Ich sass auf einer Kiste Brillanten

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  • BOBO
    Heerführer


    • 04.07.2001
    • 4413
    • Coburg
    • Nokta SimpleX+

    #1

    Ich sass auf einer Kiste Brillanten

    Im Zuge meiner Recherchen zu Tino Walz (s. entsprechenden Thread) stieß ich auf eine Ausgabe der Zeitung "Wochenend" vom 19. Januar 1950 in einem bekannten Online-Auktionshaus. Ich war der Hoffnung, das ein Artikel in dieser Ausgabe sich um die Diamanten/Edelsteine handeln könnte, welche Tino Walz angeblich einem Transport dem "Einsatzstab Rosenberg" entnehmen konnte und in einem Kartoffelkeller bis nach dem Krieg einlagerte.
    Leider stellte sich heute nach Ankunft der Post heraus, das der Artikel in keiner Art und Weise mit Tino Walz in Verbindung steht. Obwohl eine Verbringung des im Artikel erwähnten Schatzes zeitweise im Tegernsee erfolgte.
    Trotzdem werde ich die Tage mal die paar Seiten abschreiben und hier einstellen. Denn es ist schon eine interessante Geschichte, die da berichtet wird und es fehlen anscheinend noch Brillanten im vier- oder fünfstelligen Karat-Bereich.
    Und auch so gibt der Artikel ein wenig was zu schmunzeln.
    Nebenbei werde ich auch die restliche Ausgabe der Zeitung mal lesen - da scheinen noch paar andere für uns interessante Artikel sich darin zu finden

    Anbei schon mal paar Bilder der Zeitung. Text folgt zeitnahe die Tage
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    MfG BOBO

    Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde
  • Deistergeist
    Moderator

    • 24.11.2002
    • 19519
    • Barsinghausen am Deister

    #2
    Eine Zeitschrift mit dem Titel hatte ich irgendwie anders in Erinnerung. Damals, in der Kaserne, mit wenig Textilien...oder?

    Original historische Zeitung vom Tag der Geburt als Geschenk bestellen. Besondere Geschenk zum Geburtstag, Hochzeitstag. Alte Bild Zeitung aus 1953, 1962, 1963, 19672,1973, 1982, 1983 im Pressearchiv-Deutschland kaufen. Das persönliche Geschenk zum 20. 30. 40. 50. 60. 70. 75. 80. 90. Geburtstag.
    "The Man Who Saved the World" -S. J. Petrow-

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    • BOBO
      Heerführer


      • 04.07.2001
      • 4413
      • Coburg
      • Nokta SimpleX+

      #3
      Haha, jetzt weiß ich, was da in meinem Hirn wieder flimmerte. Kommt davon, wenn man zu oft ins Schlüsselloch schaut
      Aber trotzdem steht der Artikel mit Textilien in Verbindung. Lasst Euch überraschen
      MfG BOBO

      Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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      • BOBO
        Heerführer


        • 04.07.2001
        • 4413
        • Coburg
        • Nokta SimpleX+

        #4
        Hier mal die Titelseite von der Zeitung in Abschrift:

        Sonderbericht der "Wochenend"
        Ich sass auf einer Kiste Brillanten
        "... und hatte keine Ahnung davon!" Abenteuerliche Irrfahrt eines Riesenschatzes durch das große Chaos der letzten fünf Jahre
        Er hat das Lachen und den Humor nicht verloren, obgleich ein Brillanten-Schatz auf Nimmerwiedersehen verschwand. Ludwig Pfeuer, in dessen Gaststube Millionen unbeachtet herumlagen.

