So - wie versprochen heute einmal ein kleines Update. Ich möchte anhand der nachfolgenden Bilder einmal den aktuellen Stand dokumentieren u. sowohl Antworten als auch Fragen aufwerfen.
Bei Bild 1 handelt es sich um ein größeres Bruchstück, welches stirnseitig (also faktisch im Querschnitt) fotografiert wurde. Gut zu erkennen ist der zweiteilige Aufbau, welcher sich dem ersten Eindruck nach in ein Außenteil (unten) und ein Innenteil (oben) aufgliedert. Das Außenteil hat gemessen eine Materialstärke von 10.5 cm u. das Innenteil von 16.0 cm.
Ich hab absichtlich die Bezeichnungen Außenteil u. Innenteil gewählt, da wir zum momentanen Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit wissen, ob es sich um ein Stück des Mantelrohres, Seelenrohres oder wie auch immer handelt. Selbstverständlich spricht sehr viel dafür, dass es sich um Rohrteile handelt.
Auf Bild 2 ist mit Hilfe des Meterstabes sehr schön die Rundung am Innenteil zu erkennen. Auffallend ist, dass keine Züge u. Felder vorhanden sind, was uns persönlich vermuten lässt, dass es sich um ein Teil des Patronenlagers handelt.
Bild 3 zeigt das Bruchstück von der gegenüberliegenden Seite, jedoch nicht frontal fotografiert, sondern von der Seite, um die Einfalzung besser abbilden zu können. Diese dürfte, bei einem angenommenen Rohr, komplett umlaufend gewesen sein. Diente diese Falz (Verjüngung bis auf die Stärke des Innenteiles) evtl. als Ansatz für das Kanonenrohr (Mantelrohr)?
Bild 4 zeigt ein kleines Kupferbruchstück, wie sie immer wieder im Nahbereich aufzufinden waren. Ich war mal so frei u. habe einen kleinen Teil freigeschliffen, um es schöner zeigen zu können. Zuerst konnten wir diese Teile nicht zuordnen. Bei genauerer Begutachtung stellten wir fest, dass dies Bruchstücke von einer Art "Oberflächenbeschichtung" stammen. Auf Grund der vorliegenden Bruchstücke konnten wir diese "Oberflächenbeschichtung" eindeutig dem 10.5 cm starken Außenteil (Mantelrohr?) zuordnen. Bei den bisher genannten Farbresten handelt es sich offensichtlich nicht um Lack im klassischen Sinne, sondern um eine sehr gleichmäßig oxidierte Kupferschicht. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass trotzdem ein Lack aufgebracht war. Dies wird aber noch die genauere Materialanalyse zu Tage fördern.
Wenn die nächsten zwei Tage das Ergebnis vorliegt, werden wir versuchen, es einem Stahlschlüssel zuzuordnen. Wir hoffen nur, dass es durch die Sprengung nicht zu viele Strukturveränderungen gegeben hat.
Bild 5 zeigt die Rückseite eines solchen Kupferbruchstückes u. die darauf befindliche sehr auffällige Struktur. Gleiche Struktur ist auch auf der Außenseite des Außenteiles zu finden u. dürfte von der mechanischen Bearbeitung bzw. Aufbringung der "Oberflächenschichtung" stammen. Offensichtlich wurde diese "Oberflächenbeschichtung" bei der Sprengung abgelöst u. weiträumig in die Umgebung verteilt.
Das gezeigte Stück wird nun von einem hauptberuflichen Militärhistoriker begutachtet, um eine evtl. exakte Zuordnung treffen zu können.
Bild 6 zeigt die Schnittfläche, wo am Innenteil die Materialprobe genommen wurde. Da der Stahl zum Zwecke der Materialanalyse nicht heiß werden darf, mussten wir alles mit der Handsäge runterschneiden. Sehr aufwendige Angelegenheit...
Wir wollten heute auch das Gewicht feststellen, um mal eine Größenordnung zu haben. Leider konnten wir in der Kürze nichts passendes organisieren u. die nächste (geeichte Waage) ist auch ein Stück weg. Wir werden aber noch versuchen, mal was zu wiegen.
Ich weiß nur, dass ich ein Stück mit dem Volumen eines Fußballs nicht vom Boden wegbekomme. Normalerweise kann ich so ca. 80-90 kg (an Baumaterial gemessen) wegheben.
Das schöne ist: mittlerweile schau ich die ganzen verfügbaren Fotos mit anderen Augen an. Die sprechen auf einmal Bände...
Gruß
S.
