Fund vom 6.5.08 (ENIGMA?)

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  • Steinzeug
    Ratsherr


    • 21.07.2006
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    • keiner

    #76
    Enigmafund

    Hi EMMES,

    herzlichen Glückwunsch zu diesem Fund!

    Das es ne ENIGMA ist wurde ja schon bestätigt.

    Die meisten hätten den Fund wohl liegengelassen, weil kein HK drauf ist

    Zum Fund selber(wobei ich kein ENIGMA-Experte bin!):

    Ich halte das Fundstück für eine ENIGMA I mit 3 Walzen, wie sie ab 1930 zur Verfügung stand. Ab 1934 wurde die ENIGMA I bei Heer und Luftwaffe Standart. Bei Deinem Fundstück ist die „Umkehrwalze B“ noch eingebaut(Bild 4), d.h. für mich, Dein Fundstück entspricht dem Entwicklungsstand von 1937, denn ab da wurde die „Umkehrwalze B“ verwendet. Die Umkehrwalze wird übrigens bei der Anzahl der Walzen nicht mitgezählt! 3 Walzen mussten in die Enigma eingesetzt werden, 5 verschiedene standen zur Verfügung. Beim Heer wurde allerdings die Verwendung der Walzen IV und V erst 1938 bzw. 1939 erlaubt. (Quelle siehe unten)

    Die bei Deinem Fund noch vorhandene „Umkehrwalze B“ erlaubte den Einsatz des Gerätes zum Ver- und Entschlüsseln ohne Änderung der Einstellungen. Allerdings stellte die Umkehrwalze auch den größten Schwachpunkt der Konstruktion dar und lieferte den technischen Ansatz zum „knacken“ des Verfahrens. Unter anderem verhindert die Umkehrwalze, dass ein Buchtabe mit sich selbst verschlüsselt wird, also ein A wird nie als A verschlüsselt, ein B nie als B usw.. So weiß man bei Vorlage des verschlüsselten Textes schon mal welcher Klartext-Buchstabe es auf keinen Fall sein kann und genau da setzten die Polen und später die Engländer an.(Quelle siehe unten)

    Irgendjemand hat nach der Entwicklungsgeschichte gefragt. Im Netz und in gedruckter Form gibt es dazu zahlreiche Infos verschiedener Qualität.


    Für Leute mit wenig Zeit hab ich mal das wichtigste versucht zusammenzufassen(Quellen siehe unten):

    Ein paar Zähne muß ich dem ein oder anderen gleich ziehen: Die ENIGMA ist zwar ein deutsches Produkt, aber keineswegs eine rein deutsche Erfindung! Und als „hochtechnologisierteste Maschine der damaligen Zeit“ würd ich die ENIGMA auch nicht bezeichnen(sorry gerohoschi!), sie entsprach den mechanischen und elektrischen Möglichkeiten des Jahres 1917. Zukunftsweisender waren da schon die „Rechenmaschinen“ der Polen und Engländer die zum „knacken“ der ENIGMA gebaut wurden, zumindest meiner Meinung nach. Auch war die ENIGMA nicht unentschlüsselbar wie manche immer noch behaupten. Und ultrageheim war die ENIGMA auch nicht, spätestens ab 1927 war die Konstruktion im Ausland bekannt.

    Aber der Reihe nach,

    Julius Cäsar wird die erste Verschlüsselung mittels verschobenem Alphabet zugeschrieben( jeweils um 3 Buchstaben)

    1466 wird die sog. Alberti-Scheibe zum Verschlüsseln entwickelt, damit kann bereits jeder Buchstabe mit einer anderen Einstellung verschlüsselt werden

    1786 gibt es den ersten Chiffrier-Zylinder, er verfügt bereits für jeden Buchstaben über ein eigenes Alphabet zum Verschlüsseln

    1915 soll die niederländische Marine bereits mit einer von den Marineoffizieren van Hengel und Spengler entwickelten Rotormaschine(auch die ENIGMA ist eine Rotormaschine) Nachrichten verschlüsselt haben

    1917 entwickelt Edward Hugh Hebern(USA) eine Rotationsmaschine zum Verschlüsseln(sie verfügt bereits über ein Lampenfeld zur Anzeige der verschlüsselten Buchstaben wie später die ENIGMA), die US-Marine ist nur mäßig interessiert