        GIBT es das? Jemand sitzt im wahrsten Sinne des Wortes auf einer Kiste mit Brillanten und ahnt nichts von seinem Glück? Das Leben, das schon oft weit tollere und unwahrscheinlichere Grotesken schrieb als sie sich die blühende Phantasie der Dichter auszudenken wagt, hat wieder einmal ein "Glanzstück" geliefert. In Goßmannsdorf, einer kleinen fränkischen Ortschaft in der Nähe von Würzburgs, stand unter einer Eckbank in einem Gasthof eine ganz gewöhnliche Pappkiste, die bis obenan mit alten, schmutzigen Akten und - Brillanten, echten funkelnden, glitzernden Brillanten, angefüllt war. Wie viele Edelsteine es genau gewesen sind, will niemand genau wissen oder sagen, weil sich wahrscheinlich alle scheuen, in den Geruch der Aufschneiderei zu kommen. So viel steht jedoch fest: Es handelt sich um Hunderttausende von Brillanten, deren Wert sich nur nach Millionen schätzen läßt. Um eine ungefähre Vorstellung zu geben, sei erwähnt, daß für nur einen Teil des Scahtzes nicht weniger als 240 Millionen Mark geboten wurden. Nun aber das Unglaublichste: Wochenlang hat sich kein Mensch um den kostbaren Karton unter der Wirtshausbank gekümmert, niemand hat ihn beachtet oder auch nur eines Blickes gewürdigt, der Wirt Ludwig Pfeufer nicht, der dem Riesenschatz "unter einem Dach hauste", und auch die Gäste nicht, die bei ihm Tag um Tag ein- und ausgingen. Heute allerdings rauft sich mancher brave arme Mann in Goßmannsdorf die Haare und meint: " Hätt' i doch neigelangt...!" Aber jetzt ist es "zu spät" wie vieles in dieser seltsamen und sehr geheimnisvollen Brillanten-Affäre, die sich bisher ausschließlich unter der Oberfläche abgespielt hat. Goßmannsdorf ist nur eine Station in der an Aufregungen reichen Geschichte. Bevor die Brillanten in dem Frankendorf landeten, hatten sie schon manches Abenteuer hinter sich. Aus den Tresor der kampfumtobten holländischen Stadt Arnheim herausgesprengt, gelangte der Schatz bald drauf nach Berlin. Vor dort irrte er in den allerletzten Kriegstagen ziellos zwischen Nord- und Süddeutschland umher. Einmal lag er sogar in einem verlassenen Auto auf irgendeiner Landstraße in der Nähe Bambergs. Dann wurde er in einem Kartoffelacker vergraben, nach kurzer Zeit wieder heraus geholt und schließlich im seichten Ufergelände des Tegernsees versenkt. Unter alten Akten vergraben und getarnt, schleppte ein völlig Ahnungsloser die Briillanten im Rucksack nach Goßmannsdorf in Unterfranken, wo sich wochenlang kein Mensch um sie kümmerte...
        Wie ist soetwas überhaupt möglich?, fragen Sie, verehrte Leser. Dieselbe Frage stellten auch wir, als uns die ersten Gerüchte von dem Brillantenschatz, bruchstückartig zunächst zugeleitet wurden. Dann machte "Wochenend" sich mit einem Berichter und einem Fotografen auf den Weg, um an Ort und Stelle Erkundigungen einzuziehen und eine Antwort zu bekommen.