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Seit Mittwoch liegt also das Ergebnis der Analyse vor. Konnte bis auf das kleinste Element bestimmt werden. Die genaue Legierung ist somit bekannt. Momentan haben wir nur das Problem, dass wir das Analyseergebnis keinem bekannten Stahlschlüssel zuordnen können d. h. die Legierung ist so aktuell nicht mehr in Gebrauch oder in Verwendung. Wir werden jetzt mal einen Stahlschlüssel raussuchen müssen, der dem Analyseergebnis nahe kommt, um das Material somit beschreiben bzw. einordnen zu können.
Fest steht auf jeden Fall, dass sowohl Außenteil (Mantelrohr?) als auch das Innenteil (Seelenrohr) aus dem genau gleichen Stahl gefertigt wurden. Die angesprochene Oberflächenbeschichtung am Außenteil ist reines Kupfer.
Die dicken Bruchstücke weisen in den äußeren 5 cm starke mikroskopisch feststellbare strukturelle Beschädigungen auf, welche von der Sprengung stammen könnten. Ob es sich um Verschleißerscheinungen aus dem Schießbetrieb handelt, ist natürlich auch möglich. Der weiter innen liegende Teil des Materials ist strukturell unauffällig.
Wenn wir einen Stahlschlüssel bestimmt haben gibt's wieder Info. Bis dahin hoffe ich, auch mal ein Stück mit Zügen u. Feldern finden zu können.
Gruß
S.
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Die Ergebnisse von der Materialanalyse liegen jetzt vor. Ich möchte nachfolgend die darin festgestellten Elemente aufführen. Die Konzentration der jeweiligen Elemente werde ich vorerst nur als Bereich angeben, um nicht gleich alles raus zu posaunen.
Interessant ist, dass es sich beim analysierten Material um einen Molybdänstahl handelt, wie er von Krupp auch z. B. für den Bau der "Dicken Berta" bekannt ist.
Kohlenstoff erhöht bei Stählen die Härte und Festigkeit. Ein zu hoher Kohlenstoffanteil bewirkt jedoch eine starte Reduktion der Kaltformbarkeit.
Silizium erhöht die Zunderbeständigkeit und trägt zur Stahlberuhigung bei, wodurch es die Alterungsbeständigkeit und Zähigkeit von Stählen erhöht.
Chrom erhöht die Zugfestigkeit durch Bildung von Mischkristallstrukturen und reduziert die kritische Abkühlgeschwindigkeit. Dadurch steigen Zunderbeständigkeit und Einhärtetiefe. Bei ferritischen- (Klasse C) und austenitischen Stählen (Klasse A) ab einem Anteil von von 13% korrosionshemmend. Grund ist die die Bildung einer resistenten Chromoxid-Schicht auf der Oberfläche.
Eine Molybdänkonzentration von über 0,2 % erhöht die Durchhärtbarkeit von Stählen. Zudem wird Anlassversprödung reduziert. Molybdän wirkt bei hohen Temperaturen gefügestabilisierend und wird daher meist in Stählen für hohe Betriebstemperaturen verwendet
Nickel ist Hauptbestandteil und gewichtiger Preisfaktor in der Legierung von nichtrostenden Stählen der Klasse A (austenitischer Stähle: A1, A2, A3, A4, A5). Nickel bewirkt sehr hohe Zähigkeit, auch bei niedrigen Temperaturen. Es ist besonders für die Vergütung großer Querschnitte geeignet, da hier hohe Festigkeits- und optimale Zähigkeitswerte erzielt werden. Eine alleinige Anwendung von Nickel ist nicht vorteilhaft, da es anlassversprödend wirkt. Daher wird Nickel meist zusammen mit Molybdän verwendet.
Wir haben vorgestern nochmal eine neue Analyse veranlasst, da bei der ersten wahrscheinlich was schiefgelaufen ist. Diesmal wurde eine Spektralanalyse durchgeführt, um ganz sicher zu gehen. Ergebnis bekomme ich heute u. stell ich dann ein.
Gruß
S.
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Ein befreundeter Kampfmittelräumer weiß,wo noch Splitter eines Geschosses von eurem "Spielzeug" liegen.Soll ich ihn mal anhauen,daß er ein Stück zwecks Materialvergleich mitbringt? Kann aber etwas dauern...
Mein Therapeut hat mir geraten, die Namen der Menschen, die ich hasse, auf kleine Zettel zu schreiben, sie ins Feuer zu werfen und zuzusehen, wie sie verbrennen. Das habe ich getan, und ich muss sagen, jetzt fühle ich mich viel besser.
P.S. Was mache ich jetzt mit den Zetteln??
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