Zeitzeugen. Haben Euch Eure Großväter vom Krieg erzählt?
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Twitter ist eine typische Erscheinung der Generation ADS & SMS. Für einen Brief zu faul, für einen kompletten Satz zu dumm und für korrekte Grammatik zu cool. -
Erzähl doch mal ein paar Geschichten bitte.
Mir hatte mal ein Kunde erzählt, daß er zu Kriegsende auch noch Schulkind war irgendwo bei Dresden meine ich. Das Kriegsende war für zunächst schön, als die Amis kamen. Für die Kinder war das aufregend, es war friedlich, es gab Bonbons, Schokolade etc.
Dann gingen die Amis zurück und die Russen kamen. Und dann konnte er die ganzen schlechten Story´s erzählen die man so kennt: Erschießungen, Verschleppung, Vergewaltigungen ...Kommentar
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Zeitzeugen.
Na gut.Obwohl Fragen zu beantworten leichter ist.Also.Im Gegensatz von den
Menschen auf dem westlichen Ufer der Oder, hatten wir 2 Kriegsende, 1939 und 1945.Vorab, wir wohnten östlich von Posen, in dem Teil der nach 1919 an Polen gefallen war. Die nächste Stadt war 15 km entfernt, der nächste Nachbar, zugleich Dorfanfang , 800 m.Wenn von Übergriffen der Polen auf Deutsche die Rede ist so stimmt das. Es muss allerdings gesagt werden das es umgekehrt auch so war, das ist aber nichts aus meiner Erinnerung, sondern wurde mir erzählt. Na ja , dann kam der 1.9.39 und am 12.09.39 die deutsche Wehrmacht. Sie wurde nicht euphorisch begrüsst.Man war misstrauisch,was machen die?
Die einzige Erinnerung an diesen Monat ist die , das mein Geburtstag ausfiel,
es war Verkehrsverbot ohne Sondergenehmigung. Dann zog die Etappe ein und wir bekamen den Eindruck von einer feindlichen Macht ausgeplündert zu werden.Ständig stand so ein "Goldfasan" auf dem Hof und brauchte dieses oder enes, immer mit einer Aktentasche voll Dokumenten bewaffnet. Nun war meine Mutter aus der Familie eines , damals Regimentskommandeurs, später General, sie liess sich zur nächsten Kommandantur fahren und rief ihren Vetter an, oder etwas ähnliches, jedenfalls kamen noch am Nachmittag zwei 600 er Zündapp mit Beiwagen und 5 Mann 1 Unteroffizier und es war Ruhe. Die Zeit bis zum Herbst 1942 war wohl die schönste Zeit meines Lebens. Den
Angriff auf Russland bekamen wir nicht sofort mit.kein Strom,kein Volksempf-
änger, kein Joseph Goebbels etc.Dann kam ich nach Lodz ins Internat, bei uns
wurde schon damals im Herbst eingeschult. Nur alle 2 Wochen nach Hause,einen halben Tag unterwegs, erst Strassenbahn, dann 5 Stunden mit
der Kutsche, so ging das bis Januar 1944.Dann starb mein Vater, der Hof wurde bis zu meinem 18 Lebensjahr an einen Verwandten verpachtet und wir
zogen nach Lodz. Dort war 1. ein riesiges Ghetto ; 2.das KL Sikawe,später von Polen für Deutsche genutzt; 3. einige Kinder-KL. Hier bekamen wir alles mit. Wenn wir zu Verwandten ans das andere Ende von Lodz fuhren, mussten wir durch das Ghetto. Vor dem Tor hielt die Strassenbahn an. die Fenster und Türen wurden mit vorbereiteteten Brettern zugestellt und weiter ging es, auf der anderen Seite des Ghettos wurden die Bretter entfernt. Rückweg ebenso.