        Eines Tages im Jahre 1943...
        Die phantastische Geschichte beginnt in Holland. Amsterdam ist seit jeher die europäische Börse für Edelsteine, die in der Hauptsache aus Südafrika kommen. Milliardenwerte werden dort jährlich umgesetzt. Die niederländischen Diamentenhändler haben Weltruf.
        Nach einer holländischer Darstellung, die von dem Leiter des Rijks-Büro für den niederländischen Diamantenhandel, Mijnheer van Essen, stammt, tauchten eines Tages - es war im Jahre 1943, also während der deutschen Besetzung - an der Amsterdamer Börse und in sämlichen niederländischen Juwelierläden "unbekannte Herren in unbekannten Uniformen oder schlichtem Zivil" auf und gaben zu verstehen, daß alle Edelsteine abzuliefern seien. Gegen Bezahlung natürlich. Den Juwelieren wurden ausgefertigte Kaufverträge vorgelegt. "Fast alle Händler unterschrieben", berichtet van Essen, "sie erhielten den Welthandelpreis, und zwar in holländischen Gulden, die in Berlin gedruckt und noch so frisch waren, daß man die Druckerschwärze roch..." Der Niederländer berichtet dann weiter: "Obgleich wahrscheinlich Millionenwerte noch in unterirdischen Kanälen verschwinden konnten, sammelten sich dennoch Hunderttausende von Edelsteinen bei den Ablieferungsstellen an." Später will van Essen sich auf die Spur der Edelsteine gesetzt haben, mit dem Erfolg, daß er sie in der Bank von Arnheim entdeckte. Wenn wir den Niederländer weiter glauben schenken wollen, dann ist es ihm eines Tages gelungen, sich in den Besitz eines Tresorschlüssels zu setzen und unter Lebensgefahr "größere Mengen der Steine" für Holland zu retten. Als die Alliierten näherrückten, lagerten in den Tresors von Arnheim, nach van Essens Angabe, jedoch noch 30000 Karat -> Fortsetzung Seite 9

        Das war erst mal die Titelseite. Die Fortsetzung "Seite 9" folgt die Tage, wenn ich diese abgeschrieben habe. Es ist wirklich eine spannende Geschichte und ein wenig Abhanden kam auch von den Steinen. Die abgedruckten Bilder scanne ich dann auch noch und stelle diese hier in den folgenden Postings ein.
        MfG BOBO

        Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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        • Sorgnix
          Admin

          • 30.05.2000
          • 25923
          • Pöhlde - (=> Süd-Nds.)
          • Große Nase, Augen, Ohren, Merlin, Whites XLT, Tesoro, Nokta Impact, Rutus, Minelab XTerra, OGF-L, UW 720C, Mariscope Spy, Chasing M2 Pro ...

          #5
          Zitat von BOBO
          Hier mal die Titelseite von der Zeitung in Abschrift:

          Sonderbericht der "Wochenend"
          Ich sass auf einer Kiste Brillanten

          Auszug:
          Code:
          ..., tauchten eines Tages ... "unbekannte Herren in unbekannten Uniformen oder schlichtem Zivil" auf und
          gaben zu verstehen, daß alle Edelsteine abzuliefern seien. Gegen Bezahlung natürlich. ... "sie erhielten
          den Welthandelpreis, und zwar in holländischen Gulden, ...
          
          ... Später will van Essen sich auf die Spur der Edelsteine gesetzt haben, mit dem Erfolg, daß er sie in der Bank
          von Arnheim entdeckte. ..., dann ist es ihm eines Tages gelungen, sich in den Besitz eines Tresorschlüssels zu
          setzen und unter Lebensgefahr "größere Mengen der Steine" für Holland zu retten. ...
          [/SIZE]

          Nun, was soll man dazu sagen??
          GEKLAUT?? Weniger "gerettet" würde ich sagen ...
          Ungeachtet der Tatsache, daß da versucht wird den Eindruck zu erwecken, daß die Ware mit Falschgeld
          bezahlt wurde.
          Aktion Bernhard ist ja bekannt - aber mir sind da nur Pfund- und Dollarnoten in Erinnerung.
          Wurden auch weitere Währungen gefälscht??

          Unter dem Strich: Der Sache schenke ich wenig Glauben ...
          Zumindest in den geschilderten Zusammenhängen.

          Gruß
          Jörg
          Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hat
          zu tun mit der Blödheit ihrer Bewunderer ...

          (Heiner Geißler)

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          • BOBO
            Heerführer


            • 04.07.2001
            • 4413
            • Coburg
            • Nokta SimpleX+

            #6
            Zitat von Sorgnix


            Nun, was soll man dazu sagen??
            GEKLAUT?? Weniger "gerettet" würde ich sagen ...
            Ungeachtet der Tatsache, daß da versucht wird den Eindruck zu erwecken, daß die Ware mit Falschgeld
            bezahlt wurde.
            Aktion Bernhard ist ja bekannt - aber mir sind da nur Pfund- und Dollarnoten in Erinnerung.
            Wurden auch weitere Währungen gefälscht??

