten, und
ebenso als ältestes Dokument der Bahnelektrifizierung
mit 16 2/3 Hertz, für Europa. Dazu gibt seine besondere
Geschichte nach 1945 Anlass, in ihm ein Dokument der
verfehlten Politik der Besatzungsmächte zu sehen.
In kulturell-künstlerischer Hinsicht ist die ausgeprägte
und anspruchsvolle Architektur dieses Industriebaues
hervorzuheben, die sowohl in den Bauten von 1910 als
auch in den späteren Ergänzungen von 1937 bei glei-
cher Materialwahl und unterschiedlichen Stilelementen
ein einheitliches Erscheinungsbild beibehielten.
Die Frage der zweckmäßigsten Bahnelektrifizierungs-
systeme beschäftigte die Techniker der Bahnverwaltun-
gen und beteiligten Firmen seit der Wende zum 20. Jahr-
hundert. Die Systeme wurden sowohl wissenschaftlich
erforscht als auch praktisch erprobt. Mit Muldenstein
wurden die wissenschaftlichen Erkenntnisse erstmals
und konsequent in großem Umfang in die Praxis umge-
setzt. Es dokumentiert damit den Einsatz der Wissen-
schaft für technische Lösungen.
Die technisch-wirtschaftliche Bedeutung der Elektri-
fizierung ist evident und bereits beschrieben worden.
Das fast achtzig Jahre lang betriebene Werk hat wesent-
liche Anteil an der Industrialisierung des Raumes um
Bitterfeld und von Mitteldeutschland. Die Wichtigkeit
des Werkes und der damit verbundenen wirtschaftlichen
Transporttechnologie wurde gerade mit der neunjährigen
Stillegung durch Demontage und Wiederaufbau nachge-
wiesen, die der DDR vielleicht entscheidende Nachteil bei
ihrer wirtschaftlichen Entwicklung einbrachte. Schließlich
kann dem Kraftwerk zwar keine städtebauliche, aber
doch eine landschaftsprägende Bedeutung zugemes-
sen werden. An der einzigen natürlichen Erhebung
gelegen, prägt es mit seinen drei Schornsteinen die
Region, als industrieller Solitär in der Landschaft über
der Mulde.
Gründe für ein öffentliches Interesse an der Erhaltung
des Werkes sind also zahlreich zu benennen. Die Versu-
che des Eigentümers, für die Gebäude eine neue Nut-
zung zu finden, werden wohl kaum erfolgreich sein, sie
wären außerdem mit dem Verlust der besonders denk-
malwerten technischen Ausstattung verbunden. Keines
der Großkraftwerke in Sachsen-Anhalt hat eine gesi-
cherte Perspektive der Erhaltung. Das Kraftwerk Mul-
denstein als einziges mit noch vollständiger Ausstat-
tung hätte besondere Erhaltungs- und Sicherungs-
bemühungen verdient.
Bibliographie
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Walter Buschmann, KohleKraftwerke, Essen 1999.
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Robin Garn (Hrsg.), Reichsbahn ohne Reich, Berlin 1996.
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Alfred Bernd Gottwaldt, 100 Jahre deutsche Elektrolokomotiven,
Stuttgart 1979.
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Graßmann, S.: Geschichte des Bahnkraftwerkes Muldenstein.
Aus: Beiträge zur Bitterfeld-Wolffener Industriegeschichte, Heft 5,
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E. Preuß, Züge unter Strom, München 1998.
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Herlind Reiß, Kraftwerk und Kolonie Zschornewitz, Dessau 1995.
Slotta1977, Technische Denkmäler
Rainer Slotta, Technische Denkmäler in der Bundesrepublik
Deutschland, Band 2, Bochum 1977.
Wechmann 1924, Zugbetrieb
Wilhelm Wechmann, Der elektrische Zugbetrieb der Deutschen
Reichsbahn, Berlin 1924.
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Bahnkraftwerk Muldenstein
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Zusammenfassung
Neben den bekannteren Kraftwerken in Zschornewitz
und Vockerode existiert in Sachsen-Anhalt noch ein wei-
teres bedeutendes Braunkohle-Kraftwerk, das beson-
ders für die Entwicklung der Eisenbahn-Elektrifizierung
wichtig war. Nach den Teilabbrüchen und der vor kur-
zem erfolgten Sprengung der Vockeroder Schornsteine
bietet Muldenstein nun die letzte Chance, ein noch weit-
gehend vollständiges Kraftwerk zu erhalten. Der nach-
folgende Text ist Teil eines im Dezember 2000 erstellten
denkmalpflegerischen Gutachtens, das insbesondere
die Zusammenhänge der Entstehung und die interes-
sante Geschichte dieses Kraftwerkes bewertet.
