Leichenfund in Frielingen

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  • dragon_66
    Heerführer


    • 07.09.2005
    • 1642
    • Duisburg

    #16
    In früheren Kulturen hätte man gesagt: "Leben + Tod = Dasein". Leider hat unsere Zeit ein seeeeeeeeeehr gespaltenes bzw. abstoßendes Verhältnis zum Tod.

    Ein Beispiel: Unser "Knochenmann" im Bio-Saal war noch echt. Also kein Plastik. Auf unsere kindlich naive Frage: "Woher, wer war ?", hieß es nur lapidar: "Ein Inder". UUUUps

    Oder folgendes: Klassenreise zum 4-waldstätter-See. Besuch im Beinhaus. Hinterher: "Hätte gerne einen Schädel mitgenommen". Lehrerin: "Kannst Du nicht - darst Du nicht !!!!". Anwesender Totengräber: "Hättet Ihr mal gemacht, dann hätt`ich Platz für neue".

    Was lernte ich daraus: "Knochen haben keinen Namen" und "Gräber sind für die Hinterbliebenden geschaffen". Man muss ja schließlich irgendwo hin.

    Doch wie sagte Till Eulenspiegel: Was ist der Unterschied zwischen TAUFE und BEERDIGUNG ? Auf einer Taufe lachen 99 und einer weint. Auf einer Beerdigung ist es umgekehrt.

    Oder in Ostfriesland: "Auf ´ner Beerdigung ist einer weniger, der hinterher besoffen ist".

    Selbst bei Hamlet wird noch der reale Bezug zum Tod beschrieben: "<sinngemäß> ist das der Schädel, der Yoriks Lippen trug, an denen ich einst hing ?". 17.Jhdrt. Da war die öffentlich Hinrichtung noch Alltag.

    Aber eigentlich wollte ich sagen: man hätte den Kindern auch erzählen dürfen, daß dieses Knochen sind. Den Kindern den Tod nicht als TABU hinstellen. Spätestens wenn das Kaninchen stirbt, wissen Kinder, daß es auch ein Weggehen gibt. Und spätestens DANN, sollten die Eltern dasein.
    Grüße aus dem POTT
    Glückauf - der Andre

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    • sled
      Landesfürst


      • 05.06.2005
      • 753
      • Zürich / NRW
      • Cibola, ACE250

      #17
      Jup bei uns in der Schule is das Skelett auch noch echt. Auf die Frage wer das war, kam die Antwort: Ein ehemaliger Bio-Lehrer von der Schule und dann kam raus dass jeder der Bio-Lehrer an unserer Schule wird etwas nach seinem Abbleben "spenden" muss.

      Dann durften wir mal in unser Bio Sammelsorium, Elefantenschädel vom Zoo, eingelegte Kobras von 1930, ausgestopfte Affen aus den 30er usw.

      Kommentar

      • Drusus
        Heerführer


        • 31.08.2005
        • 3464
        • München, Bayern
        • Goldmaxx, was sonst?? ;)

        #18
        Hallo Allesamt,

        also ich finde diese "Entsorgungs-Methode" auch etwas seltsam - aus einem anderen Grund. Angenommen, die sterblichen Überreste werden z.B. erst in einem Jahr gefunden und keiner weis mehr, wie sie dahin kamen, dann muss doch sicher erst einmal die Mordkommission aktiv werden und heraus finden, ob hier evtl. ein Verbrechen stattgefunden hat. Und das geht dann wieder auf meine Steuergelder, was ich nicht gutheißen kann!

        Viele Grüße,
        Günter
        Quis custodiet ipsos custodes?

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        • Phobos
          Heerführer


          • 04.06.2005
          • 1290
          • Magdeburg
          • F2

          #19
          Knochenreste

          Eigentlich sollte das doch regelbar sein. Wenn ich auf einem Friedhof Platz mache oder woanders einen ehem. Friedhof finde (bzw. Begräbnisstätte), dann sollte es doch einen Platz geben wo diese Reste zumindest wieder eingegraben werden. Das schulde ich den Toten. Sollte jemand Knochen sammeln, naja, seine Sache solange er sie nicht aus einem Grab klaut, eher makaber. Sobald es aber offiziell wird sollten Gemeinden oder Städte doch einen Platz übrig haben.
          Man stelle sich vor nach 20 Jahren kommt ein Kleintransporter der Stadt und knallt mir einen Haufen Knochen vor die Tür...."Sehen sie mal zu wie sie ihren Verwanden hier wieder wegkriegen", oder so ähnlich...