            Unter dem Strich: Der Sache schenke ich wenig Glauben ...
            Zumindest in den geschilderten Zusammenhängen.

            Gruß
            Jörg
            Warte mal Seite 9 ab
            Da wird es noch abenteuerlicher

            Bzgl. gefälschter holländischer Gulden:
            Ja, im Zweiten Weltkrieg haben die Nationalsozialisten holländische Gulden gefälscht, und zwar im Rahmen ihrer Besatzungspolitik und teilweise auch im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Kriegsführung.

            Hintergrund:
            Nachdem die Niederlande 1940 von Deutschland besetzt wurden, übernahmen die Nazis de facto die Kontrolle über das niederländische Finanzsystem. Während der Besatzung wurden tatsächlich niederländische Gulden durch die Deutschen gedruckt – allerdings nicht im Sinne klassischer Fälschungen, sondern als offizielle Besatzungsgelder, die von den Nazis autorisiert wurden und in Umlauf gebracht wurden. Diese wurden häufig über die Niederländische Zentralbank (De Nederlandsche Bank) abgewickelt, die unter deutscher Kontrolle stand.

            Zwei relevante Aspekte:
            1. Besatzungsgeld statt Fälschung:
              Die Deutschen druckten während der Besatzung echtes Geld (in der Form von Gulden), das als gesetzliches Zahlungsmittel galt, allerdings unter deutscher Kontrolle stand. Dies war Teil einer wirtschaftlichen Ausbeutungspolitik: Die Nazis finanzierten so zum Teil ihre Kriegsanstrengungen, indem sie Geld "schufen", mit dem sie sich im besetzten Gebiet versorgen konnten.
            2. Fälschungsaktionen (z. B. Operation Bernhard):
              Während die Operation Bernhard sich vor allem auf britische Pfund konzentrierte, um die britische Wirtschaft zu destabilisieren, gibt es weniger belegte Hinweise darauf, dass ein ähnliches groß angelegtes Fälschungsprogramm für Gulden existierte. Kleinere Fälschungen niederländischer Währung durch deutsche oder deutsche Kollaborateure sind jedoch nicht ausgeschlossen, vor allem für Spionage oder den Schwarzmarkt.
            Zusammenfassend kann man sagen:
            Die Nazis druckten holländische Gulden während der Besatzung, allerdings primär als Teil der offiziellen Geldversorgung unter Besatzungsbedingungen, nicht als geheime Fälschung zur Destabilisierung. Von einer groß angelegten geheimen Fälschungsoperation wie bei britischen Pfund ist im Fall der Gulden nicht die Rede, aber kleinere Fälschungen sind denkbar.
            MfG BOBO

            Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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            • Sorgnix
              Admin

              • 30.05.2000
              • 25923
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              #7
              Womit der Widerspruch noch immer nicht ausgeräumt ist:
              eine offiziell bezahlte Ware wurde im Nachhinein "gerettet" ...

              Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hat
              zu tun mit der Blödheit ihrer Bewunderer ...

              (Heiner Geißler)

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              • BOBO
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                • 04.07.2001
                • 4413
                • Coburg
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                #8
                (Fortsetzung von der Titelseite)
                Der Schatz im See