Das Kraftwerk wird so in einen Zusammenhang
gestellt, der vor allem seine Bedeutung als Zeugnis einer
beginnenden wirtschaftlichen und politischen Macht-
konzentration vorgestellt, welche bis heute den großen
Energiekonzernen eigen ist.
Nachgezeichnet wird die den bestehenden Gebäuden
eingeschriebene Geschichte des Muldensteiner Bahn-
kraftwerks vom innovativen Anfang über die sinnlose
Teildekonstruktion nach 1945 bis hin zum vorschreiten-
den Verfall in den letzten Jahren der DDR.
Autor
Dipl.-lng. Rolf Höhmann, geb. 1950, Studium der
Architektur und des Städtebaus an der TH Darm-
stadt, Forschungsprojekt «Frühe Industriebauten im
Rhein-Main-Gebiet» am Lehrstuhl von Prof. Beh-
nisch in Darmstadt, seit 1990 freies «Büro für
Industriearchäologie» zur Dokumentation, Untersu-
chung, Bewertung, Instandsetzung und Nutzungs-
konzeptionen für Technische Denkmale, insbeson-
dere der Eisenbahnen und der Großanlagen der
Eisen- und Stahlindustrie.
Titel
Rolf Höhmann, «Bahnkraftwerk Muldenstein», in:
kunsttexte.de, Nr. 2, 2002 (9 Seiten), www.kunsttexte.de.
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Ja das ist leider der Lauf der Dinge...mit der Meinung stehst du nicht alleine.
Nur die entscheidende Frage ist wie immer wer soll das bezahlen...
Würde zich hunderttausende bis Millionen kosten den Bau dauerhaft zu erhalten,wenn keine Nutzungsmöglichkeit in Sicht ist die das Geld wieder reinbringt dann sieht´s düster aus.
Ja das stimmt schon. Im Elsass haben sie die ganzen Kaliminen abgerissen...aber wenigstens eine, den Rudolph, stehenlassen und dieser fungiert jetzt als Eco Musee.
Es kann auch funktionieren;-)
Es ist wirklich ein Elend, was mit der Industriellen Geschichte dieses Landes gemacht wird. Da wird einfach ruckzuck ein so bedeutender Industriekomplex geschleift, ohne dass man sich Gedanken um eine mögliche Zukunft macht. Andererseits werden kleinste Fachwerkhäuser mit enormen Aufwand zu erhalten versucht, und hier wird ein Stück Industriegeschichte ohne Wort platt gemacht. Ich will damit die historischen Werte von Fachwerkhäusern nicht in Frage stellen, aber höhere Instanzen sollten sich mal fragen, ob es nicht auch anderes Erhaltenswertes gibt. Die Geschichte eines Landes wird nicht allein an Häusern aus dem 17. Jahrhundert deutlich.
.....Da wird einfach ruckzuck ein so bedeutender Industriekomplex geschleift, ohne dass man sich Gedanken um eine mögliche Zukunft macht. .....
Vermutlich beruht diese Entscheidung auf einer Betrachtung der nötigen Kosten, die bei der Erfüllung der gesetzlichen Auflagen anfallen, und den möglichen Gefahren, die bei einer Erhaltung dieses Objektes entstehen.
z.B. liegt im Trümmerschatten der 3 Schornsteine und des Silo-Gebäudes eine Bahntrasse, die auch für den ICE-Verkehr genutzt wird.
Ich finde diese Vorgehensweise auch sehr bedauerlich; von den Entscheidern sachlich und wirtschaftlich betrachtet wird dies wohl eine sinnvolle Maßnahme sein.
die Bilder sind ja der Hammer. Was mich nur wundert besser gesagt erstaunt hat, war das die Anlagen/Generatoren von der Firma AEG stammen. Ich war immer der Meinung, das sich das DDR-Regime nichts vom "Klassenfeind" haben wollte. Und siehe da, es wurden doch Anlagen aus dem "bösen Westen" eingesetzt.
Fand ich jetzt beim Durschauen ein wenig komisch. (Ich möchte hier keine Diskussion Ost vs. West starten => bitte nicht falsch verstehen).
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