    1918 meldet Artur Scherbius(Deutschland, späterer Konstrukteur der ENIGMA) eine Rotationsmaschine zur Verschlüsselung zum Patent an

    1919 melden Hugo A. Koch(Niederlande) und Arvid Gerhard Damm(Schweden) jeweils eine Rotationsmaschine zur Verschlüsselung als Patent an

    1923 kommt die erste, ENIGMA A genannte Rotationsmaschine von Artur Scherbius auf den (nicht militärischen) Markt, sie verfügt über 4 Rotorwalzen, die verschlüsselten Buchstaben werden wie bei einer mechanischen Schreibmaschine auf Papier gedruckt

    1924 folgt die ENIGMA B, die verschlüsselten Buchstaben werden wie bei der Hebernmaschine 1917 mittels Lampenfeld angezeigt

    1926 folgt die ENIGMA C, mit 3 Rotorwalzen und einer Umkehrwalze, die Ver- und Entschlüsselung ist jetzt ohne Umstellung an der Maschine möglich

    1926 ENIGMA C(mod.), überarbeitete Tastatur und andere Verdrahtung der Walzen, wird als „Funkschlüssel C“ bei der Marine eingeführt

    1926 Zählwerks-ENIGMA, mit Buchstabenzähler und der Möglichkeit bei Tippfehlern die Maschine mittels Kurbel zurückzusetzen

    1927 ENIGMA D, erstes Modell mit austauschbaren Walzen, erfolgreichstes nicht militärisches Modell, zahlreiche ausländische Nachrichtendienste erwerben Exemplare, erste Nachbauten entstehen, das Konstruktionsprinzip wird allgemein bekannt!

    1927 bis 1929 ENIGMA E,F,G,H, G und H werden vom Militär getestet

    1929 Der Konstrukteur der ENIGMA stirbt bei einem Unfall

    1930 Die militärische Variante der ENIGMA G wird als ENIGMA I bezeichnet, sie verfügt über eine feststehende Umkehrwalze

    1932 ENIGMA II verfügt über einen Drucker, wird aber kaum eingesetzt

    1933 knacken polnische Mathematiker die Verschlüsselung der ENIGMA I, die täglich geänderten Einstellungen an der ENIGMA I relativieren den Erfolg aber

    1934 Die ENIGMA I wird zum Standardmodell bei Heer und Luftwaffe, Einführung der „Umkehrwalze A“, diese kann von Hand verstellt werden, 3
    Rotationswalzen müssen eingesetzt werden, 5 verschiedene Rotationswalzen stehen zur Verfügung, allerdings dürfen beim Heer nur die Walzen I,II und III verwendet werden.

    1934 ENIGMA M 1 nennt sich die bei der Marine eingeführte Version, diese arbeitet ebenfalls mit 3 Rotationswalzen, allerdings stehen der Marine 6 verschiedene Walzen zur Verfügung

    1936 Abwehr-ENIGMA, baugleich mit der Zählwerks-ENIGMA, aber mit rotierender Umkehrwalze, die Rotationswalzen werden neu verdrahtet damit andere Einheiten die Nachrichten der Abwehr nicht entschlüsseln können

    1937 Die polnischen Spezialisten benötigen mit Hilfe einer eigens konstruierten mechanischen Rechenmaschine(Cyclometer) nur noch ca. 20 min um die ENIGMA-Einstellungen des Tages zu knacken

    1937 ENIGMA I wird auf die „Umkehrwalze B“ umgerüstet, auch diese kann von Hand verstellt werden

    1938 Die Entschlüsselung der ENIGMA I durch die Polen funktioniert nicht mehr, da jetzt die Einstellungen nicht mehr nur tägl. sondern bei jeder Nachricht verändert werden

    1938 ENIGMA K, baugleich mit der zivilen ENIGMA D, wird an Japan geliefert, die Schweiz verwendet ebenfalls die ENIGMA K(Swiss K genannt), allerdings mit neu verdrahteten Walzen, später verändern die Schweizer auch die Walzensteuerung

    1938 November, mittels neu entwickelten Rechenmaschinen, „Bomba“ genannt, können die polnischen Mathematiker mit ENIGMA I verschlüsselte Nachrichten wieder knacken, ca. 2h dauert es, bis die aktuellen Einstellungen gefunden sind