                (1 Karat = 2/10 Gramm). Schon habe man in Amsterdam diese 30000 Karat sicher geraubt, als im Chaos des Kampfes um Arnheim in letzter Minute ein SS-Kommando bis zu den Tresors vorgedrungen sei, die Bank in die Luft gesprengt und den Schatz an sich gebracht habe. Die Edelsteine, lauter Brillanten, sollen dann nach Berlin gebracht worden sein. Die Holländer wollen sogar wissen, daß Hitler das SS-Kommando für den Arnheimer Streich besonders auszeichnete.
                "Gesandschaftsgepäck"
                Deutschland war damals schon arm an Divisen. Die Deutsche Reichsbank tauschte in jenen Tagen die letzten Goldbestände in der Schweiz, der Wechselstube Deutschlands, ein. Die Freude in Berlin über den gewiß schon verloren geglaubten Edelstein-Segen aus Arnheim ist daher verständlich. Sofort soll auch ein Teil des Schatzes aus Arnheim als "Gesandschaftsgepäck" nach Bern abgegangen sein, und zwar 6000 Karat. Später, so wird behauptet, wurden diese 6000 Karat nach Deutschland zurückbeordert. Sie sollen angeblich auch mit einem Flugzeug abgeschickt worden sein - fest steht aber, daß sie nie angekommen sind. Verschwundene Millionen!...
                Was aber geschah mit den übrigen tausenden Karat des Arnheimer Schatzes, die noch in Berlin lagen? - Am 23. Februar 1945 wurden dem Hauptgeschäftsführer der "Zentrallagergemeinschaft für Bekleidung" (abgekürzt: ZLG), Josef Neckermann, auf Anweisung des Reichswirtschaftsministeriums 13000 Karat Brillanten zum Einkauf von Textilien in Italien übergeben. "Auf normalen Wege zum Welthandelspreis erworben", war die Versicherung, die man Neckermann mit auf den Weg gab. Diese 13000 Karat stellen, wie heute sicher ist, jenen Sagenhaften wertvollen Brillanten-Schatz dar, der unter der Eckbank des Gasthofes in Goßmannsdorf ein unbeachtetes Dasein in einem Pappkarton fristete.