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          • kapl
            Landesfürst

            • 30.08.2002
            • 719
            • NRW. Ruhrstadt Essen. Kulturhaupstadt 2010

            #20
            Habe gerade zufällig diese Rezension bekommen, passt irgendwie...

            Fischer, Norbert; Herzog, Markwart (Hrsg.): Nekropolis. Der Friedhof als
            Ort der Toten und der Lebenden (= Irseer Dialoge: Kultur und
            Wissenschaft interdisziplinär, 10). Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag
            2005. ISBN 3-17-018508-X; 277 S., 76 s/w Abb.; EUR 20,00.

            Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
            Marie-Elisabeth Hilger, Historisches Seminar, Universität Hamburg


            Dem Anspruch der Reihe entsprechend ist hier eine Veröffentlichung
            anzuzeigen, deren Beiträge interdisziplinärer Zusammenarbeit
            entspringen. 15 Autoren und Autorinnen, VertreterInnen der
            Kulturwissenschaften und Kulturanthropologie, der Religionsphilosophie,
            der Volkskunde, der Kunst- und Sozialgeschichte und der Landespflege
            haben sich einer Thematik gewidmet, die kaum einen unberührt lassen
            kann, der Bezüge zu Tod und Friedhof hat. Schon wer die 13 Abhandlungen
            zu den größeren Bereichen „Wegmarken und Wendepunkte“, „Außenseiter und
            Ausgegrenzte“, „Aufbrüche ins 21.Jahrhundert“, ergänzt durch einen
            einleitenden Abschnitt und einen „Epilog“, und insbesondere dann die
            Themen und deren Untergliederung studiert, wird gewahr, wie reichhaltig
            und bunt der Zugang zum Phänomen Friedhof ist, zumal wenn er wie hier in
            fast jedem Aufsatz mit zahlreichen Abbildungen veranschaulicht wird.

            Die knappe Einführung durch die beiden Herausgeber u.d.T. „Diskurse über
            Tod, Trauer und Erinnerung. Zur Kulturgeschichte der Friedhöfe“ gibt
            zunächst einen vorzüglichen Überblick über die vielfältigen und
            anschließend gesondert erörterten Aspekte der Annäherung an
            Friedhofsentwicklungen und mögliche Trends bis zum grundlegenden Wandel
            der Bestattungs- und Erinnerungskultur hin zu neuen virtuellen
            Gedenkorten. In den einzelnen Beiträgen wird als Erstes (durch Reiner
            Sörries) der mittelalterliche Friedhof, den man sich - wenig romantisch
            - „als wüsten Acker mit Massengräbern oder kreuz und queer angelegten
            Grabgruben vorstellen muß“(S.26), mit dem sich über Jahrhunderte
            hinziehende Prozess seiner Auslagerung vor die Tore der Stadt und des
            Übergangs der Verantwortung für ihn von der Kirche zu den Kommunen
            nachgezeichnet. Es folgt ein Beitrag „Tod ist nicht Tod – ist nur
            Veredelung sterblicher Natur“ (Barbara Happe) über die tiefen Umbrüche
            im 18. und 19. Jahrhundert, denen vor allem die Verbreitung hygienischer
            Vorstellungen als qualitativ neuer Aspekt zugrunde liegt.
            „Ästhetisierung der Friedhöfe“ (Barbara Leisner) verfolgt französische
            und insbesondere amerikanische Parkfriedhofsbewegungen des frühen 19.
            Jahrhunderts als Vorläufer der dann in der 2.Hälfte des Jahrhunderts
            landschaftsgärtnerisch durchgestalteten deutschen Friedhöfe u.a. von
            Kiel, Bremen und Hamburg. Einen neuen Gesichtspunkt bringt
            „Privatfriedhöfe und Mausoleen“ (Michaela Henning), nämlich die
            Behandlung privilegierter Bestattungsformen beispielhaft an
            Schleswig-Holstein und Hamburg veranschaulicht.