An den unteren Enden waren die Bretter nicht so dicht beieinander so konnten
wir Kleinen durchsehen. Erwachsene konnten sich nicht bücken, man wusste ja nie wer in der Bahn war, Gestapo usw. Jedenfalls war es nur Elend und Not was man sehen konnte, Auf Fragen wurde ausweichend geantwortet,weil ja auch in der Schule bespitzelt wurde. Es war eine furchtbare Zeit, voll Misstrauen,Vorsicht,Verschlagenheit, alles was es an negativen Eigenschaften
am Menschen gibt, brach aus. Nach den damaligen Erfahrungen und den späteren Gesprächen mit meinen Verwandten, glaube ich keinem damals Erwachsenen oder Jugendlichen über 15/16 das man nichts gewusst hat.Wenn
auch nicht alle Einzelheiten bekannt waren, gewusst hat es jeder. Ausnahme die Frontsoldaten auf dem Vormarsch.Beim Rückzug kamen sie durch die
"gesäuberten" Gebiete und mussten alles erkennen. Man kannte auch Lager im "Reich", die Drohung mit Dachau war eine ständige Redewendung. Das man
"lebensunwerte" Personen "ausgemerzt" hatte, im "Dienste der Volksgesund-
heit" war auch nicht unbekannt. Eine Verwandte war bei einem grossen
"Spinnstoffverwerter" in einem Nachbarort, als Buchhalterin beschäftigt.Die
erzählte mir, jeder in diesem Betrieb wusste woher die Klamotten kamen.
Teilweise mit Blut beschmutzt,teilweise nach Rauch,wahrscheinlich Motorab-
gase, stinkend. Soviel zunächst.Es kommen beim Schreiben Erinnerungen hoch,nicht immer angenehme.Kommentar
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Also Schorse,
das ist jedesmal ein Höhepunkt, wenn ich sehe, dass Du wieder einen Beitrag verfasst hast, so grausig dieses Thema oft ist, so interessant ist es doch, eine ausgewogene Geschichte zu lesen, die keinen besser davonkommen lässt, alà "...die waren ehrenhafter als die anderen..."
Mittlerweile kann sich jeder einigermassen gebildete Mensch soviele Informationen besorgen, abwägen und nach dem Filtern mit gesundem Menschenverstand sich ein etwaiges Bild von der ganzen Sache machen, aber die Vergegenwärtigung einer vergangenen Welt, die man nicht selber miterlebt hat, hinkt halt immer, ich z. B. werde mir wohl nie die Fotos meiner Altvorderen in Farbe vorstellen können und dachte als Kind echt, dass es damals nur schwarze und weisse Autos gegeben hat, dass die Welt damals ebenso bunt war wie heute, ist für mich immer noch ein Visualisierungsproblem...
Vielen Dank, dass Du uns an Deinen Erlebnissen teilhaben lässt, auch wenn es sicher nicht immer einfach ist, ich könnte stundenlang diese Beiträge lesen, ohen dass ich bemerken würde, wie die Zeit vergeht, (das Buch wird eh bald besorgt), und vor allem freut mich das Lob so, dass Du uns "jungen Leuten" ausgesprochen hast
!
Wenn es Dir nicht zuviel ausmacht, schreib gerne mehr, denn ich denke, dass das alle freut, Informationen aus erster Hand zu bekommen.Zuletzt geändert von Septimius; 12.06.2009, 06:37.Gruß Septi
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Jahresabschlußfotowettbewerbsgewinner Dezember 2010
"Tapferkeit und Edelmut vergranten auch den kleinsten Wicht zum Helden!"
Jebediah SpringfieldKommentar
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Danke Septi , Du findest wenigstens die richtigen Worte .
Schorse , auf Deine Zeitzeugenberichte sind sicherlich eine ganze Menge User hier gespannt . Hilft auch vielen voreingenommenen Leuten , mal etwas im Oberstübchen aufzuräumen . Ich würde gerne mehr von Deinen Erlebnissen erfahren , speziell auch die Zeit direkt nach Kriegsende . Erinnert mich an die Gespräche mit meinem Opa , also hau in die Tasten wenns die Zeit erlaubt .
Gruss vom CaddyTolles Teil! Wenn es doch nur sprechen könnte
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Zeitzeugen ...