                Mit Brillanten unterwegs

                Wie kamen nun die brillanten von Berlin nach Goßmannsdorf? - An jenem 23. Februar 1945, an dem Josef Neckermann die Brillanten in Berlin übernommen hatte, zeigte sich bereits deutlich ab, was wenige Tage später zur grausigen Gewißheit wurde: Deutschland stürzt in ein Chaos sondergleichen. In jenen letzten Kriegstagen beginnt der abenteuerlichste Teil der Goßmannsdorfer Brillanten-Groteskte. Aber lassen wir hierüber Josef Neckermann selbst berichten:
                "Der Zusammenbruch überraschte mich buchstäblich mit dem Koffer in der Hand, der diee Millionenwerte enhielt", erzählte er. " Was sollte ich tun? An Importe war nicht mehr zu denken. So blieb mir nichts übrig, als zunächst einmal nach einem Aufbewahrungsort für die Edelsteine zu suchen, die ich, unter Akten getarnt, im Auto mit mir führte. Ich begab mich nach Bayern. Kaum war ich dort angelangt, als man mich nach Berlin zurückrief. Ich mußte also die Steine, die inzwischen deponiert waren, wieder an mich nehmen. In Berlin kam ich jedoch nicht zum Ziel. Ein zweitesmal fuhr ich unter mancherlei Abenteuer nach Bayern zurück. Wieder mit den Brillanten. Bei meiner Ankunft in Süddeutschland lag abermals eine Ordre vor: Sofort zurück nach Berlin! Ich wendete also mein Auto und begab mich abermals mit den Millionen im Rücksitz auf die Landstraße Richtung Reichshauptstadt. Bei Bamberg jedoch ging das Benzin aus. Wagen und Brillanten stehen lassend, ging ich in das nächste Dorf. Als ich endlich zurückkehrte, stand der Wagen noch unberührt da. Niemand hatte sich für die Brillanten interessiert, die für mich allmählich zu einem regelrechten Alpdruck, geworden waren. Unbehelligt kam ich mit meinem Millionen-Schatz in Berlin an. Aber da war nun wirklich nichts mehr zu machen. Alles befand sich bereits in der Auflösung."
                Zum dritten Male landete Neckermann mit seinem kostbaren Schatz in Süddeutschland. Es war in den allerletzten Kriegstagen. Alle Banken hatten bereits geschlossen. Irgendwo mußten die Brillanten verschwinden! Auf seinem Grundstück bei Rottach am Tegernsee, einem Kartoffelacker, vergrub Neckermann den Schatz. Dort glaubte er ihn vorerst sicher. Doch plötzlich eine neue Aufregung: Das Grundstück wurde beschlagnahmt. Heimlich und mit aller Vorsicht grub er die Brillanten-Kassetten bei Nacht und Nebel wieder aus und versenkte sie, nach gründlicher Sicherung mit einem Draht, in die Sumpfgewässer des Tegernsees. Dort fanden die Steine nach der wilden Irrfahrt vorläufig ein Ruheplätzchen.
                Wochen, Monate vergingen. Der erste Wirbel des Zusammenbruchs legten sich etwas. Allmählich, wenn auch langsam, zeichneten sich die Umrisse einer gewissen Ordnung und Sicherheit ab. Jetzt wagte es Neckermann, sein Geheimnis vom Tegernsee preiszugeben, das heißt, er machte eine kurze Mitteilung bezüglich der Brillanten an den ersten bayrischen Wirtschaftsminister der Nachkriegszeit. In München schien man jedoch den gesetzlichen Zuständen der ersten Nachkriegsmonate noch nicht recht zu trauen, denn man riet Neckermann, die Brillanten vorläufig zu behalten. Monate verstrichen darüber. Schließlich hielt Neckermann es für angebracht, die Kassetten mit den kostbaren Steinen wieder aus dem See hervorzuziehen. Wie leicht hätte er sonst eines Tages doch noch eine unangenehme Überraschung erleben können! Er versteckte die Brillanten, zusammen mit etlichen Akten, in seiner Wohnung in Rottach. Die Zeit verstrich.
                Hatte man in München die Brillanten vergessen? Es schien so. Der Zufall wollte es nun auch noch, daß Neckermann bald darauf wegen eines angeblichen Verstoßes gegen Gesetz 52 der Militärregierung mehrere Monate lang in Haft gehalten wurde. Die Brillanten aber lagerten immer noch in seiner Rottacher Wohnung. Als er endlich wieder entlassen worden war, fand er sie noch unberührt vor. Sofort machte er eine neue Mitteilung, und zwar diesmal direkt an den Treuhänder der ZLG, der in Goßmannsdorf in Unterfranken saß.
                Dorthin hatte sich die Hauptverwaltung der Gesellschaft im letzten Kriegsjahre verlagert, nachdem sie zuerst in Berlin und dann in Würzburg ausbombardiert worden war. In seinem Schreiben deutete Neckermann jedoch nichts von Brillanten an, sondern sprach von "bekannten V-Werten". In Goßmannsdorf war niemand etwas von "V-Werten" bekannt, und niemand ahnte auch, was sich hinter dieser Bezeichnung verbarg. Deshalb war das Interesse an der Mitteilung des ehemaligen Hauptgeschäftsführers der ZLG nicht allzu groß. Immerhin, gelegentlich schickte man einen Angestellten in Rottach am Tegernsee vorbei mit dem Auftrag, die "bekannten V-Werte" abzuholen. Der Angestellte fand einen Karton mit Akten vor. Sonst nichts. Er packte den ganzen "Kram" in einen Rucksack und lieferte diesen in Goßmannsdorf bei der Zentrallagergemeinschaft, die zeitweise das Gasthauszimmer von Ludwig Pfeufer als Arbeitsraum benutzte, ab.