    1938 ENIGMA I, die Rotationswalze IV darf jetzt auch vom Heer verwendet werden

    1938 ENIGMA M2, für die Marineversion stehen jetzt 7 verschiedene Rotationswalzen zur Verfügung

    1939 ENIGMA I, auch die Walze V wird vom Heer zur Verwendung freigegeben

    1939 durch die Freigabe der Walzen IV und V stoßen die Polen an die Grenzen ihrer Rechnerkapazität, sie geben auf und übergeben alle Unterlagen und Maschinen(darunter auch nachgebaute ENIGMA) an die Engländer und Franzosen, die Engländer machen dann im Bletchley Park da weiter, wo die Polen aufhören mussten.

    1939 ENIGMA M3, für das Marinemodell stehen jetzt 8 verschiedene Walzen zur Verfügung

    1940 Auch den Engländern gelingt die Entzifferung der ENIGMA I, ab jetzt bietet diese Verschlüsselung nur noch wenig Schutz, die Marineversionen der ENIGMA bereiten den Engländern aber weiterhin Probleme, bis die Meldungen geknackt sind, sind sie oft nicht mehr aktuell

    1940 Reichsbahn-ENIGMA, baugleich mit der zivilen ENIGMA D, aber mit verstellbarer Umkehrwalze B, ENIGMA I wird ebenfalls von der Reichsbahn verwendet, allerdings ohne turnusmäßigem Wechsel der Rotationswalzen

    1942 ENIGMA T(auch „Tirpitz-Maschine“ genannt) für die Kommunikation mit der japanischen Marine wird eingeführt, sie verfügt über 4 Rotationswalzen

    1942 ENIGMA M4 wird auf den U-Booten eingeführt, sie verfügt über 4 Walzen, die 4. Walze wird „Griechenwalze“ genannt, da die hierfür zur Verfügung stehenden Walzen mit „beta“ und „gamma“ bezeichnet sind

    1943 ENIGMA I UKD, Einführung der „Umkehrwalze D“ mit veränderbaren Steckerverbindungen in der Umkehrwalze, damit wurde ein Schwachpunkt der Konstruktion beseitigt, was dann beim Gegner erhebliche Schwierigkeiten beim Brechen der Verschlüsselung erzeugte, allerdings wurde nur ein kleiner Teil der ENIGMA I umgerüstet

    1943 A-ENIGMA, verbesserter Nachfolger der ENIGMA T, wurde zur Kommunikation mit der japanischen Marine verwendet

    1943 ENIGMA M5, sollte die ENIGMA I bei allen Wehrmachtsteilen ersetzten, Einführung war für Mitte 1945 geplant

    1943 ENIGMA M10, wie ENIGMA M5 aber mit Streifendrucker, wurde nicht mehr eingeführt

    1944 KD-ENIGMA, Ersatz für die Abwehr-ENIGMA, verfügte über 6 Walzen und die „Umkehrwalze D“, die Walzen wurden neu verdrahtet

    1945 Norway-ENIGMA, wie ENIGMA I wurde von Norwegen nach dem Krieg mit neu verdrahteten Rotationswalzen weiterverwendet

    MfG, Jo

    Quellen: verschiedene, u.a. „Chiffriermaschinen und Entzifferungsgeräte
    im Zweiten Weltkrieg“ von Dipl.-Ing. Michael Pröse

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    • gerohoschi
      Heerführer


      • 24.07.2005
      • 1830
      • DDR

      #77
      Deine Meinung ist deine Meinung. Für mich ist das DIE Erfindung, durch die die Welt verändert wurde. Wäre die ENIGMA nicht geknackt worden, hätte es sein können, daß wir in einer anderen Welt leben würden, da ja schließlich die Möglichkeit bestanden hätte, daß die Achsenmächte den Krieg nicht verloren hätten. Aber lassen wir das.
      Danke für die AUSFÜHRLICHE Recherche...
      "Bin ich nur glücklich, wenn es schmerzt?" (bo)

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      • stahlklaue
        Landesfürst


        • 26.03.2008
        • 936
        • Sachsen

        #78
        also nochmals dickes gratz zu dem teil aber beantworte doch mal bitte meine frage. wo hast du das denn gefunden? ich meine nicht in welcher gegend sonder wo? in einem bunker oder schacht oder sperrm,üll? in der erde war sie ja nicht so wie sie aussieht.

        mfg
        "Wer die Pflicht hat Steuern zu zahlen, hat auch das Recht Steuern zu sparen"
        Zitat Helmut Schmidt (Alt-Bundeskanzler)

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        • EMMES
          Bürger


          • 24.07.2007
          • 102
          • Sachsen/Anhalt

          #79
          gefunden habe ich sie im wald an einer felsengruppe über der erde liegend so wie sie jetzt ist.