Nun möchte ich noch einiges weitererzählen.Nachdem wir am 16.01.1945 noch einmal in Pabianice bei Verwandten gewesen waren,ihr wisst Durchfahrt durch das Ghetto, kamen wir am 17.01 nach Hause. Nachts unterwegs zu sein empfahl sich nicht. In Pabianice konnte man schon das Donnern von schweren Geschützen hören.Trotzdem verkündete der Rundfunk ununterbrochen grosse Siege. Er sprach von Armeen die mittlerweile nur noch Kompanien waren, wenn es sie überhaupt noch gab. Bei der Durchfahrt durch das Ghetto wurde nur noch leicht "verdunkelt", nun sahen auch die meisten Erwachsenen was da los war, es war schrecklich. Fast alle Frauen, ausser Parteibonzen waren ja alle Männer eingezogen, sahen nur verstohlen hin, sie ahnten wohl schon das es fürchterlich werden würde wenn der Russe kam. Gegen Abend rannte der Blockleiter durch die Strassen, die Lautsprecheranlagen waren nicht mehr alle in Betrieb, er rief zum Sammeln. Wir müssten die Stadt vorübergehend verlassen sie würde zur Festung erklärt. Mitnehmen sollten wir nur das Nötigste und Verpflegung für 2 Tage, dann hätten die deutschen Armeen, welche im Moment mit der Eisenbah herangeschafft werden, den Rusen wieder hinausgeworfen. Ob er das wohl selbst glaubte? Wir sollten uns zu Fuss in Marsch setzetn bis Nartal, niemand wusste wo das ist, ausser meiner Mutter, sie klärte die Leute auf und nahm demonstrativ unsere Sachen und wir gingen ins Haus. Nartal liegt etwa 80 km westlich, dort stünden Waggons bereit die uns weiter nach Westen ins Reich bringen sollten. Der Spruch meiner Mutter geht mir noch immer nicht aus dem Sinn: "Wenn ich sterben soll , dann kann ich das auch hier." In der Nacht kam dann Luftalarm. Man fuhr mit Auto, Motorrad oder Fahrrad oder rannte mit Handsirenen durch die Strassen. Wir sollten in die Bunker. Aber es war kein Fortkommen. Im Garten stand ein 2-geschossiges Holzhaus ohne Keller das sprang bei jeder Bombe gefühlte 1,5 m in die Luft.Später stellten wir fest das noch nicht einmal ein Fenster kaputt war. Irgendwie schafften wir es dann doch bis zum Bunker. Da sassen wir nun, in ängstlicher Erwartung. Das wir noch unter deutscher Hoheit hier heraus kämen das glaubte niemand mehr. Die grössten Nazis konnten das "Herrenmenschen"-Getue auch hier nicht sein lassen.Sie droschen immer noch ihre Goebbels-Parolen, bis einige beherzte Frauen ihnen den Mund zubanden.
Es waren alle Nationalitäten,Polen, Deutsche und was es so noch gab,ebenso
Gefangene,Juden Zwangsarbeiter usw im Bunker, in diesem Moment waren alle nur Menschen, voller Ungewissheit und Angst. Manch einer wird sein Sündenregister durchgegangen sein, mancher wird sich allerdings auch schon Ausreden ausgedacht haben. Ich glaube in so einer Situation ist der "Befehlsnotstand" erfunden worden. Wir waren bei meinem Patenonkel untergekommen, der besass das grösste Tiefbrunnenbohr-Unternehmen weit
und breit. Weil er gleichzeitig holländischer Konsul war konnte er sich einiges
herausnehmen, das tat er auch. Seine polnischen Arbeiter wurden korrekt und ordentlich behandelt, er machte Lehrgänge mit ihnen um sie als unabkömmliche Facharbeiter hinstellen zu können. Diese polnischen Arbeiter nahmen nun uns und noch einige Andere in die Mitte und schirmten uns ab. Natürlich sahen viele Polen ihre Chance zur Rache, man konnte viele Schreie hören, fast nur von Frauen und Mädchen. Aber auch einige Deutsche beglichen noch einige Rechnungen. Tja , und dann ging das Bunkertor auf,am 19.01.1945 um etwa 10 Uhr, draussen stand der Russe. Das erte Wort Russisch das ich hörte war "Tschassy" etwa gesprochen, d.h. Uhr.Das zweite Nazi-German. So fing für uns die neue Zeit an.Kommentar
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Hallo Schorse
jetzt mal ein Vorschlag von mir . Eventuell besteht ja die Möglichkeit , Deine Beiträge in einen eigenen Thread zu verschieben , den Du fortführst , möglichst ohne Kommentare anderer User . Deine Beiträge lesen sich wie ein Buch , bitte mach weiter .