                Die große Überraschung

                Flüchtig warf man hier einen Blick in die Pappkiste, und da man auch diesmal weiter nichts als Akten, verstaubte, benutzte und zum Teil durchfeuchtete Akten zu sehen glaubte, schob man den alten Karton einfach in die Ecke unter einer Bank, um sich bei Gelegenheit einmal mit ihm zu beschäftigen.
                Endlich war es soweit, nach vier Wochen. Man zog den Karton, der schon mehr als einmal ärgerlich hin- und hergeschoben worden war, weil er beim Saubermachen immer wieder im Wege gestanden hatte, unter der Bank hervor und begann in den Akten herumzustöbern. Und siehe da! Kaum hatte man die ersten Bündel hervorgezogen, da kam in der Tiefe des Kartons eine eiserne Kassette zum vorschein. (Wo war die zweite Kassette geblieben? Diese Frage stand später zur Debatte, konnte aber nie geklärt werden!) Unter Zeugen wurde der eiserne Behälter sofort vom Dorfschmied aufgebrochen. Als der Deckel hochsprang, blieb den Anwesenden der Atem weg: Sie sahen nichts als funkelnde, glitzernde Steine - Brillanten! Hunderte! Nein, Tausende, Hunderttausende Brillanten! Man rieb sich die Augen, weil man nicht glauben konnte, daß es solch märchenhafte Schätze auch in der Wirklichkeit gibt. Die Ueberraschung und die Aufregung sind nicht zu beschreiben. -
                Was aber nun? Was anfangen mit diesem Schatz, den niemand zu übersehen vermochte?
                Wie Körner eines Sandhaufens

                Unter Wahrung aller Vorsichtsmaßregeln wanderten die Brillanten aus dem Goßmannsdorfer Gasthaus zunächst einmal hinter den sicheren Verschluß eines Banktresors. Anschließend ding eine ausführliche Meldung über den Schatz an die Militärregierung. Doch, von dort aus rührte sich nichts. Zwei Jahre blieb es still um die Brillanten. Waren sie abermals in Vergessenheit geraten? Später stellte sich heraus, daß die Meldung von dem Fund in Goßmannsdorf ungelesen in einem Akt vergraben worden war . . . Erst im Jahre 1948 erfuhr die Militärregierung durch Zufall erneut von den Schätzen. Mehrere Beamte wurden nun mit der Inventarisierung beauftragt. Freilich holte man die Brillanten aus dem Safe hervor - doch wenig später kapitulierten die Beauftragten. "Wir könnten ebenso gut die Körner eines Sandhaufens zählen!" meldeten sie verzweifelt. Die Brillanten wanderten erneut in den Tresor zurück.
                Aber nicht für sehr lange. Der Würzburger Juwelier Josef Gritsch erhielt den Auftrag, die Brillanten zu zählen. "Es war eine Heidenarbeit", erzählt er uns. "Ich hatte in meiner mehr als dreißigjährigen Tätigkeit als Juwelier schon viele viele Edelsteine gesehen, aber so etwas wie der Goßmannsdorfer Brillanten-Schatz war mir noch nie unter die Augen gekommen." Er inventarisierte 14 Tage lang. Als die Arbeit getan war, traten die Steine die Fahrt zu den Tresors der Würzburger Bank an: laut Inventar 9700 Karat. Ueber 3000 Karat fehlten. Wo sind sie geblieben?
                Nun also lagen die Brillanten in Würzburg. Inzwischen war die ganze Kalamität offenbar geworden, in die die Zentrallagergemeinschaft, die ZLG, durch das Kriegsabenteuer und durch den Zusammenbruch 1945 geraten war. Millionen Schulden bedrückten die Gesellschaft.
                In dieser schier ausweglosen Situation erinnert man sich bei der ZLG des Brillanten-Schatzes. Gehörten die Brillanten nicht der Gesellschaft? Das Bayrische Landesamt für Vermögenswerte schlug den Erwerb eines Teiles der Edelsteine zum Preis von 240 Millionen Mark vor um die ZLG zu sanieren. Doch der Teufel schien wieder einmal seine Hand im Spiel zu haben. Eine kleine Verzögerung trat ein - ob gewollt oder ungewollt, wer will es wissen! Aber diese Frist hatte genügt, die Holländer zu alarmieren und auf die Spur der Brillanten zu setzen. Von da ab entwickelte sich alles in einer geradezu unglaublichen kurzen Zeit. Im Eiltempo waren alle Formalitäten erledigt. Und die Würzburger waren nicht wenig überrascht, als plötzlich mehrere Panzerwagen vor der Bank hielten, in welcher sich die Brillanten befanden. Militärpolizei sperrte sämtliche Zugänge ab. Und dann meldete sich in der Bank eine holländische Kommission, die beauftragt war, die Kassette mit den Goßmannsdorfer Brillanten in empfang zu nehmen. Die Papiere waren in Ordnung. Die Befehle klar und eindeutig. Daraufhin erfolgte die Uebergabe des Schatzes ohne große Zeremonie - das heißt: so schnell wie möglich brauste die Kommission mit der Brillanten-Kassette davon . . . Seither ist nichts mehr über den Schatz bekanntgeworden.
                Der traum der Zentrallagergesellschaft, mit den Brillanten einmal alle Schulden aus der Welt zu schaffen, ist ausgeträumt. Nichts blieb ihr als die bittere Erkenntnis, daß die Brillanten, die sie ordnungsgemäß übernommen hatte - ihr dennoch nicht gehören durften. Und noch etwas natürlich: eben die Millionen-Schulden um derenwillen in der nächsten Zeit in Westdeutschland ein Rattenschwanz von etwa 100 Prozessen beginnen wird.
                Für Goßmannsdorf, das winzige, Frankenörtchen, blieb wenigstens eines - nämlich die Erinnerung an einen riesigen märchenhaften Schatz, der einmal in seinen Mauern gelegen hat.