            Der nächste Aufsatz „Soldatenfriedhöfe“ (Helmut Schoenfeld) widmet sich
            hauptsächlich der Frage, ob die Friedhofsreform des 20. Jahrhunderts
            durch die Anlage von Soldatenfriedhöfen des 1.Weltkrieges in der
            Typisierung, Ästhetisierung und Rationalisierung beeinflusst worden ist.
            Ein berührender, mit vielen Beispielen gespickter Abschnitt handelt „Von
            ‚Schinderkuhlen` und ‚Elendenecken`“ (Sylvina Zander), d.h. von den
            vielfachen Ein- und Ausgrenzungen, die qua Vorstellung von
            „Unehrlichkeit“ und auch Magie das Begräbniswesen in seinen Formen und
            Vollzügen über Jahrhunderte regional sehr unterschiedlich und abhängig
            von jeweiligen Machtgegebenheiten bestimmt haben. Ein bis heute
            fortbestehendes Problemfeld wird in „Friedhöfe eines ‚unzeitigen’ Todes“
            (Michael Prosser) bearbeitet. Dabei geht es anhand textlicher und
            örtlicher Beispiele um das Bestattungsverfahren, „wenn Geburt und Tod,
            Eintritt und Verlassen der Welt zusammenfallen“ (S.127), also um die
            Bestattung von ungetauften Kindern. Aufschlussreich ist der Verweis auf
            den deutlichen Wandel des Umgangs mit Toten an der Nordseeküste in „Tod
            am Meer“ (Norbert Fischer). Der nachlässige Umgang mit Strandleichen und
            Schiffbrüchen änderte sich spätestens dann, als die Autonomie der
            Küstengebiete eingeschränkt wurde und sich die Einstellung der
            Öffentlichkeit vermittelt über neues Naturverständnis, den
            Fremdenverkehr und durch die Entwicklung einer regionalen Identität an
            der Küste durch Rückgriff auf den Mythos vom bedrohlichen Meer wandelte.
            Am Beispiel einer portugiesischen Region werden „Ausgrenzungen –
            Eingrenzungen“ (Dorle Dracklé) behandelt, deren Besonderheit nicht nur
            in der Form der Grabmäler, sondern auch in der sich erst heutzutage
            abmildernden sozialen Differenzierung bei der Lage der Gräber sich
            niederschlägt. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die meisten
            Menschen namenlos in Knochengrüften in der Kirche selbst oder nahebei
            bestattet. Die Anlage von Friedhöfen und überdauernden Gräbern sowie die
            Bestattung in Särgen stieß bis zur Revolution von 1974 auf Ablehnung.
            Dracklé behandelt verschiedene ältere und neuere Beisetzungsformen, z.B.
            heutzutage in Gräbern mit Grabsteinen oder in Grabmonumenten der reichen
            Oberschicht. Ihre These ist: „Die neueingerichteten Friedhöfe haben sich
            nie zu einem Ort der Trauer und des Todesgedenkens entwickelt, denn ein
            Großteil der Grabmale war nicht von Dauer.“(S.175).

            Das 20. Jahrhundert brachte neue Bestattungsformen hervor. Ein Bereich
            wird in „Trauer- und Bestattungsrituale der Fußballvereinskultur“
            (Markwart Herzog) behandelt. Hier wird die erstaunlich ausdifferenzierte
            Erinnerungskultur an verschiedenen Vereinsbeispielen (Kaiserslautern
            etwa) mit ihrem Reliquienkult und Begräbnis in Stadien bzw. auf
            Aschestreufeldern und in mit Clubinsignien ausgeschmückten Särgen
            dargelegt. Zugleich weist der Autor auf viele offene Forschungsfragen
            hin. Einen weiteren neuen Bereich machen die Kreuze an
            Straßenunfallstellen aus. Unter „Kreuze am Straßenrand“ (Andrea Gerdau)
            wird diese junge Form der Trauer und Erinnerung schwerpunktmäßig anhand
            amerikanischer Entwicklungen erörtert und gezeigt, welcher politischen
            Instrumentalisierung sie unterliegen kann. Eine für die meisten Leser
            und Leserinnen wohl neue Thematik erschließt sich in „Nur Vergessene
            sind wirklich tot“ (Ira Spieker/ Gudrun Schwibbe). Sie umfasst die
            Bedeutung von virtuellen Friedhöfen für die Bewertung von Diesseits und
            Jenseits, für den Umgang mit Realität und Virtualität und für die
            Veränderungen von Kommunikationsgewohnheiten sowie für die
            Individualitätsdarstellung des Verstorbenen, für Konstruktion und
            Rekonstruktion des Lebens. Der Wunsch, auch eigene Trauerbewältigung zu
            artikulieren, zeigt sich bei einer virtuellen Grabstätte in der
            Möglichkeit der jederzeitigen Modifizierung. Gestalter des Memorials wie
            Besucher, auch „Gäste“ können sich auf dem virtuellen Friedhof treffen
            und damit neue Kontaktformen nutzen, die inzwischen schon zu
            Zusammenschlüssen von Interessengemeinschaften und Netzwerken und selbst
            zur Nutzung durch die Kirchen geführt haben.