Gruss vom CaddyTolles Teil! Wenn es doch nur sprechen könnte
Kommentar
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Mein Opa war bei der berühmten schwarzen Division und das als Obersturmbandführer. Meine Oma war am Anfang noch sehr Stolz darauf dann wandelte sich der Stolz in Angst (am Ende des Krieges). Mein Opa berichtete mir sehr viel über den Krieg, die Politik und seine eigene meinung (die ich hier nicht unbedingt veröffentlichen will). Ein Satz aber lies mich in Gänshaut erstarren : Ich leistete einen Eid der ein Leben lang gilt und diesen Eid werde ich bis an meinem letzten Tag in Ehren halten. Ok, ich verstand damals noch nicht viel davon aber später wußte ich was er damit meinte. Er geriet in Gefangenschaft und wurde von seinem "Feind" befreit, ja auch so etwas gab es im Krieg.
Trotz seiner Runen wurde Ihm geholfen.
Ich selbst beschäftige mich auch viel mit der SA, SS und der Wehrmacht, ich machte mir dies zum Hobby, nur glaubt mir, das kann einem manchmal zu Gefühlsschwankungen bringen...
Leider gibt es keine Bilder von meinem Opa als Soldat, jedoch existiert seine Uniform und angeblich auch seine Waffen incl. Dolch, die sind allerdings bei einer Tante mit der ich keinen Kontakt habe.
Mein Opa erzählte mir viel wie deutsche Gefangene behandelt wurden, wie junge Soldaten verschleppt wurden zum Arbeitseinsatz (wiederaufbau in Rußland).
Ein Bruder von Ihm der in der Wehrmacht war ist bis heute verschwunden, keiner weiß wohin man Ihn verschleppte und ob oder wie lange er noch gelebt hatte.
Leider ist mein Opa 1978 verstorben. Geboren wurde er im Jahre 1902.
Gruß ThomasKommentar
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Schon gruselig wenn ich so etwas lese.
Was ich nicht verstehe, ist was Dein Opa damit meinte. Die Zeitzeugen die ich kenne/kannte sahen sich nach Hitlers Tod nicht mehr an ihren Eid gebunden, weil sie ja auf ihn (Hitler) vereidigt wurden.
Wäre interessant für mich, wenn Du noch mehr von Deinem Großvater erzählen könntest.Kommentar
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Zeitzeugen
Da es hier angesprochen wurde,möchte ich etwas theoretisches und Grundsätzliches zum Fahnen Soldaten eid anführen.Der Eid wurde aus rein rechtlichen Gründen nach dem 30-jährigen Krieg eingeführt.Man hatte festgestellt das Söldner mitunter ständig die Seiten wechselten und eigentlich nicht zu fassen waren. Vor der Einführung des Volksheeres,der allgemeinen
Wehrpflicht fing man an die geworbenen Söldner zu vereidigen, um sie haftbar machen zu können.Dazu wurde jeweils ein Militärgesetz geschaffen. Nach Einführung des Volksheeres gab es auch nicht sofort einen militärischen Eid. Es gab in vielen Ländern ein sog Bürgergesetz,daraus resultierte die Bürgerpflichtund die beinhaltete "Schaden und Feinde" abzuwehren.
Nun zu Herrn AH. Gleich nach dem Tode von Hindenburg am 02.08.1934, be-
gann man die Wehrmacht auf AH zu vereidigen. Das entsprechende Gesetz trat aber erst am 20.08.1934 in Kraft. Nach internationalem Recht usw.gilt der
Eid nur so lange wie sich der EidNEHMER<hier AH> an die Gesetze des Landes
hält.Das war für alle vor dem 20.08.1934 vereidigten Soldaten nicht der Fall.
Spätestens nach den massiven Gesetzesbrüchen von AH, waren alle von
den EidGEBERN<hier deutsches Volk> geleisteten Eide verfallen. So ist es auch von dem Völkerbund und den Vereinten Nationen festgelegt worden.