                Bilder auf der Seite inkl. darunter liegenden Texten stelle ich dann noch die Tage hier ein.
                MfG BOBO

                Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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                  #9
                  Im originalen Text sind zahlreiche Satzzeichenfehler, als auch andere Unregelmäßigkeiten bei diversen Wörten (Hochstellung) vorzufinden. Diese habe ich aber mal nicht mit übernommen. Denn es zeigte sich, achtet man darauf, man Wortfetzen entschlüsseln kann. Da möchte ich aber selbst erst mal noch dran grübeln.
                  MfG BOBO

                  Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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                  • Columbo
                    Heerführer


                    • 12.07.2020
                    • 1216
                    • Bayern

                    #10
                    Zitat von BOBO
                    … Denn es zeigte sich, achtet man darauf, man Wortfetzen entschlüsseln kann. Da möchte ich aber selbst erst mal noch dran grübeln.
                    DAS interessiert mich jetzt aber . Und falls du einen Grübelpartner brauchst …😇

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                    • BOBO
                      Heerführer


                      • 04.07.2001
                      • 4413
                      • Coburg
                      • Nokta SimpleX+

                      #11
                      An Dich, habe ich, dabei sogar als erstes gedacht gehabt.
                      Möchte aber zuerst validieren, ob wirklich da was dran ist, oder nur ein Hirnfurz von mir ist
                      MfG BOBO

                      Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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                      • BOBO
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                        • 04.07.2001
                        • 4413
                        • Coburg
                        • Nokta SimpleX+

                        #12
                        Neckermann macht's möglich

                        Kurzinfo zu Josef Neckermann:
                        - Geboren: 5. Juni 1912
                        - Gestorben: 13. Januar 1992
                        Er war außerdem ein bekannter Dressurreiter und gewann olympische Medaillen für Deutschland.
                        Sein Versandhaus, gegründet 1948, war ein Symbol des westdeutschen Wirtschaftswunders (oder brillanter Erfolgsgeschichte ), verlor aber in den 1990er-Jahren an Bedeutung und ging später in der Arcandor-Gruppe auf.
                        MfG BOBO

                        Das menschliche Haar wächst mit 4,6 Yoctometer pro Femtosekunde

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