            Anschließend geht es bei „Tendenzen zur Entwicklung von
            Beisetzungsräumen der Zukunft“(Gerhard R. Richter) um heutige
            Bestattungsformen aufgrund sich verändernder Todesvorstellungen. Richter
            plädiert dafür, dass die Träger und Verwaltungen von Friedhöfen diesen
            Rechnung tragen und vermehrt alternative Formen aufgreifen sollten.
            Gefragt sei zukünftig eine vermehrte Vielfalt an Beisetzungsformen z.B.
            in Gemeinschaftsgrabstätten, Grabfeldern oder auch bei Urnenbestattungen
            und Aschenbeisetzungen auf Streuwiesen etwa. Die größere Anzahl an
            Menschen anderer Kulturkreise werde den „Friedhof der Zukunft“ zum
            multikulturellen, multiethnischen Ort der Beisetzung werden lassen.
            Dieser Beitrag verdeutlicht ein gewisses Manko des vorliegenden Bandes -
            trotz seiner schon ungeheuer großen Themenvielfalt: moderne Grabanlagen
            von Muslimen oder Sinti und Roma beispielsweise werden nicht
            berücksichtigt, und auch nicht Friedhöfe bestimmter Glaubensrichtungen,
            jüdische Friedhöfe etwa. Nicht zuletzt daran ist abzulesen, dass das
            Friedhofsthema auch mit dieser Veröffentlichung keineswegs erschöpft
            ist. Das macht noch der abschließende Essay „Friedhof Europa“ von Karl
            Schlögel besonders eindruckvoll deutlich. In ihm geht es um das Signum
            des 20. Jahrhunderts, nämlich das Massensterben und die Massengräber,
            bzw. das „Luftgrab“. Schlögel behandelt Grabstätten als Bezüge zwischen
            Lebenden und Toten, die einschließlich ihres Zustandes der Pflege oder
            Vernachlässigung zu den Charakteristika einer Kultur gehören. Ihre
            Zerstörung oder ihr Verschwinden verweist vielfach auf territoriale
            Verschiebungen und untergegangene Kulturgruppen, ist Zeichen ethnischer
            Säuberung oder politischer Rache. Aber auch ihr Ausbau und die große
            Inszenierung staatlichen Todes etwa oder die Formen der Nekropolen sind
            Ausdruck kultureller Leistungen, denen man sich unter vielen
            verschiedenen Aspekten nähern kann. Schlögel thematisiert –
            beeindruckend und bedrückend – Friedhöfe vor allem auch als Abbilder
            historischer Turbulenzen, weist zugleich allerdings neue friedliche,
            zukunftsweisende Umgangsformen der Lebenden mit ihren Toten in Europa
            auf.

            Mit der obigen Aufzählung einiger Inhalte sollte betont werden, dass
            jeder Aufsatz dieses Sammelbandes lesenswert ist. Es liegt mit ihm eine
            Veröffentlichung vor, die ohne Zweifel als ein Standardwerk der Sozial-
            und Kulturgeschichte des Todes und von Friedhöfen anzusehen ist, in
            welchem sich die Zeit vom Mittelalter bis zur jüngsten Entwicklung
            spiegelt. Die Lektüre könnte nicht informativer und reizvoller sein!
            (vorerst) nur noch lesend. Schreibend? Woanders! Wo? pn!

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            • Immelmann
              Heerführer


              • 23.12.2004
              • 5638
              • Hessen

              #21
              @kapl: deine langen beiträge faszinieren mich immer wieder.

              gruß nico
              Meine Rechtschreibfehler sind mein Eigentum, unanfechtbar, natürlich immer gewollt, und einfach knorke
              "Semper Fi - you rat, you fry!"

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