Wohlgemerkt, Theorie. In der Praxis sah das anders aus.Kommentar
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Mein Großvater väterlicherseits war Jahrgang 1927 und ist zum Glück nicht in den Genuss gekommen, an Ost oder Westfront zu kämpfen. Erzählt hat er eigentlich häufiger etwas aus seiner Jugendzeit. Seine Lehre als Maschinenschlosser hat er in Niedersachswerfen gemacht und ist dort teilweise auch mit Kz´lern des Lager Dora in Kontakt gekommen, welche in den umliegenden Betrieben arbeiteten. Dumme Jungen streiche wie, das "Erobern" eines leichten Schützenpanzers auf dem Betriebsgelände blieben dabei nicht aus. Eines Tages kam auch mal ein Standartenführer der Waffen SS Division "Hitlerjugend" in die Betriebe um für Nachwuchs zu werben. Mein Opa hatte sich damals zum Glück bereits zur Kriegsmarine gemeldet.
Nachdem er eingezogen wurde und auf verschiedene Ausbildungsstationen zB. auf der Insel Föhr kam, ist er dann zum Fronteinsatz nach Wesermünde gekommen. Zu Gefechten kam es bis auf einen Artillerieangriff auf die Unterkunftgebäude nicht. Allerdings schlug eine Granate mitten auf dem Apellplatz ein. Allerdings ist nicht explodiert. Nach einigen Tagen wurde sich dann mit einer weissen Unterhose an einem Krückstock ergeben.
Es folgten Kriegsgefangenschaft in England. Bis zum Tod meines Opa im Jahr 2007 bestand immer noch Briefkontakt mit der Tochter der damaligen Bauersfamilie, wo mein Opa in der Landwirtschaft arbeiten musste.
Anbei ein kleines Bildchen. Es zeigt meinen Opa als dritten von links als Hitlerjunge der Flieger HJ in Bad Sachsa.Angehängte DateienSuche für meine Sammlung nach Deutschen Orden & Ehrenzeichen von 1914-1945. Weiterhin alles militärische über meine Heimatstadt Bad Lauterberg, sowie alles über die Rüstungsbetriebe Schickert und Metallwerke Odertal. Bitte alles anbieten!Kommentar
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Zeitzeugen.
Hallo.Ich hoffe man hat mich vermisst. Meine längere Abwesenheit hatte folgenden Grund : Als ich vor etwa 2 Wochen die Seiten meiner Geburtsstadt durchstöberte,sprang mir eine Schlagzeile entgegen "Massengrab in Lodz".
Nun ist das an sich keine besondere Nachricht,schliesslich waren dort Ghetto.
KL und noch einige Sonderlager.Was mich elektrisierte war,"es stammt aus den Jahren 1945 bis 1946". Nach einigen Recherchen hatte ich auch die Adresse, es liegt gerade eine Strassenbahnstation von unserem Wohnhaus entfernt. Dort gab es bis 1945 einige Bürogebäude der NS-Organisationen. Etwa ab Ende 1945 habe ich genau gegenüber einige Zeit in der Woche zugebracht, da war eine grössere Tierklinik, haupstsächlich Pferde,das hatte mich magisch angezogen
So habe ich also mein bisschen Grips gemartert und versucht etwas zu erinnern. Was noch an Verwandten und Bekannten irgendwo greifbar war habe ich gelöchert. Ergebnis, ich weiss was es gewesen sein MUSS. Bitte habt Verständnis dafür das ich im Augenblick nichts sagen möchte.Es wäre nicht richtig den polnischen Organen keine Chance zu einer Stellungnahme zu lassen.
Nun aber zum Kriegsende.Man hat gefragt "wie war der Russe". Der Russe war nicht anders als 1939 die Deutschen. Mit einem Unterschied damals konnte man die Sprache verstehen und wir wohnten weit weg von anderen Leuten. Also die , ich will es 1.Linie nennen, die 1. Linie hat uns nichts getan,
die waren mit Kampf und Vormarsch so ausgefüllt und wurden durch die
Kommissare so vorwärts geprügelt, die hatten keine Zeit.Aber was dann kam.