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          • stahlklaue
            Landesfürst


            • 26.03.2008
            • 936
            • Sachsen

            #80
            wahnsinn, was alles so rumliegt!
            "Wer die Pflicht hat Steuern zu zahlen, hat auch das Recht Steuern zu sparen"
            Zitat Helmut Schmidt (Alt-Bundeskanzler)

            Kommentar

            • Gummihexe
              Banned
              • 14.05.2008
              • 9
              • Pfalz

              #81
              Zitat von EMMES
              Hallo

              war heute mal wieder los und habe das teil gefunden.

              Dachte erst es sei schrott aber auf den zweiten Blick na ja könnte es ENIGMA sein ?

              Hab mal ein paar Bilder vom Fund gemacht schaut sie euch einfach mal an und sagt mir eure Meinung dazu !

              PS:ich freu mich über jede Antwort!
              Hallo, maile doch zur Sicherheit einfach mal die Fotos an das Technikmuseum Sinsheim (oder sonst so ein Museum)

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              • Herr Wolf
                Ritter

                • 11.08.2003
                • 573
                • Houston, TX. U.S.A.
                • keinen

                #82
                Hier war eine zum Verkauf (ist weg). Die Bilder werden da wohl nicht mehr lange sein. Interessant allemal. Keine Ahnung was der Preis war. Bestimmt im Gegenwert eines Mittelklasse Wagens: http://www.craiggottlieb.com/data/inspect.asp?Item=2810

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                • HHMarcus
                  Geselle


                  • 31.10.2005
                  • 59

                  #83
                  Moin, von mir auch nochmal Glückwunsch! Hast Du keine Pics vom Fundort? Einfach so überirdisch gefunden??? Klasse.

                  Hier in Hamburg hat ein Sammler einiges in den Jahren zusammengetragen. Schwimmwagen vw Prototyp Vorserie, WK2 Radios, Enigmas, Erkennungsmarken der Fallschirmjäger Division 600 (soll es ja nie gegeben haben) usw. Er besaß mal 2 Stck. und hat mir mal erzählt, dass er sich jetzt ärgert (1998) eine Enigma für 3000 Mark (1988) verkauft zu haben... Eine hätte er noch. Leider ist der Mann 2005 verstorben, aber auf der Beerdigung hat man gleich ein Geschäft abgeschlossen (er war wohl noch nicht unter der Erde) über ca. 120.000Euro für den Schwimmer plus aller Funkgeräte,Radios,Röhren und natürlich der Enigma. Was der noch im Keller so hatte weiß ich leider nicht. Den Rest habe ich damals selber gesehen und dachte mal dran Ihm den Schwimmer abzukaufen. OK. Ich hätte nie das Geld dafür gehabt und bin nun auch leider zu spät gekommen, das Haus war leer und jetzt steht ein Reihenhaus drauf...

                  So ist das leben.

                  Marcus

                  Kommentar

                  • depechemodee
                    Bürger


                    • 30.10.2006
                    • 194
                    • Wien

                    #84
                    Kaum zu glauben

                    Glückwunsch
                    gruß d.

                    Kommentar

                    • Neandertaler
                      Ritter


                      • 17.06.2008
                      • 432
                      • Erkrath
                      • MD3009

                      #85
                      Hi,
                      sehr spannender Thread. Hat Spass gemacht all die Für´s und Wieder´s zu lesen. An Emmes Stelle würd ich dort erneut auf die Suche gehen. Ist sicher noch mehr zu holen. Vielleicht liegen die fehlenden Walzen ja auch garnicht so weit weg.
                      Glückwunsch zum Fund. Geile Sache Das.
                      Grüsse, Ralph.
                      „Noch sind wir zwar keine gefährdete Art, aber es ist nicht so, daß wir nicht oft genug versucht hätten, eine zu werden.“ (DNA)

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