Ist zwar schon fast historisch, aber sei's drum:
Bis zur Wende in der DDR konnte ich meinen ca. 15 km entfernten Arbeitsplatz (4-Schicht System) mit der Bahn erreichen. Dann veränderte der Betrieb einfach mal so die Arbeitszeiten, und zwar begannen und endeten plötzlich alle Schichten 45 Minuten später. Damit brachen sämtliche Zugverbindungen weg.
Als DDR-Bürger hatte bei weitem nicht jeder einen Führerschein und erst recht kein Auto - ich auch nicht. Also hieß es, sofort Führerschein machen und Auto kaufen. Bis das alles erledigt war, musste ich das Fahrrad aus dem Keller holen und morgens, mittags und abends die 15 Kilometer über Land strampeln. Egal, was für Wetter war.
Die Fahrschule zog sich in die Länge (erst Fahrlehrer krank u.v.a.m.), so dass ich die Prüfung erst nach einem dreiviertel Jahr machen konnte. Bis dahin MUSSTE ich also mit dem Rad fahren.
Ich glaube, dass kaum jemand ermessen kann, was das heißen kann. Hier sind ein paar unvergessliche Eindrücke:
- Nachtschicht steht an. Entfernt hört man Gewitterdonner. Vorsichtshalber fahre ich eine halbe Stunde eher los. Zwischen zwei Dörfern bricht das Unwetter los. Die Fahrbahn verschwindet unter Wasser, ringsum zucken Blitze. Autofahrer halten an und bieten Hilfe an, wollen mich mitnehmen. Geht nicht, ich brauche das Fahrrad. Das Wasser drückt mit Gewalt ins linke Ohr hinein, kommt aber aus dem rechten Ohr nicht raus - "toll". Von der Blitzschlag-Gefahr wollen wir gar nicht reden... Irgendwie bin ich dann doch auf der Arbeit angekommen.
- Feierabend nach einer Nachtschicht im Winter. Strenger Frost. Beim Radeln zieht der Atem als Dunstwolke übers Gesicht. Beim Zwinkern mit den Augen wird es mit einem Mal dunkel - die Augenlider sind an den Wimpern zusammen gefroren. Also anhalten, und mit der Hand die Augen wieder "gewaltsam" öffnen und weiter fahren...
Mal ganz zu schweigen, was es für Überwindung kostet, morgens um 4 Uhr bei Sturm und Regen auf den Drahtesel zu steigen und die 15 Kilometer übers Land zur Arbeit zu radeln.
Ich bin bei jeder Autofahrt zur Arbeit dankbar, dass diese Zeit vorüber ist. Seitdem habe ich eine echte Abneigung gegen das Radfahren. Sehr zum Leidwesen meiner Frau, die gern mal eine Radtour macht.
Ich denke, dass nur die wenigsten hier wissen, worüber sie reden, wenn das Fahrrad als fast perfektes Verkehrsmittel für den Arbeitsweg beschrieben wird...
Gruß, Hartmut
Bis zur Wende in der DDR konnte ich meinen ca. 15 km entfernten Arbeitsplatz (4-Schicht System) mit der Bahn erreichen. Dann veränderte der Betrieb einfach mal so die Arbeitszeiten, und zwar begannen und endeten plötzlich alle Schichten 45 Minuten später. Damit brachen sämtliche Zugverbindungen weg.
Als DDR-Bürger hatte bei weitem nicht jeder einen Führerschein und erst recht kein Auto - ich auch nicht. Also hieß es, sofort Führerschein machen und Auto kaufen. Bis das alles erledigt war, musste ich das Fahrrad aus dem Keller holen und morgens, mittags und abends die 15 Kilometer über Land strampeln. Egal, was für Wetter war.
Die Fahrschule zog sich in die Länge (erst Fahrlehrer krank u.v.a.m.), so dass ich die Prüfung erst nach einem dreiviertel Jahr machen konnte. Bis dahin MUSSTE ich also mit dem Rad fahren.
Ich glaube, dass kaum jemand ermessen kann, was das heißen kann. Hier sind ein paar unvergessliche Eindrücke:
- Nachtschicht steht an. Entfernt hört man Gewitterdonner. Vorsichtshalber fahre ich eine halbe Stunde eher los. Zwischen zwei Dörfern bricht das Unwetter los. Die Fahrbahn verschwindet unter Wasser, ringsum zucken Blitze. Autofahrer halten an und bieten Hilfe an, wollen mich mitnehmen. Geht nicht, ich brauche das Fahrrad. Das Wasser drückt mit Gewalt ins linke Ohr hinein, kommt aber aus dem rechten Ohr nicht raus - "toll". Von der Blitzschlag-Gefahr wollen wir gar nicht reden... Irgendwie bin ich dann doch auf der Arbeit angekommen.
- Feierabend nach einer Nachtschicht im Winter. Strenger Frost. Beim Radeln zieht der Atem als Dunstwolke übers Gesicht. Beim Zwinkern mit den Augen wird es mit einem Mal dunkel - die Augenlider sind an den Wimpern zusammen gefroren. Also anhalten, und mit der Hand die Augen wieder "gewaltsam" öffnen und weiter fahren...
Mal ganz zu schweigen, was es für Überwindung kostet, morgens um 4 Uhr bei Sturm und Regen auf den Drahtesel zu steigen und die 15 Kilometer übers Land zur Arbeit zu radeln.
Ich bin bei jeder Autofahrt zur Arbeit dankbar, dass diese Zeit vorüber ist. Seitdem habe ich eine echte Abneigung gegen das Radfahren. Sehr zum Leidwesen meiner Frau, die gern mal eine Radtour macht.
Ich denke, dass nur die wenigsten hier wissen, worüber sie reden, wenn das Fahrrad als fast perfektes Verkehrsmittel für den Arbeitsweg beschrieben wird...
Gruß, Hartmut
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