Es waren die friedlichsten Leute,machten Lagerfeuer, gaben uns zu Essen, Irgendwoher hatte man auch eine Quetschkiste,sie sangen ihre Lieder vom Don, Mütterchen Wolga und Russland, es war wie Pfadfinder.Dann rief
irgendwo eine Frauenstimme,sie es eines der russischen Flintenweiber,oder
eine Polin oder Deutsche rief ihre Kinder,schon ging es los.Es war als ob diese Frauenstimme einen Schalter umgelegt hätte. Es gind los zum Plündern etc.Wir sind bis Mitte 1946 23<dreiundzwanzig> Mal "besucht" worden.Was
man nach dem 3.Mal noch gefunden hat weiss ich nicht.Dabei hatten wir noch Glück.Bei uns gegenüber war eine stehengebliebene Kaserne.In die zog
nun die Rote Armee ein.Die hatten sich gleich einige Putzfrauen geholt.
Aus ihrer Schulzeit konnte meine Mutter noch etwas Russisch und schon wurde sie Oberwaschfrau. Das brachte uns natürlich den Schutz der Kaserne ein.Wenn Plünderer kamen rannte eines der Kinder zur Wache und schlug
Alarm.Bis aber der Soldat verstanden hatte,der zuständige Wachoffizier ge-
funden worden war,verging einige Zeit.So hatten die Plünderer oft Zeit genug
um zu verschwinden.Hier möchte ich erwähnen,die Russen kamen selten aus
eigener Erkenntnis in die Wohnungen,sie wurden fast immer geführt.Meistens
von Polen,die hofften auf einen Anteil, oder eine alte Rechnung begleichen wollten, aber auch von Deutschen, keinen die vor 1939 schon hier waren ,
immer waren es "Zugewanderte" die den Anschlus an die Trecks verpasst
hatten und nun versuchten sich bei den Russen einzuschmeicheln. Das dieses
Verhalten nicht gerade Freunde unter den anderen Deutschen schuf, brauche
ich sicher nicht zu erwähnen. Hier sind sicher auch einige Tote zu finden.
Also der Russe war wie alle Sieger,aber die Polen, das war die Hölle. Sie zogen in Kolonnen durch die Strassen, suchten relativ wahllos ihre Opfer. wer nicht polnisch konnte wurde mindestens verprügelt. Als Sprachtest musste man das polnische Wort für Eichhörnchen oder Tannenzapfen sagen können.
Dann wurden natürlich Wohnungen "getauscht" mit Inventar.Man durfte zwar
etwas mitnehmen,höchstens so viel das es auf einen 2-räderigen Handkarren
passte.Wo man unter kam interessierte keinen. Wenn dann die eroberte
Wohnung einem anderen Polen oder, noch schlimmer, Russen gefiel,ging das Spielchen von Vorne los. Es war eine Zeit von Terror und Angst und Tod.
Es war Ausgangsspere für Alle,egal ob Pole oder Deutscher. Wenn trotzdem
Jemand gesehen wurde, hörte man "Stoj" und eine Salve aus der Makarov.Den
Klang dieser Waffe werde ich für den Rest meines Lebens nicht vergessen.
Alles in Allem hatten wir riesiges Glück in dieser Zeit.Einerseits ,weil wir noch nicht sehr lange in dieser Gegend wohnten,also noch nicht viel Hass aufgebaut haben konnten. Andererseits durch die Tätigkeit meiner Mutter in der Russenkaserne,durch unsere Kenntnis der polnischen Sprache,deren Sitten und Gebräuche,wir hatten schliesslich nur Polen auf unserem Hof,die wohnten auch noch auf ein und demselben Grundstück.Meine Eltern und Verwandten hatten sich stets von der braunen "Welteroberer-Gesellschsft" distanziert,mit Aussnahme einer Tante,aber die hatte durch ihre Kontakte rechtzeitig den "Abreisetermin" bekommen. So langsam normalisierte sich das Leben. Es kehrten wieder ruhigere und besonnenere Personen zurück.eine Verwaltung und Polizei wurde geschaffen, es wurde erträglicher.Kommentar



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